Feature / Hörspiel / Hintergrund Kultur Freistil DJ killed the Popstar Vom Plattenteller in die Charts Von Ina Plodroch und Simon Kamphans Produktion: WDR 2016 Redaktion: Klaus Pilger Sendung: Sonntag, 13.08.2017, 20:05-21:00 Uhr Regie: Simon Kamphans Mitwirkende: Kurth, Bettina - Erzählerin Schmidtke, Lars – VO Sigala, An- und Absage Lambrecht, Guido – VO Tiësto Linderhaus, Silke - Trailersprecherin Seigerschmidt, Florian – Trailersprecher; VO Lost Frequencies Bross, Martin - Zitator Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © - unkorrigiertes Exemplar - Musik Collage Jaehn Make some noise! Shumi Ich mein, bei DJs ist es ja wie mit Köchen oder so. Jaehn Wer hat Bock auf n Gruppenfoto. Mayer Also als ich angefangen hab, da gab’s auf jeder Schule einen Hobby-DJ, der die Schulpartys beschallt hat. Profi-DJs waren damals noch halbseidene, koksabhängige, verkrachte Existenzen so. Shumi Es gibt halt den, der ein paar fettige Fritten in ne Fritteuse reinschmeißt bis zum Typen, der Food Art erfindet und neue Möglichkeiten, Sachen zu machen. Also DJ ist ja eine ziemlich breitgefächerte Sache. Westbam Im Zeitalter, wo es nicht um Skills geht, geht es eher darum: ich kann euch noch besser durchrocken als der Nächste. Mayer Also als ich angefangen hab, da gab’s auf jeder Schule einen Hobby-DJ, der die Schulpartys beschallt hat, aber ansonsten taugte das nicht zum Role-Model. Profi-DJs waren damals noch halbseidene, koksabhängige, verkrachte Existenzen so. Es war nichts, wovor die Leute Respekt hatten. Jaehn Come on, zeigt mir mal, was ihr habt! Alle Plakate nach oben, alle Mädchen auf die Schultern. Kriegt ihr das hin? Was habt ihr noch so zu bieten? Alle Hände nach oben natürlich auch! Come on alle. Seid ihr ready? One two three...screeaaaaaam! Ansage DJ killed the Popstar von Ina Plodroch und Simon Kamphans Koletzki Dass dieser DJ zum Rockstar wurde, Sprecherin Oliver Koletzki. Techno- und House-DJ. Seit 20 Jahren. Koletzki …das hatte ganz, ganz lange Entwicklungen über Jahre oder über Jahrzehnt genommen. Sprecherin Oliver Koletzki. Techno- und House-DJ. Seit 20 Jahren. Erst als Unbekannter in Braunschweig, dann der Durchbruch in Berlin. Westbam Wie der Name DJ schon sagt, war ein DJ am Anfang der Plattenjunge, der Discjockey, war quasi ein Billigersatz für eine Band. Sprecherin Westbam alias Maximilian Lenz, seit Mitte der 1980er Jahre hinter den Plattentellern. Westbam Weil eine Band mit Sänger, Drummer... Mikrofon, das war sehr teuer. Dann haben die Leute gesagt, ach in unserem Ding da legen wir ne Platte auf, dann könnt zur Platte tanzen. Jaehn Ich hab auch übers DJing angefangen so mit 15, 16, Abipartys und so weiter. Aber hab dann auch gesehen, dass das nicht ausreicht und ich wollte auch den nächsten Schritt gehen. Sprecherin Felix Jaehn, 1994 geboren, aufgewachsen in einem kleinen Dorf bei Wismar an der Ostsee. Jaehn Und bin dann ja nach der Schule nach London gegangen für ein Jahr. Und hab da auch Musikproduktion und Komposition und Musik-Business und so weiter "studiert", es war so ein Jahres-Crash-Kurs, sozusagen. Sprecherin Kurz danach sein erster Megahit - mit dem Remix von „Cheerleader“. Weltweit über 5 Mio mal verkauft. Platz 1 in Deutschland, 15 anderen Ländern und sogar Platz 1 der