Eberhard Diepgen, Prof. Dr. Walter Höllerer, Johannes Rau, Eberhard Diepgen Lothar de Maizière, Andreas H. Apelt und Elmar Pieroth (v.l.n.r.) 25 Jahre Deutsche Gesellschaft e. V. Gründung der Deutschen Gesellschaft e. V. gelang es sehr schnell, einen Unterstützerkreis für die am am 13. Januar 1990 29. Mai 1986 im Westteil Berlins gegründete Gesellschaft zu finden. Zu diesem Kreis gehörten u. a.: Egon Bahr, Willy Erste Überlegungen und Vorgespräche zur Gründung ei- Brandt, Ingeborg Drewitz, Günter Gaus, Prof. Walter Jens, ner Gesellschaft zur Förderung der deutsch-deutschen Be- Walter Rasch, Luise Rinser, Dr. Cord Schwartau, Wolf Jobst ziehungen unterhalb der staatsoffiziellen Ebene reichen Siedler, Antje Vollmer. Der damalige Leiter der Ständigen in das Jahr 1983 zurück: Unabhängige Friedensgruppen Vertretung der Bundesrepublik in der DDR, Dr. Hans Otto aus Ost und West traten angesichts der bevorstehenden Bräutigam, begrüßte die Initiative. Die SED-Regierung Stationierung neuer Atomraketen auf beiden Seiten der stand zwar einer Freundschaftsgesellschaft Bundesre- innerdeutschen Grenze in Kontakt. Auf Regierungsebene publik/DDR zunächst zurückhaltend gegenüber, schloss zeichnete sich eine Entspannungspolitik ab, die Beziehun- deren Gründung aber nicht aus. gen zwischen den beiden Teilen Deutschlands fördern sollte. Dem Einsatz von Walter Rasch und dem damaligen Regie- renden Bürgermeister von Berlin (West) Eberhard Diep- Bereits 1985/86 engagierten sich Persönlichkeiten aus Ost- gen war es zu verdanken, dass im April 1988 ein Tref- und Westdeutschland für die Gründung einer deutsch- fen über die Zukunftschancen einer deutsch-deutschen deutschen Freundschaftsgesellschaft, die Menschen aus Freundschaftsgesellschaft stattfinden konnte. Daran nah- dem geteilten Land einander näherbringen sollte. Den men die Initiatoren der Deutschen Freundschaftsgesell- Initiatoren einer Deutschen Freundschaftsgesellschaft – schaft sowie Egon Bahr, Günter Gaus, Walter Rasch, Wolf unter ihnen Prof. Dr. Peter Brandt und Jürgen Graalfs – Jobst Siedler, Dr. Detlfev Stonk u. a. teil. Dass Gespräche Johannes Rau Konrad Weiß 4 25 Jahre Deutsche Gesellschaft e. V. Prof. Dr. Peter Brandt Mitglieder des Vorstandes und Kuratoriumssprecher zwischen Ost und West künftig möglich sein werden, be- Aus den Reden stätigte Otto Reinhold, Mitglied des Zentralkomitees der SED, in einem Gespräch mit Willy Brandt am Rande einer Eberhard Diepgen: „Wir alle haben einen Traum, und wissenschaftlich-politischen Tagung: Die SED unterstütze diesem Traum sind wir nach der Veränderung der politi- die Idee einer Freundschaftsgesellschaft. schen Situation in Ost und West, nach der Veränderung der Politik der Sowjetunion, mit den Möglichkeiten, die Für den 9. Februar 1989 wurde ein gemeinsames Treffen sich die Menschen ertrotzt haben in vielen Staaten Mit- von Persönlichkeiten des politischen und gesellschaftli- teleuropas und nach den Veränderungen, die durch die chen Lebens aus der Bundesrepublik und autorisierten Freiheitsbewegung der DDR eingetreten sind, ein Stück Vertretern der SED zusammen mit den Initiatoren ver- näher gekommen. einbart. Das Treffen kam nicht zustande: Die SED sagte es ohne nähere Begründung ab. Der Initiative für eine Ich jedenfalls bin froh, dass nach den neuen politischen Deutsche Freundschaftsgesellschaft blieb nur noch die Entwicklungen der alte Plan einer Deutschen Gesellschaft – Hoffnung auf die Änderung der politischen Situation seit langem sind viele in diesem Raum damit beschäftigt in der DDR. Mit dem Mauerfall 1989 trat diese ein: Die gewesen – jetzt Wirklichkeit werden kann.