Die Geschichte Nieder-Wiesens J -]

Die Geschichte Nieder-Wiesens J -]

] Die Geschichte Nieder-Wiesens J -] Sonderausgabe anlässlich des 50-jährigen Glockenjubiläums 2005 Die Geschichte Nieder-Wiesens, der Pfarrei und seiner Kirchen von Tobias Kraft Inhalt: 1. Nieder-Wiesener Geschichte 2. Das frühere Leben in Nieder-Wiesen 3. Das heutige Leben in Nieder-Wiesen 4. Die Geschichte der Kirche 5. Die Kirche in ihrer heutigen Gestalt a) Die Tür b) Der Altar c) Der Taufstein d) Die Kanzel e) Die Orgel f) Die Epitaphien und Bilder Exkurs: Aus der Familiengeschichte „Fresenius" Exkurs: Dr. Johann Philipp Fresenius - Sein Leben und seine Theologie g) Die Glocken 3 1. Nieder-Wiesener Geschichte punktsfunktion. Wer heute nach Nieder-Wiesen kommt, wird bald Nach römischen Besitz wurde das linke Rheinufer erstaunt feststellen, daß hier bauliche Zeugnisse im 3.-4. Jahrhundert germanisch und gehörte aus vergangener Zeit bis in unsere Gegenwart das schließlich zum fränkischen Reich. Unter König Ortsbild prägen. Das Hunolsteiner Wasserschloß, Chlodwig wurden die Franken zu Christen (496). die am Wiesbach gelegene barocke evangelische Kirche und manch altes Gemäuer überdauerten Als schließlich im Jahre 700 n.Chr. die Fränki- die Jahrhunderte und eröffnen dem interessierten schen Könige aus dem Hause der Merowinger das Besucher überraschende Entdeckungen. Wenn die Wiesbachtal (damals hieß es noch Aschbachtal) Steine reden könnten, würden sie uns manches aus Sorge um ihr Seelenheil dem Kloster St. Ma- erzählen können von Leben und Treiben in dama- ximin in Trier schenkten, läßt sich die Geschichte ligen Zeiten. Aber die Steine der alten Bauwerke Nieder-Wiesens etwas genauer verfolgen: sind wirkliche Zeugen der wechselvollen Ge- schichte unseres Ortes, und wer ihr Zeugnis ver- Ab dem Jahre 774 ist der Graf von Luxemburg steht, dem bleibt die Vergangenheit nicht stumm. Vogt (von lat. „advocatus = Rechtsvertreter"), d.h. Verwalter der klösterlichen Besitztümer. Die Vög- Die wichtigsten Daten und Ereignisse, die für te waren mit der Verwaltung des klösterlichen Nieder-Wiesen von Bedeutung waren, sollen uns Besitzes, sowie der Vertretung in rechtlichen An- in die Geschichte des Dorfes einfuhren: gelegenheiten betraut, auch für den Schutz der Besitztümer waren sie verantwortlich. Dafür stan- Geographisch liegt Nieder-Wiesen im oberen Tal den ihnen ein Teil, meist 2/3, des sog. „Zehnten" des Wiesbaches in der südwestlichsten Ecke des zu; das war die damalige Steuer, die an das Klos- Landkreises Alzey-Worms mit heute ca. 650 Ein- ter abgeführt werden mußte in Form von Geld wohnern. Landschaftlich und klimatisch gesehen oder Naturalgaben. gehört der Ort aber eher schon zu den waldreichen Ausläufern des Donnersberggebietes als zu dem Um das Jahr 1200 wurden dann die Rau- und von Weinbau und intensiv landwirtschaftlich ge- Wildgrafen von Neu-Bamberg Untervögte der nutzten Rheinhessischen Hügelland. Nieder- Luxemburger Grafen. Am 23. Mai 1375 verpfän- Wiesen liegt eingebettet in einem Talkessel an der det der Raugraf Philipp II, von Neu-Bamberg Mündung des Dernbachs in den Wiesbach. Der („Herr zu der neuen und zu der alten Baumburg") Grenzverlauf zwischen den Landkreisen Alzey- - vielleicht aus Geldnot - für 377 