6. Zyklus-Konzert ZK6 18.+19.3.2006 09.03.2006 15:52 Uhr Seite 2 (Schwarz/Proces ZK6 18.+19.3.2006 09.03.2006 15:52 Uhr Seite 3 (Schwarz/Proces

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ProgrammTitel_2005-06ProgrammTitel_2006-07 ZK6_18.+19.3.2006 09.03.2006 08.08.200508.08.2006 15:52 15:0412:45 Uhr Uhr Seite Seite 1 1 (Schwarz/Proces (Schwarz/Pro 20052006|/20072006 135.136. SPIELZEIT SPIELZEIT DERDER DRESDNER PHILHARMONIE DRESDNER PHILHARMONIE 6. Zyklus-Konzert ZK6_18.+19.3.2006 09.03.2006 15:52 Uhr Seite 2 (Schwarz/Proces ZK6_18.+19.3.2006 09.03.2006 15:52 Uhr Seite 3 (Schwarz/Proces 3 Samstag 18. März 2006, 19.30 Uhr Sonntag 19. März 2006, 19.30 Uhr Festsaal im Kulturpalast 6. Zyklus-Konzert M USIK IN D RESDEN Dirigent Lothar Koenigs Solist Daniel Hope | Violine ZK6_18.+19.3.2006 09.03.2006 15:52 Uhr Seite 4 (Schwarz/Proces ZK6_18.+19.3.2006 09.03.2006 15:52 Uhr Seite 5 (Schwarz/Proces 5 Programm Igor Strawinsky (1882 –1971) »Monumentum pro Gesualdo di Venosa ad CD annum« Dmitri Schostakowitsch (1906 –1975) Z UM 100. GEBURTSTAG DES K OMPONISTEN Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 a-Moll op. 77 Nocturne. Moderato Scherzo. Allegro Passacaglia. Andante – Cadenza Burlesque. Allegro con brio PAUSE Peter Tschaikowski (1840 –1893) Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36 Andante sostenuto Andantino in modo di canzona Scherzo. Allegro Finale. Allegro con fuoco ZK6_18.+19.3.2006 09.03.2006 15:52 Uhr Seite 6 (Schwarz/Proces 6 Strawinsky | Monumentum pro Gesualdo Igor Strawinsky als Dirigent ZK6_18.+19.3.2006 09.03.2006 15:52 Uhr Seite 7 (Schwarz/Proces 7 Igor Strawinsky eit seines Lebens hatte Igor Strawinsky eine Lebensdaten Z unerschütterliche Vorliebe für »die alten Itali- des Komponisten: ener«, ein Interesse, das keineswegs auf bestimmte * 5. Juni (17.Juni)1882 Stilvorstellungen begrenzt blieb, wie sie in wech- in Oranienbaum bei St. Petersburg selnder Folge in den verschiedenen Perioden seines † 6. April 1971 Schaffens in den Vordergrund traten. Das Werk im in New York heutigen Programm ist dafür sicher ein bezeichnen- des Beispiel, das eine Antwort auf die Frage nach Entstehung des Werks: Möglichkeiten und Sinn der »Bearbeitung« und da- 1960 zum 400. Geburtstag mit Vergegenwärtigung oder gar »Aktualisierung« des italienischen Renais- von alter Musik zu geben versucht. sance-Komponisten Das Monumentum pro Gesualdo di Venosa, ent- Don Carlo Gesualdo, Fürst von Venosa standen1960 anlässlich des 400. Jahrestages der Geburt des italienischen Komponisten Don Carlo Gesualdo, Fürst von Venosa, ist nur eine der vielen Uraufführung: Früchte, die Strawinsky aus der jahrelangen Be- 27. September 1960 schäftigung mit den überlieferten Werken des sicher »progressivsten« unter den Komponisten der Spät- Aufführungsdauer: ca. 7 Minuten renaissance erntete. Wiederholt reiste er nach Süd- italien, um auf dem Stammsitz der Venosas das er- haltene Instrumentarium zu studieren (chromatisch gestimmte Archicembali, Basslauten usw.) und nach verschollenen Stimmdrucken der Madrigale und Motetten Gesualdos zu fahnden. Nach der Rekon- struktion und Instrumentierung ausgewählter Chor- werke suchte er aus den Madrigalen Gesualdos drei aus, die er in der kompositorischen Gestaltung be- sonders mutig und ungewöhnlich fand, um sie