“ Bemühungen um die Gründung einer gemeinsamen Ge- sellschaft wurden wieder aufgenommen. Dieses Mal ging Walter Rasch: „Hans-Dietrich Genscher hat mich in mei- der Impuls von Persönlichkeiten aus Oppositionsgruppen ner Eigenschaft als Mitglied des Bundesvorstands der FDP und neuen Parteien der DDR aus. Zu ihnen zählten: Dr. gebeten, Ihnen folgendes Grußwort zu übermitteln: ‚In Christian Tietze vom Neuen Forum, Dr. Curt-H. Becker von Zeiten tiefgreifender Veränderungen in Europa mit neu- der SDP, Dr. Hans-Jürgen Fischbeck von Demokratie Jetzt en Perspektiven zur Überwindung der Teilung und damit und Andreas H. Apelt vom Demokratischen Aufbruch. auch der Teilung der Deutschen kann eine deutsch-deut- sche Gesellschaft wichtige Beiträge leisten, um die Zu- Angesichts der veränderten politischen Rahmenbedin- sammengehörigkeit der Deutschen zu stärken und noch gungen stimmte die Initiativgruppe darin überein, „dass Trennendes beiseite zu räumen.‘“ eine Gesellschaft zur Förderung der deutsch-deutschen Beziehungen gerade jetzt notwendig ist. Wir möchten Johannes Rau: „Ich wünsche der Deutschen Gesellschaft, Foren schaffen, in denen jenseits vordergründiger Medi- dass sie Menschen zusammenführt, die das Zuhören ler- enaufmerksamkeit und außerhalb der parteipolitischen nen und das Mitdenken üben wollen, dann wird auch Konkurrenz in Ruhe über die formalen und inhaltlichen der Weg zum gemeinsamen Handeln möglich, was so Aspekte konföderativer oder weitergehender Verknüp- dringlich geworden ist.“ fungen gesprochen werden könnte“. Die Gründung der Deutschen Gesellschaft e. V. – so sollte die Freundschafts- Prof. Dr. Peter Brandt: „Wir wollen dazu beitragen, dass gesellschaft künftig heißen – wurde am 13. Januar 1990 sich die Zusammenarbeit und Annäherung der beiden in der Berliner Nikolaikirche feierlich vollzogen. Auf der bestehenden Staaten Deutschlands nach den Wahlen in Gründungsveranstaltung sprachen u. a. Eberhard Diep- der DDR auf der Basis der Gleichberechtigung und in ei- gen, Walter Rasch, Johannes Rau, Prof. Dr. Peter Brandt, ner Art und Weise vollzieht, die die Freiheit der Selbstbe- Helga Schubert, Konrad Weiß, Prof. Dr. Walter Höllerer. stimmung über das politische und soziale System ebenso wenig der wirtschaftlichen Eigendynamik opfert wie die selbstbestimmte Entscheidung beider Teilvölker deutscher 25 Jahre Deutsche Gesellschaft e. V. 5 Auszug aus der ersten Presseerklärung der Deutschen Gesellschaft e. V. Nation über die Form ihres Zusammenlebens im Rahmen Konrad Weiß: „In diesem Geiste wünsche ich mir die Ar- einer gesamteuropäischen Friedensordnung einem ab- beit unserer Deutschen Gesellschaft. Als eine stille Arbeit strakten Gleichgewichtsschema der internationalen Be- für ein Mutterland inmitten der großen Familie der Euro- ziehungen.