RICHARD WAGNER-VERBANDES WIEN Vormals Akademischer Wagner Verein Gegr

RICHARD WAGNER-VERBANDES WIEN Vormals Akademischer Wagner Verein Gegr

MITTEILUNGSBLATT DES RICHARD WAGNER-VERBANDES WIEN vormals akademischer Wagner Verein gegr. 1872 Postanschrift: c/o Prof. Dr. Heinrich Tettinek, Praterstraße 50, 1020 Wien e-mail: [email protected], internet: www.richardwagnerverband.at Anmeldungen und Auskünfte bei Frau Dkfm. Liane Bermann Telefon und Fax: 470 25 08 Montag und Mittwoch von 8 bis 13 Uhr Mai/Juni 2010 Sehr verehrte Mitglieder! Das vorliegende Heft ist dem Gedenken an Wolfgang Wagner gewidmet. Patriarch des Richard Wagner–Clans, zweiundvierzig Jahre lang Leiter des ältesten Festspielunternehmens der Welt, Regisseur von insgesamt zwölf Neuinsze- nierungen der Bayreuther Festspiele, gefragter Gastregisseur zwischen Dresden, Rom und Tokyo – kaum jemals noch hat das Wort vom „erfüllten Leben“ größere Berechtigung gehabt als hier. Wir bringen nach einem kurzen Überblick über Leben und Wirken Wolfgang Wagners zwei persönlich gefärbte Beiträge: Erinnerungen unseres Präsidenten Prof. Dr. Heinrich Tettinek und – vielleicht ein wenig überraschend – eine posthume Liebeserklärung von Christoph Schlingensief, die dem „Enfant terrible“ von Bayreuth in dieser Form nicht jedermann zugetraut hätte. Lückenlos schließt sich daran der Bericht über die Bayreuther Gedenkfeier für Wolfgang Wagner, gefolgt von der Rezen- sion über die „Götterdämmerung“ bei den Salzburger Osterfestspielen. Danach fi nden Sie die gewohnten Rubriken wie Veranstaltungsrückblicke, Hinweise auf eigene und fremde Veranstaltungen, Reisen und Pendelfahrten sowie wie immer auch die arbeitsreiche Aufl istung von „Wagner International“. Spannende Lektüre wünscht Ihnen der Vorstand ghjk IN MEMORIAM Wolfgang Wagner Anfeindungen, durch alle Klippen gesteuert und damit ihre ungebrochene Lebensfähigkeit bewiesen hat. Dazu Obwohl die wesentlichen Stationen des Lebens von gehört auch die Überführung des Festspielhauses und Wolfgang Wagner den meisten von Ihnen (zumindest des Hauses Wahnfried, die bis dahin Familieneigentum in Umrissen) bekannt sein dürften, seien sie doch noch waren, in die 1973 gegründete Richard–Wagner–Stif- einmal kurz skizziert. tung Bayreuth. Er selbst war von 1986 bis 2008 Ge- schäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Bayreuther Wolfgang Manfred Martin Wagner wurde am 30. Festspiele GmbH., und zwar seit 1987 mit einem Ver- August 1919 als Enkel von Richard Wagner und Ur- trag auf Lebenszeit. enkel von Franz Liszt in Bayreuth geboren. Seine Eltern waren Siegfried (1869 – 1930) und Winifred Wagner Im künstlerischen Bereich betraute er, getreu seinem Dik- geb. Williams (1897 – 1980). 1939 im Polenfeldzug tum von der „Werkstatt Bayreuth“ und konträr zu seinem verwundet, war er in den nächsten Jahren mit privatem Image als „Konservativer“, die jeweils fortschrittlichsten Musikstudium sowie der Tätigkeit als Regieassistent be- Regisseure mit Neudeutungen von Wagners Oeuvre, schäftigt. 1944 inszenierte er erstmals selbständig an was zwar nicht durchwegs für Zustimmung, aber stets der Berliner Staatsoper, und zwar ein Werk seines Va- für lebhafte Diskussionen sorgte und Bayreuth als span- ters Siegfried, „Andreasnacht“ („Bruder Lustig“). 