Rennen Um Die Pole-Position

Rennen Um Die Pole-Position

Rennen um die Pole-Position Digitales | Games: Forza Motorsport 6 vs. Need for Speed Es könnte der Eindruck entstehen, der Rennspiel-Markt sei nur von Oldtimern besetzt. Das seit 2005 immer für Xbox erhältliche ›Forza Motorsport 6‹ trägt die Sechs stolz im Namen (und verheimlicht dadurch zwei Ableger mit offener Spielwelt). Im Vordergrund steht die Abbildung des modernen Motorsports; gefahren wird auf real existierenden Rennstrecken. ›Need for Speed‹ andererseits versteckt gut, dass es sich bereits um den 22. Titel der Reihe handelt. Deswegen haben sich die Entwickler ein Jahr Boxenstopp auferlegt, um mit einem frischen Produkt zurück zu den Wurzeln der Serie zu düsen. FLORIAN RUSTEBERG hat bei ›Need for Speed‹ ordentlich Gummi auf dem Asphalt gelassen und bei ›Forza Motorsport 6‹ die Zehntelsekunden auf der Nordschleife gejagt. Die Wurzeln, die gemeint sind, liegen aber nicht bei den ersten Spielen aus den 90ern, sondern bei dem kommerziell erfolgreichsten Teil ›Need for Speed Underground‹ von 2003. Es gilt, sich in einer Straßenrennen Szene hochzuarbeiten: angefangen bei gewöhnlichen Alltagsfahrzeugen bis hin zu Luxussportwagen. Dabei standen viele Möglichkeiten des technischen und optischen Tunings zur Verfügung. Ähnlich präsentiert sich die aktuelle Auflage. Ort des Geschehens ist eine variable Küstenstadt der USA, die ein dichtes Straßennetz mit Industriegebieten, weiten Highways, Brücken und einem Gebirgspass bietet. Dank der örtlichen meteorologischen Gegebenheit, die nur morgendliche Dämmerungen und finstere Nächte zulässt, ist nur wenig gewöhnlicher Verkehr zu beobachten. Optimale Bedingungen! Ein talentierter Fahrer, der nie spricht, findet an so einem Ort also schnell Freunde. Die eigene Crew wird von echten Schauspielern präsentiert, denen digitale Objekte an die Seite platziert werden. Auch wenn dieser Stil durchaus gut gefällt, sind die vorgestellten Charaktere einfach schrecklich flach und reden genauso so, wie es sich Komitee-Mitglieder des »Jugendwort des Jahres« vorstellen würden – #allesAlphaKevins. Dass der eigene Charakter, auch wenn er direkt gefragt wird, nie etwas sagt, verbessert die Gespräche auch nicht. Selbst beim Fahren ist niemand sicher vor Konversationen, denn am laufenden Band kommen Anrufe rein, die Events vorschlagen oder nochmal nachdrückliche daran erinnern wollen. In der Geschichte dienen die Klischeebehälter mit fahrbarem Untersatz dazu, die fünf Legenden vorzustellen. Jede der fünf Spielarten hat nämlich einen Prominenten der Szene als Paten, so etwa den Porsche-Sammler Magnus Walker in der Kategorie Geschwindigkeit. Daneben gilt es noch in Style, Schrauber, Crew und Outlaw zu überzeugen. Auf qualmenden Reifen um die Kurve Neben gewöhnlichen Rennen müssen zudem Zeitfahrten, Wettbewerbe im Driften oder das Erreichen einer Rennen um die Pole-Position besonders hohen Zielgeschwindigkeit absolviert werden. Dabei fährt sich alles wie von einem Arcade- Rennspiel gewohnt: sehr leichtgängig, um Kurven kann gekonnt gerutscht werden und Kollisionen haben nur eine kleine Auswirkung. Mit Fortschreiten des Spielverlaufs wird außerdem die Polizei aufmerksamer und es kommt deutlich mehr Verfolgungsjagden. Denen zu entkommen ist aber selten eine große Herausforderung – dafür wird die Geduld an anderen Stellen auf die Probe gestellt. Es bleibt unverständlich, warum für das Starten von Events, der Wagen in der korrekten Richtung stehen muss. Oder der kleine Geschwindigkeitsunterschied, der zwischen Abprallen von einem Hindernis und einem Unfall mit mehrfachem Überschlag steht. Ein Ärgernis bietet auch der Multiplayermodus, der wenig Abwechslung bietet, nicht immer intuitiv funktioniert, aber doch immer da ist. ›Need for Speed‹ verlangt eine permanente Internetverbindung und startet als Standard in einer Welt mit einigen echten Mitfahrern, die sich die virtuelle Stadt teilen. Ein oft zu beobachtendes Problem ist, dass jeder mit seinem eigenen Rennen über die Karte zieht. Kreuzen sich zwei Renngesellschaften, gibt es Unfälle, die schon so manchem Spieler den ersten Platz versaut haben. Zwar lässt sich die »bevölkerten Welt« abschalten, dafür muss aber der lange Ladevorgang erneut auf sich genommen werden. Genauso, wenn die Verbindung zum Internet kurz verloren geht. Enttäuschend ist weiterhin das Tuning, das eigentlich das Herzstück sein sollte. Gibt es bei dem Lackieren und Bekleben von den gut 50 verfügbaren Autos wenig zu meckern, herrschte zum Spielstart bei neuen Karosserieteilen zu Beginn nahezu keine Auswahl. Erst mit den Updates kamen einige wenige Teile dazu. Zur Leistungssteigerung beschränkt sich die Auswahl auf einfache Upgradestufen und das Tuning beschränkt sich auf eine Auswahl zwischen Drift oder Grip. Wer optimiert gewinnt, wer driftet verliert Diese Optionen sind