Jens Spahn Die Biografie ® MIX Papier Aus Verantwor- Tungsvollen Quellen

Jens Spahn Die Biografie ® MIX Papier Aus Verantwor- Tungsvollen Quellen

Michael Bröcker Jens Spahn Die Biografie ® MIX Papier aus verantwor- tungsvollen Quellen ® www.fsc.org FSC C083411 © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2018 Alle Rechte vorbehalten www.herder.de Satz: Barbara Herrmann, Freiburg Herstellung: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany ISBN Print: 978-3-451-38336-2 ISBN E-Book: 978-3-451-81676-5 Inhalt 1. Vorwort .......................................... 7 2. »Er ist mir zu schnell groß geworden« – Kindheit und Jugend in Ottenstein ................ 13 3. »Ahaus – ausgesprochen radioaktiv« – wie die Castor-Gegner Spahn politisierten ......... 27 4. »Wir haben ein Wowereit-Problem« – erste Kandidatur, erste Widerstände ............... 46 5. »Ich kenn’ Sie doch aus der ›Aktuellen Stunde‹« – der Hinterbänkler in Berlin ....................... 59 6. »So klug wie anrüchig« – ein Freundschaftsdienst mit Folgen ........................................ 76 7. »Jemand wie Sie gehört aufgehängt« – das Renten-Drama ................................ 81 8. »Der kann ja Fachpolitik« – Aufstieg zum Gesundheitsexperten und neue politische Freunde . 85 9. »Ein Mann wie eine Walze« – Spahn, sein Mann und das Problem mit den Schwulen ................... 91 10. »Der Clübchengründer« – der Schweiger wird zum Netzwerker .............. 108 11. »Bevor es der Armin macht« – der Rivale im eigenen Land ....................... 139 12. »Jetzt erst recht« – der Übergangene putscht sich ins Präsidium ..................................... 150 5 13. »Eine Art Staatsversagen« – Geburt eines Merkel-Kritikers ..................... 169 14. »Welcome Deputy Finance Minister« – Spahns mächtiger Förderer ........................ 189 15. »Dann ziehe ich dir den Stecker« – der Zwei-Minuten-Eklat beim Parteitag ........... 201 16. »Denen überlassen wir das Land nicht« – die Anti-Merkel-Troika ........................... 206 17. »Die Mitte ist rechts von uns« – ein alter Richtungsstreit und eine neue Rivalin .... 216 18. »Der muss schon loyal sein« – endlich Minister ... 222 19. »Anstrengend, aber nie langweilig« – Minister für Integration, Flüchtlinge, Soziales – und Gesundheit ................................... 240 20. »Ich kann mit der Frau nicht arbeiten« – Spahns Rolle beim Fast-Bruch der Union ......... 261 21. »Kanzler, was sonst?« – Ein Ausblick .............. 272 Personenregister ...................................... 285 6 1. Vorwort 1997. Bischöfliche Canisiusschule, Ahaus in Westfalen. Es ist Jens Spahns erste und letzte Freundin, die seine Ambitionen früh erkennt. Elfte Klasse. »Wir haben ausgetüftelt, wer unter Jens welches Ministerium bekommt. Ich war für das Finanz- ministerium vorgesehen«, sagt Heike Wissing, Mitschülerin und in der sechsten Klasse Kurzzeitfreundin. Jens Spahn spielt Kanzler. Er wollte immer was »Großes« werden in der Politik, sagen seine Mitschüler. Die Nummer eins sein. »Bun- deskanzler, was sonst?