Laudatio „Politikerin Des Jahres“ (Druckfassung)

Laudatio „Politikerin Des Jahres“ (Druckfassung)

Laudatio „Politikerin des Jahres“ (Druckfassung) Sehr geehrte Herren und Damen, dieser Moment gehört der Preisträgerin und deshalb möchte ich auch meine Laudatio mit ihren eigenen Worten eröffnen: Sehr geehrte Herren und Damen – diese Grußformel wählte unsere „Politikerin des Jahres“ bei ihrem ersten Auftritt auf der bundespolitischen Bühne und setzte damit ein sprachliches Signal in der Debatte über die Gleichberechtigung der Geschlechter. Ohne Paukenschlag, ohne Sirenengeheul, aber dafür in ihrem ganz eigenen Tonfall. Was erwarten wir eigentlich von unseren Politikern? Wie sollen sie sein, unsere Volksvertreter? Weitsicht und Verantwortungsbewusstsein sollen sie haben und Mut aufbringen. Natürlich sollen sie auch intelligent sein und sympathisch wirken. Das ist in unserer Medienwelt eine wichtige Voraussetzung dafür, gehört und gesehen zu werden. Sie sollen nicht nur der Gegenwart verhaftet bleiben, sondern wissen, vor welchen Herausforderungen unser Land steht und sie sollen auch eine Idee dafür haben, wie wir sie bewältigen. Dann können sie ein Glücksfall sein, nicht nur für eine Partei, sondern für die Demokratie, für unser Land. Wer ins Zentrum der Macht vorstößt, der steht unter ständiger Beobachtung der Medien, auch der politischen Konkurrenz sowie der eigenen Parteimitglieder und natürlich der Wählerinnen und Wähler. Diese massive Öffentlichkeit vermag den Klang eines Menschen zu verändern, sein Denken und Handeln, seinen Charakter. Es gibt in jedem Beruf eine „déformation professionnelle“, und – das ist nicht zu leugnen – heute Abend sind einige Risikogruppen prominent hier im Saal und auf der Bühne vertreten. Denn wer sich auf dem Weg zu den eigenen Zielen macht und sich nicht zu seinem Nachteil verändert oder sich unterwegs sogar verliert, der verfügt über eine starke innere Balance. Über ein feines Gespür für sich selbst und für die anderen, denen er begegnet und mit denen er konkurriert. Weil Sie, verehrte Frau Dreyer, die Fähigkeit besitzen, bei sich zu bleiben, versöhnen Sie Menschen mit der Politik und gewinnen sie auch dafür. Gemeinschaft ist Ihnen wichtig. Sie leben sie - politisch wie privat. Das beginnt mit Ihrem Zuhause, dem sozialen Wohnprojekt „Schammatdorf“. In dieser Siedlung in Trier leben rund 300 Menschen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen zusammen und helfen einander. Dazu gehören junge Familien, Singles und Senioren, dazu gehören nicht-behinderte und behinderte Menschen und sie alle wohnen Tür an Tür. Als die Mitbewohnerin Malu Dreyer im Jahr 2013 Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz wurde, stellten sie sich im Schammatdorf ganz ungewohnte Fragen, zum Beispiel diese: „Wo landet eigentlich der Helikopter?“ Der Wahlerfolg wurde dann natürlich gemeinsam gefeiert mit Glühwein, Luftballons und Wunderkerzen. Dort im „Kneipchen“ (so heißt der Schankraum im Dorf), wird morgen ganz sicher wieder auf Sie angestoßen, liebe Frau Dreyer! Eine deutsche Tageszeitung äußerte vor kurzem diese Vermutung über die Ministerpräsidentin: „Würden allein die Sympathiewerte eine Wahl entscheiden, könnte [sie] vermutlich bis ans Ende ihrer Tage in Mainz regieren.