Mythische Strukturen in Literarischen Werken Annemarie Schwarzenbachs

Mythische Strukturen in Literarischen Werken Annemarie Schwarzenbachs

Magisterarbeit zur Erlangung des Grades „Magistra Artium“ an der Philosophischen Fakultät (Institut für Germanistik) der Universität Potsdam Mythische Strukturen in literarischen Werken Annemarie Schwarzenbachs Christus am Ölberg, Gemälde von El Greco (um 1605) Betreuer: Prof. Dr. Helmut Peitsch Professor für Neuere Deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Reisebeschreibungen von Kira Schmidt Nürnberger Str. 19 10789 Berlin [email protected] Matr.-Nr.: 701594 eingereicht am 18.01.2008 Dieses Werk ist unter einem Creative Commons Lizenzvertrag lizenziert: Namensnennung - Keine kommerzielle Nutzung - Keine Bearbeitung 2.0 Deutschland Um die Lizenz anzusehen, gehen Sie bitte zu: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/de/ Elektronisch veröffentlicht auf dem Publikationsserver der Universität Potsdam: http://opus.kobv.de/ubp/volltexte/2008/1980/ urn:nbn:de:kobv:517-opus-19805 [http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:kobv:517-opus-19805] Inhaltsverzeichnis 0. Einleitung ............................................................................................1 1. Forschungsüberblick ...........................................................................4 1.1. Biographie und autobiographisches Schreiben ..............................................4 1.1.1. Autobiographischer Schreibstil ...............................................................5 1.1.3. Kritik an der autobiographischen Lesart .................................................7 1.1.3. Autobiographisches Schreiben als ästhetisches Konzept......................10 1.2. Homosexualität, Androgynie, Geschlecht(erdifferenz)................................11 1.3. Reisen und Exil.............................................................................................16 1.4. Schreiben als Therapie .................................................................................22 1.5. Schreibstil und literar-/kulturhistorische Einordnung des Werkes...............27 1.6. Mythos und mythologische Ansätze ............................................................36 1.6.1. Mythosaspekte.......................................................................................37 1.6.1.1. Raum-Zeit.......................................................................................37 1.6.1.2. Geschichte ......................................................................................39 1.6.1.3. Archäologie ....................................................................................40 1.6.1.4. Erinnerung und Gedächtnis ............................................................41 1.6.1.6. Krisen: Sinn-, Sprach- und Identitätskrise......................................42 1.6.2. Motive und literarische Vorbilder .........................................................44 2. Analyse..............................................................................................51 2.1. ‚Mythos’ als literaturwissenschaftliche Kategorie .......................................51 2.2. Analyse von TiP und GT..............................................................................54 2.2.1. Einleitendes zu TiP und GT ..................................................................54 2.2.2. Raum-Zeit..............................................................................................56 2.2.2.1. Mythischer Raum und mythische Zeit bei Ernst Cassirer..............56 2.2.2.2. Raum-Zeit in TiP und GT...............................................................60 2.2.3. Zwei Gegenspieler des Mythos: Archäologie und Geschichtsschreibung? ....................................................................................72 2.2.3.1. Archäologie ....................................................................................73 2.2.3.1.1. Die archäologische Metapher bei Sigmund Freud ..................73 2.2.3.1.2. Mythos und Archäologie in TiP und GT.................................75 2.2.3.2. Geschichtsschreibung.....................................................................83 2.2.3.2.1. Mythos und Geschichte bei Friedrich Nietzsche.....................83 2.2.3.2.2. Mythos und Geschichte in TiP und GT...................................86 2.2.6. Krisen der Moderne...............................................................................91 3. Schluss...............................................................................................99 Kürzelverzeichnis................................................................................101 Literaturverzeichnis.............................................................................102 Ehrenwörtliche Erklärung...................................................................109 0. Einleitung Annemarie Schwarzenbach (A.S.) hätte in diesem Jahr (2008) ihren hundertsten Geburtstag gefeiert. Zu diesem Anlass wird es einige Neu- und Wiederauflagen von und über Annemarie Schwarzenbach geben, denn längst ist die Schriftstellerin keine der vielen „vergessenen AutorInnen“ mehr. Ihre Wiederentdeckung im Jahre 1987 erfuhr ein verstärktes Medieninteresse: zwei Herausgeber (Charles Linsmayer und Roger Perret) streiteten sich um die Veröffentlichungsrechte der Werke von Schwarzenbach. Perret vertrat dabei die Schweizer Landesbibliothek in Zürich, die damals den Großteil des Nachlasses der Autorin verwaltete.1 Charles Linsmayer hingegen stand im Kontakt zu den Schwarzenbach-Nachkommen. Schnell wurde klar, dass sich das Interesse an Annemarie Schwarzenbach nicht so sehr auf ihr Werk richtete, sondern ihr Lebenswandel rückte in den Vordergrund und verdräng- te für lange Zeit eine ernsthafte, literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit ihren schriftstellerischen Arbeiten. Diese wurden vielfach als maskierte autobio- graphische Romane und Erzählungen gelesen. So wird zum Beispiel der Roman Das glückliche Tal (GT) meist als Mythologisierung der zu Lebzeiten der Autorin nicht veröffentlichten autobiographischen Schrift Tod in Persien (TiP) aufgefasst.2 Ich möchte in meiner Magisterarbeit dieser Auffassung widersprechen und stelle die These auf, dass mythische Strukturen nicht nur in GT eine Rolle spielen, son- dern schon in TiP angelegt sind. In beiden Romanen werden zwar Ereignisse aus Schwarzenbachs Biographie eingearbeitet, aber ich verstehe ihr „autobiographi- sches“ Schreiben als ästhetisches Konzept. Ich lese TiP also nicht als Autobiogra- phie, sondern als Roman (und folge damit der Auffassung von Rohlf3). Ich habe meine Magisterarbeit in zwei Teile untergliedert: zum einen handelt es sich um einen Forschungsüberblick (1. Kapitel) und zum anderen um eine litera- turwissenschaftliche Analyse der beiden Romane von Annemarie Schwarzenbach Tod in Persien und Das glückliche Tal (2. Kapitel). Beide Kapitel nehmen jeweils die Hälfte meiner Arbeit ein. Den Forschungsüberblick habe ich nicht chronologisch, sondern thematisch geglie- dert, so dass einzelne Themen in der Analyse - insbesondere unter Kapitel 2.2.4. zu „Krisen der Moderne“ – wieder aufgegriffen werden können, wie etwa die Ge- 1 Heute findet sich dieser Nachlass in der Schweizer Nationalbibliothek in Bern. 2 Insbesondere Linsmayer 1988. 3 Rohlf 2002, 302. 1 schlechterproblematik (Kapitel 1.2.), Entfremdungserscheinungen (Kapitel 1.3.) und die Bedeutung des Schreibens im Hinblick auf ‚Wahnsinn’ als Subjekt-Objekt- Problematik (Kapitel 1.4.). Diese einzelnen Themen, die ich im Forschungsüber- blick vorstelle und sich in Schwarzenbachs literarischen Werken finden lassen, wurden bisher meist autobiographisch gedeutet. Meines Erachtens stellen TiP und GT eigenständige literarische Werke dar: zwar beruht GT auf dem Typoskript TiP (TiP ist im Gegensatz zu GT nie zu Lebzeiten Annemarie Schwarzenbachs veröffentlicht worden), da sich z. B. die Rahmenhand- lung gleicht und einzelne Textpassagen aus TiP (fast) wortwörtlich in GT über- nommen werden, aber beide Werke unterscheiden sich stark in ihrer Form und Struktur. Die Frage, ob TiP und GT aufgrund dieser Unterschiede auch verschiede- ne Aussagen haben, liegt auf der Hand. In beiden Werken spielt z. B. der Aspekt ‚Erinnerung’ eine große Rolle. Die Begriffe ‚Erinnerung’, ‚sich erinnern’ u. ä. tau- chen in beiden Werken sehr häufig auf. Allerdings mehrt sich in GT der Begriff ‚Vergessen’ bzw. ‚vergessen’, der in TiP sehr selten vorkommt. ‚Erinnerung’ spielt auch in Verbindung mit ‚Mythos’ eine bedeutende Rolle. So sehen Jan und Aleida Assmann ‚Mythos’ als wichtige Erinnerungstechnik oder Erinnerungsform, die vor allem Identität stiften soll. Beide Romane, TiP und GT, weisen mythische Struktu- ren auf, behandeln aber auch das Thema ‚Entfremdung’ und ‚Identitätsverlust’ (der Ich-Erzählfigur). Zu fragen ist also, wie diese beiden Aspekte ‚mythische Struktur’ und ‚Identitätsverlust’ in den literarischen Werken Annemarie Schwarzenbachs zusammen gebracht werden. Den Schlüssel zur Beantwortung dieser Frage sehe ich im zeitgenössischen Kontext der Bedeutung des Mythos als Antwort (aber auch Frage) auf die Krisen der Moderne (wie Sprach-, Subjekt- und Erkenntniskrise, vgl. Kapitel 2.2.4.). Deshalb greife ich Aussagen zeitgenössischer Theoretiker (Nietz- sche, Cassirer und Freud) auf, die sich mit ‚Mythos’ beschäftigt haben und den kulturhistorischen Rahmen für meine Analyse von Schwarzenbachs Werken abste- cken sollen. Die mythische Struktur von TiP und GT analysiere ich insbesondere an dem Raum-Zeit-Aspekt. Ich beziehe mich in diesem Kapitel auf Cassirer (Kapi- tel 2.2.2.). Des Weiteren spielen die Themen ‚Geschichte’ und ‚Archäologie’ in GT und TiP eine Rolle. ‚Geschichtsschreibung’ und ‚Archäologie’

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