Friedrich-Christian Stahl Die Bestände des Bundesarchiv - Militärarchivs Das Militärardiiv des Bundesardiivs, das auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Bundesminister des Innern und der Dienststelle Blank vom Juli 1954 erriditet worden ist, wurde im Herbst 1967 von Koblenz nach Freiburg verlegt, um dort die Bestände der Dokumentenzentrale des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes zu übernehmen und danach die so zusammengeführten militärischen Archivbestände am Dienstort dieses Amtes für dienstlich und privat betriebene wissenschaftliche Vorhaben sowie für die Klärung von Reditsfällen vielfältigster Art zur Verfügung zu stellen1. Die umfangreichen Bestände werden zur Zeit innerhalb der neu gebildeten Haupt- abteilungen. Ρ Η Preußische Armee (bis 1919) Ρ Μ Preußische Marine (bis 1871) R W Wehrmachtführung und zentrale Wehrmachtangelegenheiten (1920 bis 1945) R Η Reichsheer (1920-1945) R Μ Kaiserliche Marine, Reithsmarine, Kriegsmarine (1871-1945) R L Luftwaffe R S Waffen-SS nach Bestandsgruppen geordnet. Die folgenden Ausführungen können daher nur einen ersten Uberblick über die Bestände des Militärardiivs bieten. 1. Preußische Armee Leider war es bei Kriegsende (1945) unterblieben, die in Potsdam lagernden Archi- valien der preußischen Armee rechtzeitig auszulagern. So fiel dieses historisch so bedeutsame Archivgut dem alliierten Bombenangriff auf Potsdam am 14. April 1945 zum Opfer. Nur wenige Nachlässe (u.a. von Scharnhorst, Gneisenau, Boyen, Moltke, Roon, Groener, Seeckt), einige Akten des Militärkabinetts und sogenannte »Ausstellungsstücke« sowie Reste der dem Luftardiiv vom Heeres- archiv Potsdam übergebenen Bestände, in denen die Entwicklung der deutschen Militärluftfahrt bis 1914 festgehalten ist2, bilden die spärliche schriftliche Überlie- ferung der einst so stolzen preußischen Armee. Von den kaiserlichen Schutztruppen und den preußischen Freikorps sind nur noch £inzelstücke vorhanden. Glücklicher sind die Nachfolger der Kriegs-, späteren Heeresarchive in München, Dresden und Stuttgart zu bezeichnen, deren Bestände im wesentlichen erhalten ge- blieben sind, so daß die Entwicklung der bayerischen, sächsischen und württember- gischen Armee sowie der badisdien Truppen bis 1919 (einschließlich Freikorps und 1 Die Vereinbarung vom Juli 1954 ist während der Drucklegung durch die »Vereinbarung zur Zusammenfassung des militärischen Archivgutes« vom 29. April/15. Mai 1968 ersetzt worden. 2 Dazu gehören u. a. Akten folgender Provenienz: Großer Generalstab, Inspektion der Verkehrs- truppen, Generalinspektion des Militärverkehrswesens und nachgeordnete Inspektionen, Ver- kehrstechnische Prüfungskommission, Eisenbahn-Regiment bzw. -Brigade, Luftschiffer- und Fliegerformationen. vorläufige Reichswehr) vom Historiker ohne Schwierigkeiten quellenmäßig belegt werden kann3. Eine wichtige Aufgabe des Militärarchivs besteht darin, durch Kopieraktionen bzw. Dokumentationen die in Verlust geratene schriftliche Überlieferung der preu- ßischen zentralen Militärbehörden und -dienststeilen soweit als möglich zu rekon- struieren und dadurch der wissenschaftlichen Benutzung zuzuführen. 2. Wehrmachtfährung und zentrale Wehrmachtangelegenheiten Vom Oberkommando der Wehrmacht und seinen Vorläufern sowie von den nach- geordneten zentralen Behörden und Dienststellen sind nur wenige Bestände erhal- ten geblieben, da mehrere Brände im Kriege, der Luftangriff auf Potsdam und die Vernichtungsaktionen bei Kriegsende erhebliche Aktenverluste verursacht haben. Immerhin stellen die geretteten Bestände noch eine beachtliche Forschungsgrund- lage dar. Erhalten geblieben sind Restbestände u. a. folgender Provenienz: Reichswehrministerium/Reichskriegsministerium, Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Wehrmachtzentralamt, Wehrmachtführungsstab, Amtsgruppe Aus- landsnachrichten und Abwehr, Allgemeines Wehrmaditamt, Wirtschafts- und Rüstungsamt, Adjutantur der Wehrmacht beim Führer und Reichskanzler, Wehr- machtakademie, Waffenstillstandskommission, und für den nachgeordneten Bereich: Wirtschafts- und Rüstungsinspektionen und -kommandos, Militärattaches, Mili- tär- und Wehrmachtbefehlshaber (u. a. Belgien und Nordfrankreich, Frankreich, Niederlande, Dänemark, Südost, Griechenland, Serbien), Wehrersatzinspektio- nen, Wehrbezirkskommandos und Wehrmeldeämter, Wehrmachttransport- und Verkehrsdienststellen, Wehrmachtakademie. 