“ päischen Völker. Sorgen wir dafür, dass unsere Deutsche Gesellschaft nie zur geschlossenen Gesellschaft wird.“ Helga Schubert: „ ‚Deutschland ist ein gespaltenes Land. Ein Teil von ihm sind wir.‘ Das schrieb der deutsche Schrift- Prof. Dr. Walter Höllerer: „Ich sehe den Vorteil der vielfäl- steller Kurt Tucholsky 1929, mit 39 Jahren. Dann ging er tigen, in mancher Hinsicht kontroversen Zusammenset- für immer ins Ausland. zung dieser Vereinigung darin, dass die Mitglieder auf ihren Gebieten nicht nur Nachdenkende sind, sondern Wir? Heute, am 13. Januar 1990? Mit dem Wunsch, eine auch Macher. Aktiv tätige und über Gegenwart und Zu- Deutsche Gesellschaft zu gründen? In dieser Kirche? Und kunft nachdenkende Personen aus dem Osten und aus wer ist der andere Teil? Es kann sich nur um Menschen dem Westen Deutschlands kommen hier zusammen. Sie handeln, nicht um ein Territorium. Ein beruhigender Ge- können sich, heute schon, einer dem anderen zuwenden, danke angesichts der deutschen Geschichte.“ um etwas in Gang zu setzen. Sie können Missverständ- nisse ausräumen.“ 6 25 Jahre Deutsche Gesellschaft e. V. Sommer der Begegnung 1990 Seit ihrer Gründung versteht sich die Deutsche Gesell- schaft e. V. als eine überparteiliche Vereinigung mit dem Ziel, die Teilung zu überwinden, das Miteinander in Deutschland und Europa zu fördern und Vorurteile abzu- bauen. Bereits in den Gründungsdokumenten der Deut- schen Gesellschaft e. V. wurden drei Arbeitsschwerpunkte festgehalten, die ihre Gültigkeit bis heute nicht verloren haben: Begegnungen und Kontakte voranzutreiben, politische Bildungsarbeit zu realisieren, Stadterhaltung und Denkmalschutz zu unterstützen. Im Gründungsjahr 1990 starteten u. a. drei erfolgreiche Modellprojekte: ein deutsch-deutscher Jugendaustausch unter dem Motto „Sommer der Begegnung 1990“, die Initiative zur Sonder- prägung einer Gedenkmedaille „Währungsunionsmark“ sowie die Initiative zur Unterstützung des Wiederaufbaus der Dresdner Frauenkirche. Nikolaikirche 13. Januar 1990 25 Jahre Deutsche Gesellschaft e. V. 7 Werbeplakat Aktion zum Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche 8 25 Jahre Deutsche Gesellschaft e. V. Prof. Dr. Alfred Grosser, Laudator bei der Jürgen Engert hält die Dankesrede bei der Nationalpreisverleihung Nationalpreisverleihung 2008 25 Jahre später Über die Deutsche Gesellschaft e. V. Die Deutsche Gesellschaft e. V. gehört heute zu den aktiv- „Ich möchte der Deutschen Gesellschaft dafür danken, sten überparteilichen Organisationen in Deutschland. Wie dass sie sich für ein bürgerschaftliches Zusammenwachsen im Gründungsjahr 1990 bietet sie in Foren, Gesprächskrei- immer eingesetzt hat.“ (Dr. Dr. h. c. Angela Merkel) sen, Seminaren, Konferenzen, auf Studienreisen oder in Austauschprogrammen interessierten Bürgerinnen und „Ich danke der Deutschen Gesellschaft (…) für ihr vielfäl- Bürgern die Möglichkeit zum offenen Diskurs über aktuel- tiges Engagement. Sie hält die Geschichte lebendig, sorgt le gesellschaftspolitische Themen. Mit ihren über 700 Ver- für Aufklärung und tritt für die Werte unserer freiheitli- anstaltungen jährlich wird die Deutsche Gesellschaft e. V. chen Gesellschaft ein.“ (Dr. h. c. Joachim Gauck)
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