Kristijonas Donelaitis Und Seine „Metai” – Eine Rezeptionsgeschichte

Kristijonas Donelaitis Und Seine „Metai” – Eine Rezeptionsgeschichte

Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte Inauguraldissertation zur Erlangung des akademi- schen Grades eines Doktors der Philosophie der Phi- losophischen Fakultät der Ernst-Moritz-Arndt Uni- versität Greifswald angefertigt von Anja Eberts, Greifswald Institut für Fremdsprachliche Philologien, Baltistik Dekan: Prof. Dr. Matthias Schneider Erstgutachter: Prof. Dr. Stephan Kessler Zweitgutachter: PD Dr. Jörg Hackmann Tag der Disputation: 9.04.2009 2 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 11 1.1 Forschungsgegenstand . 11 1.2 Forschungsstand . 17 2 Kristijonas Donelaitis und sein Werk Metai 20 2.1 Donelaitis und seine Zeit . 20 2.2 Donelaitis’ Epos Metai .................... 26 3 Kristijonas Donelaitis - eine kontroverse Rezeption 44 3.1 Der Beginn der Rezeption von Donelaitis Metai Anfang des 19. Jahrhunderts . 44 3.2 Donelaitis zur Mitte des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts 49 3.2.1 Der zweihundertjährige Geburtstag des Kristijonas Donelaitis in der Presse . 60 3.3 Die litauische Republik und „ihr” Donelaitis . 69 3.3.1 Politische Situation in der Republik Litauen . 69 3.3.2 Kulturelle Situation während der Unabhängigkeit . 76 3.3.3 Donelaitis’ Bewertung in der Zeit der ersten Unab- hängigkeit Litauens . 78 3.4 Donelaitis in der Zeit der Sowjetbesatzung . 85 3.4.1 Literarische Zensur in Sowjetlitauen . 88 3.4.2 Donelaitis-Ausgaben . 96 3.4.3 Sowjetlitauische Ehrung von Donelaitis . 99 3.4.4 Donelaitis im Kampf gegen die Deutschen . 104 3.4.5 Donelaitis als Realist . 115 3.4.6 Donelaitis, der Bauerndichter . 120 3.4.7 Donelaitis als Patriot, Erwecker und Klassenkämpfer 127 3 3.4.8 Das Jubiläum anlässlich Donelaitis’ 175. Todestages im Jahre 1955 . 136 3.4.9 Das Jubiläumsjahr anlässlich Donelaitis’ 250. Ge- burtstages im Jahre 1964 . 140 3.4.10 Stimmen zu Donelaitis aus den Sowjetrepubliken . 142 3.4.11 Propaganda gegen das westliche kapitalistische Aus- land anhand von Donelaitis . 151 3.4.12 Donelaitis’ Rezeption unter der Sowjetherrschaft der 70-er und 80-er Jahre . 155 3.5 Donelaitis in der DDR . 161 3.5.1 Donelaitis in der DDR-Ausgabe von Buddensieg . 168 3.5.2 Donelaitis nach dem Jubiläum . 172 3.6 Donelaitis in der BRD-Ausgabe von Buddensieg . 173 3.7 Die Exillitauer und Kristijonas Donelaitis . 175 3.8 Donelaitis in der neuen Unabhängigkeit Litauens . 194 3.8.1 Mažosios Lietuvos Enciklopedija (Enzyklopädie Kleinlitauens) . 206 4 Zusammenfassung 211 Literatur 224 Tabellenverzeichnis 3.1 Wahlergebnisse des Memelländischen Landtages . 74 5 Abbildungsverzeichnis 2.1 Preußisch-Litauen 1701-1871 . 23 3.1 Memelland 1921 . 70 3.2 Vom Manuskript zum Leser . 92 3.3 Rezeptionslinien 1945-1990 . 