Friebe, J.G. (2016): «Schmetterlinge (Insecta: Lepidoptera) im Siedlungsraum – Eine Zwischenbilanz nach fünf Beobachtungsjahren in Dornbirn (Vorarlberg)». inatura – Forschung online, Nr. 28: 19 S. Schmetterlinge (Insecta: Lepidoptera) im Nr. 28 - 2016 Siedlungs raum – Eine Zwischenbilanz nach fünf Beobachtungs jahren in Dornbirn (Vorarlberg) J. Georg Friebe1 1 Dr. J. Georg Friebe, inatura – Erlebnis Naturschau GmbH, Jahngasse 9, A-6850 Dornbirn. E-Mail: [email protected] Zusammenfassung Der Siedlungsraum wird bei zoologischen Erhebungen oft vernachlässigt. Diese Arbeit listet 295 Lepidoptera-Taxa aus rund 1400 Einzelbeobachtungen im Stadtgebiet von Dornbirn, die an bereits vorhandenen Lichtquellen (Beleuchtungskörper, Schau- fenster) gemacht wurden. Funde besonderer Arten werden diskutiert. Key words: Schmetterlinge, Lepidoptera , Siedlungsraum, Stadtgebiet, Dornbirn, Vorarlberg 1 Vorbemerkung Lichtquellen (Lampen, Schaufenster In Zweifelsfällen wurden Lepidoptero- etc.) angelockt. Spezielle Lichtfallen, logen aus dem Umfeld der inatura zu Am Anfang stand eine neue Kame- Leuchttürme oder Köder kamen nicht Rate gezogen. Belegmaterial wurde ra für die Forschungsabteilung der zum Einsatz. Die von unten beleuchte- nur in seltenen Ausnahmefällen ent- inatura – und die Beobachtung, dass ten Wände der inatura erwiesen sich nommen. Damit musste bei habituell morgens nicht selten Schmetterlinge als bevorzugter Sitzplatz nicht nur von schwer bis gar nicht unterscheidbaren an den Wänden über den Beleuch- Schmetterlingen. Neben der Art von Arten auf eine Bestimmung auf Art- tungskörpern im Innenhof der inatura – Beleuchtung und Lampen sowie der niveau verzichtet werden. Erlebnis Naturschau Dornbirn sitzen. Exposition dürfte auch der Verputz Mit 295 Taxa aus rund 1400 Einzel- Dazu kamen die Neugierde und der die Anlockwirkung beeinflussen: Auf beobachtungen im Stadtgebiet von Wunsch, die Tierwelt rund um das Na- der Wand des Kunstraums mit eher Dornbirn ist es nun an der Zeit, eine turmuseum Vorarlbergs zumindest in grobem, dunklerem Verputz und ein- Zwischenbilanz zu ziehen und (neben Teilen zu dokumentieren. gestreut unverputzten Bruchsteinen der Gesamtliste im Anhang) besonde- Leider entdeckten auch die Spatzen wurden weit weniger Tiere beobach- re Beobachtungen vorzustellen. die Falter als willkommene Nahrungs- tet, als an den anderen beiden Wän- quelle für Ihren Nachwuchs. In den den. Auch großflächig beleuchtete Sommermonaten waren die Wände Geschäftswände und Schaufenster 2 Beobachtungsgebiet inatura oftmals morgens schon leergeräumt. erwiesen sich als für Schmetterlinge Daher wurde bald auch die eine weniger attraktiv. Beinahe hätte es im Titel geheißen «im oder andere nächtliche Begehung Die Dokumentation der Lepidoptera urbanen Umfeld», aber das wäre irre- durchgeführt. Die Faltersuche in der erfolgte fotografisch, die Bestimmung führend. Dornbirn definiert sich selbst Nacht wurde 2015 intensiviert und habituell durch Vergleiche mit dem als «Gartenstadt». Selbst im unmittel- um Abendspaziergänge in der Nähe unschätzbaren Fundus an Bildmaterial baren Zentrum sind noch genügend des Wohnorts erweitert. Und auch als in der Bestimmungshilfe des Lepi- Grünflächen