Andis Kaulins (1, 2) Zum Ursprung des Horus-Glaubens im vordynastischen Ägypten I. Einführung: Externsteine und Falkenstein In „Sternensteine: Darstellungen frühgeschichtlicher Astronomie am Beispiel der Externsteine“ [Referat gehal- ten am 39. Jahrestag des Arbeitskreises Walther Machalett, 6. Mai 2005 in Horn/Externstei- ne] habe ich eine These verfeinert und abgeändert vorgetragen, die ich zum ersten Mal in dem Buch „Stars Stones and Scholars“ publiziert hatte (3). Die- se These lautet, dass die Externsteine in der Frühzeit von Menschenhand bearbeitet worden sind, um die Sterne und um die Sonnenwenden und Tag- und-Nacht-Gleichen um etwa -3117 darzustellen und zu markieren. Eingemeißelte Gesichter in den Ex- ternsteinen haben andere schon lange vor uns gesehen (4). Ich habe aber versucht, diese mysteriösen steinernen Figuren aus ihrem Schlaf zu wecken und zu zeigen, dass diese Skulpturen frühzeitliche „ver- menschlichte“ Sternbilder bzw. astrono- mische „Götter“ unserer Ahnen waren. Auch der von Menschenhand bear- beitete Falkenstein (Fels 11 der Extern- steine) stellt Sterne des Himmels dar. Diese Sterne waren: 1) die Sterne des Sternbildes Drachens (dargestellt durch eine Echse) als Mar- kierung des Pols der Ekliptik; und 2) die Sterne des Kleinen Bären als „Wächter des Himmels-Pols“, dar- gestellt und markiert als Falke durch die Sterne Kochab und Pherkad. Es ist erstaunlich, aber die Beobach- tung, dass der Falkenstein einen Drachen Figur 1: Der Falkenstein (5) (oberhalb der Externsteine). Zeichnungserklärung: zeigte, hat schon vor mir Walther Macha- Die Sternenkarte zeigt die Position des nördlichen Himmelspols im Jahre -3117. Da zu dieser Zeit keine lett gemacht. Ich habe davon erst erfah- hellen Sterne in dieser Himmelsposition zu finden sind (außer dem schwach leuchtenden Stern Thuban ren, als meine eigene Sichtweise schon etwa -2800 bis -2600), haben unsere Ahnen die viel helleren nahen Sterne Kochab und Pherkad als ihre feststand. Das bestätigt mich darin, dass „Nordsterne“ verwendet. ich richtig liege. Machalett schrieb (6): Augenhöhlen, Rachen und Kehlsack. Es ist von Machalett vorher gekannt zu haben, „Der Drache auf dem Rücken ein Urtier, das da vor uns liegt - ein Saurier gesehen und identifiziert. des Felsens 11 [Falkenstein]: in vollendeter Nachbildung. Denn das Werk Hinzu kommen noch zwei Köpfe, Umgeht man den [Falkenstein] links ist von Menschenhand geformt! Deutlich die Machalett nicht gesehen hat. Rechts oder rechts den steilen Hang hinauf und erkennbar sind die Einarbeitungen am ist ein Bärenkopf, den ich als Sterne des betrachtet ihn von der Rückseite, so erkennt Rücken, am Unterleib, am Kopf. Es ist ein Großen Bär betrachte und links davon man mit Verblüffung - mit Erschrecken, ausgesprochener Drache, und wir wissen, ist noch ein Kopf, der einen Hund dar- möchte ich sagen - dass [das auch erkennba- dass die Externsteine im Volksmund auch als zustellen scheint. Dieses sind die Sterne re Riesenhaupt des Falkensteins] gekrönt ist Drachenstein bezeichnet werden.