Mandaterechner Wie Groß Wird Der Bundestag?

Mandaterechner Wie Groß Wird Der Bundestag?

#Mandaterechner Wie groß wird der Bundestag? Ausgabe 1 | 2021 Wie groß wird der Bundestag? Ergebnisse einer Projektionsrechnung Robert Vehrkamp WIE GROSS WIRD DER BUNDESTAG? – ERGEBNISSE EINER PROJEKTIONSRECHNUNG Impressum © Bertelsmann Stiftung, Gütersloh Juli 2021 Verantwortlich Dr. Robert Vehrkamp Christina Tillmann Inhaltliche Mitarbeit Lars Bischoff Matthias Moehl Autor Redaktionelle Unterstützung Gaëlle Beckmann Dr. Robert Vehrkamp Sandra Stratos ist Senior Advisor der Bertelsmann Stiftung im Programm „Zukunft der Demokratie“ und war Gast- Gestaltung wissenschaftler der Abteilung „Demokratie und Demo- Markus Diekmann, Bielefeld kratisierung“ am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB). Im Juni 2021 wurde er als Sachverständiger in die Kommission des Deutschen Bundestages zur Reform des Bundeswahlrechts und zur Modernisierung der DOI 10.11586/2021065 Parlamentsarbeit berufen. [email protected] 2 WAS IST UND WAS KANN DER #MANDATERECHNER? Was ist und was kann der #Mandaterechner? Mit dem #Mandaterechner lassen sich Projek- Der #Mandaterechner erweitert damit bisher vor- tionsrechnungen zur Größe des Bundestages nach liegende Berechnungsmodelle um die Variable des der Bundestagswahl 2021 durchführen. Auf der Splittingverhaltens. Anstatt mit einer konkreten Grundlage des aktuellen Umfragetrends und in Annahme über das Splittingverhalten zu arbeiten Abhängigkeit von konkreten Annahmen über das und die Größe des Bundestages dann in Abhän- Splittingverhalten der Wähler:innen zwischen gigkeit vom Zweitstimmenergebnis zu berechnen, Erst- und Zweitstimme sowie unter Berücksich- ermöglicht der #Mandaterechner auch die Varia- tigung des regionalen Wahlverhaltens und der tion des Splittingverhaltens für einen gegebenen Kandidaturen in den 299 Wahlkreisen wird nach Umfragetrend. den Regeln des derzeit geltenden Wahlrechts die daraus resultierende Größe des Bundestages ermittelt. Der Umfragetrend entspricht dem Durchschnitt aktueller Umfragen zur Wahlabsicht bei der Bundestagswahl. Die Splittingszenarien zeigen vorstellbare Konstellationen im Splitting- verhalten der Wähler:innen. Die gewählten Sze- narien zeigen exemplarisch welche Splittingkons- tellationen zu welchen Bundestagsvergrößerungen führen. Der Umfragetrend und die Berechnungen der Bundestagsgrößen werden im Auftrag der Ber- telsmann Stiftung von election.de durchgeführt. Nähere Erläuterungen dazu finden Sie im metho- dischen Anhang dieser Broschüre (S. 23). Zum Verständnis und zur Anwendung des Blog #Mandaterechner ist wichtig: Der #Mandate- wie-gross-wird-der-bundestag.de @Mandaterechner rechner will und kann keine Prognosen machen, weder zum Wahlergebnis noch zum Splitting- verhalten und folglich auch nicht über die Größe des Bundestages nach der Bundestagswahl 2021. Der #Mandaterechner projiziert vielmehr exemplarisch einen jeweils aktuell gegebenen Eine interaktive Publikumsvariante des Umfragetrend für das Zweitstimmenergebnis #Mandaterechner finden Sie im Blog „Wie groß in Verbindung mit spezifischen Annahmen für wird der Bundestag? (www.wie-gross-wird- das Splittingverhalten auf die geltenden Regeln der-bundestag.de). Dort findet sich auch der des Bundeswahlrechts über die Umrechnung der Zugang zum interaktiven Expert:innentool des Stimmergebnisse in die Mandatsverteilung und #Mandaterechner. Im Expert:innentool sind berechnet für derartige Szenarien dann die daraus eigene Szenarien sowohl für das bundesweite resultierende Bundestagsgröße. Er prognostiziert Zweitstimmenergebnis wie auch für das Splitting- also auch nicht, was voraussichtlich bei der Bun- verhalten frei definierbar, für die das Tool dann destagswahl 2021 passieren wird, sondern zeigt, die sich daraus ergebenden Bundestagsgrößen was passieren könnte, wenn sich im geltenden berechnet. Für Aktualisierungen, Hinweise und Wahlrecht gegebene Zweitstimmenergebnisse mit Kommentare zum #Mandaterechner können Sie unterschiedlichen Splittingannahmen verbinden. dem Autor auf Twitter folgen (@Mandaterechner). 