LUZERN, den 24. Oktober 2013 No 33 CXXVIII. Jahrgang Ausgabe: Deutsche Schweiz / Tessin www.hotellerie-et-gastronomie.ch Fr. 2.80 DIE ÄLTESTE FRUCHT ILLUSTRATION KORBINIAN AIGNER/TU MÜNCHEN Der Pfarrer Korbinian Aigner zeichnete ab 1912 Apfelsorten aus aller Welt. Seine Aquarelle dienen noch heute als Vorlage für pomologische Lexika. as wäre die Welt ohne Äpfel? Adam und immer angenommen wurde. Doch abgesehen alten Testament verlangen die Liebeskranken lie der Rosengewächse. Bis ins 16. Jahrhundert W Eva würden möglicherweise immer noch davon, ob nun der Apfel oder eine andere Frucht nach einem Apfel. Der Apfel, die älteste kulti- wurden Äpfel nur in Obstgärten weltlicher und glücklich und unbeschwert im Paradies leben. zur Vertreibung aus dem Paradies führte, so un- vierte Frucht der Welt, hat seinen Ursprung in kirchlicher Herrscher kultiviert. Danach fand Doch soll es angeblich gar kein Apfel gewesen schuldig ist er ohnehin nicht. In der Religion Kasachstan, in Zentralasien. Bereits im antiken er auch ausserhalb der herrschaftlichen Mau- sein, von dem Eva kostete. Denn in der Bibel und der Mythologie aller eurasischer Kulturen Persien war der Apfel heimisch. Alexander der ern immer grössere Verbreitung und wurde zu war ursprünglich nur von einer Frucht die Rede. wurde der Apfel seit eh und je mit der Liebe und Grosse brachte den Apfel nach seiner Eroberung einem Wirtschaftsgut. Heute ist der Apfel nicht Erst die lateinische Übersetzung brachte den der Sexualität in Verbindung gebracht. Hera des persischen Reiches nach Griechenland. Die mehr aus dem Obstangebot wegzudenken. Apfel ins Spiel, da das lateinische Wort «malus» und Zeus erhielten zur Hochzeit goldene Äpfel, Griechen und später die Römer machten sich sowohl Apfel als auch Übel bedeuten kann. Der Paris schenkte Aphrodite einen goldenen Apfel um den Obstbau verdient. Die Römer veredelten, Apfel könnte also viel unbescholtener sein als mit der Aufschrift «Der Schönsten» und im pfropften und klonten die Frucht aus der Fami- Fortsetzung auf Seite 6 WETTBewerB HOTELLERIE SAISONHOTELLERIE BESONDere FerieN- WAS FÄLLT IN Die SaiSONPAUSE? EIN SCHWEIZER IST WOHNUNGEN IN WieN Sommerhotels schliessen zurzeit ihre Türen. Bis zum In Österreichs nächsten Frühling gibt es Ferien. Drei Hoteliers berichten, FINALIST BEIM «GLOBAL Hauptstadt können Gäste in was sie und ihre Mitarbeitenden in dieser Zeit alles tun. komplett inszenierten Zudem sagen sie uns, welche Arbeiten auch in der CHefs CHALLENge» Ferienwohnungen logieren. Saisonpause in ihren Betrieben anfallen. Seite 4 Seite 11 Seite 14 Abon nement 041 418 22 41/43, Fax 041 412 03 72 Ad li gens wilerstr. 29/27 E-Mail Erscheint AZA 6002 LUZERN In se ra te 041 418 24 44, Fax 041 418 24 45 6002 Lu zern in [email protected] jeweils donnerstags Redaktion / Verlag 041 418 24 40 Qualitätfür höchstenGenuss TopQuality TopService Hotel- und Gastronomiebedarf, seit 1901 GastroImpuls.ch +41 41 368 91 91 www.cafina.ch 6 TITEL LUZERN, den 24. Oktober 2013 Het GZ No 33 BILDER VALENTINA VERDESCA Der Apfelkuchen lässt Erinnerungen an die Köstlichkeiten aus Grossmamas Küche aufkommen. In Nostalgie kann man auch im Stadtberner Lokal Apfelgold von Donat Berger schwelgen. Alle