Rastower, Kraaker und Fahrbinder BilderbogenInformationsblatt der Gemeinde Rastow - IG Kultur 13. Jahrgang - Nr. 1 - Mai 2015 13. - Nr. Jahrgang 70 Jahre Ende des 2. Weltkrieges 70 Jahre Befreiung der Lager in Neustadt-Glewe, Stern-Buchholz, Schwerin und Wöbbelin Die Ausgabe 1 des 13. Jahrganges befasst sich speziell mit dem Kriegsende. 8. Mai 1945 - 8. Mai 2015 1 Leben auf dem Lande Projektarbeit der Regionalen Schule „Dr. Ernst Alban“ Rastow und des Vereins Mahn- und Gedenkstätten im Landkreis Ludwigslust-Parchim e. V. Im Frühjahr 2014 startete eine in- tensive Zusammenarbeit zwischen dem Verein Mahn- und Gedenk- stätten im Landkreis Ludwigslust- Parchim e. V. und der Regionalen Schule „Dr. Ernst Alban“ Rastow. Anlässlich des 69. Jahrestages der Befreiung des KZ Wöbbelin fand Anfang Mai 2014 in der Region die Internationale Begegnung der Generationen statt. Bereits am 30. April war bei den Schüler/innen der 9. Klassen der jüngste Überle- bende des KZ Wöbbelin, Peter Ha- vas aus der Slowakei zu Gast. Er berichtete über sein Schicksal als 9-jähriger in den Konzentrations- Auf Spurensuche in der Heimatgeschichte lagern Ravensbrück und Wöbbe- lin und wie er nach der Befreiung derte die Suche nach ihrem Vater Projektarbeit „Unbequeme Denk- seine Mutter in einem Lazarett in und wie sie ihn durch seine Briefe, male“ mit der Geschichtslehre- Bergen- Belsen wieder gefunden die er vor seiner Verhaftung an sei- rin Christiane Pioch und Cornelia hat. ne Frau geschrieben hatte, endlich Neumann, päd. Mitarbeiterin der Die Befreiung am 2. Mai 1945 kennenlernen durfte. Es war eine Mahn- und Gedenkstätten Wöb- durch die Amerikaner ist für ihn bis besondere Begegnung mit dieser belin sowie das Filmprojekt „Lud- heute sein „zweiter Geburtstag“. Thematik für die Schülerinnen, wigslust im Nationalsozialismus, Berührend und eindrucksvoll. denn Geschichte wird begreifbarer, 1933 bis 1945“ mit Mirko Schütze Am 2. Mai 2014 wurden im Rah- wenn Zeitzeugen davon berichten. von Sophie Medien an. men der Gedenkveranstaltung an Da setzte im neuen Schuljahr die Am 3. Juli letzten Jahres startete der KZ-Gedenkstätte ehemaliges Rastower Schülerinnen verlasen die Namen der Opfer Lagergelände 22 neue Namens- und legten an der Gedenkstätte Rosen nieder. steine für Opfer des KZ Wöbbelin eingeweiht, die nach der Befreiung an den Folgen der Haft in einem Lazarett in Lübtheen gestorben sind. Rastower Schülerinnen verlasen die Namen der Opfer und legten Rosen nieder. Einer der Steine trägt den Namen Jans Zwinder- man. Die Tochter Alie Zwinder- man aus den Niederlanden erzählte die Geschichte ihres Vaters, der mit 26 Jahren in Mecklenburg starb, ehe sie in Holland geboren wurde. „Ich habe meinen Vater nie kennen gelernt und hatte so viele Fragen“ sagte sie in ihrer Rede und schil- 2 Leben auf dem Lande im Rahmen des Lokalen Akti- onsplanes des Landkreises Lud- wigslust–Parchim das Projekt „Unbequeme Denkmale“ in den Mahn- und Gedenkstätten Wöbbe- lin. Denkmale erinnern an Gescheh- nisse, die rühmlich oder auch un- rühmlich waren. Sie sind Zeugnisse früheren Lebens und Handelns. Welche Botschaften geben sie uns auf den Weg? Was sagen sie uns heute? Welche Bedeutung hatten und haben sie für unsere Gemein- de? Im