Der Jahresausklang in Finnland 1 Der Jahresausklang in Finnland Am Montag hatten die ersten ihre mündliche Prüfung. Davor graute es mir, weil ich mich als mit Abstand Schlechteste des ganzen Kurses sehe. Aber gut, die anderen haben auch finnisch in Finnland gelernt. Ein Großteil arbeitet hier und spricht dadurch auch jeden Tag finnisch. Aber ich? Ich hab ja meistens nur mit Austauschstudenten zu tun, die kein finnisch sprechen. Am Dienstagnachmittag wurden ich und ein paar andere Austauschstu- denten aus Deutschland in den deutsch-Technikkurs eingeladen. Über Technik haben wir mit den Finnen allerdings nicht gesprochen, stattdessen gab es Glöggi, Lebkuchen, Schokolade und Obst. Als es dann darauf hin- aus lief, dass einige der Studenten demnächst für ein oder zwei Aus- tauschsemester nach Deutschland gehen, ließ ich es mir nicht nehmen kurz das DFG-Portal und die Deutsche Dölkky Bundesliga vorzustellen. Wer weiß, vielleicht haben wir ja nächstes Jahr ein Team von der Aalto- Universität in der Bundesliga. Ich beeilte mich nach Hause zu kommen, weil ich Lauri zum Kaffee und Kuchen eingeladen hatte. Aus dem Kaffee wurde dann doch ein Tee und der Kuchen war schnell halb aufgegessen. Wir unterhielten uns noch län- ger und Lauri versprach mir meinen Vortrag für meine mündliche Finnisch- prüfung Korrektur zu lesen. Der Mittwoch verlief unspektakulär, nur dass ich am Abend versuchte die Hälfte meines Vortrags, den Lauri korrigiert hatte, auswendig zu lernen. Die andere Hälfte lernte ich am Morgen. Und damit begann dann auch ein sehr abwechslungsreicher Tag. Heute sollten alle Gruppen in einer Vorlesung ihren Vortrag halten. Wir waren 10 Gruppen und hatten nur 120 Minuten Zeit. Dass das zeitlich nicht machbar war, war offensichtlich. Die ersten Gruppen brauchten auch deutlich mehr Zeit als 10 Minuten für ihren Vortrag. Somit hatten die Gruppen 8 bis 10 nur noch 6 Minuten zum Vortragen und es gab keine Fragerunde. Und wir waren natürlich Gruppe 9! Wir haben es tatsächlich in der Zeit geschafft, konnten allerdings unser Video nicht zeigen. Da mir das mit dem Zeitmanagement für die Vorträge sehr eng vorkam, schrieb ich während einem der Vorträge meiner Finnischdozentin eine Mail, dass ich vielleicht nicht pünktlich sein könnte. So war es auch, aber ich war nur 5 Minuten zu spät. Als Vorletzte war ich dann mit meinem Vor- trag dran. Ich war so unendlich nervös. Das sah nicht nur die Dozentin, sondern auch ein anderer Deutscher aus meinem Kurs. Er lächelte mich immer an und zeigte mir einen Daumen nach oben um mir die Nervosität zunehmen. Das klappte auch einigermaßen, aber ein oder zwei Sätze habe ich wegen der unsicheren Aussprache und meiner Nervosität dann doch unter den Tisch fallen lassen. Als dann eine Frage zu meinem Lieblingsort in Helsinki kam, war ich so nervös, dass ich die Frage noch einmal gestellt Der Jahresausklang in Finnland 2 bekommen musste. Ich war mir über die Bedeutung der Frage absolut nicht sicher und antwortete einfach das erste was ich mir vorstellen konnte, was man mich gefragt haben könnte. Das schien auch nicht ganz so falsch gewesen zu sein. Meiner Dozentin schien mein Lieblingsort, das „Tavastia“, jedenfalls gefallen zu haben. Nach diesem Tag war ich eigentlich nur müde und wollte ins Bett. Aber ich sah noch nach meine E-Mails und loggte mich bei Facebook ein. Dort sah ich, dass „Sonata Arctica“ am heutigen Tag in Helsinki spielen sollten. Ich fand schnell heraus was die Karten kosten sollten. Ich rief im „The Circus“ an, ob man noch Karten an der Abendkasse bekommen könne und ent- schloss mich dazu auf das Konzert zugehen. Auch wenn ich die Band ja erst im April live in Braunschweig gesehen hatte. Aber bei guter Musik kann ich einfach nicht nein sagen. Lauri und meine Freundin hatten keine Zeit mitzukommen und so ging ich allein. Vorher schaute ich noch wo der Nachteingang im Kamppi war, um nicht vor ver- schlossenen Türen zu stehen. Ich war pünktlich kurz nach 19 Uhr da und damit natürlich fast eine Stunde zu früh, wie immer. Es gab keine Vorband und „So- nata Arctica“ legten pünktlich los. Es war das erste Konzert bei dem ich sowas wie Groupies gesehen habe. Die Frau war fast so jung wie meine Mutter und musste of- fensichtlich ganz nah beim Gitar- risten Elias Viljanen stehen. Nachdem sie gut eine halbe Stunde hinter mir gedrängelt hatte und ich nicht nachgegeben hatte, hat sie scheinbar eingese- hen, dass ich meinen guten Platz nicht hergeben wollte. Das Konzert war großartig, auch wenn mein Lieblingslied nicht gespielt wurde. Aber man kann ja nicht alles haben. Es war toll zu sehen, wie viel Spaß die Band auf der Bühne hatte und wie viele Faxen sie miteinander machten. Es ist immer noch sehr schade, dass ich bei weitem nicht alles verstanden habe, was auf der Bühne erzählt wurde. Aber die gute Musik entschädigte dafür. Nachdem das Licht wieder an war und das Konzert zu Ende, ging