Süssigkeiten, davon täglich mindestens eine Apfelspezialität, sind hausgemacht und werden auf feinem Goldrandporzellan serviert. DER APFEL, DIE EWIGE PARADIESISCHE VERSUCHUNG Die älteste kultivierte Frucht ist des Schweizers liebstes Obst. Doch Apfel ist nicht gleich Apfel. Die Sortenpalette hat weit mehr zu bieten als nur Golden Delicious und Granny Smith. us der Gastronomie ist der Apfel nicht schränktes Sortiment verfügbar. Doch im Juli ist eine der Organisationen, die sich zusammen hat sich der Obstbauer jedoch nie verschrieben. wegzudenken. Was wäre eine Kalbsle- sind bereits die ersten Schweizer Frühsorten mit privaten Obstgärtnern unter anderem für Könne es doch bis zu 30 Jahre dauern, bis eine A ber ohne gebratene Äpfel, Älplermagro- wie James Grieve, Delbarestivale und Summer- den Erhalt rarer Apfelsorten engagiert. neue Sorte marktreif sei. Doch auch das Kulti- nen ohne Apfelmus oder ein Gänsebraten ohne red im Angebot. Anfang September beginnt je- Hansruedi Schweizer führt im thurgaui- vieren alter, vom Aussterben bedrohter Sorten Apfelfüllung? Und erst die Tarte Tatin, der Ap- weils die Ernte der klassischen Herbst äpfel schen Neukirch an der Thur zusammen mit ist keine Eintagsfliege. Erst nach einigen Jahren felstrudel, die Apfeljalousie. Ein Glücksfall, dass wie Cox Orange und El- seiner Ehefrau Brigitte zeigen sich die Resultate und erste Äpfel kön- Eva beherzt in den Apfel gebissen hat. star sowie der Lagersor- seit vielen Jahren einen nen geerntet werden. «Es ist auch schon vor- Der aus Kasachstan stammende Apfel ten Boskop, Braeburn und Obstbaubetrieb. Neben gekommen, dass wir einen anderen Apfel ern- (Malus x domestica) war bereits im antiken Per- Topaz. seiner Erwerbsobstan- teten als wir vermeintlich gepflanzt hatten», sien sehr verbreitet. Im Lauf der Geschichte In der Schweiz gibt es lage betreibt der 66-jäh- erzählt der Apfelexperte. Fast jedes Jahr liefert fand der Apfel den Weg nach Europa. Heute über 1.100 Apfelsorten, rige Landwirt einen Gar- Hansruedi Schweizer Äpfel an die Forschungs- sind die Normandie und die Poebene die bedeu- darunter viele alte und ten mit 250 Sorten Äpfeln anstalt Agroscope Changins-Wädenswil für tendsten Apfelanbaugebiete in der alten Welt. rare. Kommerziell ange- und einigen Sorten Birnen. Untersuchungen. Weitere wichtige europäische Anbauzonen be- baut werden jedoch nur Angefangen hat Hans- Doch der Obstgarten dient nicht nur dem Er- finden sich am Bodensee sowohl auf der deut- gut 20 Sorten. Daneben ruedi Schweizer mit Rei- halt alter Sorten zu Forschungszwecken, son- schen als auch auf der Schweizer Seite, in Südti- bieten Direktvermark- sern aus der Umgebung, dern es darf auch gekostet werden. Jeweils am rol, in der Steiermark sowie an der Elbe im Alten ter teilweise ein vielfälti- die ihm Bekannte zum ersten Sonntag im November, der dieses Jahr Land. Im internationalen Vergleich ist China ges Angebot an raren Ap- Aufpfropfen vorbeibrach- auf den 3. November fällt, findet auf dem Hof Spitzenreiter, es folgen die USA, die Türkei und felsorten. Doch von diesen ten. Es waren Thurgauer von Hansruedi Schweizer eine Sortenausstel- Italien. regionalen Sorten gibt es Lokalsorten. Nun pflanzt lung statt. Und es gibt