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218 BESPRECHUNGEN FALKO KLAES: Mittelalterliche Glossen und Texte aus Trier. Studien zur volkssprachigen Trierer Überlieferung von den Anfängen bis zum Ende des 11. Jahrhunderts im lateinischen Kontext (Germanistische Bibliothek 60), Heidelberg: Winter 2017, 634 S. ISBN: 978-3-8253-6760-2. Die im Dezember 2016 in Trier angenommene Dissertation setzt sich zum Ziel, erstmalig die in Trier entstandene volkssprachige (d.h. althochdeutsche und altsächsische) Text- und Glossenüber- lieferung vom Beginn der Überlieferung bis zum Ende des 11. Jahrhunderts (S. 2) zu untersuchen. Namen und volkssprachiges Wortgut aus lateinischen Rechtstexten sind aus dem Untersuchungs- material ausgeschlossen. In Bezug auf Glossenhandschriften muss sich der Verfasser vor allem auf bereits bekannte Über- lieferungsträger beschränken, die er anhand des Katalogs der althochdeutschen und altsächsischen Glossenhandschriften von Bergmann/Stricker1 (= BStK.) ermittelt, was auch schon Ralf Plate2 für Trier unternommen hat. Klaes kommt dabei zu anderen Ergebnissen als Plate: Beispielsweise nimmt er die Handschrift Gent, Rijksuniversiteit. Centrale Bibliotheek 301, BStK.-Nr. 257, auf, die außer Personennamen nur eine längere, unverständliche, vielleicht volkssprachige Eintragung enthält (die weiterhin unklar bleiben muss, S. 81,7. 8), während Plate (wie Anm. 2; S. 303 Anm. 8) diese Eintra- gung nicht als Glosse wertet und die Handschrift deswegen ausschließt. Aufgenommen wird auch die wohl in Kornelimünster entstandene und deswegen von Plate (wie Anm. 2; S. 303 Anm. 8) aus- geschlossene Handschrift München, Bayerische Staatsbibliothek Clm 28118, BStK.-Nr. 695. Dagegen können nach Klaes später zu datierende Glossen auch woanders eingetragen worden sein (S. 24) – in diesem Fall weist ein Besitzvermerk des 10./11. Jahrhunderts darauf hin, dass sich die Handschrift zu der Zeit der Glosseneintragung in St. Maximin in Trier befunden hat. Da viele Handschriften heute nicht mehr in Trier liegen, sondern auf verschiedene Bibliotheken in Europa verteilt sind (eine Liste von Handschriften Trierer Herkunft aus althochdeutscher Zeit enthält Kapitel 6, S. 615–619), hätte es den Rahmen der vorliegenden Arbeit überschritten, alle Handschriften auf bislang unbekannte volkssprachige Überlieferung zu überprüfen (S. 7f.). Dennoch hat Klaes die meisten der in der Trie- rer Stadtbibliothek lagernden Handschriften autopsiert, dazu auch einige Handschriften in anderen Bibliotheken, z.B. in Gent, London und Paris. So konnten zwei neue glossentragende Handschriften (Trier, Stadtbibliothek Hs 1088/28 8°, BStK.-Nr. 883b, mit 53 Glossen, und Trier, Stadtbibliothek Hs 1089/26 8°, BStK.-Nr. 883c, mit zwei Glossen) ermittelt und in der vorliegenden Arbeit ediert wer- den (S. 94 und S. 224–245). Ferner wurde auch ein in der Forschung bekanntes, inzwischen aber verschollenes Boethius-Fragment aus Koblenz (Koblenz, Landeshauptarchiv Best. 701, Nr. 759) auf- genommen, das im gedruckten Glossenkatalog noch nicht berücksichtigt war, aber mittlerweile die BStK.