«, texten sie unter ein Foto des Einser- Abiturienten in der Abschlusszeitung. Dieses Ziel wird Jens Spahn in den nächsten 20 Jahren nicht mehr aufgeben. Nach oben kommen. Politik machen. Führen. Anführen. Er organisiert das Ferienzeltlager der Ka- tholischen Jugendgemeinde, wird Verbandsvorsitzender. Er ist Stufensprecher, weil er der beste Redner ist. Er organisiert Anzeigenkampagnen für ein Atomzwischenlager in seiner Heimat, weil ihn der linke Mainstream ärgert. Und weil ihn Widerstände anspornen. Bis heute. Seine politischen Ämter erkämpft er sich, oft gegen Bewerber, die einflussreiche Un- terstützer haben, wie bei der Kandidatur für das Präsidium beim Bundesparteitag 2014 in Köln. Bundesminister wird er, weil Angela Merkel nach einem desaströsen Ergebnis bei der Bundestagswahl 2017 ein Zeichen der Erneuerung setzen muss und dem Druck des Wirtschaftsflügels und der Jungen Union nachgibt. Warum sollte er jetzt, erst 38 Jahre alt, diesen Drang zü- geln? »Wer 40 ist und keinen Ehrgeiz hat, kann nach Hause gehen«, sagt Spahn gerne, wenn es um seine Zukunftspläne geht. »Ohne Ehrgeiz schafft man auch nicht das Seepferd- 7 chen.« Damit ist die Sache mit den Kanzlerambitionen schon mal klar. Sein Aufstiegswille erinnert an Gerhard Schröder und Joschka Fischer. Wenn Angela Merkel ihren Widersacher nicht zum Bundesminister befördert hätte, wäre Jens Spahn in der Bundestagsfraktion gegen den Vorsitzenden Volker Kauder und damit gegen den Kandidaten der Kanzlerin an- getreten. Oder vielleicht gleich auf dem Bundesparteitag im Dezember gegen die Parteivorsitzende. Jens Spahn will Bundeskanzler werden. Daran lässt er in den vielen Gesprächen, die ich mit ihm für dieses Buch, aber auch in den Jahren davor geführt habe, keinen Zweifel. Daran lassen auch seine Freunde und die politischen Gegner keinen Zweifel. »Man merkt bei ihm jede Sekunde, dass er nach ganz oben will«, sagt SPD-Generalsekretär Lars Kling- beil. Den berühmten Satz Erwin Teufels, »Das Amt muss zum Mann kommen, nicht der Mann zum Amt«, hält Spahn für Unsinn. Wer gestalten will, müsse sich ein Amt auch er- kämpfen. So sieht er das. Wenn der gelernte Bankkaufmann und Politikwissenschaftler nur den Hauch einer Chance sieht, bis zur nächsten Bundestagswahl seine Konkurrentin, Parteiliebling Annegret Kramp-Karrenbauer, zu überholen, wird er es versuchen. Und wenn er es 2021 nicht schafft, wird er es vier Jahre später versuchen. Und wenn er in der Politik scheitert? Eine Exit-Strategie hat er nicht. »Er braucht sie auch nicht. Wir würden eine lange Reise machen, die Wunden lecken und dann was ganz Neues machen. Und es wäre auch völlig okay«, sagt Spahns Ehemann Daniel Funke. Aber an einen Ausstieg Spahns denkt derzeit ohnehin nie- mand. Im Gegenteil. »Wenn ich mir den Kanzler nicht zutrauen würde, müsste ich das hier ja alles nicht machen«, sagt Jens Spahn zu mir schon 2013. Seine Karriere ist ein permanentes Aufbegehren. Die Kampfkandidatur die Konstante. Die Ämter, vom Kreis- vorsitz bis zum Ministeramt, sind das Ergebnis eines politi- 8 schen Feldzugs. Jens Spahn geht dabei strategisch vor, nicht polternd. Er rüttelt nicht am Zaun des Kanzleramtes. Er ver- liert es nur nicht aus den Augen. Um es gleich vorwegzusagen: Ich traue ihm das Kanzler- amt zu. Den Job, meine ich. Als politischer Journalist beob- achte ich Jens Spahn seit über zehn Jahren. Der CDU-Politi- ker ist trotz seines jungen Alters ein alter Hase im Geschäft. Klug, wissbegierig, hartnäckig und politisch mit