Pk-2006-3W-Vulpius-Johannisthal.Pdf

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Pressglas-Korrespondenz 2006-3 Prof. Dr. Rainer Vulpius 2005/2006 Zu den Anfängen des Braunkohlen- und Glassandabbaus im Zentralteil der Hohenbockaer Hochfläche und zur Existenz der Glashütte Johannisthal bei Leippe - ein Beitrag zur Geologie und Industriegeschichte Auszug aus Veröffentlichungen Museum Westlausitz Kamenz, Nr. 26, Kamenz 2006, S. 21 - 88 Abdruck mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Prof. Dr. Rainer Vulpius. Herzlichen Dank! [SG: Zum Abdruck: Über die Geschichte der Glashütte bildeten in den 1860-er Jahren die Grundlage für ei- Johannisthal wurde in der PK bereits mehrmals berich- ne erste Industrieansiedlung (Ziegelei, Glashütte). tet, vor allem von Eberhard Meyer-Bruchhans im Zu- Johannisthal, ein Ortsteil der Gemeinde Leippe-Torno sammengang mit den Glasmacherfamilien Seidensticker liegt im nordwestlichen Randbereich des heutigen Krei- und Greiner. Dietrich Mauerhoff berichtete über den ses Kamenz, unmittelbar an der Landesgrenze des Frei- „Vorgänger“, die Glashütte Scheckthal, und Karlheinz staates Sachsen zu Brandenburg (Abb. 1). In der Zeit Feistner berichtete über die Entwicklung der Glasin- der Anfänge der Abbautätigkeit, die hier betrachtet wer- dustrie im Raum Hosena / Lausitz. Auch die Arbeiten den soll, gehört das Gebiet um Johannisthal administra- von Sebastian Zachow und Günter Meusel über die tiv zum Kreis Hoyerswerda der damaligen preußischen Entwicklung der Glasindustrie im Raum Lausitz konn- Niederlausitz (Provinz Schlesien, Regierungsbezirk ten in der PK dokumentiert werden. Die Zusammenstel- Liegnitz). lungen der Glashütten der Lausitz von Jochen Exner und Elke Keil / Domke wurden ebenfalls in der PK do- Im Rahmen einer Bestandsaufnahme zum Altbergbau ist kumentiert. Der Ausstellungs-Katalog „Lausitzer Glas“ der Autor in den 1990-er Jahren erneut auf diese alten von Gisela Haase ist allgemein bekannt. Abbaue aufmerksam geworden. Sie zeigen sich in meh- reren typischen Bruchfeldern des Braunkohlentiefbaus Von Prof. Dr. Rainer Vulpius wurde in der PK ein Be- und in kleineren übertägigen Abgrabungsstellen, die richt über die Glassande von Hosena / Hohenbocka do- vom Außenstehenden wohl kaum als Relikte des alten kumentiert. Prof. Dr. Vulpius hat nun für die Schriften- Bergbaus erkannt werden. Sie markieren die Anfänge reihe des Museum Westlausitz Kamenz seine eigenen der bergbaulichen Aktivitäten im Gebiet der sogenann- geologischen und geschichtlichen Forschungsergebnisse ten Hohenbockaer Hochfläche. im Raum der Glashütte Johannisthal und die vielen ver- streuten, punktuellen Berichte zusammengefasst. Da- Urkundlich belegt ist der Braunkohlenabbau um Jo- durch wurde klar, dass die Glashütte Johannisthal trotz hannisthal ab 1866. Er beginnt aber wohl bereits etwas der kurzen Betriebszeit von insgesamt nur 13 Jahren für eher, zunächst in Kleinsttagebauen im Umfeld der ehe- die Entwicklung der Glasindustrie im Raum der Lausitz maligen Ziegelei Johannisthal. Zwischen 1874 und 1893 - zusammen mit Scheckthal - eine sehr wichtige Vorrei- erfolgt er untertägig in vier kleinen Abbaufeldern, die terrolle gespielt hat. Wie ein jetzt gefundenes Muster- unter der Bezeichnung