IM_03_09_Family Offices_XXXk.qxd 21.09.2009 20:32 Seite 120 INVESTOREN & BERATER: FAMILY OFFICES Schweigen war Gold Family Offices agieren weitgehend frei von rechtlichen Restriktionen, und die Benchmark wird durch die Vermögensinhaber vorgegeben. Durch die Krise in Mitleidenschaft gezogen, rücken Reporting, Controlling und Corporate Governance jetzt stärker in den Fokus. ine der letzten Bastionen der European Business School leitet, bestätigt Gewinnung neuer Kunden ist für Multi Finanzwelt, die mit öffentli- die Verschwiegenheit: „Insbesondere Single Family Offices in den nächsten Jahren zwar cher Information hinterm Berg Family Offices, die sich um das Wohlerge- ein ausgewiesen wichtiges Ziel, aber das halten kann, sind Family Offi- hen einer einzigen Familie kümmern, agie- wird nicht über Werbung erreicht“, weiß Eces. Während die meisten anderen großen ren bevorzugt diskret.“ Sie sind in keinem Schaubach aus der Praxis. Kapitalmarktteilnehmer längst gezwungen Verband zusammengeschlossen, und es gibt Umso bemerkenswerter ist die jüngst sind, ihre Karten zumindest teilweise auf kein offizielles Register und keine Bran- erschienene Studie „Mythos Family Office“, den Tisch zu legen, können die Hüter der chenkonferenz, zu der sich ein Großteil der die gemeinsam von J.P. Morgan Asset großen Familienvermögen nach wie vor im Insider einfindet. So kann es schon mal vor- Management, der Complementa Invest- Hintergrund arbeiten. Und das, obwohl die kommen, dass die überreichte Visitenkarte ment-Controlling AG und dem Bayerischen betreuten Summen vieler Family Offices lediglich den Namen des Gesprächspartners Finanz Zentrum erstellt wurde. An der denen von institutio- nellen Anlegern nicht nachstehen. Das kol- lektive Vermögen die- »70 Prozent der Multi Family Offices gaben an, ser Gruppe erhielt zwar im Horrorjahr dass ihre Kunden eine durchschnittlich dreipro- 2008 mit einem Mi- zentige absolute Nachsteuerrendite vorgeben. nus von fast 19,5 Pro- « Prof. Dr. Peter Schaubach, Leiter Center for Family Office (European Business School) zent einen kräftigen Dämpfer, am langfri- stigen Aufwärtstrend dürfte das aber wenig enthält oder dass man bei der Bitte, eine empirischen Studie nahmen immerhin 25 ändern. Die Anzahl vermögender Privatper- Visitenkarte haben zu dürfen, die höfliche Single und Multi Family Offices teil und sonen und Familien wird allen einschlä- Antwort bekommt, man werde sich gern äußerten sich zu Themen wie der Organisa- gigen Schätzungen und Untersuchungen melden. „Was denken Sie, wie oft zum tion und Konstitution von Family Offices, zufolge auch in den kommen Jahren weiter Beispiel bei der Unternehmerfamilie das ihrer Vorgehensweise bei Asset Manage- zunehmen (siehe Kasten „Gruppe der Telefon geklingelt hat, als 2002 in der ment, Investment Controlling, Performance ultrareichen Privatpersonen wächst bis Zeitung stand, dass die Familieneigentümer Reporting und Marketing. „Unsere Befra- 2013“). Viele Vermögende organisieren von Gardena ihre Firma für 350 Millionen gung hatte zum Ziel, Wissen und Erkennt- jetzt nach den erlittenen Verlusten ihre Port- Euro an den schwedischen Finanzinvestor nisse über den bislang weitgehend uner- folioausrichtung neu und überlegen, ob und Industri Kapital verkaufen würden?“, ver- forschten, jedoch stark wachsenden Family- wie sie ein Family Office einsetzen sollen. anschaulicht Stefan Laternser die Proble- Office-Markt im deutschsprachigen Raum Daher hätten die Vertriebsverantwortlichen matik. Laternser ist ehemaliger Leiter mit Fokus auf die Schweiz zu generieren“, von Asset Managern und anderen Produkt- Investment Consulting der UBS und heute erläutert Studienleiter Wolfgang Gerke, Prä- anbietern sie gern auf dem Radar, was aber CIO der Money Service Group, des von sident des Bayerischen Finanz Zentrums in nicht einfach ist. Michael Seidl gegründeten Family Office München sowie Honorarprofessor an der in Liechtenstein. European Business School EBS. Don’t call us, we call you Ein wenig offener sind die Multi Family „Family Offices sind so heterogen wie Offices, die mehrere High-Networth-Fami- die Klientel, die sie betreuen“, heißt es in Professor Peter Schaubach, der das Cen- lien betreuen, aber auch sie treten zurück- der Studie. Beispielsweise arbeiten zehn der ter for Family Office der Privathochschule haltend auf. „Kundenbindung und auch die teilnehmenden Family Offices (40 Prozent) EUROPEAN BUSINESS SCHOOL © ERICHE – FOTOLIA, FOTO: 120 www.institutional-money.com IM_03_09_Family Offices_XXXk.qxd 21.09.2009 20:33 Seite 121 INVESTOREN & BERATER: FAMILY OFFICES mit Renditevorgaben, und die Spann- breite reicht dabei von drei bis zehn Pro- zent mit einem Durchschnitt von sechs Prozent. „Diese Renditevorgaben sind damit nur leicht höher als diejenigen für Schweizer Pensionskassen, die im Schnitt bei vier bis fünf Prozent liegen“, schlagen die Autoren der Studie eine Brücke zu anderen institutionellen Anle- gern. Allerdings erfüllen Pensionskassen und Lebensversicherungsgesellschaften eine treuhänderische Funktion und un- terliegen gesetzlichen Auflagen, wäh- rend Family Offices ohne gesetzliche Anlagegrenzen agieren. Absolute Rendite gefragt Schaubach, der ebenfalls im Frühjahr 2009 eine bislang nicht veröffentlichte Studie durchgeführt hat und dabei zwei Drittel des deutschen Marktes für Multi Family Offices abdeckt, bemerkt: „70 Prozent der von uns befragten Multi Family Offices gaben an, dass ihre Kun- den eine absolute Nachsteuerrendite vor- geben. Diese liegt im Durchschnitt bei drei Prozent.