allen Was- sern gewaschen. Er bespielt die Medien, er inszeniert seine Botschaften unter kreativer Ausnutzung der deutschen Spra- che, er schmiedet Bündnisse und arbeitet sich schnell in neue Themen ein. Jens Spahn hat ein außergewöhnliches Netz- werk an Beratern und Unterstützern geknüpft, das ihm hilft, Perspektiven zu erfahren, die im Kreisvorstand in Borken nicht vorkommen. Zugleich hat er den Draht zur Heimat nie verloren. Und er hat einflussreiche Förderer wie Wolf- gang Schäuble, Volker Bouffier und Edmund Stoiber. Sie ver- leihen dem jungen, aufmüpfigen Konservativen die nötige politische Schwere. Jens Spahn hat eine politische Agenda, die man kritisieren kann, die aber Konturen hat. Er will die CDU nach rechts rücken. Also in die Mitte, wie er es sieht. »Die Mitte ist mitt- lerweile rechts von der CDU«, sagt er. Die Korrektur der Flüchtlingspolitik ist für ihn der Weg, um das gespaltene Bürgertum wieder hinter der Union zu versammeln. In der Flüchtlingskrise steigt er zum wortmächtigen Kriti- ker der Kanzlerin und ihrer Politik auf und nutzt die Rolle zur Profilierung in eigener Sache. Jens Spahn verweigert sich der Willkommenskultur, er sieht die Zuwanderung musli- mischer Flüchtlinge als Belastung. Deutschland werde »anti- semitischer, schwulenfeindlicher, machohafter und gewalt- affiner«, sagt er. Und: Jens Spahn will einen anderen Politikstil. Mehr Dis- kussion. Mehr Kontroverse. In einer Partei, die den offenen 9 Streit meidet, hat Spahn die Rauflust als Marktlücke entdeckt und konsequent besetzt. Die asymmetrische Demobilisie- rung, das Kampagnenkonzept der Merkel-Jahre, hält er für ein intellektuelles Armutszeugnis. Und Merkels Favoritin für die eigene Nachfolge, CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, wähnt Spahn in diesem Lager der poli- tischen Weichzeichner und Angepassten. Jens Spahn will he- rausfinden, wie viele in der Partei das so sehen wie er. Er strebt den ersten Platz an. Davon bin ich nach den Re- cherchen zu diesem Buch überzeugt. Das Gedankenspiel muss also erlaubt sein: Was wäre, wenn Jens Spahn Bundes- kanzler wäre? Wie würde er das Land verändern? Für welche Politik stünde er? Was treibt ihn? Wer Antworten auf diese Fragen sucht, muss sich dem Menschen nähern, sich ins Münsterland vorarbeiten. Jetzt schon eine Biografie, fragen Sie? Gerade jetzt! Jens Spahn ist 38 Jahre alt. Sebastian Kurz ist 32. Emmanuel Macron 40. Der liberal-konservative irische Premierminister Leo Varadkar ist 39 Jahre alt. Der neue Chef der spanischen Konservativen und mögliche künftige Regie- rungschef, Pablo Casado, ist 37 Jahre alt. Die Jungen erobern in Europa politische Führungsämter. Und sie sammeln – mit unterschiedlichen Zielen, aber in ähnlicher Strategie – Bewe- gungen hinter sich, die sich von den etablierten politischen Eliten missverstanden oder ignoriert fühlen. Jens Spahn ist einer der bekanntesten deutschen Politiker. Zugleich einer der umstrittensten. Kein Christdemokrat wird so kritisch beäugt und ist trotzdem so präsent. Im Netz ätzen seine Gegner mit dem Spruch »Lebe so, dass Jens Spahn et- was dagegen hätte« gegen den konservativen Schwulen. Die Ansichten über ihn sind kontrovers, auch in meinem persön- lichen Umfeld. Schwarz

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