“ links von den Hauptsternen des Stern- von einem riesenhaften Drachen. Er schiebt Somit haben wir die im Volksmund bildes Herkules. sich von rechts her den Felsengrat empor belegten Bezeichnungen Falkenstein und und lastet bis zur Mitte hin groß und schwer Drachenstein für diese Steine. Diese sind II. Der Drache und der Falke in auf ihm, den Blick den Felsen 1, 2, 3 usw. die ersten wenn auch unvollständigen der herkömmlichen Astronomie [den Externsteinen] zugewandt. Deutlich Hinweise darauf, dass hier Drache und Problem 1: Der Falke am erkennt man vor sich in Überaugenhöhe auch Falke abgebildet worden sind. nördlichen Himmelspol den massigen Leib und den ausgezackten Wie im Foto gekennzeichnet, mar- Da ich meinte, dass der Falkenstein Rücken, den herabhängenden Schwanz kiert der Menschenkopf die Sterne des den Kleinen Bären als Falken darstellt, und die vorderen und hinteren Gliedma- Sternbildes Herkules. Auch diese Skulp- war es unabdingbar, den Falke als früh- ßen. Der Kopf ist deutlich ausgeprägt samt turen habe ich, ohne diese obigen Zeilen zeitliches Symbol für die Sterne der Him- EFODON-SYNESIS Nr. 5/2005 19 Horus-Glaube III . Der Drache und der Falke in der frühzeitlichen Astronomie A. Welche Sterne gehörten in der Frühzeit zum Sternbild Drachen und welche zum Sternbild Falken (Kleiner Bär)? Einen eindeutigen Beweis bringen uns die astronomischen Felsbilder aus Haugs- byn (Högsbyn) in Dalsland, Schweden, westlich des Vänernsees und nordöstlich der Felszeichnungen von Tanumshe- de. Die Felsbilder aus Tanum habe ich schon vor etlichen Jahren als solche mit astronomischer Bedeutung entziffert (9). Der Name Tanum, berühmt für seine Felszeichnungen, entspricht dem ägyp- tischen Wort Tanem, dem hebräischen Tannim und dem aramaischen Tannin, die alle „Drachen“ bedeuten (10). Wie man in Figur 2 erkennen kann, ist der Stern Thuban zu dieser Zeit in Schweden NICHT im Schwanz des Drachens (bzw. der Himmelschlange) zu finden (ich datiere diese Felszeich- nungen um etwa -3500). Der Dra- chen-Schwanz endet, wie auch bei den Externsteinen, beim Stern iota-Draconis Figur 2: Felszeichnung - Die Himmelsmitte in Haugsbyn, Schweden. Ein Felsbild (Figur 2) aus dem benachbarten Haugsbyn (etwas mehr als 50 km entfernt) stellt die Himmelsmitte (das Stern Edasich). dar, und zwar 1) in Form der Sterne des Drachens, mit dem Stern delta-Draconis, dem arabischen Al Tinnin Die Abbildung aus Haugsbyn in („die Himmelsschlange, Drache“) als Pol der Ekliptik (dargestellt als X im Quadrat); und, 2) in Form der Sterne Schweden stammt aus der Webseite im Kleinen Bären als Sterne des nördlichen Himmelspols (dargestellt als ein Stern in einer Rundung). Dabei von Bengt Hemtun (11). Hemtun ist der markiert der Stern Pherkad den nördlichen Himmelspol. Die Identifizierung ist eindeutig. Auffassung, dass Thuban im Felsbild nicht als Polarstern passte und dass der melsmitte historisch zu belegen. Einen zum Drachen gezählt wird, obwohl nördliche Himmelspol sich im Sternbild solchen Beweis gab es in der herkömm- keine frühzeitliche Quellen dies be- Kleiner Bär befand (12). lichen Geschichte der Astronomie aber stätigen. Die Verbindung des Wortes Die Name Edasich für iota-Dra- nicht. Lediglich in der persischen As- Thuban mit dem Drachen ergibt sich conis stammt aus dem arabischen Al tronomie wird der Falke mit einem linguistisch aufgrund der arabische Dhih bzw. Al Dikh. Es bedeutet „die