Portrait: Tina Theune-Meyer

Portrait: Tina Theune-Meyer

ine Spielerin, die sich im Training drückt, fliegt. Denn Eauf die kann ich mich auch im Spiel nicht hundertprozentig verlassen.“ Mit leiser Stimme und ohne mit der Wimper zu zucken, macht die zierliche Frau mit der strubbeligen Kurzhaarfrisur deut- lich, worauf es ihr ankommt: Daß ihr Team zuverlässig, leistungsbe- reit und hochmotiviert ist - so wie sie selbst auch. Christina („Tina“) Theune- Meyer hat seit zweieinhalb Jahren Maicke Mackerodt ihren „Traumjob“, wie sie es nennt. Die 45jährige mit den fei- nen Lachlinien um die Augen ist Tina Theune-Meyer Cheftrainerin der Frauenfußball- nationalmannschaft - der erste als erste Frau die begehrte Fuß- zum Fußballspielen vorbeikamen, weibliche Bundestrainer. ballehrer-Lizenz des DFB mit der fängt die Zweitälteste vergnügt an Sie hat ganz zielgerichtet nach Abschlußnote „Gut“. Hinzu zu lächeln. Vier ihrer fünf Schwe- ihrem Amtsantritt einen Genera- kommt, daß ihre Kompetenz nicht stern waren nämlich begeisterte tionswechsel eingeleitet. Systema- nur aus Büchern stammt, sondern Kickerinnen, die mindestens ein- 44 tisch mischt die Fußballehrerin er- weil sie selbst zehn Jahre eine mal am Tag auf den Bolzplatz ver- fahrene Spielerinnen mit jüngeren „gute Mittelfeldspielerin“ war. schwanden. Da Mädchen bei den Talenten - und formt so eine neue Mit 19 Jahren hatte sie sich als Pokalspielen am Wochenende da- Mannschaft. Ihr nächstes Ziel: die Libero dem SV Grün-Weiß Brau- mals noch nicht zugelassen wa- Frauenfußball-Weltmeisterschaft weiler angeschlossen. Ihr damali- ren, stand die zweitälteste Theune- 1999 in den USA, „und da ins ger Trainer und späterer Ehemann Tochter oft am Rand und beob- Endspiel kommen.“ „So eine WM Thomas Meyer brachte sie dazu, achtete als Zuschauerin fasziniert hat es noch nie gegeben. Fußball gleichzeitig in die Nachwuchsar- die Spielzüge der Jungs. ist in Amerika Frauensport, und beit des Sportvereins einzusteigen. ina Theune-Meyer nutzt die viele Spiele werden sicher ausver- „So früh Verantwortung überneh- Entlastung durch ihr inzwi- kauft sein. Es wird überwältigend men, das war der beste Beginn. Tschen gut eingespieltes Team werden, in solchen großen Stadien Man muß sich im Leben immer ein und ihre Assistentin, Rekordnatio- wie zum Beispiel in New York zu bißchen selber herausfordern.“ So- nalspielerin Silvia Neid, um neue spielen.“ Und für die Olympischen bald sie solche etwas altmodisch Ideen zu entwickeln und sich in Spiele im Jahr 2000 in Sydney? anmutenden Sätze sagt, bekommt Ruhe Gedanken über frische Trai- Da wünsche sie sich „vielleicht ihre leise Stimme einen entschie- ningskonzepte zu machen. So wird eine Medaille“. denen Ton - und man spürt ihr er- sie demnächst mit den Fußballe- Als die Diplomsportlehrerin mutigendes Elternhaus. rinnen einen Tag zum Klettern ge- 1972 ihr Studium begann, war der Aufgewachsen ist die in Kleve hen. „Sie sollen beim Klettern ihre Frauenfußball gerade mal seit zwei geborene Pfarrerstochter mit fünf Grenzen austesten und wenn mög- Jahren offiziell vom Deutschen Schwestern in Kevelaer. Wenn sie lich über sich hinauswachsen.“ Fußballbund (DFB) anerkannt. von dem großen Garten erzählt Solche Aktionen sollen die Mann- Portrait1985 erwarb Tina Theune-Meyer und von den Jungs, die neugierig schaft für das große Ziel, die WM in Amerika zusammenschweißen. der mit seinen Pässen früher das Torschützenkönigin Birgit Prinz Um die Bereitschaft, sich anzu- Spiel geöffnet hat, einfach gran- oder der „Fußballerin des Jahres strengen, zu erhöhen, verkleinert dios, da habe ich versucht, mir viel 1997“ Bettina Wiegmann. „Ich sie momentan den Kader, so daß es abzugucken.“ möchte, daß ihre Namen bekannt künftig schwerer wird, in die Na- ollte der Frauenfußball vor werden“, fordert die Bundestraine- tionalmannschaft aufgenommen knapp 30 Jahren noch eige- rin, „damit die Spielerinnen, wie die zu werden. „Konkurrenz, nicht der Sne, leichtere Spielregeln be- Männer, vom Fußball leben kön- Neid, ist wichtig für den Erfolg.