Gulden (heute Worms und dem Donnersbergkreis - 500 Meter ca. € 8.000,-) ein Teil des Dorfes und des Gerich- südlich des Dorfes - folgt der alten Grenzlinie tes Nieder-Wiesen an Diedrich von Morschheim zwischen dem Großherzogtum Hessen und dem und seine Gemahlin Else (wahrscheinlich wurden pfalzischen Gebiet des Königreiches Bayern. Die- ihm die Zehnteinnahmen zugesprochen); 1397 se Grenzlinie geht zurück auf das Jahr 1816, als geht der andere Teil des Besitzes als Mitgift bei nach dem Wiener Kongreß das Gebiet der Pfalz der Heirat der Tochter des Raugrafen an Graf bayerisch wurde, und die nördliche Region, be- Philipp III. von Dhaun-Oberstein über, der auch grenzt durch Nahe und Rhein - im Städtedreieck im Besitz der Grafschaft Falkenstein am Donners- Mainz, Bingen, Alzey, Worms - dem Großherzog- berg war. Es ist anzunehmen, daß in dieser Zeit tum Hessen-Darmstadt zufiel. Seit dieser Zeit der sog. „Leichweg" angelegt wurde, der ausge- heißt unser Gebiet „Rhein-Hessen". hend von der damaligen St. Georgskapelle in den jetzigen Hofweg einmündete, am Schniftenberger Erste urkundliche Erwähnungen über Nieder- Hof vorbeiführte und vom Neidecktal bis zur Wiesen finden sich allerdings schon in den Jahren Burg Falkenstein reichte. Dort befand sich das 772, 773 und 1150 n.Chr.: Ortsnamen wie Wit- Erbbegräbnis der Falkensteiner. gum, Villa Witze, Wissen, Wißerthal u.a. weisen auf frühe Besiedlung unseres Gebietes hin. Aus Schon kurze Zeit später um 1400 erwarb der Graf der Zeit um 4000 v.Chr. stammen zwei Pflugstei- von Virneburg die Falkenstein'schen Besitztümer ne, die in der Gemarkung gefunden wurden; dar- und damit auch einen Anteil Nieder-Wiesens, aus läßt sich erkennen, daß das wasserreiche Ge- doch im Jahr 1441 wurde dieser Besitz von den biet Nieder-Wiesens schon damals die Heimat Grafen von Virneburg an Simon von Gundheim steinzeitlicher Ackerbauern gewesen sein muß. als Lehen abgetreten. Dieser erwarb dann 1453 die Hälfte des Ortes. Im Jahre 1492 wird schließlich Ca. 300 v.Chr. waren es keltische Siedler, die den mit der Errichtung der St. Georgskapelle begon- Schloßberg mit einem Oppidum bebauten, also nen, ein Vorgängerbau des heutigen Kirchenge- einer Burg oder einem Heiligtum mit Mittel- bäudes. Die Besitzverhältnisse änderten sich wie- 4 derum, als sich im Jahr 1519 Hans Friedrich von über das rote Gemerk NW." Die Ortsgemein- Morschheim (Burggraf zu Alzey) Nieder-Wiesen de Nieder-Wiesen hat also das Hunolsteiner sowohl von den Gundheimern als auch von den Wappen in seiner Gesamtform als Ortswappen Dhaunern, den Herrn von Falkenstein, durch An- übernommen, allerdings ohne die Adelskrone, an kauf gänzlich zu eigen machte. Über 130 Jahre deren Stelle das Gemerk NWfür Nieder-Wiesen lang muß Nieder-Wiesen im Besitz derer zu gesetzt wurde. Morschheim gewesen sein - von dort wurde es auch pfarramtlich betreut - bis um das Jahr 1650 nach dem Dreißigjährigen Krieg der Graf von Steinkallenfels den Ort erwarb (nachdem die NW Morschheimer Linie im Mannesstamm erloschen war), der nun nicht mehr Wiesheim, sondern Nie- der-Wiesen hieß. " '% s* y \b y Doch die Steinkällenfelser Herrschaft war auch nur, wie schon so oft vorher, eine Übergangsherr- schaft. Durch Heirat und verwandtschaftliche Erb- Das