Rahmen der Projektarbeit wird diesen Fragen nachgegangen und nach Antworten auf unter- schiedlichste Weise gesucht. Peter Klodner sichtet mit Schülern in den Räumen des Dunkelkammer e.V. Fotomateri- 11 Schüler/innen einer 7. Klasse al des Hamburger Fotografen Hans Hartz, der bis kurz nach dem Kriege in Rastow lebte und arbeitete. Ursula Hartz übergab das Archiv ihres Vaters an die Gemeinde Rastow beteiligen sich im Wahlpflicht- und somit den Verein Dunkelkammer. unterricht „Regionalgeschichte“ gemeinsam mit ihrer Lehrerin fangreich und anschaulich Er- wird auch Hilfe von Einwohner/in- Frau Pioch an diesem Projekt. Zu kenntnisse zur Luftwaffenmuniti- nen gebraucht, die in den vergan- Beginn des Schuljahres besuchten onsanstalt (Muna) Pulverhof 7/XI genen Jahrzehnten Fotos von Ver- sie zunächst die Mahn- und Ge- vermittelte sowie Materialien zur anstaltungen an diesen Orten und denkstätten Wöbbelin, lernten den Verfügung stellte. andere Dokumente aufbewahrt historischen Ort sowie die Bezüge In den nächsten Wochen soll es zur haben oder persönlich für ein Ge- in die Region kennen und setzten Spurensuche u.a. in das Kirchen- spräch zur Verfügung stehen. sich mit der Geschichte des KZ archiv Schwerin sowie das Kreis- Im Filmprojekt „Ludwigslust im auseinander. Es folgten Zeitzeu- archiv Ludwigslust gehen. Aber es Nationalsozialismus, 1933 bis gengespräche mit dem Überle- benden des KZ Wöbbelin, Janusz Zu Gast in der Dr. Ernst-Alban-Schule: der in Ludwigslust lebende Dieter Ueltzen, der als Kahl aus Warschau sowie dem Zeitzeuge seine Erlebnisse aus Kinderjahren schilderte ehemaligen Ludwigsluster Kantor Herrn Dieter Ueltzen. Im November 2014 besuchte die Gruppe auf der Suche nach histo- rischen Fotos zu Denkmalen in Rastow und Umgebung die „Dun- kelkammer Rastow“. Unterstützt wurden sie dort von Herrn Labahn und Herrn Klodner. Für die wei- tere Recherche und das Lesen der Inschriften alter Denkmäler und Dokumente in Archiven lernten sie bei dem Rastower Grafiker Peter Möller die Sütterlinschrift. Ein weiterer Gast in der Schule war auch Herr Wolfgang Utecht, der den Schüler/innen sehr um- 3 Leben auf dem Lande Filmaufnahmen. Die praktische Filmarbeit soll am Ende in einem Dokumentarfilm umgesetzt wer- den, der die Geschehnisse von da- mals anschaulich darstellt. Ziel ist die Auseinandersetzung mit loka- len Entwicklungen der Zeit sowie das praktische Erlernen von Doku- mentations- und Filmarbeit. Auch in diesem Projekt brauchen die Schüler Unterstützung und werden in Kürze einen Aufruf dazu veröffentlichen. Sie sind auf der Suche nach wahr- heitsgetreuen Geschichten und Bildern. Wer kann das besser er- zählen und vermitteln als Zeitzeu- gen. Wenn sie noch Dokumente, Zeitungsausschnitte, Postkarten, Fotos oder ähnliches aus dieser Zeit von Ludwigslust haben, diese Das Rastower Film-Team unter Leitung von Mirko Schütze Materialien zur Verfügung stellen 1945“ filmten Schüler/innen der Kino in Ludwigslust die Rede war, oder für ein persönliches Gespräch 8. Klasse mit professioneller Un- besuchten sie diese beiden Orte als Zeitzeuge zur Verfügung stehen Foto privat terstützung durch Mirko Schütze und drehten dort einige Filmsze- möchten, würden sich die Schüler von der Sophie