1950 nendes Thema im Blickpunkt der Öffentlichkeit bewah- übernahm er gemeinsam mit seinem Bruder Wieland ren half. Hervorgehoben seien hier nur Götz Friedrichs die Leitung der Bayreuther Festspiele, die im Jahr darauf „Tannhäuser“ (1972), der so genannte „Jahrhundertring“ wieder aufgenommen wurden. 1963 konnte er mit dem in der Inszenierung von Patrice Chéreau (1976), „Der „Lohengrin“ seine erste Bayreuth–Regie vorlegen. 1966 fl iegende Holländer“ von Harry Kupfer (1978), „Tristan übernahm er nach dem frühen Tod seines Bruders Wie- und Isolde“ in der Regie von Heiner Müller (1983) oder land die alleinige Leitung der Festspiele, die er bis zum zuletzt Christoph Schlingensiefs „Parsifal“ (2004). Aus Jahre 2008 innehaben sollte. In der Folge inszenierte der nicht immer ganz gleichwertigen Dirigentenriege sta- er dort auch alle weiteren Opern und Musikdramen chen insbesondere Pierre Boulez, Carlos Kleiber, Daniel Richard Wagners: „Der fl iegende Holländer“ (1955), Barenboim oder jüngst Christian Thielemann hervor. „Tristan und Isolde“ (1957), „Der Ring des Nibelungen“ Viel Stoff für Erregung bot den Medien auch das tur- (1960 und 1970), abermals „Lohengrin“ (1967), „Par- bulente Nachfolge–Wolfgang–Spiel am Grünen Hügel. sifal“ (1975 und 1989) sowie „Tannhäuser“ (1985). Schon 2001 hatte der Stiftungsrat mit großer Mehrheit Nicht weniger als dreimal, 1968, 1981 und 1996 Eva Wagner–Pasquier, Wolfgang Wagners Tochter aus (seine letzte Bayreuther Inszenierung) führte Wolfgang erster Ehe, als künftige Festspielleiterin nominiert. Dies Wagner am Grünen Hügel bei den „Meistersingern wurde von ihrem Vater, der seine zweite Gattin Gudrun von Nürnberg“ Regie. Daneben betreute er wiederholt bzw. deren beider Tochter Katharina favorisierte, unter Gastinszenierungen an verschiedenen Bühnen Deutsch- Hinweis auf seinen Vertrag auf Lebenszeit verhindert. lands, Italiens sowie in Japan. Nach dem überraschenden Tod Gudrun Wagners zu Als Regisseur galt Wolfgang Wagner, verglichen mit Ende 2007 erklärte sich Wolfgang mit einer Doppeldi- den einst als revolutionär empfundenen Arbeiten seines rektion seiner beiden Töchter einverstanden; seit 1. Sep- Bruders Wieland, als „konservativ“. Seine größte Lei- tember 2008 leiten somit Eva Wagner–Pasquier und stung aber besteht darin, dass und wie er die Festspiele Katharina Wagner gemeinsam die Festspiele. durch volle 42 Jahre, unbeirrt durch oftmals böswillige ghjk 2 Refl exionen zum Tod Wolfgang Wagners Aber abseits von diesen medial nutzbaren Besonder- heiten war WW ein anderer, den ich dann oft privat kennen lernen durfte: Ein unbedingter Diener an der Sa- Vieles ist von Vielen schon zum Tode des ehemaligen che der Festspiele, ein gevifter Kaufmann und Manager, Festspielleiters Bayreuth und Enkel Richard Wagners ge- der letzte Impressario, der – erst noch für die Privatei- schrieben worden und wird in dieser Nummer abge- gentümerin der Festspiele, Mutter Winifred, dann für die handelt. Es ist daher nicht die Zeit, Eulen nach Athen zu Stiftung Bayreuth, ein ökonomisches und künstlerisches tragen. Aber doch vielleicht, tief betroffen, einige Ge- Wunder vollbrachte, wie es keiner im 20.Jahrhundert danken und Erinnerungen zusammenzufassen. für möglich hielt, mit Bravour die Klippe des früh