ISSN 2363-2186 BO-AB-14-001-DE-N 8. Wahlperiode 2014–2019 8. Wahlperiode Bürgerhandbuch H Europäisches Parlament Bürgerhandbuch 8. Wahlperiode 2014–2019 Europäisches Parlament UMSCHLAG_Buergerhandbuch_3 02 2015.indd 3 03.02.15 13:20 Europäisches Parlament Bürgerhandbuch 8. Wahlperiode 2014–2019 | Stand: November 2014 Europäisches Parlament H Informationsbüro in Deutschland Unter den Linden 78 10117 Berlin Telefon: (030) 2280 1000 Telefax: (030) 2280 1111 E-Mail: [email protected] H Europa-Punkt im Europäischen Haus Unter den Linden 78 10117 Berlin Montag bis Freitag 10–18 Uhr Samstag, Sonntag 10–16 Uhr Zur Sommerzeit werktags bis 20 Uhr, am Wochenende bis 18 Uhr Verkehrsverbindung: Haltestelle „Brandenburger Tor“ Buslinien: 100, TXL S-Bahnlinien: S1, S2, S25 U-Bahnlinie: U55 H Informationsbüro in München Bob-van-Benthem-Platz 1 80469 München Telefon: (089) 2020 879-0 Telefax: (089) 2020 879-73 E-Mail: [email protected] Verkehrsverbindung: Haltestelle „Baaderstraße“: Buslinien 52 und 152 S-Bahn – Haltestelle „Isartor“: alle S-Bahnen U-Bahn – Haltestelle „Fraunhoferstraße“: U1 und U2 www.europarl.de 2 Inhalt Geeint und solidarisch ist Europa stark 4 Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments Zuhause in Europa! 6 Rainer Wieland, Vizepräsident des Europäischen Parlaments Europas Rolle in der Welt 8 Alexander Graf Lambsdorff, Vizepräsident des Europäischen Parlaments Das Europäische Parlament im Überblick – Daten und Fakten 10 Die 96 deutschen Europaabgeordneten 12 Die Europäische Bürgerbeauftragte 108 So entsteht ein europäisches Gesetz 109 Der Präsident, die Vizepräsidenten und die Quästoren 112 Fraktionen 113 Abgeordnete nach Bundesländern 115 Deutsche Mitglieder in den Ausschüssen 119 Gremien für Kontakte mit Drittländern 122 Parlamentarium 126 Hinweise zur Internet-Recherche 127 Impressum 128 3 Geeint und solidarisch ist Europa stark Martin Schulz – Präsident des Europäischen Parlaments Das Jahr 2014 ist ein historisches für die europäische Demokratie: Erstmals waren mehr als 400 Millionen Wäh- lerinnen und Wähler aufgerufen, bei der Europawahl mit ihrer Stimme auch darüber zu entscheiden, wer Präsident der Europäischen Kommission wird. Das hat es in Europa so noch nicht gegeben. In der Folge wählte das Europäi- sche Parlament Jean-Claude Juncker mit großer Mehrheit zum Kommissionspräsidenten. Der Wahl des Kommissionspräsidenten vorausgegangen war ein Prozess, wie ihn Europa bisher nicht kannte. Die großen Parteien traten mit gesamteuropäischen Spitzenkandidaten, gesamteuropäischen Programmen und gesamteuropäischen Wahlkampagnen an. Es gab einen echten Wahlkampf mit Köpfen und Konflikten. Jeder Kandidat stellte sein Programm vor und verteidigte es in mehreren TV- Duellen, die in ganz Europa ausgestrahlt wurden. Bei der Europawahl 2014 ging es um nichts Geringeres als um den Aufbau einer echten transnationalen Demokratie. Es ist deshalb gerechtfertigt von einer Zeiten- wende in der demokratischen Entwicklung Europas zu sprechen. Denn eines ist klar: Alle Versuche, das Rad zurückzudrehen, sind zum Scheitern verurteilt. Es wird nicht mehr möglich sein, das Votum der Menschen bei der Wahl des Kommissionspräsidenten zu ignorieren. Die Geschichte lehrt, dass Parlamente sich ihre Rechte und die der Menschen erkämpfen müssen – und dass sie sich einmal erkämpfte Rechte nicht wieder nehmen lassen. Die Europawahl 2014 und die anschließende Wahl des Kommissionspräsidenten durch das EU-Parlament werden Europa stärken. Ich bin mir sicher, dass wir damit auch verloren gegangenes Vertrauen der Menschen zu Europa und seinen Institutionen zurückgewinnen können. Wieder Vertrauen zu schaffen ist unverzichtbar, denn wir erleben, dass viele Europa mit Desinteresse und Gleichgültigkeit begegnen, ja sich von Europa abwenden. Wir müssen deshalb immer wieder deutlich machen, dass all das, was in Europa seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschaffen wurde, eine der größten zivilisatorischen Errungenschaften ist, die unser Kontinent je gesehen hat. Europa hat nach furchtbarem Leid, Rassenwahn, Krieg und Vertreibung wie- der zusammengefunden und einen historisch einmaligen Wiederaufstieg erlebt. 