amerikanischen Billboard Charts. Das hat seit 20 Jahren kein Deutscher Künstler mehr geschafft. Und ein Jahr später dann noch ein Nummer eins Hit in Deutschland, ‚Aint’ Nobody’. Seit dem legt er weltweit auf. Jaehn Im Sommer fast jedes Wochenende gefühlt, teilweise auch, ein Wochenende ist auch, da machen wir an beiden Tagen zwei Gigs, alles auch in verschiedenen Ländern hin und her. Da fliegen wir dann auch zwischen Deutschland, Polen, Hiolland hin und her. Und müssen dann, da sind wir noch am ausloten, wie das alles klappen kann. Sprecherin Dieses Wochenende sind es auch wieder mehrere Gigs. Jaehn Ich habe ausgeschlafen bis zehn, halb elf, dann habe ich gefrühstückt, habe mich noch mal hingelegt. Noch mal am Computer ein paar Lieder gecheckt, einmal kurz meine ganzen Social Media Kanäle durchgeguckt, Bild gepostet von gestern Abend. Und dann ging’s los, entspannt, was man halt so macht. Sprecherin Im Hotel rumhängen, zum Festival fahren, Backstage rumhängen, 90 Minuten auflegen, 400 km Auto fahren, wieder ne Stunde auflegen. Jaehn Bin fit, ehrlich gesagt, weil die Show gestern Abend recht früh war, zehn elf fertig, dann mussten wir noch ein paar Stunden fahren. Aber ich war trotzdem um zwei im Bett und ich trinke ja keinen Alkohol, wenn ich unterwegs bin sondern bleibe beim Wasser und dann ist man um zehn auch wieder frisch, also alles gut. Westbam Natürlich die DJ Kanzel hinten in der Ecke. Das war nicht so das große Highlight. Koletzki Der ist dann immer mehr in den Mittelpunkt gerückt. Es kam dann auch irgendwann der Moment, wo dann Licht auf ihn gestrahlt wurde und wo angefangen haben, die Leute in seine Richtung zu tanzen. Westbam Dementsprechend hat man auch damals versucht, daraus so eine Ideologie zu machen. Sprecherin Damals im Techno-Berlin der 90er Jahre. Westbam …Die war eigentlich übernommen von New Wave und Punk, da war auch schon die Idee: Das wir sagen, wir wollen keine großen Stars mehr… Koletzki …Das war ja früher auch nicht so in dern 70er/80er Jahren das war dann, da hat man zu einander getanzt… Westbam …Was am Anfang bestimmt auch super obskur für die Leute war… Koletzki …stand sich gegenüber beim Tanzen… Westbam …Weil, die waren es gewöhnt zu ner Band zu tanzen… Koletzki …Dass ich alle in Richtung des DJs gedreht haben, das kam dann auch erst so über die Jahrzehnte… Westbam Ein Musik Selektor. Eigentlich ein Vermittler zwischen Musikern und Publikum.” Jaehn Hat sich an den Playzeiten was getan? 17-1830h. Wir machen mit Intro würde ich sagen, weil vorne läuft alles ganz normal weiter. Gucken wir gleich mal, wie es aussieht. Felix Manager Fünf Minuten vor fünf sollte jemand kommen und dich zur Bühne fahren. Jaehn Alles mit dabei, Koffer direkt dabei, damit wir danach von der Bühne direkt los können. Aber der Stress geht dann bestimmt los. Sprecherin Wir, das sind Felix Jaehn, seine USB-Sticks, sein Tourmanager, der auch Felix heißt und Niklas. Jaehn Niklas ist mein Fotograf, der ist fast immer mit dabei und Felix ist heute als Tourmanager eingesprungen. Heute sind wir zu dritt unterwegs und rocken das hier. Niklas Genau, ich mache das ganz Videoding für Felix. Wir sammeln viel Material, schauen dann, was wir daraus zusammenstellen. Lost Frequencies, Robin Schulz, die haben alle