ver- Wolfgang Wagner habe ich erstmalig persönlich vor 40 storbenen Genies Wieland meisterte, mit dem Jahrhun- Jahren in Bayreuth aus ehrfurchtsvoller Distanz gesehen, dertring neue Maßstäbe setzte und sein ganzes Leben, als der Hügel noch nicht zugebaut war; in den Pausen ja auch jede Freizeit, dieser Aufgabe widmete. Nie ein die Sänger ums Haus promenierten und während der Schicki–Micki–High–Society–Member, die er verachte- Akte externe Zuhörer mit Klavierauszug am – heute ge- te. Stark unterstützt durch seine ihm vorangegangene, schlossenen – kantinenseitigen Bühnentürl saßen, wo der aber viel jüngere 2. Gattin Gudrun war er omniprä- Wart die Aufführung über laut gedrehte Hauslautspre- sent und omnikompetent. Mit einem Minimum an Stab cher simultan dem Publikum zugänglich machte. WW nahm er noch selbst die letzte Putzfrau auf, verhandelte war – wie fast bis zuletzt – omnipräsent, eilte ums Haus, mit der deutschen Bühnengewerkschaft einen Kollek- von seiner nahe gelegenen Wohnung in die Festspiel- tivvertrag aus, der erst die Festspiele ermöglichte und leitung, machte Ansagen vor dem Vorhang in breitem in ganz Deutschland so nicht möglich gewesen wäre. Fränkisch und zeigte das trügerische Temperament des Dann empfi ng er Staatspräsidenten, steinreiche Spon- glücklichen Hans Dampf in allen Gassen. Dass er är- soren und Politiker. Er kämpfte für sein Haus, in dem 10 ger als Jupiter zürnen und brüllen konnte, lernte ich erst Jahre Wartezeit auf Karten normal waren, gegen die später kennen, wenn etwa bei Stipendiatentreffen ein Agioteure, hielt bewusst die Preise – im Verhältnis zu hochintellektuell motivierter deutscher Jungstipendiat an andern Festspielen – nieder, um sie jedermann leistbar ihn die Frage stellte, warum am Hügel denn lauter so zu machen, gewährte für junge Musiker jährlich in 3 – 4 schlechte Sänger sängen. Später lernte ich auch, dass Aufführungen 250 Stipendienkarten und nahm sich um dieser Zorn und die Ablehnung des Opfers ewig wirkte: diese persönlich an, war auf allen Proben und pfl egte So hatte René Kollo für die Tannhäuser–Premiere die Par- mit allen Mitwirkenden, vom Stardirigenten bis zum Hilfs- tie nicht nur bis zu den Hauptproben noch immer nicht personal, persönlichen Kontakt. intus; er sagte – angeblich aus Krankheitsgründen – die Kontakt! Premiere auch noch am Vormittag der Aufführung ab. Nichts nützte es mehr, dass Kollo in den Folgejahren Ja, das war er besonders: kontaktfreudig und gar nicht um den Hügel strich, es war sein letztes Engagement stolz. Versuchen Sie mal in Wien bloß den Direktor des in Bayreuth gewesen. Aber auch nur eine schlechte Kri- Theaters an der Wien, der Staats– oder Volksoper zu tik des treu ergebenen örtlichen Kulturredakteurs Rappel sprechen: Sie werden entweder nicht verbunden oder er über ein Inszenierung WWs führte zu einem fernmünd- dreht sich befremdet ab. WW war für alle da, ein gü- lichen Gewitter mit Hausverbot. À propos Hausverbot: tiger Vater den Jungen, ein Kumpel den Gleichaltrigen. Das regnete es am Hügel. Eva, Tochter aus 1. Ehe und Seine Werkkenntnis war stupend. Mit Recht hat Thiele- Direktionsassistentin bis zu WWs 2.Ehe, erhielt es eben- mann in seiner Ansprache für die Künstler

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