Mike Schmeitzner Tödlicher Hass: Antisemitismus und Judenverfolgung in Dresden 19 –19"#1 In Dresden existierte seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ein antisemitisch-völkisches Milieu, das die Präsenz eines wirkmächti en Antisemitismus, den Aufstie der #$DAP und deren Juden%&litik nach 1933 rundle end (eeinflusste. Tr&tz der verhältnismä*i erin en +ahl an Juden in der $tadt er ri""en die #ati&nals&zialisten und ihr ,ührer Martin Mutschmann zahlreiche .i eninitiativen, um das /0-dische Pr&(lem‘ zu (eseiti en. Der Aufsatz zeichnet 2rundla en und Praxis der nati&nal- s&zialistischen Juden%&litik in der sächsischen 2auhauptstadt zwischen 1933 und 1944 nach, die durch verschiedene Bes&nderheiten -(er die all emeine .ntwicklun v&n .ntrechtun , Aus renzun und 6er"&l un der Juden hinaus in . An anti-$emitic and nati&nalistic milieu emer ed in Dresden in the last third &f the 19th century. It had a fundamental influence &n eneratin a %&werful anti-$emitism, as well as &n the rise &f the re i&nal #$DAP and its 8Jewish %&licies8 after 1933. .ven th&ugh there were relatively "ew Jews in the city, the #ati&nal $&cialists and their $ax&n leader Martin Mutschmann underto&k numer&us initiatives to eliminate the 8Jewish %r&(lem8. This article traces the fundamentals and %ractices &f #ati&nal $&cialist 8Jewish %&licies8 in the $ax&n ca%ital &f the 2au fr&m 1933 t& 1944. These went far (e7&nd the typical de%rivati&n, s&cial exclusi&n, and %ersecuti&n &f Jewish citizens that devel&%ed elsewhere in 2ermany. Antisemitismus vor 193 : Milieus und $arteien Die nationalsozialistische Judenverfolgung hatte gerade in der sächsischen Residenzstadt Dresden2 eine lange und auch erschreckend erfolgreiche Vorgeschichte. 1 Dieser Text wurde in Grundzügen bei eine ! de Ro anisten Victor "le #erer gewidmete "ollo$uiu %&'% in Dresden vorgetragen. (r erscheint auch i Druck der Doku entation dieser Tagung )Victor "le #erer * +ei at i ,ort-. i Thele -Verlag Dresden. 2 0u 1ntise itis us und Judenverfolgung in Dresden vgl. vor alle Dia ant! 1dolf2 3hronik der Juden in Dresden. Von den ersten Juden bis zur 4lüte der Ge einde und deren 1usrottung! Dar stadt '5678 9arschner! ,olfgang2 Verfolgt * Verschle##t * Verbrannt. Vo :chicksal der Juden in Dresden '577 bis '5;< => :ächsische +efte für 0eitgeschichte und "ultur! ?r. '@! Dresden '55<8 0wischen Antegration und Vernichtung. Jüdisches Beben in Dresden i '5. und %&. Jahrhundert. The enheft der Dresdner +efte. 4eiträge zur "ulturgeschichte! '; ='55C@! ;<8 Biebsch! +eike2 )(in Tier ist nicht rechtloser und gehetzter.. Die Verfolgung der jüdischen 4evElkerung in Dresden '577 bis '576! in: +eer! +annes =+g.@2 A +erzen der Finsternis. Victor "le #erer als 3hronist der 0eit! 4erlin '556! :. 67*5'8 Goldenbogen, ?ora2 )9an wird keinen von ihnen wiedersehen.. Die Vernichtung der Dresdner Juden '57G*'5;<! in: +eer! Finsternis! '556! :. 5%*'&58 GrHglewski! 9arcus2 0ur Geschichte der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Dresden '577*'5;<! in: +aase! ?orbertIJersch/,enzel! :tefiI:i on, +er ann =+g.@2 Die (rinnerung hat ein Gesicht. Fotografien und Doku ente zur nationalsozialistischen Judenverfolgung in Dresden '577*'5;<! Bei#zig '55G! :. G6*'<&8 Jllrich! Jwe2 0ur Geschichte der Juden in Dresden, Dresden %&&'8 Vollnhals! 