Die Zitter-Partie 360 Millionen Euro Sollten Die Deutschen Proficlubs in Der Nächsten Saison Vom Fernsehen Kassieren

Die Zitter-Partie 360 Millionen Euro Sollten Die Deutschen Proficlubs in Der Nächsten Saison Vom Fernsehen Kassieren

Sport FUSSBALL Die Zitter-Partie 360 Millionen Euro sollten die deutschen Proficlubs in der nächsten Saison vom Fernsehen kassieren. Dass nach der Kirch-Insolvenz das Geld in voller Höhe fließen wird, glauben nur noch kühne Optimisten. Ein Streifzug durch eine Branche, die ihr Pech nicht fassen kann. rare in Aussicht, die sie auch refinanzieren können – und die Liga schaut zitternd zu. Der Liga-Boss Werner Hackmann sieht nicht so aus, als hätte der deutsche Fußball ein Problem. Aufreizend entspannt sitzt er im Landhaus Scherrer an der Elbchaussee in Hamburg. Fast schon: cool. Zum Mittagessen hatte er, wie so oft, Kalbsleber mit Kartoffelpüree. Nun streckt er die Beine unter dem Tisch aus. Im Mundwinkel tanzt ein Zigarillo. Er raucht auf Lunge und sagt: „Ich bin ganz locker.“ Ein bisschen Lucky Luke auf Hansea- tisch. Doch mehr als Gelassenheit kann Werner Hackmann nun mal nicht bieten. Er würde schon gern. Denn der Vor- standsvorsitzende des Hamburger SV be- findet sich auf einer heiklen Mission. Als Präsident der Deutschen Fußball Liga (DFL) soll Hackmann den Wert seiner Branche auf dem kollabierenden Sport- Rechtemarkt retten. Er soll den Vereinen die bislang gewohnten TV-Millionen be- wahren. Er soll verhandeln mit Murdoch, TOBIAS SCHWARZ / REUTERS SCHWARZ TOBIAS mit Kloiber, mit wem auch immer und bald eine Lösung präsen- tieren. Millionengrab Hat er überhaupt einen Vom Kirch-Konzern vertrag- Plan? Immerhin ist der Kri- lich zugesichertes Honorar senmanager viel unterwegs. für die Fernsehrechte der Vorigen Montag war er bei Fußball-Bundesliga offen der Bekanntgabe der WM- in Millionen Euro 460 Stadien für 2006 in der Alten offen Oper in Frankfurt. Mittwoch 355 358 360 reiste er zum Länderspiel Münchner Profi Hoffmann (l.)*: „Eine Art Vorspielen“ nach Stuttgart. Donnerstag hatte er eine Besprechung ür ein paar Stunden schien die Welt mel von der „Werthaltig- mit DFL-Geschäftsführer in Ordnung. Das Vorzeige-Ensemble keit des Produkts Bundes- Wilfried Straub. Und der Fdes deutschen Fußballs rackerte sich liga-Fußball“. Der samstäg- Freitag war für seinen HSV ab gegen den WM-Favoriten Argentinien, liche Kick war nie jene 360 reserviert – der bestritt das 2000/ 2001/ 2002/ 2003/ und alle waren gekommen ins Stuttgarter Millionen Euro wert, die 2001 2002 2003 2004 Derby gegen St. Pauli. Gottlieb-Daimler-Stadion – die Calmunds, Leo Kirch etwa für die Unterwegs traf er natür- die Rummenigges, die Rüssmanns. nächste Saison zahlen woll- lich auch wichtige Leute: Die Darbietung war zwar etwas dürftig, te. RTL-Geschäftsführer Gerhard Zeiler Fifa-Boss Sepp Blatter zum Beispiel oder doch die 0:1-Niederlage empfand mancher hält die Hälfte für realistisch. den Fernsehmann Fritz Pleitgen. Doch Fußballboss als pure Erholung im Vergleich Der wahre Wert wird demnächst durch mehr als eine holprige Durchhalteparole zu den Perspektiven, die der Liga dräuen. Angebot und Nachfrage ermittelt. Die ak- kam nicht herum: „Es kann zu einem worst Nur noch die Tollkühnen unter den Op- tuellen Rechteinhaber in München drängen case kommen, weil keine vernünftige timisten glauben an die Beschwörungsfor- auf kräftige Nachlässe, selbst die letzte Sai- Einigung für alle Beteiligten zu Stande sonrate über 100 Millionen Euro, die am 15. kommt, aber ich mache mir keine Sorgen.