Wappen der Ortssemeinde Nack seit 1961 folge wurden Ende des 17. Jahrhunderts die Vögte von Hunolstein Freiherren und Grundherren in Auch das Wappen der Ortsgemeinde Nack geht Nieder-Wiesen, Nack, Schniftenberg und dem auf das Hunolsteiner Wappen zurück, allerdings Calenberger Hof. Letzterer wurde 1826 völlig wurde in die Mitte des Wappens ein blaues Ge- verwüstet und ist spurlos verschwunden. Nur alte merk „ N" für Nack gesetzt. Eintragungen in den Kirchenbüchern erinnern noch an die Menschen, die dort lebten und arbeite- Die amtliche Wappenbe- ten. Er lag wahrscheinlich im hinteren Dembach- schreibmg lautet: tal, wo der Flurname „Am Kahlenberg" erhalten „In Silber zwei rote Bal- ist. ken, beseitet von 5:2:2:1 roten Steinen. Zwischen Der Name des Geschlechtes „von Hunolstein" - den beiden oberen Stei- entstanden aus hunwalt / hunolt = hochragend - nen das blaue Gemerk leitet sich her von dem hochragenden Stein oder N." Felsmassiv, auf dem die Vögte von Hunolstein ihren Stammwohnsitz hatten. Dieses weithin ein- zigartige Felsmassiv am Fuße des Dorfes Hu- nolstein im Hunsrück fällt mehrere hundert Meter Die reichsritterschaftliche neue Besitzexfamilie, fast senkrecht zum Dronbachtal ab - eine für mit- die über drei Generationen bis zum Jahre 1796 telalterliche Verhältnisse ideale Voraussetzung für Herren zu Nieder-Wiesen waren, prägten nachhal- die Anlage einer Burg. Das Motiv des „Steins" tig das Ortsbild bis zum heutigen Tage. Sie waren begegnet uns wieder im Wappen der Hunolsteiner: als Freiherren „unmittelbar", d.h. direkt dem Kai- ser unterstellt. Nach dem frühen Tod von Johann Das Wappen der Freiherren von Hunolstein Georg von Hunolstein (* 1675; Herr zu Merxheim und Nieder-Wiesen, + 16.6.1706 zu Merxheim bei Kirn) übernahm für den noch nicht volljährigen Sohn Georg Emst die Mutter Sophia Elisabeth, Wappenbeschreibmg: geb. Rauin von Holzhausen zu Randeck die Herr- schaft. „In Silber zwei rote Bal- Aus der Zeit der Regentschaft von Georg Ernst ken, beseitet von zwölf von Hunolstein ist uns das Wappen der Familie roten Steinen in der An- von 1722 erhalten geblieben. Es bildete 1962 die ordnung 5:4:2:1 Grundlage des noch heute gültigen Ortswappens von Nieder-Wiesen. Aus der Biographie von Frei- herr Georg Ernst ist weiter bekannt, daß er im Das Warnen der Ortszemeinde Nieder-Wiesen Alter von 27 Jahren, am 21. August 1724, als kö- seit 1962 niglich schwedischer Leutnant in Frankenhausen Wappenbeschreibmg: /Hessen starb und in der dortigen Kirche beige- „In Silber zwei rote Balken, beseitet von zwölf setzt wurde. roten Steinen in der Anordnung 5:4:2:1, dar- Die Herrschaft übernahm nun der jüngere Bruder Beschlüssen des Wiener Kongresses unter Hessi- Johann Friedrich von Hunolstein. Während seiner sche Verwaltung gestellt und war seit 1835 ein Regentschaft wurde zwischen 1724 und 1744 das Dorf der Provinz Rheinhessen im Großherzogtum barocke Wasserschloß als Herrenhaus errichtet. Hessen-Darmstadt. Die Hunolstein' sehen Erben Ursprünglich war es zweistöckig und von Wies- verließen Nieder-Wiesen und das Schloß mit Hof- bach und Dernbach umsäumt. Den eindrucksvol- gut und allen Liegenschaften, wie z. B. die len Wassergraben kann man

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