-Nr. 343 (II) erhalten hat3. Neben Glossen und Glossaren gehören sechs Textdenkmäler zum Untersuchungscorpus, die mit Trier in Verbindung gebracht werden: ‚Ad catarrum dic‘ (auch ,Erster Trierer Blutsegen‘) ‚Trierer Pferdesegen‘, ‚Trierer Verse‘ (auch: Wider den Teufel), ‚Trierer Spruch‘ (auch: ‚Trierer [Reim-]Spruch‘, ‚Trierer Gregorius-Spruch‘ oder ‚[Zweiter] Trierer Teufelsspruch‘), das ‚Trierer Capitulare‘ und ‚Contra malum malannum‘. Die Glossen- und Glossarhandschriften werden nach dem Umfang ihrer volkssprachigen Über- lieferung in unterschiedlichen Kapiteln behandelt: unsichere Überlieferung mit wenigen Glossen in Kapitel 3.1 (S. 43–82), Trierer Handschriften mit weniger als 100 volkssprachigen Eintragungen in Kapitel 3.2 (S. 83–252) und komplexe kopiale Überlieferung mit hohem volkssprachigen Anteil in Ka- pitel 3.3 (S. 253–299). Kapitel 3.4 ‚Handschriften mit umfangreicher volkssprachiger Überlieferung‘ (S. 301–537) enthält Handschriften entweder nur mit Glossen oder mit Glossen und Textzeugnis- 1 Rolf B e r g m a n n , Stefanie S t r i c k e r, Katalog der althochdeutschen und altsächsischen Glos- senhandschriften. Unter Mitarbeit von Yvonne Go l d a m m e r und Claudia Wi c h - R e i f , Berlin, New York 2005. 2 Ralf P l a t e , Althochdeutsche und altsächsische Glossen in und aus Trier, in: Kurtrierisches Jahr- buch 46 (2006), S. 295–316. 3 BStK. Online: https://glossen.germ-ling.uni-bamberg.de/manuscripts/13417 [Stand 08.12.2017]. Falko Klaes: Mittelalterliche Glossen und Texte aus Trier 219 sen, wie Trier, Stadtbibliothek Hs 40/1018 8°, BStK.-Nr. 879, mit ,Ad catarrum dic‘ und dem ‚Trierer Pferdesegen‘, und Bonn, Universitäts- und Landesbibliothek S 218, BStK.-Nr. 71, mit ‚Contra malum malannum‘. Kapitel 3.5 ‚Textüberlieferung‘ (S. 539–567) befasst sich mit Textdenkmälern, die aus nicht glossentragenden Handschriften stammen, wie die ‚Trierer Verse‘ (Trier, Stadtbibliothek Hs 564/806 8°), der ‚Trierer Spruch‘ (London, British Libr., MS Add. 10940) und das nicht im Original erhaltene ‚Trierer Capitulare‘. Zunächst wird das Erscheinungsbild jeder Handschrift sowie ihre Geschichte beschrieben und – sofern vorhanden – ein Hinweis auf Digitalisate oder Abbildungen gegeben. Daran schließt sich, auch bei Handschriften mit bereits an anderer Stelle edierten Glossen, eine zweistufige Edition an: als Erstes ein handschriftennaher Abdruck mit aufgelösten Abkürzungen, der sowohl die lateini- schen als auch die volkssprachigen Glossen enthält. Dieser kann je nach Umfang der Handschrift und des Glossenmaterials den gesamten Text oder kürzere Abschnitte aus der näheren Umgebung der volkssprachigen Glossen enthalten (S. 39–40). Auch wenn der lateinische Anteil aus germanistischer Sicht bisweilen etwas zu umfangreich geraten scheint, einen Einblick in die Anlage der Handschrift vermittelt er allemal. In einem zweiten Schritt erfolgt dann nach den Prinzipien der neueren Glos- senforschung eine kommentierte Edition der volkssprachigen Glossen, mit Übersetzung des lateini- schen Texts, grammatischer Bestimmung des volkssprachigen Interpretaments und seinem Nachweis in verschiedenen Wörterbüchern. Den Schluss bildet eine sprachliche Analyse der volkssprachigen Glossen und eine funktionale Analyse, die die volkssprachige und die lateinische Glossierung be- rücksichtigt. In vergleichbarer Weise werden die Textzeugnisse behandelt. Ein abweichendes Ver- fahren wählt der Verfasser für die Glossarüberlieferungen der Handschriften Trier, Stadtbibliothek Hs 40/1018 8°, BStK.