Braunkohlengrube Johannisthal buch Scheckthal zeigt, wurde dort und in ähnlichen bei Bernsdorf und Leippe, Kreis Hoyerswerda, geführt Glashütten wie Johannisthal auch einfaches Pressglas worden sind. hergestellt, soweit es zur Ergänzung der Produkte nütz- In geologischer Hinsicht liegt das Abbaugebiet um Jo- lich war (s. PK 2006-2, Anhang 13, SG, Mauerhoff, Musterbuch Glashütten- und Bergwerksges. m.b.H. hannisthal im Zentralteil der Hohenbockaer Hoch- Heinrich Hildebrand, Scheckthal, 1901-1906). fläche, einer außerordentlich interessanten Glazialland- schaft, die das Relikt einer Stauchendmoräne der zwei- Hervorhebung von Stichpunkten SG; von den geologi- ten Elstereiszeit bildet. Die Inlandgletscher haben hier, schen Untersuchungen und den zugehörigen Abbildun- wie auch im östlich benachbarten Zeißholzer Gebiet, zu gen wurden nur der allgemeine Überblick und die direkt intensiven Aufstauchungen der tertiären Schichtenfolge für die Geschichte der Glashütte Johannisthal wichtigen geführt. Dadurch sind auf vergleichsweise engem Raum Befunde übernommen. Auf Auslassungen wird mit [...] wirtschaftlich interessante Rohstoffe wie Ton, Braun- hingewiesen.] kohle und Glassand in eine oberflächennahe Position gebracht worden, so dass sie für eine Nutzung leicht zu- 1. Einleitung gänglich waren. Bei geologischen Untersuchungen im Vorfeld des ehe- Bereits um 1864 lässt der Rittergutsbesitzer Moritz maligen Braunkohlentagebaues Heide in den 1960-er Oskar von Zehmen aus Weißig nordwestlich von Jahren sowie bei der Erkundung und beim Abbau von Leippe eine Ziegelei errichten, die die hier oberflä- Glassanden im Zeitraum 1970/1980 stieß man im Ge- chennah anstehenden Ton- und Braunkohlenvorkom- biet westlich der Ortschaften Leippe und Torno, bei Jo- men nutzt. Bei diesen ersten Abbauaktivitäten stößt man hannisthal, wiederholt auf die Hinterlassenschaften ei- wohl auch auf die rohstofflich exponierten Glassande, nes frühen Abbaus von Braunkohlen, Glassand und die seit der Mitte der 1850-er Jahre aus dem be- Ton. Die hier oberflächennah anstehenden Rohstoffe nachbarten Hohenbockaer Gebiet bekannt sind. Das gibt vermutlich den Impuls für die Errichtung einer Stand 10.09.2006 pk-2006-3-02 Seite 37 von 484 Seiten Pressglas-Korrespondenz 2006-3 „Glasfabrik“, der ersten Glashütte, die 1875 mitten im gewesen sein muss, bei der aus Braunkohle erzeugtes Lagerstättengebiet der Hohenbockaer Glassande ih- Generatorgas anstelle von Holz im Schmelzprozess ein- ren Betrieb aufnimmt. Zur Brennstoffversorgung der gesetzt wird. Ihre Anwendung ab 1875 in Johan- Hütte werden im unmittelbaren Umfeld mehrere Braun- nisthal ist eine für die damalige Zeit vergleichsweise kohlentiefbaue aufgeschlossen. Das belegt, dass die fortschrittliche technische Entwicklung, die nahezu Glashütte bereits mit der von Friedrich von Siemens optimal auf die hier gegebenen Lagerstätten- und Roh- 1856 entwickelten Regenerativfeuerung ausgerüstet stoffverhältnisse abgestimmt ist. Abb. 1: Übersicht zur Lage des Gebietes um Johannisthal / Leippe-Torno Die Glashütte Johannisthal geht nach zusammen halb geboten, das, was zum heutigen Zeitpunkt noch rund 13 Betriebsjahren bereits 1894 wieder ein. Sie bekannt ist, zu dokumentieren, um es für die Nachfol- wird