sei- ner Bearbeitungsmanier zu unterziehen. Es handelt sich um die Madrigale »Asciugate i begli occhi«, »Ma tu, cagion di quella« und »Beltà poi ehe t'assenti« aus dem 5. und 6. Buch der gesammelten Madri- gale Gesualdos. Strawinsky unterstrich dabei in seiner Bearbeitung Der Begriff Parodie (er selbst nannte das »re-composition«) die latente bezeichnet in der Musik Mehrchörigkeit der Vorlagen durch gegeneinander die Umformung eines Tonsatzes zu einem neuen gesetzte Instrumentengruppen (Holzbläser, Blech- Werk. Die Parodie stellt bläser, Streicher), durch polyphone wie harmonische eine schöpferische Leis- Schärfungen und rhythmische Akzentverschiebun- tung des Komponisten dar, gen. Das Ergebnis war unter geläufigen stilkritischen der sich allerdings eng Aspekten sicher als »Parodie« zu bezeichnen. an die Vorlage hält. ZK6_18.+19.3.2006 09.03.2006 15:52 Uhr Seite 8 (Schwarz/Proces 8 Schostakowitsch Dmitri Schostakowitsch Musik als Zeitgeschichte Lebensdaten icht lange, nachdem Dmitri Schostakowitsch des Komponisten: N 1948 sein erstes Violinkonzert vollendet hat- * 12. September 1906 te, begann ca. 3000 km westwärts ein britischer in St. Petersburg Schriftsteller mit dem Manuskript eines Romans, † 9. August 1975 in Moskau dessen Titel er durch einen schlichten Zahlendre- her gewann: Er vertauschte einfach die letzten Zif- fern des Entstehungsjahres. Beide, der russische Entstehung des Werks: Komponist und George Orwell, der eigentlich Eric 1948 Blair hieß, verarbeiteten dieselben, zumindest aber ähnliche Erfahrungen. Der eine durchlebte sie am Uraufführung des Werks: eigenen Leib und Geist (von der Seele ganz zu 29. Oktober 1955 schweigen), während der andere sie mit allen Re- mit David Oistrach und den Leningrader gelverstößen der Kunst auf ihre Konsequenz durch- Philharmonikern dachte. Die Erfahrung trug einen Namen: STALIN, aber sie erzeugte mehr: das Porträt einer »neuen Aufführungsdauer Welt«, die Apokalypse ihres inneren Ziels. Orwell be- ca. 36 Minuten schrieb die Fiktion des totalen Staats. Und Schostakowitsch? Beschreiben gehört im präzisen Sinn nicht zu den bevorzugten Stärken der Musik, das Austragen von Gedanken und Empfindungen dagegen sehr wohl. Schostakowitsch, der sich in allen Genres der Mu- sik bis hin zur Unterhaltungsmusik bewegen konn- te, hatte bis dahin nur ein Konzert (aber z.B. neun Sinfonien) geschrieben, und dieses Konzert stellte Man kann dem Werk übri- seinem Solisten auch noch einen ständigen Be- gens unter zwei Opus- schatter zur Seite. Opus 77 war im strikten Sinne nummern begegnen: Schostakowitschs erstes Solokonzert, das erste Werk, Bis heute wird es entwe- das die Konfrontation des Einzelnen mit dem gro- der als op. 77 oder op. 99 ßen Ganzen auch äußerlich zum Thema machte. angekündigt. Gemeint ist dieselbe Komposition, Uraufgeführt wurde das Violinkonzert am 29. Ok- nicht etwa verschiedene tober 1955 durch David Oistrach und die Leningra- Fassungen. der Philharmoniker. Unmittelbar nach Vollendung Die eine Zählung ent- der Partitur aber hörten es im Frühjahr 1948 nur spricht der Chronologie wenige: Oistrach, der das Werk wohl angeregt hat- der Entstehung, die andere der Chronologie der Veröf- te, und einige Studenten, denen der Komponist ver- fentlichung. Dazwischen traute. Oistrach setzte die Uraufführung mit kluger lagen gut sieben Jahre. Diplomatie durch, sonst wäre das Werk wohl noch ZK6_18.