DISSERTATION Titel der Dissertation „Kunst und Pneuma. Von Hofmannsthals Lyrik des Hauchs zur Atemperformance“ Verfasserin Mag. Dorothea Rebecca Schönsee angestrebter akademischer Grad Doktorin der Philosophie (Dr.phil.) Wien, 2011 Studienkennzahl lt. Studienblatt: A 092 332 Dissertationsgebiet lt. Studienblatt: Deutsche Philologie Betreuer: Univ. Doz. Dr. Roland Innerhofer Danksagung Die Hauptwege und Nebenwege von Hofmannsthals Lyrik des Hauchs zur Atemperformance im Feld von Kunst und Pneuma hätte ich ohne die großzügige Unterstützung meiner Eltern, ihr Vertrauen in meine Forschung und ihren Rückhalt nicht in dem beabsichtigten Maße erschließen und nachzeichnen können. Ihnen ist diese Arbeit daher zugeschrieben. Mein ganz besonderer Dank gilt darüber hinaus der äußerst aufmerksamen Begleitung Roland Innerhofers, seiner verständnisvollen Betreuung und seinen stets im rechten Moment gesetzten feinsinnigen Impulsen, die den pneumatischen Gedankenspielen entscheidende Richtungen gewiesen haben. Den von Friedrich Teja Bach initiierten ‚Gesprächen über Kunst’ im Rahmen seines Privatissimums zur ästhetischen Theorie verdanke ich sehr viel, vor allem im Hinblick auf den Brückenschlag in die Atemperformances der Moderne und Gegenwart. Besonders gedankt sei des Weiteren Michael Rohrwasser für die großzügige Bereitschaft, sich des vorliegenden ‚Gesprächs über Gedichte’ anzunehmen. Für ihr Engagement danke ich ebenfalls Christine Gaigg, Susanne Hochreiter und Wolfram Pichler, ferner Sergius Kodera für seine anregenden Forschungen zu dem nolanischen Magier der Renaissance Philosophie, Giordano Bruno, sowie weiters Arno Böhler für seine inspirierenden Vorträge, die immer wieder daran erinnerten, welche philosophisch intermedialen Sprünge aus der Tiefenbedeutung eines Wortes möglich sind. Wären sich Hofmannsthal und Helmut Birkhan einmal begegnet, wäre die Germanistik vielleicht um einen großen Brief ärmer. Ihm, der aus jedem Wortzerfall eine Wurzel birgt und jedem ‚modrigen Pilz’ einen Namen zu geben vermag, sei gedankt für die vielen erheiternden Stunden im Auftrag etymologischer Fragen. Recht herzlich möchte ich Sabine Helmer und Robert Liebo für ihren Support danken, ebenso wie Markus Klammer, Manuel Schwembacher und Irene Fußl. Michael Friebel danke ich für den aufmunternden Austausch, David Rotter und Jan van Dieck für die Erläuterungen zu Fragen der Thermodynamik, sowie Kurt Koegel, Randy Martin und Larry Grossberg für ihren wertvollen Input im Bereich der zeitgenössischen Performance und Musik- Inszenierung. Für erfrischende und erholsame Stunden sei gedankt Benjamin Blaikner, Gerhard Leixl und Street Life Supreme. Mein Dank geht zudem an Jin Tang, der in der Vermittlung seiner einzigartigen Wushu-Kunst ein ständiges Vorbild zur Überwindung physischer Grenzen war, an Ralph Fischer für die sensible Begleitung auf den verschlungenen Wegen der jeweiligen Schreibphasen, sowie an alle ungenannten Wegbegleiter und Freunde, die in unzählig vielfältiger Weise den Schaffensprozess gefördert haben und auf ihre Art mit Esprit dafür gesorgt haben, dass immer wieder neuer „Sprit eine g’foan“ ist. In Wien, so habe ich mir sagen lassen, heißt das: „Der Geist ist unter uns.