Medienwerkstatt nen. Ein wichtiges Thema ist auch sehr freuen. e.V. wichtige historische Orte der Bombenangriff auf Ludwigs- Zum Abschluss der Projektar- der Stadt. Im Vorfeld führten sie lust am 22. Februar 1945. Dazu beiten der Regionalen Schule „Dr. ein Interview mit dem Zeitzeu- wurden historische Fotos und Ernst Alban“ Rastow werden die gen Dieter Ueltzen. Er erzählte Filmaufnahmen ausgewertet und Schüler/innen die Ergebnisse ihrer ihnen von seinem Leben und den eingearbeitet. Arbeit in der Schule, den Gemein- Geschehnissen in Ludwigslust in Unter Anleitung lernen die Schü- den und im Amt Ludwigslust Land den Jahren 1938 bis 1945. Da in ler den Umgang mit Filmtech- präsentieren. den Erzählungen von Herrn Uelt- nik aber auch die eigenständige Wöbbelin, den 20. März 2015 zen viel über den Bahnhof und das Planung und Vorbereitung von Ramona Ramsenthaler, Cornelia Neumann Wenn sie die Schüler/innen in ihrer Projektarbeit unterstützen möchten, nehmen Sie bitte Kontakt mit den Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin auf. Erzählen Sie Ihre Geschichte. Wie haben Sie die Zeit des Nationalsozialismus erlebt? Wie ging es nach dem Kriege weiter? Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin Ludwigsluster Str. 2 b 19288 Wöbbelin Tel.: 038753 – 80792 Mail: [email protected] 4 Leben auf dem Lande Zum Gedenken an meinen guten Freund – Herbert Rieger Gerhard Rieger Herr Wacker Herbert Rieger Ingrid Bollow Foto privat Oft spielte unsere kleine befreun- Das Leid, für einige von uns die Seit mehreren Tagen waren Her- dete Kindergemeinschaft Herbert Flucht, die Nachkriegszeit mit bert und sein älterer Bruder Ger- Rieger, Werner Marotzke, Dieter großen Entbehrungen, Not und hard mit Spaten bewaffnet auf der Grotkopp, Adelheid Penk, Günter Leid kennen wir nur die die Er- Autobahntrasse beschäftigt. Sie Roge, meine Schwester Helga Bol- zählungen der Eltern. Die Flücht- kamen an uns vorüber und mein- low und ich im Wald, der sich di- lingsfamilien in unserem Haus ten noch: „Heute werden wir es rekt an unsere Dorfhälfte mit dem und im Dorf hatten sich schon so schaffen!“ Sie wollten ein Radio Friedhof anschloss - und der Wald- gut es ging eingelebt. Wir Kinder aus einem Wrack ausgraben. Für zunge, die zwei Straßen voneinan- machten da keine Unterschiede. uns war dieser Bereich tabu Dort der trennte. Wir gingen zusammen zur Schule, durften wir beide nicht mehr spie- Dort, wo eigentlich die geplante spielten in der Freizeit miteinander. len und die Jungs wollten auch so- Autobahn Berlin – Hamburg vor- Die Welt war für uns in Ordnung – wieso ungestört sein. Als unsere gesehen war. Die Trasse war schon bis zu diesem denkwürdigen Tag, Mutti uns gegen zwölf Uhr zum vorbereitet. Sie hatte durch den der uns in Angst und Schrecken Mittag rief, machten wir uns auf Sandaushub eine Hügellandschaft versetzte. den Heimweg. Plötzlich ein lauter im Wald entstehen lassen. Wir Es war der dritte Sonntag nach den Knall. Wir drehten uns erschro- nutzten die Hügel zum Versteck- achtwöchigen Sommerferien am cken um und blieben stehen. Da spiel, im Winter zum Schlitten 20. September 1953. kam Gerhard hilferufend über den fahren und kleinen
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