“ Sie residiert im Neuen Zeughaus, wo vor ihr schon Peter Altmeier und Helmut Kohl, Rudolf Scharping und Kurt Beck Maßstäbe für die Verweildauer im Amt gesetzt haben. Malu Dreyer war die Wunschkandidatin von „König Kurt“, der 18 Jahre lang regiert hatte. Sie übernahm das Amt und dann drehte sie im Jahr 2016 eine schon verloren geglaubte Landtagswahl. Sie holte über 36 Prozent für die SPD. Davon können andere nur träumen. Nur mal zur Erinnerung: Diese Größenordnung erreichten die Sozialdemokraten bei einer Bundestagswahl zuletzt 2002, unter dem Kanzler Gerhard Schröder. Seit fünf Jahren regiert unsere Preisträgerin in Mainz. Dem Land hat sie gut getan, es steht im Vergleich mit den anderen Bundesländern gut da: Rheinland-Pfalz hat die drittniedrigste Arbeitslosenquote, der Anteil der Beschäftigten in den Branchen der Hochtechnologie ist groß, die Frauen- und Familienpolitik ist exemplarisch modern, es gibt digitale Dörfer und – das ist Malu Dreyers Herzensthema – die Bildung von der Kita bis zur Hochschule ist kostenfrei. Als Landespolitikerin hat sie Erfolge erzielt und damit auf sich aufmerksam gemacht. Und mittlerweile ist sie die Lieblingspolitikerin der SPD, die „Königin der Herzen“, wie eine Tageszeitung ironiefrei schrieb. Zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden wurde sie gerade erst mit dem besten Ergebnis aller sechs Kandidaten gewählt– mit 97,5 Prozent. Ziemlich viel, ziemlich erstaunlich, da würde so manch anderer Spitzenpolitiker abheben. Nicht aber unsere Preisträgerin. Sie bleibt bei sich selbst. Sie freut sich über Anerkennung, aber sie verliert nicht die Balance. Wie zuvor redet sie ihrer Partei, der sie seit 24 Jahren angehört, ins Gewissen. Sie sagt, die SPD muss sich erneuern, ob in der Opposition oder der Regierung. Deutschland ist bunter denn je. Malu Dreyer regiert in Mainz gemeinsam mit der FDP und den Grünen. Es gibt eine grün-schwarze Koalition in Stuttgart, in Erfurt gibt es Rot-Rot-Grün. Es gibt vieles, was es zuvor nicht gegeben hatte, und immer kommt es darauf an, dass die Regierungschefin oder der Regierungschef zusammenhält, was nicht unbedingt zusammengehört. In Rheinland-Pfalz ist Malu Dreyer die Garantin für Konsens und Kontinuität. Und nun verhandelt sie hier noch in Berlin mit der Union, damit die Zeit des langen Übergangs doch bald ein Ende hat. Und erneut eine Große Koalition, auch wenn sie nicht mehr so richtig groß ist, die Amtsgeschäfte aufnimmt. Nein, in einer Krise steckt Deutschland seit der Wahl im September nicht, dafür ist es ökonomisch zu stark und politisch zu stabil. Aber wir wissen auch, dass die Demokratie verwundbar ist, nie ungefährdet und dass sie gegen ihre Verächter verteidigt werden will. Sie braucht Politikerinnen und Politiker, die sich für das Selbstverständliche einsetzen: für eine liberale, offene und diverse Gesellschaft. Malu Dreyer lebt die liberale Demokratie. Sie tritt für Ausgleich und Gerechtigkeit ein: im Sozialen, damit der Antagonismus zwischen den Klassen und Schichten nicht weiter wächst. In der alten und der neuen Ökonomie, damit Frauen und Männer gleich behandelt und gleich bezahlt werden. Und in der Bildung, damit auch Kinder aus schwierigen Verhältnissen Lebenschancen bekommen. Sehr geehrte Herren und Damen, mit der positiven Energie, die Herzen öffnet, sagt unsere „Politikerin des Jahres“: „Jeder hat seinen Platz in der Gesellschaft. Und zwar mittendrin!“ Die Prägekraft dieses Satzes manifestiert sich in ihrem politischen Handeln. Sehr verehrte Frau Ministerpräsidentin, jetzt gehört Ihnen nicht nur dieser Moment, sondern auch DIESER Preis! Herzlichen Glückwunsch, liebe Malu Dreyer! Patricia Schlesinger, Intendantin RBB .

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