HERMANN POLZ Schweglerella strobli gen.nov. sp.nov. (Crustacea: Isopoda: Sphaeromatidea), eine Meeres-Assel aus den Solnhofener Plattenkalken Schweglerella strobli gen.nov. sp.nov. (Crustacea: Isopoda: Sphaeromatidea) from the Solnhofen Plattenkalk Zusammenfassung Aus den Solnhofener Plattenkalken wird eine Meeresassel beschrieben. Es handelt sich um den Erstnachweis eines Vorfahren der rezenten Sphaeromatidea für diese Fossillagerstätte. Abstract A marine isopod crustacean from the Solnhofen Plattenkalk is first described. It is phylogenetically related with the extant Sphaeromatidea. 1. Einleitung Die bisher älteste fossile Assel stammt aus dem Mittleren Pennsylvanian von Illinois, also aus dem Karbon (SCHRÄM 1970,1974, 1986). Von da an sind Asseln in allen Erdzeitaltern nachgewiesen. Für die Solnhofener Plattenkalke führt O.KUHN (1961) vier Arten an, nämlich Urda rostrata MÜNSTER, Urda punctata MÜNSTER, Naranda anomala MÜNSTER und Aegites kunthi VON AMMON. Allerdings besteht hier Klärungsbedarf in taxonomischer Hinsicht. 1977 (S.68) bildet er zwar die jurassische Form Cyclosphaeroma ab, weist aber darauf hin, daß sie in den Plattenkalken bisher nicht gefunden wurde. WÄGELE (1989) beklagt in seinen Hinweisen auf die Stammesgeschichte der Isopoden den im allgemeinen schlechten Erhaltungszustand fossiler Asseln und den geringen Umfang für die Evolutionsforschung geeigneter Daten. Bei Schweglerella strobli (Abb. 1) handelt es sich um den Erstnachweis eines Vorfahren der rezenten Sphaeromatidea (A.BRANDT, mündliche Mitteilung) in dieser Fossillagerstätte. Grundlage der Be- schreibung ist ein Einzelstück, bei dem aufgrund des sehr feinkörnigen Sediments Positiv wie Negativ gleichermaßen hervorragend Einzelheiten der Dorsalseite wiedergeben. Die hangende Platte mit dem Positiv ist 2,6 cm stark und durch Sägen auf 15,2 (15,4) x 15,2 (15,4) cm formatiert, die liegende Platte mit dem Negativ auf ihrer Oberseite ist ebenfalls ein feinlaminierter auf 15,4 x 12,6 cm gesägter Flinz von 2,6 (3,9) cm Stärke. Fundort ist die Langenaltheimer Haardt, etwa 2,5 m über der Unteren Krummen Lage. Da nur die Dorsalseite einzusehen ist, sind Aussagen zu den ventral liegenden Extremitäten und einer davon abhängigen Geschlechtsbestimmung nicht möglich. Im Vergleich mit der rezenten Gattung Serolina entspräche das Längen-Breiten-Verhältnis einem weiblichen Tier (POORE 1987). Der Erhaltungszustand ist, abgesehen vom vorderen Kopfbereich, sehr gut. Ein breiter, abgeflachter Körper tritt zwar in mehreren Familien der Unterordnung Sphaeromatidea auf, die Merkmalskombi- nation bei dieser Art läßt sich jedoch gut mit der der Serolidae und Plakarthriidae vergleichen. Vor allem die Gattung Serolina POORE, 1987, zeigt mit ihrer charakteristischen Uropoden-Insertion eine ähnliche Morphologie (Abb. 2). Da bei Asseln das erste der acht Pereomere stets mit dem Kopf und das sechste Pleomer stets mit dem Telson verschmolzen ist, werden diese Körperabschnitte bei der Beschreibung nicht in die Zählung einbezogen und die Pereomere mit 1-7 (entsprechend ursprüng- lich 2-8) und die Pleomere mit 1-5 durchnumeriert. Archaeopteryx, 16: 19-28; Eichstätt 1998 19 Abb. 1. Schweglerella strobli