Programmheft (PDF 1.0

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DRESDNER ORGELZYKLUS IM KULTURPALAST Wagner und die englische Orgelmusik MI 28. OKT 2020 | 20.00 Uhr | KULTURPALAST KONZERT- EINFÜHRUNG DIGITAL Zu ausgewählten Konzerten können Sie unsere Einführungen in Ruhe sowohl vor dem Konzert als auch noch lange danach hören unter dresdnerphilharmonie.de/konzerteinfuehrung-digital PROGRAMM Richard Wagner (1813 – 1883) Ouvertüre zur Oper »Der fiegende Holländer« (1841) Arrangement von Edwin Henry Lemare Samuel Sebastian Wesley (1810 – 1876) Larghetto fs-Moll, Nr. 2 aus Three Pieces for a Chamber Organ (1843) Charles Villiers Stanford (1852 – 1924) Fantasia und Toccata op. 57 (1894/1917) Richard Wagner »Isoldes Liebestod« aus »Tristan und Isolde« (1865) Arrangement von Reginald Goss-Custard Henry Smart (1813 – 1879) Grand Solemn March Edwin Henry Lemare (1866 – 1934) Scherzo a-Moll aus der Sonate Nr. 1 F-Dur für Orgel op. 95 (1914) Toccata di concerto op. 59 (1909) Johannes Trümpler | Orgel Auf Einladung der Dresdner Philharmonie HARALD HODEIGE Von musikalische Dramen und virtuosen Feuerwerken Wagner und die englische Orgelmusik »Der fliegende Holländer« – Bühnenbildentwurf von Helmut Jürgens für den 1. Aufzug, Bayerische Staatsoper München 1950 4 WAGNER UND DRESDEN karätiges Sängerensemble zur Verfügung Zeit seines Lebens hatte Richard Wagner stand. In Dresden wurden auch »Tann- zu seiner Geburtsstadt Leipzig kein unge- häuser« sowie die romantische Oper »Der trübtes Verhältnis. Auch die Gegenliebe fiegende Holländer« uraufgeführt, in der der Leipziger hielt sich eher in Grenzen: sich erstmals die tragische Verstrickung Das Geburtshaus am Brühl wurde bereits von Fluch, Betrug und Erlösung fndet, drei Jahre nach dem Tod des Kompo- die in Wagners späteren Musikdramen nisten abgerissen, und es bedurfte einer eine so große Rolle spielen sollte. Neben ganzen Reihe missglückter Versuche, bis der magischen Holländer-Figur bestimmt Wagner nach vielen Jahren endlich ein Senta das Bühnengeschehen – ein Pro- größeres Denkmal gebaut wurde – an tagonistenpaar, das ähnlich wie Tristan einer nach Kriegszerstörung und Wieder- und Isolde einer fremden und feindlichen aufau wenig frequentierten Randlage Umwelt gegenübersteht. Der düster- der Innenstadt. Demgegenüber sind Wag- impulsive Gesamtcharakter des Werks ners frühe musikalische Erfolge untrenn- wird in der stürmischen Ouvertüre ex- bar mit der Stadt Dresden verbunden, die poniert – eine fesselnde musikalische bereits im 18. Jahrhundert zu einer der Darstellung bedrohlicher Naturgewalten, bedeutendsten Musikmetropolen Euro- in der die Streicher hohe Wogen an die pas avanciert war und in der Carl Maria zerklüftete norwegische Küste schlagen von Weber in den 1820er Jahren mit »Der lassen, während in Blech- und Holzblä- Freischütz«, »Euryanthe« und »Oberon« sern der Sturm pfeift und Blitze zucken. seine Hauptwerke komponierte. Nachdem Erst in der Coda deutet sich die Erlösungs- am 13. April 1841 das neue Opernhaus handlung an, die sich mit Sentas Opfer Gottfried Sempers eröfnet worden erfüllt: In ähnlichem Charakter wie war, feierte hier Wagners »Rienzi« am »Isoldes Liebestod« endet das Vorspiel 20. Oktober 1842 einen triumphalen mit