Fließende Übergänge Stadt – Flecken – Dorf im Braunschweiger Weserdistrikt in der Mitte des 18. Jahrhunderts Ein GIS-gestützter Vergleich der Wirtschafts- und Sozialstruktur Von der Philosophischen Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover zur Erlangung des Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) genehmigte Dissertation von Olaf März geboren am 23.07.1964 in Gehrden 2016 Referent: Prof. Dr. Carl-Hans Hauptmeyer Korreferent: Prof. Dr. Karl Heinz Schneider Tag der Promotion: 03.06.2014 Abstract Die vorliegende Arbeit ist eine empirische Regionalstudie, in der die Wirtschafts-, Sozial- und Raumstruktur städtischer, stadtähnlicher und ländlicher Siedlungen des Braunschweiger We- serdistrikts (Landkreis Holzminden) in der Mitte es 18. Jahrhunderts vergleichend untersucht wird. Die Auswertung des kartographischen und statistischen Materials der Braunschweigi- schen Landesaufnahme erfolgt mit Hilfe eines Geographischen Informationssystems und der Erstellung sozialtopographischer Karten der Ortslagen sowie der landwirtschaftlichen Nutz- flächen (Flur). Der Siedlungsformenvergleich orientiert sich an wirtschafts- und sozialräumli- chen Indikatoren, wie der Morphologie des Siedlungsgefüges, der steuerlichen Belastung, ge- bäudespezifischer Merkmale, der Entwicklung von Handwerk und Gewerbe sowie einer de- taillierten Untersuchung des landwirtschaftlichen Sektors. Darüber hinaus wird die Bedeu- tung der Leinwandherstellung als regionalem Leitgewerbe herausgearbeitet. Der Vergleich konnte für eine Reihe der wirtschafts- und sozialräumlichen Indikatoren „flie- ßende Übergänge“ zwischen den städtischen, stadtähnlichen und ländlichen Siedlungen fest- stellen, für die endogene (Anpassungsfähigkeit der erweiterten Haus- und Wirtschaftsge- meinschaft, flexible Wahrnehmung von Einkommensoptionen, Bedeutung von Land- und Gartenwirtschaft), exogene (Intensivierung von Marktbeziehung, kameralistische Wirt- schaftspolitik, demographische Expansion) sowie morphogenetisch-raumstrukturelle (lan- gandauernde Verdichtung und Fragmentierung von Raumeinheiten durch die Grundbesitz- entwicklung, identische Anlage und Bewirtschaftung der Flur mit abnehmender Flächenkom- plexität) Faktoren ursächlich sind. Die transitorische Kraft der politischen, sozialökonomi- schen und demographischen Faktoren wirkte in übergeordneten Raumzusammenhängen (Territorium, Region), so dass sich die historischen Unterscheidungsmerkmale der Siedlungs- segmente sukzessive aufzulösen begannen. Schlagworte: Historisch-Geographisches-Informationssystem, städtische und ländliche Sozial- topographie, historische Raumforschung 1 Abstract This thesis is an empirical regional case study focussed on a comparative analysis of the eco- nomic, social and spatial structure of urban, semi-urban and rural settlements of the Weser area in Brunswick (Holzminden district) in the mid-18th century. The cartographic and stati- stical material from the Brunswick Survey (Braunschweigische Landesaufnahme) was evalua- ted using a Geographical Information System, and maps showing the social topography of the individual settlements and the agricultural areas were created. The comparison of settlement forms is based on economic and social indicators, such as settlement morphology, taxation, building characteristics, the development of crafts and trade and a detailed examination of the agricultural sector. Furthermore, the significance of linen production as the chief regional industry is analysed. The comparative analysis identified gradual transitions between urban, semi-urban and rural settlements for many of the economic and socio-spatial indicators. The determining factors are: endogenous (adaptability of the extended household and economic units, flexible per- ception of income options, significance of agriculture and horticulture), exogenous (intensifi- cation of market relations, cameralistic economic policy, demographic expansion) and mor- phological / spatio-structural (long-term consolidation and fragmentation of spatial units in response to land ownership changes, identical cultivation of fields with decreasing spatial complexity). The transitory influence of political, socio-economic and demographic factors played a role in broader spatial contexts (territory, region), and the historical differences bet- ween the settlement types gradually began to disappear. Key words: Historical Geographical Information System, urban and rural settlement topo- graphy, historical regional studies 2 Vorwort Die vorliegende Arbeit geht auf ein zwischen 2000 und 2003 beim Niedersächsischen Landes- amt für Denkmalpflege in Hannover durchgeführtes Forschungsprojekt mit dem Titel „Kultur- raum Oberweser. Ländlicher Hausbau, Wirtschaftsgeschichte und Denkmalpflege im ehemali- gen Braunschweigischen Weserdistrikt“ zurück, in