97 6 Abkürzungen CSA Christlich Sozialistische Arbeitsgemeinschaft des Memelgebiets e.V. (1933 - Juli 1934) unter Pastor v. Sass DP-Lager Einrichtungen zur vorübergehenden Unterbringung so genann- ter Displaced Persons (DPs) nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Deutschland, Österreich und Italien. GLAVLIT Hauptverwaltung in Angelegenheiten der Literatur und des Verlagswesens (Glavnoe upravlenie po delam literatury i izdatel’stv) KGB Komitee für Staatssicherheit (Komitet Gosudarstvennoj Bezopas- nosti) LiM Zeitschrift „Literatur und Kunst” (Literat¯urair menas) LKP CK Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Litauens (Lietuvos komunist¸upartijos centralinis komitetas) LLE Enzyklopädie der litauischen Literatur, Hrsg. V. Kubilius (Lietuvi¸u literat¯uros enciklopedija) LLTI Institut für litauische Literatur und Folklore (Lietuvi¸uLiterat¯uros ir Tautosakos Institutas) LTSR Litauische Sozialistische Sowjetrepublik (Lietuvos Taryb¸uSocialis- tin˙eRespublika) LYA Litauisches Spezialarchiv (Lietuvos Ypatingasis Archivas) Lit Litauisch MLE Mažosios Lietuvos Enciklopedija PL „Pavasario linksmyb˙es”(Teil aus Donelaitis Metai - Frühlingsfreuden) RG „Rudenio g˙eryb˙es”(Teil aus Donelaitis Metai - Herbstfülle) SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Sovog Sozialistische Volksgemeinschaft des Memelgebiets (1933 - Juli 1934) unter dem Memeler Kreistierarzt Dr. Ernst Neumann VD „Vasaros darbai” (Teil aus Donelaitis Metai - Sommermühen) ZK der KPdSU Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowje- tunion (lit. Taryb¸uS¸ajungoskomunist¸upartijos centro komitetas/ TSKP CK) ŽR „Žiemos r¯upesčiai” (Teil aus Donelaitis Metai - Wintersorgen) Vorwort Durch die Aufnahme in das Graduiertenkolleg 619 „Kontaktzone Mare Balticum” konnte ich im Mai 2003 mit meiner geplanten Dissertation beginnen. Dafür danke ich an erster Stelle vor allem dem Leiter des Graduiertenkollegs Prof. Dr. Michael North und den Mitgliedern des Aus- schusses, die mir das Stipendium ermöglichten. Die vorliegende Arbeit wurde gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Ohne die finanzielle Unterstützung der DFG wäre dieses Projekt nicht entstanden, weshalb ich mich ganz herzlich bei ihren Mitarbeitern bedanken möchte. Auch an direkter Hilfe bei persönlichen Belangen, besonders durch Frau Anjana Buckow und Frau Ursula Dederichs hat es nicht gemangelt. Ihnen gilt mein besonderer Dank. Meinen Gesprächspartnerinnen und -partnern in den Archiven und Bibliotheken in Litauen und Deutschland, u.a. Leo- nas Stepanauskas, Bernhard Jähnig, Vytautas Kubilius, der mittlerweile verstorben ist, den Mitarbeitern des Literaturinstituts in Vilnius schulde ich Dank dafür, dass sie mir so ausführlich, geduldig und ohne Vorbehalte Rede und Antwort gestanden haben. Ein herzlicher Dank geht an meinen ersten Betreuer meiner Arbeit Prof. Dr. Jochen D. Range. Trotz eines kurzfristigen Betreuerwechsels, gab es im wissenschaftlichen Austausch mit dem neuen Betreuer Prof. Dr. Stephan Kessler keine Schwierigkeiten. Ich danke ihm für das schnelle Einlesen in die Arbeit und die intensive Betreuung in der Schlussphase. Um ein vielfaches schwerer wäre mir alles geworden ohne die im Hintergrund wirkenden Menschen (allen voran mein Mann Jörg Eberts), denen ich nicht oft genug sagen kann, wie groß doch ihre „Mitwirkung” an der Arbeit war. Alle fremdsprachlichen Ausdrücke, falls sie nicht übersetzt wurden, und alle Titel und Eigennamen wurden von mir kursiv gesetzt. Die litauischen 9 Zitate sind im fließenden Text in deutscher Übersetzung zu finden, die litauischen Originale wurden zum Vergleich in die Fußzeile gerückt. 