1 FLÜCHTLINGSRAT SCHLESWIG-HOLSTEIN e.V. Geschäftsstelle: Oldenburger Str. 25 PRESSEMITTEILUNG D - 24143 Kiel [email protected] Kiel, 8.4.2010 www.frsh.de Tel: 0431-735 000 Fax: 0431-736 077 Zum Internationalen Tag der Roma am 8. April: Bundestagsabgeordnete und Menschenrechtler/innen fordern Abschiebungsschutz für Roma. Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein unterstützt die Parlamentarierinitiative gegen Abschiebungen ins Kosovo. Zum 08. April, dem Internationalen Tag der Roma, fordern prominente Bundestagsabgeordnete und Menschenrechtler/innen einen Abschiebungsschutz für Roma aus dem Kosovo. "Deutschlands historische Verantwortung gegenüber den Roma kann sich nicht allein in historischen Gedenkveranstaltungen erschöpfen. Deutschland hat sich zur historischen Verantwortung für den Holocaust an den Juden bekannt und praktische Maßnahmen wie ausländerrechtliche Sonderregelungen in diesem Zusammenhang ergriffen;... gegenüber den Roma scheint die historische Verantwortung in der Praxis keinerlei Niederschlag zu finden", heißt es in dem Appell, mit dem die Initiatoren/innen an den vor 10 Jahre gefassten Beschluss des Bundestags unter der Überschrift „Humanitäre Grundsätze in der Flüchtlingspolitik beachten“ anknüpfen. Zu den UnterstützerInnen des Appells gehören neben den InitiatorInnen (Prof. Dr. Schwarz-Schilling, Claudia Roth, Rainer Eppelmann, Ernst-Dieter Kottnick, Barbara Lochbihler, Dr. Hermann-Otto Solms) weitere 15 aktive und 19 ehemalige Bundestagsabgeordnete, VertreterInnen des Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein und anderer Flüchtlingsorganisationen, Kirchen- und Wohlfahrtsverbänden sowie Romani Rose, Bärbel Bohley, Hans Koschnick und weitere Prominente. Mit ihrem Appell fordern sie, den Roma-Flüchtlingsfamilien „endlich einen rechtmäßigen Aufenthalt aus humanitären Gründen zu erteilen und sie so vor einer Abschiebung zu schützen und von ihrer existentiellen Angst zu befreien". Die InitiatorInnen fordern öffentlich dazu auf, den Appell zu unterstützen und gegenüber den Landes- und Bundesregierungen das Ende der Abschiebungen von Mitgliedern der Roma-Minderheit einzufordern. Nachfolgend die heutige Presseerklärung der InitiatorInnen, anliegend der Appell im Wortlaut. gez. Martin Link, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. Wer den Oster-Appell-2010 unterzeichnen möchte, schickt bitte eine entsprechende eMail an: [email protected] 2 PRESSEERKLÄRUNG der InitiatorInnen des OSTER-APPELL 2010 am 8.4.2010, dem Internationalen Tag der Roma Zum 08. April, dem Internationalen Tag der Roma erklären Prof. Dr. Christian Schwarz-Schilling, ehemaliger Hoher Repräsentant für Bosnien-Herzegowina und internationaler Streitschlichter und Claudia Roth Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen: Die Situation der Roma in Europa bleibt dramatisch. Zehn Jahre nach einem großen gemeinsamen Appell der Fraktionen des Deutschen Bundestages möchten wir an diesen Aufruf anknüpfen und dringend dafür plädieren, die Roma aus dem Kosovo vor Abschiebungen zu schützen und den Flüchtlingsfamilien endlich einen rechtmäßigen Aufenthalt aus humanitären Gründen zu erteilen. Wir kritisieren die massiven Vorbereitungen der deutschen Behörden, den Abschiebestopp von 10.000 Roma aus dem Kosovo aufzuheben. Eine solche Maßnahme lehnen wir aufgrund unserer humanitären Verpflichtungen ab. Die Situation im Kosovo hat sich nach dem Krieg für die Minderheiten immer noch nicht grundlegend verändert. Noch immer droht den Roma im Kosovo und in anderen Regionen des Balkans Anfeindung und Diskriminierung. Eine Rückkehr in Würde ist nicht möglich. Außerdem sind viele in die Bundesrepublik geflohene Roma bei uns mittlerweile gut integriert - obwohl ihnen jahrelang ein Aufenthaltstitel verwehrt blieb. Diese bereits angelaufenen Abschiebungen zerstören den Zusammenhalt und das Glück vieler Familien, sie zerstören die beruflichen Perspektiven besonders der jungen Leute, für die diese Abschiebung die erste Vertreibung ihres Lebens ist. Die Roma werden seit sechs Jahrhunderten in allen Ländern Europas benachteiligt, ausgegrenzt, diskriminiert und verfolgt. Die Verfolgung erreichte einen grausamen Höhepunkt mit dem Holocaust, als die Nationalsozialisten 500.000 Sinti und Roma in Konzentrationslager deportierten und ermordeten. Als ethnische Minderheit mit eigener Geschichte und Kultur leben sie heute in vielen Staaten Europas am Rande der Gesellschaft. Die massive Arbeitslosigkeit, die mangelnde Bildung und der eingeschränkte Zugang zum Gesundheitswesen sind bislang große ungelöste Probleme. Die Integrationsangebote vieler Regierungen in Europa sind äußerst mangelhaft. Setzten auch Sie sich für ein Bleiberecht der Roma aus dem Kosovo in Deutschland ein! Unterstützen Sie die Forderungen des Osterappells 2010! Dieser Appell ist an den Bundesinnenminister, die Ministerpräsidenten