Offizielles Organ für die Schiedsrichter im Deutschen Fußball-Bund 6/2012 November/Dezember Vorbildlich: Michael Weiner erläutert Bastian Schweinsteiger entspannt- freundlich die Situation. Titelthema Porträt Report Projekt Kommunikation: Ein gehörloser Was Bibiana Gute Idee: Mit So bekommt Schiedsrichter Steinhaus und dem Ferienpass man den „Draht“ verschafft sich Felix Brych bei Schiedsrichter zu den Spielern Anerkennung Olympia erlebten neu gewinnen Editorial Inhalt Liebe Leserinnen und Leser, der Motor unserer Zeitung war. Er kümmerte sich mit „Herzblut“ und Leidenschaft um inhaltliche als der Spieler Huszti von Hannover 96 nach sei- und fachliche Ausrichtung. Schon seit einiger nem Tor gegen Werder Bremen im Rausch seiner Zeit äußerte er den Wunsch, diesen „Fulltime- Emotionen sein Trikot auszog und anschließend Job“ in andere Hände zu geben und sich selbst zu den Fans in die Zäune sprang, war mir sofort auch einmal anderen Aufgaben im Themenbe- klar, was dies zur Folge haben würde. Zunächst reich Schiedsrichter und Medien zu widmen. Hier- einmal eine unausweichliche Gelb/Rote Karte für für fehlte ihm bislang die Zeit, als Autor und diesen Spieler. Unausweichlich deshalb, weil die Berater bleibt er der Schiedsrichter-Zeitung aber Regelbestimmung Deniz Aytekin hier keinerlei weiterhin erhalten. Handlungsfreiraum ließ. Zum anderen aber auch eine quälende mediale Diskussion über die Ent- An dieser Stelle danke ich Lutz Lüttig sehr herz- scheidung selbst. lich für seine wertvolle Arbeit und freue mich auf eine weitere Zusammenarbeit in anderer Konstel- lation. Kein eigenes Regelwerk Titelthema Die Kunst des Dialogs Fingerspitzengefühl und Menschenverstand wur- Wie man mit den Spielern kommunizieren sollte 4 den eingefordert, ohne zu wissen, dass ein Herbert Fandel, Schiedsrichter hier nur eine Handlungsmöglich- Vorsitzender Regelwerk keit hat. Der interessanten Frage, warum es diese der DFB- Regelbestimmung gibt, gehen wir auf Seite 20 Schiedsrichter- Nachspielzeit ist immer dieser Ausgabe nach. Kommission. Schiedsrichter-Sache 8 Nebenbei scheinen einige Medienvertreter tat- David Bittner ist der neue Mann. Selbst Schieds- Panorama 10 sächlich zu glauben, der DFB hätte ein eigenes richter, wird er nun die fachlichen Themen der Regelwerk. Schlagzeilen wie „Staubtrockene Schiedsrichter-Zeitung konzipieren und gemein- Porträt Statuten des DFB“ oder „Regelwust im DFB“ sam mit der Redaktions-Mannschaft auch umset- „Tipp mal den Schiri an!“ machten die Runde und lassen uns als Experten zen. Hierzu wünschen wir, die DFB-Schiedsrich- Ein gehörloser Schiedsrichter mit Kopfschütteln zurück. Jeder, der sich intensiv ter-Kommission, viel Erfolg und gutes Gelingen. verschafft sich Anerkennung 13 mit Fußball beschäftigt, sollte wissen, dass es Von uns erhält David Bittner jegliche Unterstüt- sich hier um weltweite Anweisungen der FIFA zung. Regel-Test handelt und diese Bestimmungen nicht auf Schmuck am Finger 15 Deutschland beschränkt sind. * * * * * * Die ersten Spieltage der neuen Saison sind Analyse längst gespielt, und der ein oder andere Verein Der Kampf gegen die „offene Sohle“ Einer der gut informierten und kenntnisreichen sieht nach den Ergebnissen seine Ziele bereits in Wie der Saisonbeginn aus Sicht Sportjournalisten ist ohne Frage Marco Haase. weite Ferne rücken. Dies bedeutet für uns Unpar- der Schiedsrichter lief 17 Woche für Woche schreibt er in seiner Kolumne teiische, wachsam zu sein, weil jetzt Emotionen auf www.az-online.de über Entscheidungen und ins Spiel kommen können, die uns unsere Arbeit Olympia Leistungen unserer Schiedsrichter im Oberhaus nicht erleichtern. Ich wünsche allen Kolleginnen Noch ein Finale des deutschen Fußballs. Da er selbst ausgebilde- und Kollegen eine glückliche Hand und ein Stück für das Team Steinhaus ter Schiedsrichter ist, hat er ein Gespür dafür, Gelassenheit in dieser wichtigen Phase der Saison. Was Bibiana Steinhaus und Felix Brych auch komplizierte Vorgänge in der Entschei- in London erlebten 22 dungsfindung auf dem Spielfeld einfach und ver- ständlich darzustellen. Nachwuchs-Gewinnung Regeln pauken statt Freibad Mittlerweile schreibt Marco Haase regelmäßig Ein Ferien-Lehrgang für Schiedsrichter-Anwärter 26 für die DFB-Schiedsrichter-Zeitung, und bei einem Blick ins Impressum ist erkennbar, dass sich eine professionelle Redaktionsstruktur her- Ihr Herbert Fandel Futsal ausgebildet hat, die das gute, fachliche Niveau Regelanpassung für die Junioren 28 unserer Zeitung auch für die Zukunft absichert. Aus den Verbänden 29 Im Wesentlichen haben wir dies Lutz Lüttig zu verdanken, der in den vergangenen fünf Jahren Vorschau 1/2013 30 Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma Allzweck-Sportartikel beigeheftet. Wir empfehlen, zur Durchsicht diesen Teil herauszunehmen. SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2012 3 Titelthema