© Münchner Ent. Ges., Download from The BHL http://www.biodiversitylibrary.org/; www.biologiezentrum.at 250 S. G. Kiriakoff : Thyrelidae der Zoolog. Staatssammlung Die Thyretidac (Lepidoptcra: Notodontoidea) aus der Zoologischen Staatssamtnlung München von S. G. Kiriakoff Laboratorium voor Dierkundige Systematiek, Rijksuniversiteit te Gent. (Direktor: Prof. Dr. P. van Oye) (Mit Tafel IV und 8 Abbildungen im Text) Die kleine Familie Thyretidae, von afrikanischer Verbreitung, wurde bis vor kurzem zu den Ctenudiidae (=^ Amatidae, Syn- tomidae) gerechnet. In ihren schönen Untersuchungen über das Tympanalorgan der Syntomiden, beschrieb Ilse Gohrbandt (Zool, Anz,, 126, 1939: 107) einen neuen Typus dieses Organs welchen sie bei den Gattungen Meiarctia, Thyretes usw. gefunden hatte. Sie gab ihm die Benennung ,,Metarctia-Typus" und schlug vor, für diese Gattungen eine besondere Unterfamilie der Synto- miden zu errichten. In des Verfassers Arbeit über die Tympanalorgane der Cte- nudiidae (Bull, Ann, Soc, entom. Belg,, 84, 1948: 231) wurden die Tympanalorgane einer größeren Anzahl der durch diese be- sondere Struktur gekennzeichneten Arten und Gattungen be- schrieben. Dabei hatte ich festgestellt, daß diese Formen von denen der Syntomiden genügend abweichen, um die Aufstellung einer besonderen Familie zu rechtfertigen. Diese neue Familie erhielt den Namen Thyretidae, nach der ältesten in Betrachtung kommenden Gattung Thyretes Boisduval, 1847, Spätere Arbeiten des Verfassers haben bewiesen, daß die Tympanalorgane der Thyretiden von denen der Dioptiden und der Notodontiden praktisch nicht verschieden sind. Es folgt dar- aus, daß die Thyretiden mit diesen zwei Familien nächstverwandt sind. Die gesamten morphologischen Merkmale dieser drei Grup- pen zeigen eine rektilineäre Evolution (= Orthogenesis der mei- sten Autoren) welche von den Dioptiden nach den Thyretiden geht; es wird also klar, daß diese letzteren tatsächlich eine re- zente Entwicklung der Notodontiden darstellen (cf. Kiriakoff, Natuurwet, Tijdschr, Gent, 31, 1949: 195), Der Stammbaum der Gruppe kann also derart aufgestellt werden, daß er zuerst einige Dioptiden-Gattungen mit noch rudimentären Tympanalorganen © Münchner Ent. Ges., Download from The BHL http://www.biodiversitylibrary.org/; www.biologiezentrum.at S. G. Kiriakoff : Thyretidae der Zoolog. Staatssamrnlung 251 (Unterfamilie Dioptinae), als plesiomorphen, und die unmittelbaren Vorfahren der anderen Formen als apomorphen Zweig zeigt; dieser letzte Zweig zeigt eine weitere Spaltung, nämlich die übrigen Dioptiden (Unterfamilie Josiinae] nebst den Notodontiden (plesio- morph) und die Thyretiden (apomorph,). Eine analoge Evolution wird bei den gesamten Phalaenoiden, d, h. dem großen Komplex mit Tympanalorganen vom phalae- noiden-Typus beobachtet: es sind die sog. „Familien" Lithosiidae, Arctiidae, Syntomidae, Noctuidae, Lymantriidae und einige andere. Diese Evolution beginnt mit den plesiomorphen Lithosiiden (die neue Familie Endrosidae] und endet mit den apomorphen Ctenu- chiden (wo ein seinerseits apomorpher Zweig — die Amatines — einen einzigartigen Fall einer retrogradierenden Apomorphose darstellt: eine Ausnahme des Dollo'schen Gesetzes!). Man findet hier