dem ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Für die gute und freundschaftliche Zusammenarbeit in diesem Projekt danke ich dem Leiter Dr. Volker Gläntzer und meiner Mitarbeiterin Dr. Svenja Zell ganz herzlich. Weiter- hin gilt es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des NLD, insbesondere der damaligen Lan- deskonservatorin Frau Dr. Seegers-Glocke und Herrn Dr. Zittlau für die vielfältige Unterstüt- zung und das stete Interesse am Fortgang des Projektes zu danken, ebenso wie dem Nieder- sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, das das Projekt großzügig förderte. Ganz herzlich danken möchte ich meinem Doktorvater Professor Dr. Carl-Hans Hauptmeyer, der über einen langen Zeitraum geduldig und stets zugewandt das Werden der Arbeit beglei- tete und auch in kritischen Phasen ein helfender Ansprechpartner war. Professor Dr. Karl Heinz Schneider möchte ich für die spontane und unkomplizierte Übernahme des Korreferats danken. Dank gilt auch Professor Dr. Michael Rothmann, dem ich die Gelegenheit verdanke, die Arbeit erstmals einem größeren Fachpublikum vorzustellen. Für die Bereitstellung und Hilfe bei der Bearbeitung des umfangreichen Materials und der Quellenbestände danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der kommunalen Archive und Behörden sowie des Heimat- und Geschichtsvereins des Landkreises Holzminden. Insbe- sondere gilt mein Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Niedersächsischen Lan- desarchivs Wolfenbüttel und seinem damaligen Leiter Dr. Horst-Rüdiger Jarck. Für die technische Unterstützung bei der Digitalisierung der Karten bedanke ich mich bei den Mitarbeiter(inne)n des GIS-Zentrums der Leibniz Universität Hannover. Danken möchte ich Frau Dr. Tanja Soroka für die Übernahme der Korrekturen und die redak- tionelle Unterstützung. Weiterhin danken möchte ich Dr. Christian Lippelt und Dr. Edel Sheri- dan-Quantz. Die Arbeit wäre ohne die Geduld und die vielfältige Förderung meiner Eltern nicht möglich gewesen. Ihnen sowie Antje und Lutz gilt daher mein ganz besonderer und herzlicher Dank. Widmen möchte ich die Arbeit Ilse-Marie und Alfried. Bremen, im Mai 2016 Olaf März 3 Inhaltsverzeichnis Seite 1 Einleitung .....................................................................................................................................8 1.1 Problemstellung ...............................................................................................................8 1.2 Forschungsstand ............................................................................................................17 1.3 Untersuchungsgebiet und Auswahl der Orte ................................................................32 1.4 Quellen ..........................................................................................................................35 1.5 Methodisches Vorgehen ................................................................................................37 1.5.1 Definition, Aufbau und Merkmale Geographischer Informationssysteme.......40 1.5.2 Geographische Informationssysteme und Geschichtswissenschaft.................43 2 Die braunschweigische Landesaufnahme des 18. Jhdts. als Historisch-Geographisches- Informationssystem, dargestellt anhand der Daten des Braunschweiger Weserdistrikts ............52 2.1 Die braunschweigische Landesaufnahme des 18. Jahrhunderts ..................................52 2.1.1 Anlass und Durchführung der Landesaufnahme ...................................................52 2.1.2 Aufbau und Inhalt der Quelle ................................................................................60 2.2 Historisch-Geographisches-Informationssystem Weserdistrikt ....................................69 3 Naturraum, Verkehr und politische Rahmenbedingungen ........................................................80 3.1 Naturraum, Geologie, Bodenschätze ............................................................................80 3.2 Klima und Wetter ...........................................................................................................84 3.3 Gewässer .......................................................................................................................86 3.4 Böden ...........................................................................................................................88 3.5 Wege und Verkehr .........................................................................................................89 3.6 Politische Verfassung und periphere Lage ....................................................................92 4 Stadt - Flecken – Dorf: Sozial- und Wirtschaftsstruktur im räumlichen Vergleich .....................97 4.1 Bevölkerungsentwicklung und Haushaltsgrößen
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