gen.nov. sp.nov.; Holotypus, Bürgermeister-Müller-Museum Solnhofen, N = Negativ (lieg- ende Platte), BMMS 1984/02, Dauerleihgabe aus der Sammlung G.STROBL, Solnhofen; P = Positiv (hangende Platte), BMMS 1984/01, Dauerleihgabe aus der Sammlung H.SCHWEGLER, Übermatzhofen; Maßstab jeweils 1 cm. Fig. 1. Schweglerella strobli gen.nov. sp.nov.; holotype, Bürgermeister-Müller-Museum Solnhofen, N = negative (under- lying slab), BMMS 1984/02, permanent loan by collection G.STROBL, Solnhofen; P = positive (overlying slab), BMMS 1984/01, permanent loan by collection H.SCHWEGLER, Übermatzhofen; scale bars = 10 mm each. 2. Systematische Beschreibung Superklasse: Crustacea Klasse: Malacostraca Ordnung: Isopoda Unterordnung: Sphaeromatidea Schweglerella gen.nov. Etymologie: Benannt nach Herrn HORST SCHWEGLER, Übermatzhofen, dem Finder des Fossils. Das Geschlecht ist weiblich. Diagnose: Körper breit, längsoval, dorsoventral abgeflacht. Kopf mit großen, dorsolateral sitzenden ovalen Augen. Pereomere 1-7 frei; Coxalplatten breit, zunehmend caudad ausgerichtet, alle durch deutliche Nähte von den Tergiten abgegrenzt. Pleomere caudad an Breite zunehmend; Pleomere 1 und 2 frei, Pleomere 3-5 mit zunehmenden Anzeichen von Verschmelzung. Pleotelson annähernd trapezförmig; Uropoden zweiästig, am Pleotelson laterofrontal inserierend; Sympodit gestreckt trapez- förmig, Endo- und Exopodit schmal blattförmig; Endopodit den Caudalrand des Pleotelsons knapp erreichend, Exopodit nur etwa halb so lang wie Endopodit. 20 Abb. 2. Größenvergleich zwischen Schweglerella strobli (A) und den rezenten Arten Serolina clarella POORE, 1987 (B) und Serolina granularia POORE, 1987 (C); B und C nach POORE 1987: Fig. 9b und 18b; Maßstab = 10 mm. Fig. 2. Schweglerella strobli (A) in comparison with two living species, Serolina clarella POORE, 1987 (B) and Serolina granularia POORE, 1987 (C); B and C after POORE 1987: Fig. 9 b and 18 b; scale bar = 10 mm. Typusart: Schweglerella strobli sp.nov. Holotypus: Bürgermeister-Müller-Museum Solnhofen, Dauerleihgaben von H.Schwegler, Übermatz- hofen, BMMS Nr. 1984/01, und G.STROBL, Solnhofen, BMMS Nr.1984/02. Fundort: Langenaltheim, Bayern Stratum: Unteres Untertithon (Malm £ 2a) Etymologie: Benannt nach Herrn GÜNTER STROBL, Solnhofen, durch dessen Stück der Verfasser zuerst auf die Einzigartigkeit des Fundes aufmerksam wurde und ohne dessen Hilfe die Auffindung der Gegenplatte nicht möglich gewesen wäre. Beschreibung: Der breite, längsovale Körper ist dorsoventral abgeflacht; Länge : Breite = 1,289. Der Körperumriß wird hauptsächlich durch die distalen Ränder der Coxalplatten, der Uropoden und 21 des Pleotelsons gebildet (Abb. 1 und 2A). Die Körperoberfläche ist relativ glatt, stärkere Borsten oder Dornen sind nicht erkennbar. Lediglich zwei Arten von Feinskulpturierung sind festzustellen: eine in Form von sehr flachen, schuppenartigen Erhebungen, die an genarbtes Leder erinnert, befindet sich auf den Coxalplatten (Taf. 1: Abb. 5 und Taf. 2: Abb. 4) und eine andere in Form von flachen Tuberkeln, im vorderen Teil des Cephalothorax und stärker ausgeprägt im Mittelabschnitt des Pleotel- sons (Abb. 1 und Taf. 2: Abb. 6). Der Kopf ist annähernd trapezförmig. Zwischen den Antennenbasen kann