der Länder, die Innenminister der Länder gerichtet worden." Für die InitiatorInnen gez. Prof. Dr. Christian Schwarz-Schilling gez. Claudia Roth Information: Wenn Sie den Oster-Appell-2010 unterzeichnen möchten, schicken Sie bitte eine entsprechende eMail an: [email protected] Anlagen: • Dokumentation des Oster Appell 2010 und der Liste der bisherigen UnterzeichnerInnen • Vermerk zur Europäischen Menschenrechtskonvention 3 Dokumentation des Oster-Appell 2010 im Wortlaut: Es ist nun schon fast 10 Jahre her, dass der Deutsche Bundestag am 30. Juni 2000 zu mitternächtlicher Stunde einen sehr denkwürdigen Beschluss gefasst hat. Der Beschluss wurde von den Bundestagsabgeordneten mit großer Mehrheit beschlossen und hatte die Überschrift „Humanitäre Grundsätze in der Flüchtlingspolitik beachten“. Damals ging es vor allem um die Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina. Aber bereits damals wurde in dem Antrag auf das besonders schwere Schicksal der Roma hingewiesen, die fast überall erheblicher Diskriminierung ausgesetzt sind. Leider hat sich an dieser Situation bis heute nicht viel geändert. Sie sind fast überall vom gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt und leben am Rande der Gesellschaft. Wir appellieren daher an alle politisch Verantwortlichen, sich weiterhin an die humanitären Grundsätze, zu denen wir uns am 30.06.2000 bekannt haben, gebunden zu fühlen. Wer diese Rückführungsgebiete der Roma kennt, das allgegenwärtige Elend, die aus der Diskriminierung resultierende Chancenlosigkeit, der wird verstehen, dass manche dieser Flüchtlinge alles, aber auch wirklich alles versuchen, um diesem Schicksal zu entgehen. In unserem seinerzeitigen Beschluss haben wir mit Nachdruck von allen staatlichen und parlamentarischen Vertretern auf allen Ebenen (Abgeordnete, Innenminister, Ministerpräsidenten, Bundesregierung) um einen sensibleren Umgang mit Flüchtlingen gebeten, die nicht in Sicherheit und Würde zurückkehren können. Deutschlands historische Verantwortung gegenüber den Roma kann sich nicht allein in historischen Gedenkveranstaltungen erschöpfen. Deutschland hat sich zur historischen Verantwortung für den Holocaust an den Juden bekannt und praktische Maßnahmen wie ausländerrechtliche Sonderregelungen in diesem Zusammenhang ergriffen; siehe zum Beispiel die gesetzliche Regelung für jüdische Kontingentflüchtlinge. Gegenüber den Roma scheint die historische Verantwortung in der Praxis keinerlei Niederschlag zu finden. Wie anders lässt es sich erklären, dass routinemäßig Roma und darunter auch Alte, Kranke, Kinder und Jugendliche jetzt in den Kosovo abgeschoben werden, ohne dass politisch Verantwortliche gegenüber solchen Maßnahmen Einhalt gebieten und unserer Verantwortung gegenüber den Roma gerecht werden. Die nach Deutschland geflüchteten Roma, haben sich in vielen Fällen eine Existenz aufgebaut. Die Kinder, die in Deutschland geboren oder aufgewachsen sind, sind längst integriert und sehen Deutschland als ihre Heimat an. Einige konnten von den Bleiberechtsregelungen profitieren, andere aufgrund zu restriktiver Ausschlusskriterien jedoch nicht. Für diese jungen Menschen sind diese Abschiebungen eine erste entsetzliche Vertreibung - für die älteren Generationen allerdings ein Schicksal, das sie nun zum Teil bereits mehrmals im Laufe ihres Lebens erdulden mussten. Viele der heute hier Unterzeichnenden haben bereits im Jahre 2000 einen entsprechenden Appell an die Ministerpräsidenten der Länder gerichtet. Wenn man die damals aufgeführten Grundsätze tatsächlich beachtet hätte, würden wir heute 4 nicht erneut vor dieser Misere stehen, dass Roma sehenden Auges ins Elend abgeschoben werden. Wir wissen, dass auch die Mitarbeiter vieler Ausländerbehörden Zweifel plagen, ob sie verantworten können, was ihnen der Vollzug des Gesetzes zumutet: die Abschiebung. Die Herkunftsländer, die sich mit der Rücknahme ihrer geflüchteten Landsleute einverstanden erklärt haben, haben keinen Handlungsspielraum, denn sie sind auf die Unterstützung Deutschlands und der EU angewiesen. Dennoch haben nicht nur Menschenrechtsorganisationen wie UNHCR oder Amnesty International, sondern auch die kosovarische Regierung auf die prekäre Situation hingewiesen, dass eine Rückkehr in Würde – das ist der international menschenrechtliche Maßstab - nicht möglich ist. Trotz des Bundestagsbeschlusses vom 30.06.2000 und internationaler Warnsignale haben die zuständigen Stellen von dieser Rückführungspolitik zeitweise, nicht aber grundsätzlich Abstand genommen. Es ist hohe Zeit, dass aufgrund dieser Erfahrungen entsprechende Veränderungen und Anpassungen der Ausländergesetze vorgenommen werden, da diese zu früheren Zeiten ganz andere Ziele beinhalteten als heute. Die unreflektierte Anwendung dieser durch die veränderten Umstände überholten Gesetze führt
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