vorhanden, um Insekten Bestimmungsanfrage an die inatura forums <http://www.lepiforum.de/>, als Trittsteine zu dienen. Schon knapp Fachberatung erreichte manche inte- sowie anderen, verlässlichen Internet- außerhalb des Zentrums ist praktisch ressante Beobachtung aus dem Sied- quellen. Im Gegensatz zu konventio- jedes Haus von einem Garten umge- lungsraum von Dornbirn das Museum. nellen Bestimmungsbüchern wird hier ben. Das Spektrum reicht vom totge- Bei allen Beobachtungen wurden die morphologische Bandbreite und mähten Rasen über Blumen- und sel- die Tiere durch bereits vorhandene Variabilität innerhalb einer Art fassbar. tener Gemüsebeete bis zu naturnah Eingegangen: 21.01.2016; Publiziert: 02.02.2016 1 Abb. 1: Die nächtens von unten beleuch- teten Wände der inatura - Erlebnis Natur- schau Dornbirn ziehen – neben anderen Insekten – Nachtfalter an. Im Sommer 2015 wurden das Beob- achtungsgebiet auf die Eisengasse sowie eine beleuchtete Tiefgaragen- einfahrt in der Fischbachgasse / Sieg- fried- Fussen egger-Straße ausgedehnt. 3 Bemerkenswerte Beobach- tungen Systematik und Nomenklatur richten gestalteten Gärten und altem Baum- eingefasst. Sie wurde inzwischen sich nach HUEMER (2013). bestand. Auch bei immer stärkerer durch Eiben ersetzt. Der südlich an- Ausweitung des Siedlungsraums ist in schließende Kinderspielplatz ist von Glyphipterigidae den Randlagen die eine oder andere Weiden und Schilfrohr umgeben. Im (mehr oder weniger intensiv bewirt- Osten, vom Hof durch eines der Muse- Orthotelia sparganella (Thunberg, schaftete) Wiese übrig geblieben. Süd- umsgebäude getrennt, befindet sich 1788) lich des Zentrums durchschneidet die eine (künstlich gestaltete) Ruderal- Die in Österreich äußerst selten ge- Dornbirnerach das Siedlungsgebiet. fläche zwischen zwei Büro-Pavillons, fundene Orthotelia sparganella ist an Wenige 100 Meter östlich des Zent- sowie unmittelbar daneben ein Was- Wasser gebunden, wo die Raupe an rums liegen teils bewaldete Berghän- sergarten. Den östlichen Abschluss Wasserpflanzen (Sparganium, Glyceria, ge, und im Norden, Westen und Süd- des Areals bildet ein Birkenhain. Das Iris) frisst. Der Kleinschmetterling wur- westen der Stadt gibt es ausgedehnte Museumsareal grenzt im Südosten an de am 27.07.2015 gegen Mitternacht Riedgebiete mit unterschiedlichen ein Sägewerk. Die Dornbirnerach fließt an einem beleuchteten Schaufenster Bewirtschaftungsformen bzw. unter- rund 200 Meter südwestlich davon. in der Dr.-Anton-Schneider-Straße schiedlichem Schutzstatus. Die kürzeste Entfernung zu offenen nahe der Bahnlinie fotografiert. Im Das Hauptuntersuchungsgebiet rund Wiesen am Rande der Riedgebiete be- Umland liegen (bewirtschaftete) um das Naturmuseum inatura – Er- trägt etwa 1500 Meter Luftlinie. Wiesen und Gärten. In einem unmittel- lebnis Naturschau Dornbirn liegt im Die überwiegende Mehrzahl der Be- bar angrenzenden Garten mit dichtem ehemaligen Industrie-Areal der Rüsch- obachtungen stammt von den Wän- Baumbestand ist am Luftbild ein klei- Werk (Gießerei). Die Flächen um die den um den Hof der inatura, und hier ner, stark verwachsener Gartenteich alten Fabrikhallen wurden von den wiederum von den beiden Museums- zu erkennen (ca. 70 m Luftlinie). Rund