“ In diesem Sinne: Gratias ago für all Eure Geisterhauche… INHALTSVERZEICHNIS VORBEMERKUNG 5 1. DISPARATES BEHAUCHEN ZUM UNGEHEUREN ENSEMBLE 10 1.1. Aus Hindernissen Belebung: Dialogisch entdichtende Iterationen 11 1.1.1. Zwischen Poesie und Leben: Das Fenster 13 1.1.2. Zwischen Autor und Interpret: Das Kunstwerk (Gedicht) 15 1.1.3. Zwischen Werk und Selbst: Der Leser 17 1.2. Concordia Discors. Der reinen Wolken unverhofftes Blau 18 1.2.1. Atmen als wahre Kunst des Hintergrundes. Der Tod des Tizian 19 1.2.2. Das Genie trinken: Schönheit empfangen in der Eucharistie des Werks 23 1.2.3. Inneres Hingespanntsein 26 1.2.4. Die Sprachkrise: Ersticken, das ein Atmen fordert. Chandos Manier 29 1.2.4.1. Zwänge atemloser Zustände. Leere und Fieber, Erstickung und Hast 31 1.2.4.1.1. Wirbel 33 1.2.4.2. Herzbersten als Vorbedingung des Hauchs 35 1.2.4.3. Die freie Energie des Hauchs: Die Leere verhauchen, das Fieber kühlen 37 1.3. Wurzelgeflechte. Luftwege. Im Netz des Daseins zwischen Poesie und Leben 38 1.3.1. Atmen in solchen Augenblicken ist schöpferische Gewalt 41 1.3.2. Unter der gespannten Seele: Rückkehr des Selbst im Hauch 44 1.3.2.1. Der Hauch als Ausdruck der Parousia des metaphorischen Selbst 46 1.3.2.2. Zum Sklaven der Luft als Geste des Glaubens 48 1.3.3. Hamann in Hofmannsthal. „Euer Leben ist das, was ich bin: Ein Hauch“ 50 1.3.3.1. Korrespondenzen. Taumelnder Tanz und der Othem in der Nase 51 1.3.3.2. Lebensrhythmus als abgrenzende Einheit. Unendlichkeit in der Endlichkeit 53 1.3.3.3. Erdwurzel und Luftwurzel. Urheimat der Natursprache 54 1.3.3.4. Die vom Rhythmus erzeugte „innigste Zuthätigkeit“ 56 1.3.3.5. “h” in nuce: Coincidentia oppositorum. Bruno, Hamann, Hofmannsthal 58 1.4. Das Selbst als Resonanzkasten. Wir sind nicht mehr als ein Taubenschlag 63 1.4.1. Ein Hauch der Heimat 64 1.4.2. Vom Pneuma hagion zum Pneuma profetikon 68 1.4.3. Eigenblutdoping 69 1.4.4. Eroici furori im synthetischen Atemraum 71 1.4.4.1. Der magische Mensch. Via sakraler Dimension aus den Sprachspiegeln 74 1.4.4.2. Durch die „incantatio“ des Werks zur tautegorischen Wahrnehmung 77 1.5. Zusammenfassung des ersten Teils 80 2. DAS OPFER. COMMUNIO IM HAUCH 83 2.1. Die gierige Seele eines Toten, dürstend nach Blut 85 2.1.1. Das „wollende Ich“ im fauligen Dunst seiner Logosphären 86 2.1.2. Der Meister als Vampir 88 2.1.3. Das doppelt Dämonische 92 1 2.2. Das eigene Wesen atmend ertasten: Das Geheimnis des Körpers 93 2.2.1. Phonationsströme. Die Rede des Materials 95 2.2.2. Der utopische Körper 96 2.2.3. Potentieller Kadaver und poröses Ich 98 2.2.3.1. Das Symbol als heiliger Bezirk des poetischen Rituals 102 2.2.4. Leibhüllen und Totengespräche. Die Rede der stummen Dinge 103 2.2.4.1. Das durch die Dichtung gerichtete Ich 107 2.2.4.2. Poesie ist Kommunizieren mit dem großen Du aus erborgtem Leib heraus. Quäler und Gequälter im selben Atemzug 107 2.2.4.3. Zwitterbildungen. Der Text als Initiation zum androgynen Selbsterleben 111 2.2.4.4. Männlicher Ton und telesmatische Kraft. Schuler und Hofmannsthal 117 2.2.4.4.1. Im Namen des Vaters… 118 2.3. Die allomatische Lösung (Maack) 120 2.3.1. Allotrope Modifikationen 126 2.3.2. Wie hast Du mir die Poren aufgetan? Glaube. Haut. Hypnose 127 2.3.3. Das Geheimnis der Form. Aushalt. Inhalt. Perisoma 129 2.3.3.1. Blutvision 131 2.3.3.2. Blutvision und Todesspiel 