10 1 Einleitung 1.1 Forschungsgegenstand Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die mit der ersten Ausgabe der Metai (1818) von Kristijonas Donelaitis begonnene Rezeption des Dichters und seines Hauptwerkes. Mit den Metai steht ein einzelnes Werk im Mit- telpunkt dieser Untersuchungen. Anhand eines Großteils der vorhandenen Einzeltexte (Vorworte von Donelaitis-Ausgaben, Feuilleton der Massen- presse, (literatur)-wissenschaftliche Abhandlungen über den Autor, Lehr- und Schulbücher) über das Leben und Werk von Donelaitis seit der ersten Publikation der Metai, soll gezeigt werden wie stark die Rezeption den je- weils bestehenden politischen Verhältnissen unterliegt, sich ihnen anpasst, ja sogar von ihnen bestimmt wird. Literaturkritik ist keine Wissenschaft sondern eine gesellschaftliche Institution, in der sich gesellschaftliches Wirken widerspiegelt. Sie kann leicht in politisch gewollte Abhängigkeit geraten, was bedeutet, dass die Literaturkritik nicht nur dem Apparat der Kulturindustrie unterworfen ist, sondern zuallererst politischen Vorgaben unterliegt. Die Auswahl der publizierten Literaturkritik wird nicht per Zufallsentscheidung bestimmt, sie ist von Beginn an geplant und durch- strukturiert. Vor allem in diktatorischen Regimen untersteht das Wort des Kritikers den politischen Machthabern. Vor der Publikation bedarf es einer strengen Kontrolle und einer Veröffentlichungsgenehmigung. Ei- ne kritische Betrachtung erfahren daher besonders die feuilletonistischen Texte aus der Tagespresse, denn gerade sie tragen maßgeblich zur Beein- flussung vieler Bevölkerungsgruppen bei. Als besonders lohnend bietet sich Donelaitis schon aufgrund seines Ran- ges als der älteste litauische Dichter an, denn seine Rezeptionsgeschichte 11 1 Einleitung ist die längste Literaturgeschichte eines litauischen Autors überhaupt. Die Wirkung seines Werkes reicht von der Romantik bis in das 21. Jahrhun- dert. Donelaitis gehörte stets zum literarischen Kanon Litauens und fand besondere Berücksichtigung in den Lehrbüchern der Schulen und Univer- sitäten. Der gesellschaftliche Hintergrund der Entstehungszeit von Donelaitis’ Werk und die sich in ihm widerspiegelnden Verhältnisse zu Donelaitis’ Lebzeiten waren sehr bedeutsam für die Literaturpolitik bestimmter ge- sellschaftlicher Systeme. Deutsche Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts sahen in ihm das versteckte litauische Talent, welches die ärmlichen Be- dingungen, unter denen die litauischen Bauern lebten, voller Mitleid und Zuneigung in seinem Werk aufzeigte. Aus der Provinz stammend gebühr- te ihm als Vertreter eines dem Untergang geweihten Volkes Anerkennung und wissenschaftliches Interesse. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wuchs das Interesse litauischer Geist- licher mit nationaler Einstellung am Dichter Donelaitis. Viele von ihnen waren im politischen Leben aktiv, setzten sich für den Erhalt der litaui- schen Sprache und Angelegenheiten der litauischen Bevölkerungsgruppe ein. Gaigalaitis, ein Vertreter der ostpreußischen Litauer, sprach sich nach seiner politischen Umorientierung in mehreren Schriftstücken für die Ab- trennung des Memelgebietes von Deutschland aus. Für diese litauischen Memelländer, die sich den großlitauischen Nachbarn stark verbunden fühl- ten, war Donelaitis ein literarischer Fürsprecher. Sie planten, ihm ein im- mer währendes

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