also das Vorhandensein zweier paralleler phyletischer Reihen. Der Parallelismus wird hier durch eine Kom- bination zweier verschiedener Tendenzen erreicht: die eine divergent, in Bezug auf die Struktur der Tympanalorgane, die andere konvergent und aus der allgemeinen Evolution folgend, welche der ganzen Ordnung Lepidoptera eigen ist (Reduktion des Flügelgeäders, der Mundwerkzeuge, der Sporen usw.) Die einzige logische Folgerung, welche auf dem taxonomi- schen Gebiete aus dieser Feststellung zu ziehen ist, ist das Er- kennen von zwei nächstverwandten Überfamilien, welche diese zwei phyletischen Reihen enthalten. Demzufolge habe ich den früheren Komplex Phalaenoidea (oder Noctuoidea) in zwei Über- familien: Notodontoidea und Phalaenoidea geteilt. Mein guter Freund Dr. Walter Forst er hat mir die Thyre- tidae aus der Zoologischen Sammlung des Bayerischen Staates freundlichst zur Revision geschickt. Dafür sei ihm hier herzlicher Dank ausgesprochen! Obwohl das Münchner Material nicht sehr umfangreich ist, ist es doch sehr interessant, weil es großenteils aus ostafrikanischen, meist abessinischen Formen besteht. Be- sonders interessant ist diese Zusammensetzung weil sie mir eine Vervollständigung meiner unlängst erschienenen Revision der Thyretiden aus dem Belg, Kongo (Annales Mus. r, Congo Beige, Serie 8^ vol, 26, 1953) ermöglicht. Neben dieser Revision, habe ich mich in Folgendem auch auf das reiche Material aus dem Britischen Museum, von Herrn Tams freundlichst geliehen, gestützt. Auch Herrn Tams bezeuge ich hier meine Dankbarkeit! © Münchner Ent. Ges., Download from The BHL http://www.biodiversitylibrary.org/; www.biologiezentrum.at 252 S. G. Kiriakotf ; Thyretidae der Zoolog. Staatssammlung Familie Thyretidae Kiriakoff, 1949, Ein ausführliches Studium dieser Familie hat gezeigt, daß die männlichen Genitalien das beste differenzielle Merkmal für die Unterscheidung der Arten, sowie der Untergattungen und Gattungen darstellen. Diese Gruppe ist in der Tat wahrscheinlich die meist apo- morphe unter allen Lepidopteren, zeigt dabei nur eine schwache exomorphologische Differenzierung, ausgenommen ein Paar mehr oder minder „aberrante" Gattungen wie Metamicroptera, die Gattungen der Me//sa- Gruppe u, a. Die in dem Geäder der Hin- terflügel beobachteten Synapomorphosen haben vermutlich keine phylogenetische Bedeutung und sind vielmehr eine Offenbarung des Vavilov'schen Gesetzes, Die Unterscheidung zwischen Gat- tungen wie Metarctia und Balacra beruht mehr auf dem Habi- tus, als auf ernstlichen exomorphologischen Merkmalen, Es sei mir erlaubt, hier ein Wort über die Erklärung der Synapomorphosen zu sagen- In seiner ausgezeichneten Arbeit über das phylogenetische System der Insekten (Beitr, z, Entomol,, Bd, 3, Sonderheft, 1953) sagt Hennig, daß diese Erscheinungen entweder der Beweis einer engeren Blutsverwandtschaft oder eine Konvergenz-Wirkung sind. Es scheint mir aber, daß ein weiterer Unterschied hier zu machen wäre. Wie ich in meiner Arbeit „Zoogeographie et Phylogenie" (Bull. Ann. Soc. entomol, Belg,, 89, 1953, p, 126) vorgeschlagen habe, wäre es zweck- mäßig, den Ausdruck „Konvergenz" auf die zwischen phyloge- netisch entfernten Gruppen festgestellten morphologischen