Sternbild in Verbindung gebracht, und Übersetzung (Al Dhib „Wolf“ >Thuban) Hund-ähnliche männliche Hyäne“ zwar mit dem Sternbild des Adlers, des von Ptolemäus verwendeten Wortes (13), ein Wort, das auch leicht mit Al was sicherlich eine Verwechslung ist. „Drakon“ (Drache). Das arabische Wort Dibh „Wolf“ und auch Hebräisch Da‘ah Der Adler liegt nicht nur weit vor der für Drache ist aber Al-Tinnin. Warum „falkenähnlicher Vogel“ zu verwechseln Himmelsmitte, sondern er stellt mit Drache als „Wolf“ hier übersetzt wurde, ist. In der Bibel wird das hebräische Sicherheit das dort sich befindliche werden wir später erklären. Thuban Wort gleichzeitig als Drache, Schlange vogelartiges „Loch in der Milchstraße“ („Wolf“) dürfte theoretisch um -2800 und auch Schakal übersetzt (14). dar. bis -2600 als Polarstern gedient haben. Es ist bemerkenswert, dass die arabi- Der Falke ist das schnellste Tier des Belegt ist dies nicht. Jedenfalls wur- schen Beduinen in Ägypten statt einen gesamten Tierreichs (7), und dies ist den Kochab, Pherkad und die anderen Drachen in der Himmelsmitte einen sicherlich den Menschen der Frühzeit Sterne des Kleinen Bären als Falken Kreis von Kamelen sahen, die von Hy- nicht entgangen. Der Falke ist etwas gesehen. Lässt sich darüber hinaus der änen angegriffen waren (15). Damit ganz Besonderes. Hat er aber als Wächter Beweis erbringen, dass der Stern verstehen wir, warum die Araber aus Pto- des Pols gedient? Thu- ban („Wolf“) ursprünglich nicht zum lomäus’ Drakon „Drache“ einen Al-Dhib Jedenfalls gab es nur zwei Möglich- „Wolf“ machten. Die Araber verwen- keiten: Entweder war meine Falken- Sternbild Drachen gehört hat? Dies ist schwierig, insbesondere in deten ursprünglich nicht Drache und Identifizierung falsch, oder der Falke Falke als Symbole für die Himmelspole, hatte einst eine Polarstern-Funktion Anbetracht der Tatsache, dass die Fach- sondern sie visualisierten Hund-ähnliche inne gehabt, dann aber irgendwann ver- Astronomen die Existenz solcher Stern- Tiere. Thuban (< al-Dhib) gehörte ur- loren. Dies wäre z. B. als astronomische bilder in historischen Zeiten überhaupt sprünglich nicht zum Drachen, sondern Folge der Präzession (der Verlagerung der verneinen. So erstaunlich es klingen als Hund, Wolf, Schakal bzw. Hyäne Polsternposition) möglich. Wäre dies zu man, weitere Beweise habe ich in den dem arabischen Himmelspol an. beweisen? uns zugänglichen Quellen gefunden. Damit haben wir eines unserer bei- Einen ersten Hinweis auf das „geflügelte“ den Probleme gelöst. Der Drache der Problem 2: Der Drache erstreckt sich Sternbild des Altertums im kleinen Bären Frühzeit besetzte nicht beide Pole des heute bis zum Stern Thuban gab mir der Umstand, dass der Kleine Himmels, sondern nur einen Pol, den Ein zusätzliches Problem bereitete Bär in der antiken griechischen Astro- Pol der Ekliptik, ohne Thuban. uns die Tatsache, dass das Sternbild nomie die Flügel des Drachen bildete (8). Laut R. H. Allen und Patrick Moore Drache irgendwann so verlängert wor- So einen geflügelten Drachen finden wir (16) wurden Kochab und Pherkad, die den ist, dass heute der Stern Thuban auch im Kreuzabnahmerelief bei den benachbarten
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