wahrlich viel zu pro- teilweise nur noch wenige er schon seit einigen Jah- bieren. Beispielsweise den Bananenapfel, der Praktisch das ganze Jahr Äpfel Bäume. Um dieses kul- ren im Auftrag des Bundes seinem Namen Ehre macht und leicht nach aus einheimischem Anbau turelle Erbe zu bewah- respektive von ProSpe- Bananen schmeckt, oder den würzigen Ana- ren, lancierte das Bundes- cieRara alte Sorten an. nas Reinette, der zudem einen sehr hohen Vit- Schweizer Obstbauern produzieren jährlich amt für Landwirtschaft Aktuell hat er Reiser aus amin-C-Gehalt aufweist. Die Äpfel von Hans- 130.000 bis 140.000 Tonnen Tafeläpfel. Von Au- (BLW) 1992 im Rahmen dem Berner Oberland und ruedi Schweizer gibt es jedoch nicht nur an gust bis Mai oder Juni kann die Nachfrage mit der Konferenz von Rio dem Kanton Uri erhalten. einem einzigen Tag zu kosten, sondern er be- einheimischen Äpfeln gedeckt werden. In den den nationalen Aktionsplan zur Erhaltung und «Ich setze mich für alte Sorten ein, die vom Aus- treibt auch Direktverkauf. Gastrobetriebe aus Monaten Mai, Juni bis August hingegen wer- nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen sterben bedroht sind. Diese sind vielleicht weni- der Umgebung kaufen bei Hansruedi Schwei- den rund 10.000 Tonnen Tafeläpfel aus Übersee Ressourcen. Das BLW unterstützt seitdem Pro- ger makellos als neue Züchtungen, aber wegen zer ein. So bezieht beispielsweise die Wirtin des importiert. Diese Ware wird hauptsächlich aus jekte von Organisationen, die landwirtschaftli- des höheren Gerbstoffgehalts gesünder. Bei Restaurants Sonne in Neukirch an der Thur je- Neuseeland, Australien und Südamerika einge- che Kulturpflanzen und ihre verwandten Wild- den neuen Sorten ist vieles weggezüchtet wor- weils Äpfel der Sorte Bismarck. «Aus dem säu- führt. Während dieser Zeit ist nur ein sehr be- pflanzen erhalten. Die Stiftung ProSpecieRara den», sagt Hansruedi Schweizer. Dem Züchten rebetonten Apfel macht sie Apfelküchlein», er- LUZERN, den 24. Oktober 2013 TITEL 7 Het GZ No 33 Äpfel sind mit Ausnahme weniger Sommerwochen das ganze Jahr aus einheimischem Anbau erhältlich. Dank der verschiedenen Sorten mit ihren unterschiedlichen Erntezeitpunkten sowie der ausgeklügelten Lagertechnologien ist das möglich. zählt Hansruedi Schweizer. Während mehrerer Donat Berger produzierte die Torten, Tarte- Jahre bezog ein Fünf sternehotel aus dem Kan- lettes und Mousses alle in seiner kleinen pri- ton Graubünden diverse Apfelsorten. Aufgrund vaten Küche. «Irgendwann wurde es einfach eines Führungswechsels sei der Kunde jedoch zu eng und ich schaute mich nach einer pro- ausgestiegen. Neben der Gastronomie belie- fessionellen Küche um», erzählt Donat Berger. fert Hansruedi Schweizer auch den Detailhan- «Doch ich fand nicht nur eine Küche, sondern del. In der ProSpecieRara-Linie von Coop ist ein Lokal, das sich für ein gemütliches Café ge- sein Wilerrot erhältlich. Und ein sehr grosser radezu anbot. So entstand die Idee, neben dem Teil der Äpfel wird vermostet. Eine Speziali- Catering ein Lokal mit selbstgemachten Süssig- tät und Rarität zugleich ist der granatrote Saft keiten aller Art zu betreiben.» Es sei eine ideale
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