ihre Fotografen dabei, um den Content zu haben, um es zu posten auf den Socials. Jaehn Hast du dir gut überlegt, was du da sagst? Du bist das gar nicht gewohnt, Interviews zugebe. Normalerweise filmt er immer nur, wenn ich die gebe. Hast du deine Kamera ready? Niklas: Ja aber ich mache die da erst fertig (…) Koletzki Also, um jetzt.... bevor das Thema losgeht, muss ich sagen, dass dieser Begriff EDM unglaublich leidet irgendwie. Sprecherin E D M. - Electronic Dance Music. Koletzki Also dieser harte aggressive, sehr poppige, die ganze Zeit ‚Put Your Hands Up In The Air’. Wie man sich EDM halt vorstellt: die ganze Zeit Peaktime, auf die Fresse. Hoffmann Es gab so eine Zeit, wo elektronische Musik sich eigentlich nicht im Radio und in den Charts wiedergefunden hat. Sondern wo Techno und House und all die anderen Arten nur in den Clubs stattfanden. Sprecherin Heiko Hoffmann. Schreibt als Chefredakteur des Magazins „Groove“ über Techno und elektronische Subkultur. Kennt EDM, weil er das Standardwerk „DJ Culture“ aktualisiert hat. Hoffmann Jetzt in den letzten fünf sechs Jahren hat sich wieder ne Form von elektronischer Musik herauskristallisiert, die wieder sehr populär ist, auch wieder in den Charts ist und wahrscheinlich wieder stärker in den Charts ist als je zuvor. Koletzki Aber die ganzen Leute heute, weil der Begriff so groß wird, verstehen auch was ganz anderes...die verstehen Deep House darunter. Diese junge Generation, da sagen ja viele: Felix Jaehn und Robin Schulz, das ist auch EDM, aber das ist für mich so Pop. Pop- House. Jaehn Gute News: die anderen können 5 Minuten überziehen, dass heißt wir haben jetzt wieder Zeit gewonnen, verkürzt sich mein Set zwar leider, das ist dann schade für die Gäste, aber können wir leider nicht ändern, wenn uns keiner abholt, haha. Ina: Passiert das öfter? Felix: Nee, ehrlich gesagt passiert das sehr selten. Anderer DJ: Normalerweise ist das gut organisiert. Jaehn: Aber heute fällt das auch mich zurück, die Leute sehen nur: Felix fängt später an. Anderer DJ: Felix, das ist totaler Quatsch, bei diesem Wetter ist alles ein bisschen strange, das fällt auf keinen zurück. Ganz entspannt. Jaehn: Guck, da hat mir der alte Haase noch ‚nen Tipp gegeben. Anderer DJ: Alles gut, das fällt nicht auf dich zurück, die sind froh, dass es weiter geht. Jaehn: Jaja, klar. .... Ja, wir müssen nur hin, weil ich fange eigentlich jetzt an. Sprecherin Heißt also: Los laufen durch den Festival-Matsch. Jaehn Haben wir auch alle weiße Schuhe an?! Niklas Du musst das gut dokumentieren. Ina: Ist das nicht dein Job, du bist doch der Filmer. Niklas: Die Location hier, ist gerade nicht so dolle. Hoffmann Es gibt zwischen diesen Underground DJs, die aus einer bestimmten Tradition kommen, und den sehr populären EDM-Sachen eigentlich kaum Berührungspunkte - die Orte, an denen die Sachen aufgeführt werden, sind unterschiedliche Orte, wie zu der Musik getanzt wird ist unterschiedlich. Eigentlich ist alles anders, außer dass eben jemand im Studio sitzt, und die gleichen Produktionsmittel und Hardware benutzt, um die Stücke zu machen. Sprecherin Für Heiko Hoffmann von der „Groove“ kann es einen Underground DJ nur geben, wenn es auch einen Mainstream DJ gibt - also DJs, die EDM und Deep House auflegen.