visionären Klängen in verklärtem Premierenerfolg. Am 2. Februar 1843 er- Tonfall – mit einem Abschnitt, den Wag- hielt der Komponist zudem die begehrte ner erst nachträglich hinzukomponierte, Anstellung als Dresdner Hofapell- lange, nachdem er den »Tristan« voll- meister, wodurch ihm neben einem her- endet hatte. vorragenden Orchester (seiner »Wunder- harfe«, wie er es nannte) auch ein hoch- 5 Henri Fantin-Latour: »Autour du piano« (Um den Flügel herum), 1885. Das Bild zeigt einen Zirkel französischer Wagnerianer. Von links nach rechts: Adolphe Julien, Arthur Boisseau, Emmanuel Chabrier (am Klavier), Camille Benoît, Antoine Lascoux, Edmond Maître, Vincent d'Indy, Amédée Pigeon DER »WAGNÉRISME« UND DIE FOLGEN Besetzungen, einschließlich vieler Be- Wagners Einfuss auf das kulturelle Leben arbeitungen für Klavier (u.a. von Franz Europas ab den 1860er Jahre war immens: Liszt) und Orgel. Dabei erwies sich gerade Charles Baudelaires 1861 erschienener die »Königin der Instrumente« für die Aufsatz »Étude sur Richard Wagner et Adaptionen von Wagners Klangvorstel- Tannhäuser« führte zum sogenannten lungen als perfekt geeignet, da die Orgel »Wagnérisme«, dem französischen die Komplexität der Kontrapunkttextur Wagnerkult, der ganze Generationen von und den außergewöhnlichen Klang- Komponisten prägte. Noch zu Beginn farbenreichtum des Wagner-Orchesters des 20. Jahrhunderts pilgerten Tonsetzer besonders gut wiedergeben konnte. Kein scharenweise nach Bayreuth, auch jene, Wunder also, dass viele bedeutende die sich später von ihrem einstigen Idol Organisten Wagners Musik adaptiert lossagten. Große Verbreitung fanden haben, u.a. Sigfrid Karg-Elert, Théodore Wagners Werke durch unzählige Dubois und Edwin Henry Lemare. Transkriptionen für unterschiedlichste 6 Die Orgel als Orchester Lemares »Holländer«-Bearbeitung Lemare, der am 9. September 1865 in lose Läufe bis zum Glissando im Pedal, in Ventnor auf der an der Südküste Großbri- welches im Fall der »Holländer«-Ouver- tanniens gelegenen Isle of Wight geboren türe das Tosen der ans Ufer schlagenden wurde, erhielt 1878 ein Stipendium Wellen verlegt wird. Manchmal verlangt der Londoner Royal Academy of Music, Lemare sogar, dass der Organist mit der- wo er bis 1882 studierte. Anschließend selben Hand gleichzeitig auf zwei Manua- übernahm er das Organistenamt an der len spielt, um den Klangfarbenreichtum dortigen Kirche St. John the Evangelist, der Orgel voll auszuschöpfen. um gleichzeitig einer intensiven Kon- zerttätigkeit nachzugehen – als einer RICHARD WAGNER der größten Orgelvirtuosen seiner Zeit. * 22. Mai 1813 in Leipzig Später arbeitete Lemare in Cardif und † 13. Februar 1883 in Venedig Shefeld, bevor er 1892 an die Holy Trinity Church nach London zurückkehrte. Zehn Ouvertüre zur Oper Jahre später wanderte er in die USA aus, »Der fiegende Holländer« wo er vom Carnegie Institute of Pittsburgh für Orgel arrangiert von Edwin Henry Lemare zum Organisten und Musikdirektor er- nannt worden war. In Lemares Wagner- ENTSTEHUNG transkriptionen für Orgel wird die dichte Oper: 1841 Arrangement: unbekannt kontrapunktische Struktur des Originals an keiner Stelle vereinfacht. Dies hat zur URAUFFÜHRUNG Oper: 2. Januar 1843 am Königlichen Folge, dass dem Interpreten