man Teile eines Lobus vermuten, der als Labrum (oder einer Art Rostrum wie bei Maricoccus brucei POORE, 1994, dort allerdings ventral gelegen) zu deuten wäre. Die vorderen Seitenbereiche des Kopfes können wegen mangelhafter Erhaltung nicht beschrieben werden. Unregelmäßige, schwache Skulpturierungen in der Mitte sind wohl auf durchgepauste Mundwerkzeuge zurückzuführen. Die großen ovalen Augen nehmen dorsolateral etwa 4/5 der Seitenränder des Kopfbereiches hinter den Antennen ein. Im Reflexlicht sind Gruppen hexagonaler Facetten von rund 0,08 mm Durchmesser zu erkennen (Taf. 1: Abb. 1 und 3). Von den 1. Antennen sind nur ein distales Basalsegment und ein kurzer proximaler Abschnitt der Geißel mit etwa vier Geißelsegmenten erhalten. Bei den 2. Antennen sind es mindestens zwei massive proximale Basalsegmente und ein Teil des distal anschließenden, wesentlich schmaleren Segments; eine Geißel ist nur schwach angedeutet (Taf. 1: Abb. 2 und 4). Alle Pereomere sind frei. Ihre Breite nimmt bis zum 5. leicht zu und erst mit dem 7. wieder etwas ab. Die ersten beiden sind im Medianbereich wulstartig hochgewölbt; ab dem 3. geht die Wölbung all- mählich zurück (Abb. 1 und Taf. 2: Abb. 2). Die großen Coxalplatten sind lateral verbreitert und ab der 4. jeweils mehr als halb so breit wie die dazwischenliegenden Tergite; alle sind durch deutliche Nähte von den Tergiten abgegrenzt und von der 1. bis zur 7. zunehmend caudad ausgerichtet. Die Coxalplatten des I.Pereomers umfassen den Cephalothorax seitlich; auf ihnen befindet sich jeweils eine etwa 0,75 mm lange nierenförmige Ver- tiefung auf Höhe des hinteren Augenrandes (Abb. 2 und Taf. 1: Abb. 5). Da ähnliche Verformungen in unregelmäßigerer Ausprägung auch auf den übrigen Coxalplatten zu finden sind, könnte es sich um durchgepauste Segmente (Dactyli?) der Laufbeine handeln. Die 7.Coxalplatten liegen mit ihrer Caudalseite dem Pleon direkt an und erreichen noch das erste Drittel des Pleotelsons; die Epimere sind daher nicht zu sehen. Auf den Coxalplatten verläuft parallel zum Vorderrand eine schmale, glatte Einwölbung der Kutikula. Parallel zum Hinterrand verläuft ein feiner Kiel. Da er nahe dem Seitenrand caudad abbiegt und in einigen Fällen genau in den Lateralrand der nachfolgenden Platte mündet, entsteht der Eindruck von überlappenden Platten (Taf. 2: Abb. 1 und 3). Die lateralen Plattenränder sind mit feinen Härchen gesäumt (Taf. 2: Abb. 4 und 5). Das Pleon ist caudal verbreitert; von den Tafel 1. Schweglerella strobli gen. nov. sp. nov., Holotypus; N = Negativ, P = Positiv, Maßstab jeweils 1 mm. Abb. 1. N Linkes Auge. Abb. 2. P Antennen-Basen mit dazwischenliegenden (=>) Teilen (= Labrum oder Rostrum ?). Abb. 3. N Teil des linken Auges, in dem einzelne (=>) hexagonale Facetten von rund 0,08 mm Durchmesser zu erkennen sind. Abb. 4. P Antennen, Cephalon und Pereonite 1 und 2; die 1.Coxalplatten umfassen das Cephalon seitlich. Abb. 5. N Linke erste Coxalplatte mit kleinem nierenförmigen (=>) Höckerchen. Abb. 6. P Linker Uropod; Endo- und Exopodit blattförmig, Sympodit gestreckt trapezoid mit kleinen Einwölbun- gen und nicht mit dem Endopoditen verbunden. Abb. 7. P: Rechter
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