“ * Im Zweikampf mit Giovane Elber beim Spiel 1860 Mün- Mai fällig ist, scheint nicht gesichert. Poten- Die machen sich andere umso mehr. chen gegen Bayern München am 13. Oktober 2001. zielle neue Rechteeinkäufer stellen Hono- „Ex-Fußballer“, so nennt Hackmann et- 172 der spiegel 17/2002 RUST / IMAGO RUST Hannover-96-Präsident Kind Bezüge verdoppelt Hannover 96 zu einem Zeitpunkt, als Kind die Verträge mit den meisten Spielern bereits bis 2005 verlängert hatte – den Aufstieg vor Augen und im Vertrauen auf künftig zehn Mil- HOLGER HOLLEMANN / DPA HOLLEMANN HOLGER lionen Euro Fernsehgelder zum Teil Aufstiegsfeier in Hannover*: „Ein unglücklicheres Jahr gibt es nicht“ mit verdoppelten Bezügen. Kind, 57, legt die Stirn in Falten: „Hätte ich ge- was spöttisch jene prominenten Herren, desliga-Tagung hören, wer die 360 Millio- ahnt, was passiert, wären die Gehälter mit die einer nach dem anderen „die Nerven nen Euro für die nächste Saison bezahlt – Sicherheit niedriger ausgefallen.“ verlieren“. oder wie es sonst weitergeht. Fast scheint Jetzt drohen Zahlungsschwierigkeiten. Zuletzt war es Karl-Heinz Rummenigge, es so, als gehe Hackmann schon vom Schei- Hannovers Etat für die kommende Saison Vorstandsvorsitzender des FC Bayern, der tern aus, wenn er sagt: „Ich bin ja nicht an- beträgt 24 Millionen Euro. Der Club hat „Bild am Sonntag“ anvertraute, die Liga gewiesen auf diesen Job.“ keine eigenen Ressourcen, ist von den müsse „den Rotstift ansetzen“. Hackmann Fernsehgeldern abhängig. „Einen Rück- war entsetzt. Schließlich will er den Fußball Der Vereinschef gang dieser Einnahmen könnten wir nicht so teuer wie möglich verkaufen, da seien Mit Finanzkrisen im Fußball kennt Martin verkraften“, sagt Kind. solche Einlassungen „nicht hilfreich“. Kind sich aus. Vor viereinhalb Jahren wur- Vorsorglich hat er dem Verein deshalb Andererseits zeugt die allgemeine Ge- de er Vorstandsvorsitzender von Hannover einen Sparkurs verordnet. Zusätzlich zum schwätzigkeit auch davon, dass Hackmann 96; damals spielte der Club in der Regio- Budget für die laufenden Kosten hatte Kind seinen Laden nicht im Griff hat. Rolf Rüss- nalliga Nord und hatte sieben Millionen einige Millionen Euro für Neueinkäufe vor- mann bei Maybrit Illner („Berlin Mitte“), Mark Schulden. Der Konkurs schien nur gesehen. Dieser Posten ist nun um 30 Pro- Reiner Calmund bei „Sabine Christiansen“ noch eine Frage der Zeit. zent gekürzt, um eventuelle Haushalts- – es ist ein Kreuz. Kind, ein kahler Mann von schmächtiger löcher zu stopfen. Statt die Mannschaft wie Dabei sollte sich der DFL-Oberste doch Statur, konnte die Pleite abwenden. 1999 beabsichtigt auf vier bis fünf Positionen zu mit Eitelkeiten auskennen: Bis 1994 war verwandelte er die Lizenzspielerabteilung verstärken, sollen nur zwei, maximal drei der Sozialdemokrat Innensenator in Ham- in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien. neue Spieler verpflichtet werden. Zudem burg. Und gerade wegen seiner politischen Und als der niedersächsische Traditions- wird der Kader um mindestens vier Plan- Erfahrung wurde er zum Chef der Liga ge- verein schließlich Ostersamstag den Auf- stellen reduziert. wählt. Die Bewältigung der aktuellen Kri- stieg in die erste Liga feierte, schien Kinds Selten stand ein Zweitligist so früh als se ist sein bislang größter Job. Doch aus- Mission erfüllt: „Wir haben wieder einen Aufsteiger fest wie Hannover 96 – nach 30 gerechnet nun, da der Politiker in Hack- Platz an der Sonne.