ich in Ruhe Richtung Garderobe um meine Jacke abzuholen. Ich las eine SMS von meiner finnischen Freundin in der sie mir schrieb, dass ich Weihnachten bei ihren Eltern verbringen kann. Was für eine tolle Nachricht. Von der Schlange vor der Garderobe aus konnte ich in die Raucherecke schauen und sah eine Studentin, die ein paar Kurse mit mir zusammen Der Jahresausklang in Finnland 3 hatte. Sie sah mich auch und kam zu mir mit ihrem Mann. Wir freuten uns, uns auf dem Konzert getroffen zu haben und unterhielten uns noch etwas länger. Gegen 23 Uhr nahm ich den Bus zurück nach Otaniemi. Es war kein Problem, dass der Abend so lang geworden war, da ich am Frei- tag ausschlafen konnte. Am 6. Dezember war Finnlands Unabhängigkeitstag. Ich verabre- dete mich mit einer Freundin, weil wir beide zum Fackellauf am Dom gehen wollten. Zuvor woll- ten wir aber noch einen Kaffee im Fazer Café trinken gehen. Als wir uns am Bus trafen brachte sie noch einen Studenten ihrer Universität in Aachen mit. Zusammen fuhren wir mit dem Bus nach Kamppi. Von dort gin- gen wir zum Felsendom, weil der andere Student noch nie dort war. Der Felsendom war aber wegen eines Konzertes für Schaulustige geschlossen. Also nahmen wir uns eine weitere Sehenswürdigkeit vor, das Si- belius-Monument. Da es etwas regnerisch war, sind auch die Bil- der nicht so toll geworden. Danach fuhren wir mit der Stra- ßenbahn zurück ins Zentrum und gingen ins Fazer Café. Ich aß ein Stück Schokokuchen mit Blau- beeren und hatte einen Latte Macchiato. Meine Freundin ent- schied sich nur für einen Fazer Kakao. Das war flüssige Schoko- lade pur. Ein Stück Kuchen hätte sie nicht dazu geschafft. Im Café trafen wir noch andere Austauschstudenten, die ebenfalls zum Fackellauf wollten. Wir gingen zusammen zum Dom und waren dort prak- tisch allein. Keine Studenten mit Fackeln weit und breit zu sehen. Wir stie- gen die Treppen zum Dom hinauf und fanden auch dort keine Fackelläufer. Dort saß nur ein Student, der Glühwein verteilen wollte. Den fragte ich wo der Fackellauf losgehen sollte. Er sagte, dass sie am Krematorium, in dem Mannerheim begraben wurde, loslaufen und über die Esplanaadi zum Dom laufen. Wenn wir zur Esplanaadi gehen würden, würden wir sie dort wohl treffen. Das taten wir dann auch und trafen unzählige Studenten mit und ohne Fackel. Wir liefen einfach mit. Am Palast winkten der Präsident und seine Frau. Der Jahresausklang in Finnland 4 Als wir auf dem Senatsplatz an- kamen gingen die Flaggenträger und ein paar der Studenten nach oben. Alle anderen versammelten sich vor der Treppe um den Chor und die Ansprachen der Studen- ten der verschiedenen Universitä- ten zu hören. Am Ende wurde die finnische Nationalhymne auf Fin- nisch und Schwedisch gesungen. Diese Veranstaltung war Gänse- haut pur und es war großartig dabei gewesen zu sein. Die Studenten in Finnland sind stolz auf ihren Stu- diengang und zeigen gern was sie studieren. Das spiegelt sich besonders im Tragen der Overalls wieder. Diese wurden aber heute gegen schwarze Jacken und schick gebundene Schals getauscht. In Deutschland könnte eine solche Veranstaltung wohl so niemals stattfin- den, was Menschen aus anderen Ländern wohl nie verstehen können. Ge- rade deshalb war es interessant zu sehen wie eine Nation stolz auf ihr Land und seine Unabhängigkeit sein kann, ohne gleich als nationalsozialis- tisch eingestuft zu werden. Denn das sind die Finnen die ich kennen ler- nen durfte auf keinen Fall. So langsam neigt sich also das Semester dem Ende. Am Montagnachmit- tag war meine Finnischprüfung. Ich hatte fast gar nicht dafür gelernt, weil mir die andere Prüfung, die für diese Woche anstand, wichtiger war. Des- halb hab ich bei der Prüfung auch mehr oder weniger nur geraten und bin nach einer halben Stunde gegangen. Den Dienstag habe ich mehr oder weniger nur mit Lernen verbracht. Am Abend habe ich eine andere Studentin getroffen. Sie hat mir ihr Zimmer gezeigt, in dem ich vom 31. Dezember bis 19. Januar wohnen werde. Ich bleibe ja noch bis Ende Januar in Finnland, aber habe mein Zimmer nur bis zum 31.12.2014. Ich konnte mein Zimmer nicht länger haben, weil am 02. Januar bereits die neuen Austauschstudenten kommen und das Zim- mer gebraucht wird. Aber zum Glück habe ich die Anzeige der Studentin gelesen und ihr Zimmer bekommen. Nach dem Treffen bin ich noch zum „Café Lingua“ ins Dipoli gegangen. Dieses Mal waren mehr Leute dort und wir mussten uns auf zwei Tische aufteilen. Zum Finnisch sprechen sind wir aber trotzdem nicht so richtig gekommen, weil uns einfach ein Thema gefehlt hat. Und so haben wir uns doch mehr oder weniger an beiden Tischen über die gleichen Themen auf Englisch unterhalten. Vorrangig ging es natürlich um das bevorstehende Weihnachtsfest. Eigentlich alle werden es mit ihren Familien verbringen und ich bei den Eltern meiner Freundin.
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