Ähn- lichkeiten zu beschränken. Der von Hennig gemachte Unterschied scheint mir also vollkommen begründet. Innerhalb homogener Gruppen, bei denen die gemeinsame phylogenetische Herkunft gut begründet erscheint (wie z, B, bei den Thyretidae], sind aber die festgestellten Synapomorphosen nicht immer ein Beweis engerer phyletischer Beziehungen, Wenn man also die oben erwähnte Definition der Konvergenz annimmt, wird man die Erklärung dieser Synapomorphosen durch Konvergenz prinzipiell eliminie- ren und diese Phänomena der Wirkung des Vavilov'schen Ge- setzes der homologen Reihen zuschreiben, weil dieses Gesetz dann in Erscheinung tritt, wenn es sich um näher verwandte Formen oder Gruppen handelt. Bei den Thyretiden sind die exomorphologischen Merkmale oft ungenügend, die männlichen Genitalien zeigen aber eine für © Münchner Ent. Ges., Download from The BHL http://www.biodiversitylibrary.org/; www.biologiezentrum.at S. G. Kiriakoff; Thyretidae der Zoolog. Staatssammlung 253 eine so kleine und exomorphologisch so homogene Gruppe auf- fallende Verschiedenheit, Die „Spezialisation" erreicht hier einen sehr hohen Grad und grenzt zuweilen an Monstrosität {Mega- naclia sippia Plötz). Diese Verschiedenheiten zeigen sich so aus- geprägt, daß für die männlichen Genitalien der Thyretiden keine einheitliche Diagnose gegeben werden kann. Man kann nur sagen, daß Uncus, Valvae und Penis immer gut entwickelt sind und daß keine bis jetzt untersuchte Art Subunci besitzt, wie sie für viele Notodontiden besonders charakteristisch sind. In meiner Revision der Thyretiden aus dem Belg. Kongo war ich genötigt, mehrere neue Gattungen und Untergattungen zu errichten, ausschließlich auf die männlichen Genitalien be- gründet. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß die Angehörigen dieser neuen Gruppen in den meisten Fällen einen gemeinsamen Habitus zeigen — eine Tatsache, welche gewiß nicht für wert- los zu halten ist. Gattung Apisa Walker, 1855. Diese Gattung enthält nur wenige Arten kleiner bis mittel- großer, weißlicher oder grauer Tiere. Früher zählten zu ihr außer- dem ein Dutzend greller gefärbter, meist gefleckter Formen wie parachoria Holland, monotica Holland, aurantiaca Rothschild usw. Wie ich aber zeigen konnte (Rev, Zool. Bot. afric, 46, 1952, p. 173), sind diese Tiere gar keine Apisa, auch keine Thyretiden, Sie besitzen Tympanalorgane vom phalaenoiden T^'pus und stellen eine apomorphe Abzweigung der Arctiiden dar. Die Genitalien von Apisa sind vergleichungsweise plesio- morph, mit kurzen, beinahe quadratischen Valven; sie sind aber durch die Anwesenheit einer Transtilla gekennzeichnet, ein Merk- mal, welches dieser Gattung eigen zu sein scheint. Strukturen die bei einigen Me/arc^/a-Arten als Transtillae beschrieben wur- den, sind eigentlich Harpen. Den Transtillae und dem Uncus nach habe ich die Gattung Apisa in drei Untergattungen geteilt, wovon nur die Untergat- tung Apisa s. str. in der Bayerischen Staatssammlung vertreten ist, Apisa (Apisa) canescens Walker, 1855. Villagio, VI. 1939 (Ostafr. Exp. 1939, Abessinien, leg. E. v. Saalfeld) 2 dJ, 399; Ukerewe, Deutsch-Ostafrika 1 9; Ost- afrika (Pfeiffer) 1 d; ElisabethviUe,
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