3le ens2 Jüdisches Beben in :achsen. Von der ( anzi#ation zur Judenverfolgung! in: 4esier! Gerhard/:toklosa! "atarzHna =+g.@2 Basten diktatorischer Vergangenheit * +erausforderungen de okratischer Gegenwart. 0u Rechtsextre is us heute => 9ittel- und Ksteuro#astudien, 4d. '@! 4erlin %&&C! :. G5*'&68 Gesellschaft für 3hristlich-Jüdische 0usa enarbeit Dresden e. V.I1rbeitskreis Gedenkbuch =+g.@2 4uch der (rinnerung. Mike Schmeitzner: Tödlicher Hass: Antisemitismus und Judenverfolgung in Dresden 1933–1945. Medaon 10 (2016), 19 – URL: http://www.medaon.de/pdf/medaon_19_Schmeitzner.pdf ' Die L oderneM rassenbiologische Variante der Judenfeindschaft (das heißt 1ntise itis us statt 1ntijudais us@ wurde in der Bandeshau#tstadt nicht erst it de Erfolg der ?ationalsozialisten im Jahre '5%5I7& virulent! sondern bereits seit de letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. ,irtschaftliche "risenerscheinungen in den 'G6&er Jahren und der verstärkte 0uzug von Juden aus Ksteuro#a in die verhältnis äßig kleine Düdische Ge einde zu Dresden dürften auch hier die rasche 1usbreitung antise itischer Ressentiments beflügelt haben. Diese fanden vor alle in den von der "rise besonders in 9itleidenschaft gezogenen 9ittelstand Eingang. ,egbereiter des neuen 1ntise itis us wie die Verleger und Oublizisten 1lexander Oinket (Dresden@! Theodor Fritsch =Beipzig@ und Ernst :ch eitzner =3he nitz@ #ro#agierten das Feindbild des Juden bald schon als Teil einer VerschwErungstheorie! nach der der 9ittelstand zwischen die 9ühlsteine einer angeblich Düdischen +ochfinanz und einer Düdisch/ arxistisch ge#rägten 1rbeiter/ bewegung zu geraten drohte. 'G65 gründete Oinkert in Dresden die antise itische Refor #artei, zwei Jahre s#äter tagte hier der Erste Anternationale 1ntijüdische "ongress! auf de neben den lokalen GrEßen wie Oinkert und :ch eitzner auch die zentralen Figuren =zu 4eis#iel 1dolf :toecker@ in Erscheinung traten. Dresden entwickelte sich danach rasch zu einer der +ochburgen der Refor #artei, der es bei den Reichstagswahlen 'G57 gelang! die beiden ,ahlkreise links und rechts der Elbe =1ltstadt! ?eustadt@ zu erobern. Die Oro#aganda gegen eine ver eintlich LgoldeneM und LroteM Anternationale hatte da it erste durchschlagende Erfolge gezeitigt.3 1uch wenn die Refor #artei lange vor de Ersten ,eltkrieg ihren 9assenanhang verlor! blieb doch ein Teil des 9ilieus bestehen. Die 1ktivitäten eines 4runo Tanz ann! der in Dresden/Hellerau die Deutsche 4auernhochschule gründete und die 1rta anen it ins Beben rief! überdauerten den 0erfall der Refor #artei ebenso wie der Dresdner 1bleger des '5'5 gegründeten DeutschvElkischen :chutz/ und Trutzbundes. 4 ,ie schnell eine völkisch und antise itisch ge#rägte Oartei wieder 0ulauf erhalten konnte! zeigte unterdessen der Fall der Deutsch/:ozialen Oartei (D:O@2 ?och unter de Eindruck der +H#erinflationskrise erzielte die neue Oartei bei "o unalwahlen 1nfang '5%; fast sieben Orozent8 sie erwies sich in der Dresdner :tadtverordnetenversa lung bald als )überdurchschnittlich. aktive! )unberechenbare! antise itische! ultrarechte Oartei“.5 Ahre Vertreter bezeichneten den Versailler Friedensvertrag von '5'5 als )Vertrag der 4ank/ und 4Ersenwelt. und als ):chandwerk Düdischen Dog engeistes.. 