bisweilen Hoftheater Dresden (Semper-Oper) echte Akrobatik abverlangt wird: schnelle Arrangement: unbekannt parallele Terzen, Sexten und Oktaven in DAUER beiden Händen gleichzeitig sowie rast- ca. 12 Minuten 7 Momente des Improvisierens Wesleys Larghetto Ungefähr zu der Zeit, als Wagners »Holländer« in Dresden Premiere hatte, komponierte Samuel Sebastian Wesley das Larghetto fs-Moll, das als zweites Stück der Three Pieces for a Chamber Organ 1843 publiziert wurde (als Fortset- zung einer ersten, 1842 erschiene- nen Werkreihe gleichen Titels, die Lady Acland of Killerton House gewidmet ist). Wesley wurde 1810 als Sohn des renommierten Organisten und Komponisten Samuel Wesley geboren, der ihm den Namen seines musikalischen Idols Sebastian Bach gab. Bereits als Siebenjähriger kam der an- gehende Musiker als Chorist an Samuel Sebastian Wesley nach einem Gemälde aus dem die Chapel Royal im St. James’s Jahr 1849 von William Keighley Briggs (1812 – 1884) Palace, wo er in den Fächern Gesang, Klavierspiel und Musiktheorie unterrich- tet wurde. Nachdem er 1826 das Institut 8 verlassen und als Organist an verschiede- sowie eine Reprise und Coda folgen, fällt nen Londoner Kirchen gearbeitet hatte, technisch deutlich weniger anspruchs- wurde er 1832 an die Kathedrale von voll aus als die »Holländer«-Bearbeitung Hereford berufen. Es folgten Anstellun- Lemares, wenngleich die auskomponierte gen in Exeter (1835 – 1842), Leeds (1842 – Pedalpartie durchaus für spieltechnische 1849) und Winchester (1849 – 1865), Herausforderungen sorgt. bevor Wesley Organist an der Kathedrale von Gloucester wurde (1865 – 1876). Wesley komponierte während seiner gesamten musikalischen Laufahn Orgel- werke, wenngleich ein im Dezember 1847 erlittener komplizierter Bruch seines rechten Beins gewisse Einschränkungen zur Folge hatte. Viele Stücke enthalten SAMUEL SEBASTIAN WESLEY typische Momente des Improvisierens, * 14. August 1810 in London † 19. April 1876 in Gloucester etwa die Verwendung ungewöhnlicher Akkordverbindungen, plötzliche Ton- Larghetto fs-moll artenwechsel sowie Sequenzen, die über langsam aufsteigenden Basslinien er- ENTSTEHUNG klingen. Das introvertierte Larghetto, in 1843 dem auf ein einprägsames Thema samt DAUER Staccato-Variation eine kurze Episode ca. 6 Minuten 9 Auf Bachs Spuren Stanfords Fantsasia and Toccata Orientierte sich Wesley in seinem Die Fantasia and Toccata, ein Stück, das Larghetto ofenbar an den heroischen im Juli 1894 fertiggestellt und 1902 ver- langsamen Sinfoniesätzen Ludwig van öfentlicht wurde, ist Sir Walter Parratt Beethovens, verweist Charles Villiers gewidmet, einem der großen britischen Stanfords Fantasia and Toccata auf die Orgelvirtuosen des ausgehenden 19. Jahr- Werke Johann Sebastian Bachs. Stanford hunderts, der wie Stanford am Royal wurde 1852 im irischen Dublin geboren College of Music unterrichtete. Der ein- und studierte in Cambridge, Leipzig und leitende musikalische Gedanke scheint Berlin. Am Londoner Royal College of mit seinem dramatischen Aufschwung Music erhielt er 1883 eine Professur, be- Bachs Fantasie und Fuge g-Moll BWV 542 vor er vier Jahre später nach Cambridge zu refektieren, wenngleich ausgeprägte wechselte.

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