Die Kunst des Dialogs Zu einer intelligenten Spielleitung gehört mehr, als nur die Vergehen wahrzunehmen und zu sank- tionieren. Die Zauberformel heißt heutzutage „dialogorientierte Spielführung und Kommunika- tion“. Was man darunter versteht, erläutern David Bittner und Günther Thielking. er Begriff „Kommunikations- DKompetenz“ steckte noch in den Kinderschuhen, als Spieler wie Uwe Seeler, Franz Beckenbauer und Willi „Ente“ Lippens in den 60er- und 70er-Jahren die Fuß- ballszene in Deutschland prägten. Dabei sorgte Lippens nicht nur mit seiner Torgefährlichkeit für Furore. Auch seine Schlagfertigkeit im Umgang mit den Gegenspielern und den Schiedsrichtern machte immer wieder Schlagzeilen. So soll sich folgender Dialog einmal wäh- rend eines Regionalliga-Spiels bei Westfalia Herne abgespielt haben: Auf eine Verwarnung des Schieds- richters und dessen Kommentar „Herr Lippens, ich verwarne Ihnen“ habe der Stürmer von Rot-Weiss Essen mit der eher humorvoll gedachten Antwort gekontert: „Herr Schiedsrichter, ich danke Sie“ – und wurde prompt des Fel- des verwiesen. Der Schiedsrichter sollte klare Worte finden und diese in einem sachlichen Ton an den Spieler Mit einer ausreichenden Portion kommunizieren. Selbstironie ausgestattet, hätte der Schiedsrichter statt der Roten Fröhlich sieht neben der Qualität Eriksson, Rizzoli, Proenca oder ler eintritt, muss man zunächst Karte sicherlich die passenden der getroffenen Entscheidungen in Skomina punkteten dort nicht etwa einmal die persönliche Wahrneh- Worte aus der Tasche gezaubert. der „dialogorientierten Spielfüh- mit ihrer Strenge, sondern mit mung der Situation in seinem Kopf Denn wo der Unparteiische vor 40 rung“ den Schlüssel zum Erfolg für ruhiger und sachlicher Kommuni- strukturieren. „Klarheit im Kopf ist Jahren noch vorrangig als Regel- einen guten Schiedsrichter. „Wenn kation“, hat Fröhlich beobachtet. die Voraussetzung, um auch klar wächter gefordert war, muss er man als Schiedsrichter einem kommunizieren zu können.“ Die heute als intelligenter Leiter agie- Spieler zuhört, bringt man ihm In welchen Situationen das Kommunikation mit dem Spieler ren und etwas von Spielerführung Respekt entgegen und legt damit Gespräch mit den Spielern Sinn solle auf Augenhöhe und ihm verstehen. „Entscheidungen tref- den Grundstein, dass man auch macht, erklärt er an einem einfa- zugewandt geschehen. Selbst fen, Entscheidungen kommunizie- Respekt empfängt“, erläutert er, chen Beispiel: „Wenn in einer Ver- knifflige Entscheidungen würden ren, der Dialog mit den Spielern wie man durch einen partner- letzungspause die Mitspieler des dann in aller Regel von den Spie- auf dem Platz – das ist doch gerade schaftlichen Umgang Spannungs- Gefoulten eine Verwarnung für den lern akzeptiert. Denn diese wissen – das, was einem als Schiedsrichter felder auf dem Platz abbauen Gegner fordern, hat man als trotz ihrer eigenen Interessen –, Spaß machen sollte“, sagt Lutz kann. Dazu gehört auch mal ein Schiedsrichter die Zeit, zu erklären, dass der Schiedsrichter am Ende Michael Fröhlich. Der ehemalige positives Wort, zum Beispiel wenn wie man das Geschehen aus seiner derjenige ist, der auch die Situa- FIFA-Schiedsrichter hat Wirt- ein Spieler sich in einer Situation Sicht wahrgenommen hat und tionen in der Grauzone entschei- schafts- und Gesellschafts-Kom- besonders fair verhält. Dass der warum man keine Karte gibt. Das den muss. munikation an der Universität der kommunikative Typ von Schieds- sollte eine klare, kurze, aber nicht Künste in Berlin studiert und ist richter sich aktuell durchsetzt, zu flapsige Erklärung sein, die die Damit die Kommunikation erfolg- heute Abteilungsleiter Schieds- habe sich zuletzt bei der EM Spieler verstehen.“ Bevor man reich verlaufen kann, sollte der richter beim DFB. gezeigt. „Schiedsrichter wie jedoch ins Gespräch mit dem Spie- Schiedsrichter während des Dia- 4 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 6/2012 Das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun logs auch die Emotionen des Spie- tions-Repertoire, die einen guten Die vier Seiten einer Nachricht lers beobachten: Protestiert der von einem hervorragenden Spieler nur kurz und zieht sich Schiedsrichter unterscheidet. Wenn ein Mensch etwas von sich gibt, enthält seine Nachricht vier dann zurück, lässt man ihn am Botschaften gleichzeitig. Beispiel: Der Schiedsrichter verwarnt den besten alleine. „Wird jedoch immer Die entsprechenden Anforderun- Spieler und sagt: „Beim nächsten Foul gehen Sie duschen.“ weiter reklamiert oder sogar belei- gen lassen sich in vier Fragen digt, so gilt es, als Schiedsrichter zusammen fassen: Auf der Sach-Ebene stehen Fakten und Sachverhalte im Vordergrund. umzuschalten: An dieser Stelle Der Schiedsrichter verbalisiert die Verwarnung und zeigt eine Konse- muss man dann auch mal
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