bald danach abgerissen und ihr ehemaliger Stand- genden zu erhalten. ort wird Anfang der 1980-er Jahre beim Glassandabbau Zunächst soll eine Übersicht zur Geologie und zum La- überbaggert. So sind die meisten Sachzeugen für diese gerstättenpotential des geologisch außerordentlich inte- frühe industrielle Entwicklung heute verschwunden. ressanten Stauchmoränengebietes um Johannisthal ge- Über die Existenz dieser Glashütte, die so genannte geben werden, das letztlich die Grundlage für die indus- Zehmenhütte, ist heute kaum noch etwas bekannt, viel trielle Entwicklung bot. In weiteren Abschnitten soll ein vom Wissen der Alten ist verloren gegangen. Kaum je- Bild über den historischen Braunkohlenbergbau vermit- mand wird in dem abgelegenen Waldgebiet um Johan- telt und das noch verfügbare Wissen über die ehemalige nisthal interessante Belege einer Industriegeschichte Glashütte dokumentiert werden. und von Entwicklungen vermuten, die auch über den engeren Raum hinausgewirkt haben. Es erscheint des- Seite 38 von 484 Seiten pk-2006-3-02 Stand 10.09.2006 Pressglas-Korrespondenz 2006-3 Mundloch des Stollens gelegen hat (Abb. 31 und 32), Das Abbaugebiet des Diogenes-Schachtes lässt sich schließt sich nach NW hin ein Damm an, über den einst heute im Gelände noch recht gut ausmachen. Es zeigt das Fördergleis direkt zur Glashütte geführt worden ist. sich in einer kesselartigen Absenkung von etwa 5 m Auch dieser, vor über 130 Jahren angelegte Damm ist Tiefe, unmittelbar westlich des ehemaligen Weges nach heute noch im Gelände aufzufinden (Abb. 33). [...] Leippe. In der Senke und auch nördlich davon liegen zahlreiche, der für den Kammer-Pfeiler-Bau typischen In den Jahren von 1875 bis 1880 werden aus dem Ab- Brüche. Der Schacht ist offensichtlich mit den Ab- baufeld schätzungsweise 40.000 t Braunkohle ge- bruchmassen der Übertageanlagen verfüllt worden. wonnen, d. h. 5000 bis max. 7000 t pro Jahr. Nach den Dort, wo er sich ehemals befunden hat, kann man noch abgebauten Flächen zu urteilen, ist in den Jahren heute im Wald einzelne Ziegelbruchstücke finden. 1879/80 die Förderung aus dem Tiefbau bis auf unter 5000 t/a zurückgegangen. 3.6 Aufrichtungszone Diogenes-Schacht Nord 3.4 Tiefbau Kohlberg-SE In den Grubenrissen sind für die Jahre 1886 bis 1890 keine bergbaulichen Aktivitäten dokumentiert. Das lässt Der Abbau ist in Betrieb 1881/82 [...] darauf schließen, dass in dieser Zeit auch die Glashütte 3.5 Diogenes-Schacht außer Betrieb ist. Der Abbau ist in Betrieb von 1881/82 bis 1886 [...] 1891 lebt das Unternehmen noch einmal für kurze Zeit auf. 1891/92 erfolgt kurzzeitig der Braunkohlen- Das gesamte Unternehmen, Glashütte und Braun- abbau auf der Flözscholle an der SE-Flanke des Kohl- kohlengewinnung, steht in dieser Zeit offenbar vor berges. Darüber ist unter Abschnitt 3.4. bereits berichtet wirtschaftlichen Problemen. Diese Entwicklung lässt worden. Die begrenzten Vorräte reichen hier allerdings sich auch aus dem Abbaugeschehen ableiten. Bei ver- nur für reichlich ein Jahr. Man muss sich nach einem gleichsweise hohem Aufwand für Aus- und Vorrichtung weiteren Abbaufeld umsehen. Die Wahl fällt auf die erbringt das Grubenfeld Diogenes-Schacht schätzungs-

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