bei den über 450 Autos in ›Forza Motorsport 6‹ üppiger, um die Fahrzeuge auf die Anforderungen der Strecke auszurichten. Mit der passenden Ausstattung kann fast jedes Detail, wie beispielsweise die Gangübersetzung für jeden Gang, angepasst werden. Die einzelnen Teile des Autos lassen sich in mehreren Stufen ausbauen, es werden zusätzlich größere Umbauten möglich; so etwa ein Wechsel des ganzen Motors oder des Antriebs. Auf gleicher Augenhöhe sind die beiden Spiele bei den Verzierungen für den Lack. Dort bietet ›Forza 6‹ ein ebenso riesiges Angebot. Große Neuerungen sind genannte Anpassungen nicht, bei Rennsimulationen gibt es meist Evolution statt Revolution. In diesem Fall ist das aber durchweg positiv. ›Forza Motorsport 5‹ erschien zum Start der Xbox One und war technisch überzeugend, hatte aber einen spürbaren Mangel an Fahrzeugen und Strecken. Da sich der Fundus komplett auf den sechsten Teil vererbt hat und überdies noch stark ausgebaut wurde, stimmt das Angebot jetzt. Rennen um die Pole-Position Getreu der Serie versucht das Spiel einem breiten Spektrum an Spielern gerecht zu werden. Fahrhilfen, Sicherheitssysteme, Rückspulfunktionen und Schwierigkeit der Gegner lassen sich Stück für Stück einstellen, um jedem Fahrkönnen gerecht zu werden. Dieses wird in Rennen abgefragt, die alle sehr gleich ablaufen: Start im Mittelfeld von 24 Fahrern und die Aufgabe auf‘s Treppchen zu fahren. Zu Anfang steht das Durchdrängeln in der Blechlawine, später folgt das Heranpirschen im Windschatten an die vorderen Plätze. Besonders der erste Teil ist auf engen Strecken ein Chaos, da die Fahrweise der sogenannten »Drivatare« echten Spielern nachempfunden ist – und manche sehr aggressiv fahren. Ein echter Graus ist aber erst der Multiplayer gegen diese Spieler, denn dort wird gerammt und gekämpft, sodass es oft reines Glück ist, am Ender der ersten Runde vorne zu liegen und nicht mehr behelligt zu werden. Umso vergnüglicher ist es also, wenn man Platz hat und sich komplett auf seine Rundenzeit konzentrieren kann. Wer versucht hier um die Kurven zu driften, wie im nächtlichen ›Need for Speed‹, zieht schnell den Kürzeren. Oder ist im Fernsehen Sebastian Vettel mit qualmenden Reifen um die Kurve gleiten zu sehen? Tag und Nacht, nass und trocken, Volkswagen und Ferrari Dunkelheit kann ›Forza Motorsport 6‹ ebenfalls. Die nächtlichen Strecken wechseln dabei ansehnlich zwischen Flutlichtpassagen und dunklen Bereichen, bei denen nur der Scheinwerfer helfen kann. Ein weiteres Schmankerl sind Regenfahrten, die insbesondere in der Cockpitansicht fantastisch aussehen. Auf den Strecken ist der Bodenbelag nun rutschig und an manchen Orten bilden sich große Pfützen, die sich beim Durchfahren tückisch zeigen. Wird die Perspektive des Fahrers gewählt, sehen nicht nur Wasserperlen toll auch, sondern auch die genau nachgebildeten Armaturen der Autos, unabhängig davon, in welchem Fabrikat man nun sitzt. Von außen ist der Blick auf die Autos ebenso lohnend. In der optischen Präsentation gibt sich ›Forza Motorsport 6‹ also keine Blöße. Und in anderen Bereichen? Viel gibt es sonst nicht zu präsentieren. Eine freundlich neutrale Damenstimme gibt die Einführungen zu Strecken, Fahrzeugen und Funktionen. Fahrzeugkategorien werden kurz von bekannten Journalisten aus dem Automobilbereich vorgestellt. Darunter sind auch Richard Hammond und James May vom britischen »Top Gear«. Aus der Kooperation mit dem inzwischen abgesetzten Automagazin der BBC geht auch eine spezielle Herausforderung hervor, wo der Spieler gegen den »digitalen Cousin des Stigs« antreten kann. Von den übrigen Herausforderungsveranstaltungen bringen aber nur wenige eine Abwechslung in den Trott des Rennzirkus. Zielgerade ›Need for Speed‹ und ›Forza Motorsport 6‹ sind komplett verschiedene Boliden, wobei die reinen Leistungsdaten in einem Großteil der Bereiche für die Xbox One exklusive Rennsimulation sprechen. Eine riesige Auswahl Autos, viele realitätsgetreue Strecken und die Möglichkeit, sich (fast) wie ein echter Rennen um die Pole-Position Rennfahrer zu fühlen. Solche Bestandteile formen am Ende des Tages den Führenden seiner Klasse. Gar nicht angetreten zu diesem Rennen ist allerdings ›Need for Speed‹. Die Neuinterpretation des traditionsreichen Arcadeflitzers düst lieber durch seine eigene Welt. Für Spieler, die schnell einsteigen und durch eine Stadt jagen wollen, ist das einen Blick wert; jedoch müssen die sich auf einen geringen Stauraum für Spielinhalte, einige schlecht geölten Kolben und schreckliche Mitfahrer einstellen. | FLORIAN RUSTEBERG Titelangaben Forza Motorsport 6 Microsoft Studios seit September 2015 exklusiv erhältlich für XboxOne 59,99€ UVP Need for Speed Electronic Arts seit November 2015 erhältlich für PlayStation 4, Xbox One, Microsoft Windows 59,99€ UVP.

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