“ Spieltagen. Doch den erhofften „strategi- mann gefordert ist, scheinen die alten Doch nur neun Tage später verfinsterte schen Vorteil haben wir verloren“, sagt Instinkte nicht mehr zu funktionieren. sich der Himmel. Die Kirch-Insolvenz traf Kind. Der tschechische Stürmer Jiºí µtajner Die Idee, der Liga mit einer steht zwar nach wie vor ganz oben auf der Staatsbürgschaft aus der Bre- Wunschliste. Ob sich der Club allerdings douille zu helfen, endete mit auch noch den Fürther Markus Dworrak einem Imageschaden für die und den U-21-Nationalspieler Clemens ganze Zunft. „Steuergelder für Fritz leisten kann, scheint fraglich. „Ein Fußball-Millionäre“, so ver- unglücklicheres Jahr, um aufzusteigen, gibt stand es die Presse. Hackmann es nicht“, sagt Kind. räumt den „Managementfeh- Erst wenn die Kirch-Insolvenzverwalter ler“ mittlerweile ein. Mitte Mai bekannt geben, ob sie den Ver- Doch „richtig Prügel“, das trag in vollem Umfang erfüllen, könne man ahnt er schon, könnte es für ihn wieder vernünftig verhandeln. Bis dahin am 18. Mai setzen. Dann wol- sei „jede Ablösesumme ein Risikoange- len die Clubs auf ihrer Bun- bot“. Und dass Kind von den Spitzen der DFL vorab schon mal Signale erhält, wi- * Oben: Trainer Ralf Rangnick auf den derspräche seiner Lebenserfahrung: „Als Schultern von Co-Trainer Mirko Slomka Aufsteiger steht man auf der untersten am 30. März im Niedersachsenstadion; un- Sprosse der Leiter.“ ten: mit Fifa-Präsident Joseph Blatter (l.) Am Samstag vor Pfingsten fährt Trainer und Hamburger Staatsrat Reinhard Beh- rens bei der Auswahl der WM-Stadien BEHNE / BONGARTS SANDRA Ralf Rangnick in den Urlaub. Bis dahin, 2006 am 15. April in Frankfurt am Main. DFL-Boss Hackmann (M.)*: „Ich bin locker“ hat er dem Vereinschef nahe gelegt, wolle der spiegel 17/2002 173 Sport er Klarheit haben für die nächste Saison. Denn Neubauer pflegt die Fußballschaf- nem Coach beim TSV 1860 München, ge- „Es sieht so aus“, sagt Kind, „als müsse er fenden in Güteklassen einzuteilen. Natio- sprochen hat, ist allerdings schon lange her. sich ahnungslos auf den Weg machen.“ nalspieler wie Deisler sind „Kategorie I“. Es war vor zwei Monaten, vor dem Der- Dass deren Gagen nun beschnitten wer- by gegen den FC Bayern. Hoffmann woll- Der Spielerberater den sollen, hält er für abwegig. Erstens te von Pacult wissen, warum er zuletzt nur Normalerweise ist der April für den Be- gebe es die in internationalen Wettbewer- noch auf der Ersatzbank gesessen habe. rufsstand des Spielerberaters ein strammer ben beschäftigten Bundesligisten (ebenfalls „Nix Persönliches“, sagte der Trainer und Monat. Doch seit bei Kirch die Sanierer „Kategorie I“), die nicht so abhängig von versprach, den Manndecker gegen die Bay- eingerückt sind, ist der Handel an der den Kirch-Millionen seien. Und zweitens ern zu bringen. Am Tag des Spiels war Kicker-Börse praktisch

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