“ kommen, ist die Gleichbehandlung nen. Sie hätten es verdient. Bisher Fußballerin Maren Meinhardt, von Mädchen- und Jungen-Mann- müssen die meisten noch ganztags die seit acht Jahren zum National- schaften inzwischen selbstver- arbeiten gehen.“ team gehört, weiß solch professio- ständlich geworden. Tina Theune- Daß sie nicht mehr alles mitma- nelles Engagement der „Chefin“, Meyer: „Es wird die gleiche Technik chen kann, schmerzt die Cheftrai- wie viele Spielerinnen sie nennen, trainiert, und es gelten die gleichen nerin „sehr“. Ihre beiden Knie sind zu schätzen: „Sie kennt jedes Mäd- Regeln. Auch physisch gehen die vom täglichen Spiel auf Kunstrasen chen, das irgendwo in Deutschland Frauen im Spiel genauso an ihre einfach verschlissen, „weil ich so Fußball spielt, mit Namen und Grenzen wie die Männer.“ Was fanatisch war“. Sie hält sich fit mit weiß, ob sie links oder rechts stär- noch fehle, sei die Akzeptanz des Radfahren, am liebsten bergauf, ker ist.“ Frauenfußballs auch in den unte- und spielt gelegentlich ein bißchen Dieses Wissen hat sich Tina ren Spielklassen, denn vor Tausen- Fußball, aber nicht in zu hohem Theune-Meyer seit 1986 vor allem den von Zuschauern spielt es sich Tempo. als Assistentin des früheren anders. rivat ist die Bundestrainerin, Bundestrainers Gero Bisanz ange- Die Liste der Erfolge der Kicke- die sich vor zwölf Jahren eignet. Dank ihrer unermüdlichen rinnen kann sich sehen lassen: Pvon ihrem Mann getrennt Reisetätigkeit war sie stets besser Dreimal waren die Frauen bereits hat, nur in ihrem Domizil, dem 45 über den Zustand des deutschen Europameisterinnen (1989, 1991, Wasserturm in Frechen bei Köln. Frauenfußballs informiert als ihr 1995), als Tina Theune-Meyer den Dort fühlt sie sich hinter den hun- Chef, dem sie zuletzt als gleichbe- Chefposten übernahm - und die Be- dert Jahre alten Mauern „in Sicher- rechtigte Partnerin zur Seite stand. währungsprobe bestand: Die BRD- heit“ und schaut auf Köln runter. Wenn die Fußballehrerin mit ei- Frauen gewannen den Europamei- Ihre jüngste Neuanschaffung, ein nigen gängigen Vorurteilen zum ster-Titel 1997 zum vierten Mal. Teleskop, hat sie zwischen Weih- Thema Frauenfußball aufräumt, Außerdem wurden ihre Kickerin- nachten und Neujahr ausgiebig nehmen ihre Wangen schnell eine nen von den Sportstudio-Zuschau- ausprobiert - mehr freie Zeit bleibt paprikarote Färbung an - übrigens ern zur Mannschaft des Jahres ge- ihr nicht. Deshalb möchte sie auch das einzige sichtbare Zeichen für wählt und hatten bei Live-Übertra- nicht für den Rest ihres Lebens ihre innere Spannung. „Männer- gungen zuletzt Einschaltquoten Fußballtrainerin sein, sondern mal fußball ist rasanter und zwei- zwischen 20 und 30 Prozent. Bei etwas ganz anderes machen. Und kampfbetonter“, auf diesen Unter- der ersten Frauenfußball-WM 1991 was? Sie lacht prustend: „Klavier- schied legt sie Wert. „Frauen be- in China unterlagen die deutschen musik für Charlie-Chaplin-Filme vorzugen schöne Kombinationen Spielerinnen erst im Halbfinale, bei machen, das würde mich reizen.“ und sind viel verspielter. Das ist der WM 1995 in Norwegen kamen Da kommt er wieder durch, ihr fei- zwar für die Zuschauer äußerst at- sie bis ins Endspiel. ner Sinn für kecken Humor. Denn traktiv, aber leider nicht sehr effek- Trotzdem kennen nur wenige der Spaßaspekt, wie sie es nennt, tiv. Da können wir von den Män- die Namen der Stars: wie die der sei ihr ganz wichtig. Verbissen nern lernen.“ Ihr sportliches Vor- Weltmeister werden, das liegt ihr Maicke Mackerodt, Diplomsportlehre- bild war der heutige Trainer des rin und Redakteurin bei verschiedenen nicht. Spaß und Leistung beim 1. FC Köln, Bernd Schuster: „Wie Zeitungen sowie freie Hörfunkjournali- Training verbinden, das ist es. stin und Interviewtrainerin. Verfaßte SportlerInnen-Portraits auch für das t „Zeit Magazin“..

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