9it Verve wandten sie sich gegen )eingewanderte fre drassige 1usländer. wie )galizische und tschechische Juden in Dresden: de#ortiert! er ordet! verschollen '577*'5;<! Dresden %&&C8 Jlbricht! GundaIGlEckner! Klaf =+g.@2 Juden in :achsen, Bei#zig %&'78 Oieken, GorchIRogg! 9atthias =+g.@2 :chuhe von Toten. Dresden und die :hoa! Dresden %&';. (ine kürzlich erschienene 4estandsaufnah e für :achsen erarbeitete verdienstvollerweise Oie#er! 3hristine2 Juden in :achsen '577 bis '5;<2 (in defizitäres Forschungsfeld, in: 9edaon G =%&';@! '<! :. '*G7! online unter2 htt#2IIwww. edaon.deI#dfI9(D1K?P'<POie#er.#df Q%&.&G.%&'CR. Ach danke einen "ollegen Dr. 3le ens Vollnhals! Dr. Gunda Jlbricht! Dr. :wen :teinberg! Dr. 4irgit :ack! Dr. Gerald +acke und +agen 9arkwardt! 9. 1.! für wertvolle +inweise und Jnterstützung. 3 Vgl. Oiefel! 9atthias2 1ntise itis us und vElkische 4ewegung i "Enigreich :achsen 'G65*'5'; => 4erichte und :tudien des +annah/1rendt/Anstituts! 4d. ;C@! GEttingen %&&;! :. '<*;G und '&7*''78 :ch eitzner! 9ike2 )Deutsche ,acht. und )Tintenjuden“. 1ntise iten und :ozialde okraten i "a #f u die #olitische 9acht in Dresden 'G57*'5&7! in: Dresdner +efte 22 =%&&;@! G&! :. 7C*;;. 4 Oiefel! 9atthias2 4runo Tanz ann. (in vElkischer 1gitator zwischen wilhel inische "aiserreich und nationalsozialistische Führerstaat! in: :ch itz! ,alterIVollnhals! 3le ens =+g.@2 VElkische 4ewegung * "onservative Revolution * ?ationalsozialis us. 1s#ekte einer #olitisierten "ultur => "ulturstudien, 4d. %@! Dresden %&&<! :. %<<*%G&. 5 9aN! 1nita2 Oolitische "o unikation in der ,ei arer Re#ublik. Das Dresdner :tadtverordnetenkollegiu '5'G*'577! Bei#zig %&&5! :. %7C und 777. Mike Schmeitzner: Tödlicher Hass: Antisemitismus und Judenverfolgung in Dresden 1933–1945. Medaon 10 (2016), 19 – URL: http://www.medaon.de/pdf/medaon_19_Schmeitzner.pdf % Juden.! denen sie vorhielten! sie hätten sich in de )großen Dresdner Haus QSR eingenistet..6 Diese antise itische und ausländerfeindliche Hetze stieN zwar ehr/ heitlich =und zwar bei der Binken wie der bürgerlichen 9itte@ auf 1blehnung! sie war aber it 4lick auf die rechtskonservative D?VO und die frühe ?:D1O inhaltlich anschluss/ fähig.7 Für die Refor #artei wie für die D:O und die Ende der '5%&er Jahre langsa an 0ulauf gewinnende ?:D1O blieb der Jude im er rassistisch konnotiert2 Für alle drei Oarteien wie für das sie tragende völkische 9ilieu8 war er nie nur GlaubensDude! sondern Jude weiterhin auch dann * egal ob evangelisch getauft oder konfessionslos *! wenn er sich längst vo Judentu gelöst hatte. :o galt er allen drei genannten Oarteien als LheimlicherM oder LverdeckterM Jude! de ebenso wie de GlaubensDuden konse$uent sein Deutschsein abges#rochen wurde.9 9arcus GrHglewski hat diese rassische Definition ein al als )vulgäre "o bination von 9endelscher Vererbungslehre und individueller ReligionszugehErigkeit. beschrieben.1 Es war Dene "o bination! die von der ?:D1O im 0uge der ?ürnberger Gesetze ='57<@ detailliert geregelt wurde. An Dresden betraf diese Definition zu einen die ca. ;.;&& 9itglieder der Düdischen