Landschaftsarchitekten Rotzler Krebs gebäuden als südwestliche und süd- 225 m nordöstlich des Fundorts fließt Partner GmbH (Winterthur) als Stadt- östliche Begrenzung. Sie unterschei- der Fischbach, der hier in einem kur- garten konzipiert. Kern ist ein an drei den sich in Verputz und Wandstruktur zen Abschnitt renaturiert ist. Seiten von Gebäuden eingerahmter, deutlich vom dritten Gebäude im In Vorarlberg wurde Orthotelia spar- aber nach Nordwesten offener Hof. Nordosten (in dem der Kunstraum ganella erstmals zu Beginn des 20. Die Gebäude werden hier nächtens Dornbirn untergebracht ist). Letzte- Jahrhunderts im Tisner Ried bei durch in den Boden eingelassene res wurde von den Faltern nicht so Feldkirch belegt (BURMANN & HUEMER Lampen von unten beleuchtet. Im gerne angenommen, obwohl die Art 1984). Nachdem diese Art später trotz Nordosten grenzt der Hof an ein Arbo- der Beleuchtung ident ist. Tagfalter- gründlicher Untersuchungen bedeu- retum, das Bäume aus aller Welt zeigt. Beobachtungen stammen in erster tender Feuchtwiesenkomplexe des Der alte Baumbestand im Eingangsbe- Linie von der Ruderalfläche, geben Rheintales nicht mehr gefunden wer- reich zum Areal wurde soweit möglich aber keinesfalls tatsächliche Häufig- den konnte, überraschte im Jahr 2000 erhalten und zum «Dornröschengar- keitszahlen wieder. Schon allein aus der Wiederfund im NSG Rheindelta- ten» uminterpretiert. Dieser Bereich zeitlichen Gründen wäre es unmöglich Rheinspitz (HUEMER 2001b). HUEMER war bis 2014 von einer Buchs-Hecke gewesen, dort jeden einzelnen Falter (2001a) betrachtet Orthotelia spar- mit zwischengestreuten Heckenrosen zu dokumentieren. ganella bei nur zwei Nachweisen als inatura – Forschung online 28 (2016) 2 vom Aussterben bedroht (CR: critically nannt. Die Art fehlt in Österreich im endangered). südlichen Bundesgebiet (HUEMER 2013). HUEMER & TARMANN (1993) führen für Orthotelia sparganella neben Pelochrista caecimaculana (Hübner, Vorarlberg nur Funde aus Nieder- 1799) österreich, Wien und dem Burgenland Pelochrista caecimaculana ist an. In Tirol wird die Art 1993 bei Arzl eine Offenlandart, die einerseits nachgewiesen (ORTNER, 1999). WIMMER Feuchtwiesen, alternativ aber auch (1997) gelang 1994 der Erstnachweis Trockenrasen besiedelt (HUEMER für Oberösterreich. HUEMER (2013) Abb. 4: Clepsis consimilana 2001a; KLIMESCH 1991). Für ihre nennt Orthotelia sparganella auch Fortpflanzung ist sie an die Wurzeln für Kärnten. MÜLLER & GRIMM (1990) von Flockenblumen (Centaurea spp.) listen die Art für das Ruggeller Riet in 2011) und vom Schnifner Tobel bei gebunden. ERLEBACH (2005) doku- Liechtenstein. Schnifis / Düns (11.04.2011;H UEMER mentierte Pelochrista caecimaculana & MAYR 2013). Im inatura-Areal wur- im Siedlungsraum, und zwar im de Amblyptilia acanthadactyla am Zeughausareal in Innsbruck. WIESER 16.11.2015 beobachtet. Die mesophile (2009) fand den Falter in einem Offenlandart wird von HUEMER (2001a) Sekundärbiotop an der Autobahn als zwar sehr selten, aber ungefährdet an einem xerothermen Standort mit eingestuft (LC: least concern). Wärme und Trockenheit liebenden Arten. In Vorarlberg hingegen wur- Abb. 2: Orthotelia sparganella
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