-Nr. 879 (S. 321–340) und Trier, Bibliothek des Priesterseminars Hs 61 (früher R. III. 13), BStK.-Nr. 877 (S. 341–573) und für das ‚Trierer Capitulare‘ (S. 563–567). Diese ediert er nicht, sondern greift referierend und gegebenenfalls korrigierend auf Editionen und Ergebnisse der Forschung zurück. Wer sich endgültige Erkenntnisse über ein ‚Trierer Althochdeutsch‘ erhofft hat, wird zwangsläufig enttäuscht. Die Quellen bieten weiterhin ein disparates Bild von althochdeutschen und altsächsi- schen Eintragungen, teilweise mitteldeutsch überarbeitet, deren Eintragungsort letztlich offenbleiben muss. Als eine echte Trierer Quelle ist wohl ausgerechnet das ‚Trierer Capitulare‘ anzusehen, das nur in einem Druck und einem Arbeitsmanuskript des 17. Jahrhunderts überliefert ist. Doch genau das alles herausgearbeitet zu haben, darf sich der Verfasser als Verdienst anrechnen. Weitere Verdienste erwirbt er sich mit dem Ansatz einer nach Glossierungsschichten getrennten sprachlichen Analyse, die „die zum Teil uneinheitlichen Dialektbestimmungen besser als bisher erklären“ (S. 296) und so bei den untersuchten Handschriften in der Forschung bereits vorhandene Erkenntnisse um einiges präzisieren kann, und nicht zuletzt mit den schon erwähnten Ersteditionen. Durch diese lassen sich für einige bisher ab dem 12. Jahrhundert belegte althochdeutsche Lemmata wie [h]luttartrank ‚(zu Heilzwecken) gewürzter Wein‘, mantal ‚Mantel‘ und phiphiz ‚Schleim, Verschleimung‘ nun Erstbelege aus dem 11. Jahrhundert nachweisen. Auch neue Ansätze bereichern den bisher bekannten Wort- schatz des Althochdeutschen, z.B. lîhstein ‚Grabstein‘, afterhoubit ‚Hinterkopfbein‘, uuarzfol ‚voll mit Warzen‘ oder irgrînan ‚murren‘. Auf das rasche Erscheinen im Druck dürften einige kleinere Ungenauigkeiten und Tippfehler zurückzuführen sein, wie Unstimmigkeiten bei der Anzahl der Handschriften in den Tabellen (S. 24–28), die Auflösung von sbmfnt als samant statt sament (S. 288,50), die Lesung ad/nuxtione (S. 546, Greg., Mor. 1,3,7) ohne entsprechendes nachweisbares lateinisches Lemma, für die die Handschrift auch die verständlichere Lesung admixtione zuließe, oder zu korrigierende bzw. zu ergänzende Stel- lenangaben, die sich auf die Glossenedition von Steinmeyer/Sievers4 beziehen: II,569,30 ist zu korri- gieren zu II,560,30 (S. 260,4), II,570,36 zu II,571,36 (S. 261,10), II,559,16 zu II,559,15 (S. 271,12), II,563,47 4 Die althochdeutschen Glossen, gesammelt und bearbeitet von Elias S t e i n m e y e r und Eduard S i e v e r s , 5 Bde., Berlin 1879–1922. 220 Eva Büthe-Scheider: Die e-Apokope im Ripuarischen zu II,563,56 (S. 275,21); zu gremi sala – irritamina (S. 282,37) ist die Stelle II,566,63 zu ergänzen, zu sperderenden – nitentibus (S. 283, 38) die Stelle II,566,70. Dies sei hier nur am Rande genannt und tut der beeindruckenden Leistung des Verfassers bei der Bearbeitung dieses so umfangreichen und un- terschiedlichen Materials keinen Abbruch. Leipzig Susanne Näßl EVA BÜTHE-SCHEIDER: Die e- A p o k o p e i m R i p u a r i s c h e

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