+19.3.2006 09.03.2006 15:52 Uhr Seite 9 (Schwarz/Proces 9 länger in der Schublade geblieben und wie andere Dmitri Schostakowitsch Arbeiten aus jener Zeit, der Liederzyklus »Aus jüdi- beim Komponieren, scher Volkspoesie« op. 79 etwa, erst in den sechzi- Aufnahme von ca. 1950 ger oder, wie der »Antiformalistische Rajok«, erst in den achtziger Jahren an die Öffentlichkeit gelangt. Der Komponist als Seismograph Schostakowitsch hatte ein feines Gespür für Trends und Umschwünge in der sowjetischen Politik. Er er- kannte sie, noch ehe sie offiziell wurden. Am Sil- ZK6_18.+19.3.2006 09.03.2006 15:52 Uhr Seite 10 (Schwarz/Proce 10 Schostakowitsch | 1. Violinkonzert vesterabend 1947 soll er einem Freund zugeraunt haben: »Ich fürchte mich vor diesem Schaltjahr, ich spüre einen Sturm aufkommen«. Er hatte Recht. Die Vorboten ließen nicht lange auf sich warten. Am 12. Januar wurde der jüdische Schauspieler Solo- mon Michoels durch einen arrangierten Unfall um- gebracht, am 13. Januar setzte Andrej Schdanow, Stalins Kulturkommandeur, Schostakowitsch ganz oben auf die Liste »formalistischer, volksfeindlicher«, sprich: nunmehr verfemter Komponisten. Schosta- kowitsch arbeitete damals am dritten Satz des Kon- zerts. Am 11. Februar veröffentlichte die »Prawda« den Beschluss des Zentralkomitees der KPdSU ge- gen die »Formalisten« samt der Liste der ideologi- schen Übeltäter mit Schostakowitsch an der Spit- ze. Der war zuvor schon direkt informiert worden: Stalins Sekretär hatte ihn in den Kreml einbestellt, um ihm den Artikel vorzulesen. Mit der Komposi- tion seines Violinkonzerts war er inzwischen beim letzten Satz angekommen und führte es zu Ende, obwohl er wusste, dass auf absehbare Zeit keine Aufführung zu erwarten war. Solomon Wolkow, dem wir entscheidende Klärungen des Schostako- witsch-Bildes verdanken, wies darauf hin, dass der Schostakowitsch beim Studium der »Prawda«. Im Zusammenhang mit dem Beschluss des ZK wusste er sehr wohl, was ihm bevorstand: Amtsent- hebung, Verlust seiner Professuren an den Kon- servatorien von Moskau und Leningrad, Auffüh- rungsstopp für seine Werke und all die anderen netten Begleiterscheinungen einer öffentlichen Anprange- rung. Wie während der ersten Verfolgung zwölf Jahre zuvor spielte er wohl mit Selbstmordgedanken. ZK6_18.+19.3.2006 09.03.2006 15:52 Uhr Seite 11 (Schwarz/Proce 11 Komponist auch bei »Werken für die Schublade … stets das Publikum, wenn auch ein künftiges, im Sinn hatte und darauf achtete, dass die Musik in- teressant und abwechslungsreich geriet. Die stän- dige Sorge darum, wie ein Werk vom Publikum wahrgenommen würde, der Wunsch, das Hörerin- teresse bis zum Ende des Werkes wach zu halten, irritierte Rezensenten und Kommentatoren häufig.« Manche scheinbaren Gedanken- und Niveausprün- ge, manche Einbrüche des Stils blieben ihnen ein Rätsel. Im Violinkonzert betraf dies vor allem das Verhältnis und den Übergang zwischen dem drit- ten und dem vierten Satz. Sinfonie mit Sologeige Das Erste Violinkonzert ist eine Sinfonie mit obli- gater Geige. Es ist vom Ganzen her gedacht, nicht, wie viele brillante Solokonzerte des 19. Jahrhun- derts, um den Solopart herumkomponiert,

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