4 Wir müssen wieder deutlich machen, dass wir ein geeintes, kreatives, vielfältiges, vielseitiges und weltoffenes Europa in einer globalisierten Welt mehr denn je brauchen, um unser demokratisches, soziales und freies Gesellschaftsmodell zu bewahren. Wenn wir uns aber auseinander dividieren lassen, dann droht uns die weltpolitische Bedeutungslosigkeit und dann drohen wir zum Spielball anderer Mächte zu werden, die unsere Werte nicht teilen. Wollen wir unsere Handlungsfähigkeit und unsere Demokratie bewahren, dann brauchen wir Europa. Bündeln wir die Macht der 28 Staaten, unserer 500 Millio- nen Menschen und des reichsten Binnenmarktes der Welt, dann können wir etwas bewegen. Martin Schulz Präsident des Europäischen Parlaments 5 Zuhause in Europa! Rainer Wieland – Vizepräsident des Europäischen Parlaments Es gibt viele Gründe, sich in Europa zuhause zu fühlen. Europa bedeutet eine Garantie für Frieden, einen gemeinsamen Raum für Freiheit, Sicherheit, Gerechtigkeit und Wohlstand. Als einzige direkt gewählte multinationale Volksvertretung weltweit hat das Europäische Parlament durch seine Verdiens- te entschieden dazu beigetragen, dass wir uns durch die Ori- entierung an diesen Werten auf europäischem Boden daheim fühlen können. Dabei ist diese Institution selbst einzigartiger Ausdruck europäischer Verständigung: die Abgeordneten der 28 Mitgliedstaaten vertreten nicht nur die Inte- ressen ihres Landes, sondern kooperieren über nationale Hürden hinweg miteinan- der und entscheiden gemeinsam. So selbstverständlich, wie für uns das Reisen ohne störende Grenzkontrollen in Europa geworden ist, so selbstverständlich läuft die politische Zusammenarbeit im Europäischen Parlament im Sinne einer grenzüber- schreitenden, parlamentarischen Demokratie ab. Dies alles wird verstärkt durch den Vertrag von Lissabon, und durch die gewonnene Kraftprobe mit dem Rat, gilt dies zu Beginn der 8. Legislaturperiode noch mehr. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wirft jedoch die Frage auf: Haben wir ein Europa, in dem nationale Grenzen überhaupt keine Rolle mehr spielen? Aus historischer Sicht war die nationale Grenze stets Ausdruck unterschiedlicher Kulturen, natürlich gewachsener Gemeinschaften und Gebiete. Heute werden nati- onale Grenzen vorrangig als Inbegriff der politischen Interessen staatlicher Akteure gewertet. Grenzziehungen sichern Identität und Verständigung; die nationale Grenze ist dabei Zeichen politischer Vergesellschaftung, ein Mittel zur Herstellung sozialer Zugehörigkeit. Allerdings sind diese nationalen Grenzen durchlässig, denn Gesell- schaft und Gemeinschaft sind nicht gleichzusetzen mit der Nation. Die Frage nach Identität und Zugehörigkeitsgefühl macht vor nationalen Grenzen nicht halt. Schließ- lich begreifen wir uns nicht einfach nur als Deutsche, sondern auch als Europäer, als Bürger, die in der Europäischen Union leben. Dies bestätigen laut einer Umfrage von Eurostat 79 Prozent aller Deutschen. Im Laufe der Jahrzehnte ist ein Funktionswandel binneneuropäischer Grenzen eingetreten, ohne dass dabei der Unterschied zwischen den Nationen bedeutungslos geworden ist. Schon im Entwurf der Europäischen Verfassung hieß es, »dass die Völ- 6 ker Europas, wiewohl stolz auf ihre nationale Identität und Geschichte, entschlossen sind, die alten Trennungen zu überwinden und immer enger vereint ihr Schicksal gemeinsam zu gestalten.« Vereint als überzeugte Europäer müssen wir gemein- sam die grenzüberschreitenden Herausforderungen unserer Zeit angehen, wie die Fragen der Energiepolitik, die Chancen und Risiken der Digitalisierung, die Bekämp- fung von Terrorismus, die Verletzung der Menschenrechte sowie die Verfolgung von religiösen Minderheiten. Das Bewusstsein, dass wir Europäer nur zusammen Abhilfe schaffen können, bedingt heute die veränderte Wahrnehmung nationaler Grenzen. Dieser Gedanke ist schon in der Präambel des Grundgesetzes verankert („Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben“). Dennoch bedeutet die fortschreitende europäische Integration nicht das Ende der Wertschätzung lokaler, regionaler und nationaler Besonderheiten. Die neue Gren- zerfahrung in den alltäglichen Lebenszusammenhang zu integrieren – trotz und unter Beibehaltung von kulturellen, sozialen und ökonomischen Differenzen – zur Herstellung einer politischen und kulturellen europäischen Identität im grenznahen Bereich ist die neue Herausforderung für Europa. Dabei ist das Wachstum auf loka- ler Ebene ein wichtiger Motor für die wirtschaftliche Erholung Europas insgesamt. Mein Ziel ist ein gelebtes Europa der Bürger, das sich der Achtung der Vielfalt der Kulturen, Sprachen und Religionen verpflichtet hat, so dass man sich als Staatsbür- ger und Europäer zuhause fühlen kann. Gerade das Europäische Parlament vermag diese Balance zwischen vertiefender europäischer Integration und Berücksichtigung der geographischen Besonderheiten zu halten. Als Institution wird es der Vielschich- tigkeit unserer Identität insofern gerecht, als es über die direkt gewählten Abge- ordneten die Brücke zum einzelnen Bürger unmittelbar zu schlagen vermag und ihm – in Kenntnis seiner kulturellen Verwurzelung – eine Stimme auf europäischer Ebene gibt. Ich habe mich schon immer,
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