132 2.3.4. Im Kraftfeld des Todes. Mit dem Fleisch fertig werden. Den Ursprung verzaubern 133 2.4. In der Chemotaxe ihrer Leuchte. Virtuelle Nicht-Geschichte. Schuler und Klages 136 2.5. Zusammenfassung des zweiten Teils 140 3. ATEMPERFORMANZ 143 3.1. Die Gewalt der Mythenbildung 143 3.1.1. Anordnung des Stoffes gemäß der „tiefen Erotik der Form“ 144 3.1.2. Die große Kunst des antiken Hintergrundes erleben 145 3.1.3. Durch das poröse Ich zur prophetischen Rede 147 3.1.4. Verführt, sich auszukrampfen 149 3.2. Unter dem Anhauch der Masken der Elfenleib der Dichtung 152 3.2.1. Die Flut ballen, die Bewegung entfluten 155 3.2.2. Lesend den Hauch ertasten, das „göttliche Pneuma“ befreien 157 3.2.3. Offenen Mundes den Hauch tanzen (Sprachkritik) 159 3.3. Kelterfest. Im Taumel der Zeremonie 163 3.3.1. Gemeinschaft des Blutes 168 3.3.2. Badende und Tanzende zugleich: Es ist ihnen, als wäre Bacchus unter ihnen 170 3.3.3. Am farbigen Abglanz das Leben kontrollieren 175 3.3.3.1. Todesnetze und Bio-Macht 176 3.3.3.2. Emanation der mythischen Form 182 3.3.3.3. Den Implex (Valéry) modifizieren aus dem Verborgenen des Textes 183 3.3.3.4. In der Ambivalenz des Heiligen - die Feier ontologischer Differenz unter der Larve des Mythischen 185 3.3.3.5. „à limite du dernier souffle“ – die azephalische Luftspiegelung des Lebens (Exkurs informe) 188 2 3.3.4. Traumsociety (Adorno) in einer Atmosphäre des Adels 196 3.3.4.1. Sieger im ‚Second-Life’: Atemraub und Dichterhauch 199 3.4. Coda: Töten, ohne zu berühren. Atemperformanz 204 3.4.1. Beherrschung des Offenen. Mordblutgeheimnis 209 3.4.2. Sich der Urteile entladen 212 3.4.3. Schweben in der Wunde des Seins. Fäulnis. Transit 216 3.4.3.1. Der Körper als Begegnungsstätte von Zuständen 218 3.4.3.2. Erwachen des mythischen Bewusstseins 219 3.4.3.3. Hauch als ein Ereignis des Nichts 220 3.5. Zusammenfassung des dritten Teils 225 4. HOFMANNSTHALS ÄSTHETIK DES HAUCHS ALS KRITIKTHEORIE FÜR DARSTELLUNGSFORMEN DES PNEUMATISCHEN IN DER KUNST NACH 1900. FAZIT, SKIZZE UND AUSBLICK 229 4.1. Vom Hauch-Index zum performativen Atem-Implex 229 4.2. Sakrifizielle Schwingungen 232 4.3. Breathingness 234 4.4. Apologie der Gewalt und ästhetische Auflösung 235 4.5. Breathe with me. Ausblicke am Beispiel von Vito Acconci, Yves Klein, Hermann Nitsch und der „Bio-Art“ neuer Medien 235 4.5.1. Transference Zones: Vito Acconci 236 4.5.2. Coup de Sens und Coup de Sang. Von der Atemperformanz zur pneumatischen Skulptur 243 4.5.2.1. Yves Klein: Sprung in die Leere 243 4.5.2.2. Hermann Nitsch Theaterschlachtfest 247 4.5.2.3. Hofmannsthals Hauchdialog als Chance für eine ästhetische Kritik der Moderne 254 4.5.3. Breathe the pressure: Psychosomatic addict, insane. Walter Stern und The Prodigy. Eine postmoderne Perspektive 257 4.5.4. Bubbles… als Zeremonie der Leere 260 LITERATURVERZEICHNIS 262 5. ABSTRACTS 280 5.1. Deutsch 280 5.2. Englisch 281 6. LEBENSLAUF 282 3 4 Vorbemerkung „Ein Hauch aber ist so viel. Das Athmen der Vorfrühlingsluft. Wie gering ist das Schauen gegen das Athmen.“1 notiert Hofmannsthal im Vorfeld des erstmals im Februar 1904 in der Neuen Rundschau veröffentlichten Gesprächs über Gedichte2, dem die folgende Untersuchung im Wesentlichen gewidmet ist.
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