“ Dieses Ziel ist durchaus anspruchsvoll, wenn man bedenkt, dass der Besitz von Schlössern, Wäldern und Mitarbeiter eines Family Office müssen von allem ein wenig sein: Anlagespezialist, Treuhänder, Buchhalter, Rechtsberater, Kunstgegenständen eher weniger ren- Psychologe und Butler – und dabei natürlich vor allem diskret. diteträchtig ist und daher die Rendite des Gesamtvermögens drückt. „Weitere 13 hen. Allerdings ist die Risikobereitschaft ermöglichen eine wesentlich breitere Diver- Prozent der Kunden geben eine absolute proportional zur Entwicklung der risiko- sifikation als bei anderen institutionellen Vorsteuerrendite vor“, fährt Schaubach fort, behafteten Anlageklassen; will heißen: Die Anlegern, und sie spiegelt häufig auch die „und 17 Prozent richten sich an einer rela- Angst vor Kapitalverlusten – und sogar vor persönlichen Neigungen der Vermögens- tiven Benchmark aus.“ ,Verarmung‘ – ist extrem groß!“ Diese Be- inhaber wider. Eine durchschnittliche Renditevorgabe obachtung deckt sich mit den Erkenntnissen von sechs Prozent vor beziehungsweise drei der Studie von J.P. Morgan und Comple- Auch riskante Assetklassen Prozent nach Steuern lässt auf eine eher menta. Bei der direkten Frage nach der moderate Risikobereitschaft schließen, was Risikobereitschaft haben sich lediglich 17 Galten früher Numismatik, Philatelie und aber wieder nur ein Durchschnittswert ist. Prozent der Family Offices mit „gering bis Kunstmanagement als mehr oder minder Laternser geht auf die Heterogenität seiner moderat risikobereit“ eingeschätzt, während exotische Anlageklassen, die Family Offices Klientel ein: „Wir beobachten häufig, dass sich 71 Prozent als „moderat bis mittel abdeckten, ist das Feld inzwischen breiter. Unternehmer, die noch aktiv sind, nicht risikobereit“ einstuften. Dennoch verfolgen Entsprechend dem Entrepreneurial Spirit bereit sind, größere Risiken bei ihren finan- rund drei Viertel der Family Offices, die der Vermögensinhaber gehören Private ziellen Belangen einzugehen, sondern Kapi- den Fragebogen ausgefüllt haben, einen Equity und Hedgefonds ebenso zum Spek- talerhalt nach Kosten und Steuern anstre- Absolute- oder Total-Return-Ansatz. Dies trum wie die Liegenschaftsverwaltung. Die ben. Schließlich liegt ihr risikobehaftetes lässt darauf schließen, dass zwar in risi- Vermögensbetreuer der Familie Jacobs Kapital im eigenen Unternehmen. Mandan- koreiche Anlageklassen investiert wird, man kümmern sich beispielsweise um die ten dagegen, die ihr Unternehmen verkauft aber anstrebt, über eine breite Diversifi- Firmen Newsells Park Stud, eine 550 Hek- haben, sind häufiger bereit, auch größere kation das Gesamtrisiko zu reduzieren. Feh- tar große Farm zur Pferdezucht in Groß- Risiken mit ihren Finanzanlagen einzuge- lende gesetzliche Anlageeinschränkungen britannien, sowie um Inversora Roland, www.institutional-money.com 121 IM_03_09_Family Offices_XXXk.qxd 21.09.2009 20:33 Seite 122 INVESTOREN & BERATER: FAMILY OFFICES zwei Farmen in Argentinien, die sich auf Millionen Euro. Seither investierte er ge- Instrumente. Gemäß der Studie gaben 62,5 Rinder- und Schafzucht spezialisiert haben. schätzt weitere 764 Millionen Euro in den Prozent der Singe Family Offices an, auch Ein anderes Beispiel sind die Weingüter der Club. Dass solche eher wenig liquiden In- passive Anlageinstrumente zu nutzen; bei Bankiersdynastie Rothschild oder die Wäl- vestitionen schwierig in eine konsolidierte den Multi Family Offices waren es sogar der der Fürstenfamilie Thurn und Taxis. Performancemessung zu integrieren sind, 73,3 Prozent. Von den besonders risiko- Auch Sportsponsoring und -förderung spie- versteht sich von selbst. freudigen und großen Family Offices (über len im Family Office eine zunehmende Rol- Ebenfalls personalintensiv und schwierig eine Milliarde Euro) setzte allerdings kei- le. So hat der italienisch-schweizerische zu bewerten sind die Kunstgegenstände, nes passive Anlagen ein, und wenn ein Unternehmer Ernesto Bertarelli finanziell die manche Vermögensinhaber sammeln – Consultant in den Anlageprozess
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