3. Heer Die geretteten Bestände des Heeres sind relativ sehr beträchtlich. Doch sind leider wichtige Aktenbestände der zentralen Behörden (Chef der Heeresleitung/Ober- kommando des Heeres) und einzelner Oberkommandos der Heeresgruppen u. a. beim Brand in der Kriegswissenschaftlichen Abteilung (Frühjahr 1942), durch die Luftangriffe auf Berlin (u. a. am 3.2.1945) und insbesondere infolge der Vernich- tungsaktionen bei Kriegsende zerstört worden. In der Hauptabteilung Heer (1920-1945) werden die Bestände u. a. folgender zentraler Stellen Aufstellung finden: Chef der Heeresleitung/Oberbefehlshaber des Heeres, Generalstab des Heeres mit Chef, Zentralabteilung, Operationsabteilung, Organisationsabteilung, Abteilun- gen Fremde Heere Ost und West, Attacheabteilung, Ausbildungsabteilung, Kriegs- wissenschaftliche bzw. Kriegsgeschichtliche Abteilung, Waffengenerale beim Ob. d. H. bzw. beim Generalstab des Heeres, Generalquartiermeister, Chef des Trans- portwesens, Chef des Heeresnachrichtenwesens, Generalinspekteur der Panzertrup- pen, Heeressanitätsinspekteur, Heerespersonalamt, Heereswaffenamt, Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres, Allgemeines Heeresamt, Waffen- inspekteure, Kriegsakademie, Chef der Heeresarchive. 8 Hier sei noch vermerkt, daß die erhalten gebliebenen Bestände der sächsischen Armee von 1830 ab den Grundstock des »Deutschen Militärarchivs« in Potsdam bilden. Vgl. Rudolf Studanski: Die Bestände des Deutschen Militärarchivs. In: Zeitschrift für Militärgeschichte, 4. Jg. (1965), H. 5, S. 594-598. Von den Kommandobehörden der verschiedenen Ebenen von der Heeresgruppe bis zur Divison sind im allgemeinen nur die Kriegstagebücher und Anlagenbände der verschiedenen Abteilungen bis 1944/45 erhalten geblieben4. Bereits beim Brand in der Kriegswissenschaftlichen Abteilung (März 1942) sind die meisten Kriegstage- bücher und Anlagenbände der Führungsabteilungen der am Polen-, Norwegen- und Westfeldzug beteiligten Kommandobehörden vernichtet oder stark beschädigt worden. Nur zum Teil gelang es noch im Kriege, für das verlorengegangene Archiv- gut Ersatzbestände zu beschaffen oder zu bilden. Die Kriegstagebücher unterhalb der Divisionsebene, also der Regimenter, Batail- lone und Abteilungen, aber auch der Artilleriekommandeure, Kampfgruppen, Kommandanturen verschiedenster Art müssen als verloren gelten, soweit sich nicht Doppelstücke noch in privater Hand befinden. Von einzelnen Wehrkreiskommandos, Friedenstruppenteilen (insbesondere in Bayern gelegenen Garnisonen), Dienststellen des Ersatzheeres und Schulen ist mit- unter umfangreiches Schriftgut erhalten geblieben. Doch bedarf es noch eingehen- der Prüfung, bis über diese Bestände Gültiges ausgesagt werden kann. 4. Marine Die rechtzeitige Verlagerung des Marinearchivs nach Sdiloß Tambach bei Coburg hat dazu geführt, daß nicht nur die für die Seekriegsgesdiichte so wichtigen Kriegs- tagebüdier gerettet wurden, sondern auch die früher für aufhebenswert gehaltenen Akten der zentralen Behörden und Dienststellen der Preußischen, Kaiserlichen, Reichs- und Kriegsmarine, die nach dem Zweiten Weltkriege als Beutegut nach England gelangt waren und bis auf geringe Bestände wieder an die Bundesrepu- blik zurückgegeben worden sind. An wichtigsten Provenienzen sind hier zu nen- nen: a) für die Zeit bis 1919: Admiralität, Marinekabinett, Reichsmarineamt, Oberkommando der Marine/ Admiralstab der Marine, Generalinspekteur der Marine, Chef des Kreuzerge- schwaders, Auslandsstationen, Kommando der Hochseeflotte, Führer der U-Boote, Führer der Torpedoboote, Führer der Luftschiffe, Generalkommando des (in Flan- dern eingesetzten) Marinekorps, Seefliegerversuchskommando Warnemünde, b) für die Zeit von 1920 bis 1945: Chef der Marineleitung/Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Seekriegsleitung, KriegswissenschaftlicheAbteilung der Marine,Völkerbundsgruppe Marine, Marine- attad^gruppe, Marinepersonalamt, Marinemedizinalamt, Marinehaushaltsabtei- lung, Marinekommandoamt, Allgemeines Marineamt, Marinewaifenamt, Marine- konstruktionsamt, Inspektionen des Erziehungs- und Bildungswesens sowie der verschiedenen Waffen und technischen Einrichtungen, Befehlshaber der U-Boote, Flottenkommando, Führer der Zerstörer, Führer der Torpedoboote, Führer der Schnellboote, Marineakademie, Marineschule Mürwik. Vom nachgeordneten Bereich sind hier noch besonders zu erwähnen: die Marinestationen, die Marinegruppenkommandos, die Geschwaderkommandos, die verschiedenartigen Flottillenkommandos, die Verbandsstäbe der Sicherungs- * Eine quantitative Ubersicht über die Bestände der einzelnen Kommandobehörden bietet Charles Burdick in seinem Beitrag »Die Unterlagen über Einheiten des deutschen Heeres im Zweiten Weltkrieg«, in: Wehrwissenschaftliche Rundschau, 16. Jg (1966), S. 55-58,112-116, 172-176. Streitkräfte, die einzelnen Schiffe, die Werften, Arsenale, Versuchsanstalten, Erpro- bungskommandos, die Befehls- und Verbindungsstellen im verbündeten und be- setzten Ausland, die Marinefliegerverbände und Landstreitkräfte der Marine. Mit Hilfe dieses für die Geschichte des Deutschen Reiches so wichtigen Quellen- bestandes können Themen, die u. a. die Flottenpolitik, die Stellung Deutschlands in Ubersee, die Entwicklung taktischer
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