3 WIE GROSS WIRD DER BUNDESTAG? – ERGEBNISSE EINER PROJEKTIONSRECHNUNG Wie groß wird der Bundestag? Vier Projektionen auf Grundlage des aktuellen Umfragetrends (Stand: 25. Juni 2021) Der #Mandaterechner der Bertelsmann Stiftung ABBILDUNG 1 Umfragetrend* am 25. Juni 2021 ermöglicht es, für einen gegebenen Umfragetrend und in Abhängigkeit vom Splittingverhalten der Partei in Prozent Wähler:innen die Größe des Deutschen Bundes- CDU/CSU - 28,4 + tages nach der Bundestagswahl 2021 zu berechnen. Er erweitert damit den Blickwinkel bisheriger An- SPD - 15,6 + sätze um die Variation des Splittingverhaltens der AfD - 10,1 + Erststimmen: Wie wirken sich, bei einem gege- FDP - 11,9 + benen Umfragetrend, unterschiedliche Annahmen über das Splittingverhalten der Wähler:innen auf DIE LINKE - 6,9 + die Größe des Deutschen Bundestages aus? GRÜNE - 20,6 + Sonstige 6,5 Dabei zeigt sich: Das geltende Wahlrecht macht die Größe des Bundestages nicht nur vom Zweit- stimmenergebnis, sondern vergleichbar stark auch vom Splittingverhalten der Wähler:innen ab- Szenario 1: Regelgröße hängig. Die Größe des Bundestages wird damit zu 598 Mandate einem Vabanquespiel. Es gibt keine vermeintlich „sicheren“ Zweitstimmenergebnisse mit gerade Szenario 2: L-Bundestag noch akzeptablen Bundestagsgrößen, weil sich, je nach Splittingverhalten der Wähler:innen, für ein 710 Mandate und denselben Zweitstimmentrend ganz unter- schiedliche Bundestagsgrößen ergeben. Und die Szenario 3: XL-Bundestag Risikomarge dafür liegt nicht zwischen 650 und 857 Mandate 750 Mandaten, sondern eher zwischen 600 und mehr als 1.000 Abgeordneten. Szenario 4: XXL-Bundestag Das zeigen exemplarisch die hier für den aktuellen 963 Mandate Umfragetrend bei den Zweitstimmen vorgestellten Szenarien, die sich lediglich durch unterschied- liche Annahmen zum Splittingverhalten unter- Quelle: election.de im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. scheiden, aber zu Bundestagsgrößen zwischen 598 und 963 Mandaten führen: * Der Umfragetrend entspricht dem von election.de ermittelten Wahltrend zur Bundestagswahl 2021. Der Wahltrend wird berechnet als arithmetisches Mittel aktueller Umfragen zur Ermittlung der Wahlabsicht bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 („Sonntagsfrage“). Der hier verwendete Umfragetrend vom 25. Juni 2021 enthält insgesamt sieben Umfragen aus der Zeit vom 15. bis 25. Juni 2021. 4 WIE GROSS WIRD DER BUNDESTAG? VIER PROJEKTIONEN AUF GRUNDLAGE DES AKTUELLEN UMFRAGETRENDS Im Szenario 1 wird die Regelgröße des Bundes- Im Szenario 3 bläht sich der Bundestag auf 857 tages von 598 Abgeordneten erreicht. Dazu musste Mandate auf, ohne dass dafür besonders auffällige allerdings ein exemplarisches Splittingverhalten oder unplausible Splittingannahmen getroffen unterstellt werden, das es so für alle Parteien werden müssten: Die Unionswähler:innen würden außer der AfD noch nie gegeben hat. Nur wenn so sich in etwa wie bei der letzten Bundestagswahl wenige Unionswähler:innen ihre Partei mit beiden verhalten und zu 85 Prozent mit beiden Stimmen Stimmen wählen wie seit 1953 nicht mehr, gleich- ihre Partei wählen. Gleichzeitig würde fast die zeitig nur etwa halb so viele FDP-Wähler:innen Hälfte (46 Prozent) aller FDP-Wähler:innen mit zugunsten der Union splitten, wie bei der Bun- der Erststimme die Union wählen, noch immer destagswahl 2013, und fast 80 Prozent (statt 50 deutlich weniger als 2005 (60 Prozent) und Prozent) der Grünen-Wähler:innen mit beiden 2013 (63 Prozent). Zusätzlich würden prozen- Stimmen Grün wählen, würde beim derzeitigen tual ähnlich viele Wähler:innen der Grünen wie Umfragetrend der Bundestag seine Regelgröße von 2017 (15 statt 14 Prozent) mit ihrer Erststimme 598 erreichen. Trotz der Direktmandatsgewinne die Union wählen. Insgesamt würde das zu 69 von SPD (33) und Grünen (100) würden bei der CDU Überhangmandaten für die CDU führen, deren 16 Überhangmandate anfallen, die allerdings durch Ausgleich den Bundestag dann auf 857 Mandate Listenmandate anderer CDU-Landesverbände aufbläht. Das Gesamturteil für dieses Szenario kompensiert und deshalb zu keiner Vergrößerung lautet deshalb: Ein Bundestag mit etwa 857 des Bundestages führen würden. Aufgrund der Mandaten wäre nach den selbstgesetzten Maß- sehr unplausiblen Splittingannahmen lautet das stäben der Wahlrechtsreform zwar inakzeptabel, Gesamturteil für dieses Szenario allerdings: Ein ist aber beim derzeitigen Umfragetrend nicht Bundestag in der Regelgröße von 598 Mandaten unwahrscheinlich. wäre zwar wünschenswert, ist beim derzeitigen Umfragetrend aber extrem unwahrscheinlich. Im Szenario 4 explodiert der Bundestag auf 963 Mandate, erreicht also fast sogar die Schwelle Im Szenario 2 vergrößert sich der Bundestag auf eines „Bundestages der Tausend“. Dennoch 710 Mandate ähnlich stark wie nach der Bundes- bleiben die dafür notwendigen Splittingannahmen tagswahl 2017. Das Minimalziel der Wahlrechts- im Rahmen des plausibel Vorstellbaren: Die Uni- reform, dass der Bundestag nicht noch größer onswähler:innen würden in historisch gewohnter wird, würde gerade noch erreicht. Dennoch Manier zu 92 Prozent mit beiden Stimmen für erscheint auch das derzeit eher unwahrschein- ihre Partei stimmen. Gleichzeitig würden die lich, weil auch dafür ein sehr ungewöhnliches FDP-Wähler:innen ähnlich wie 2005 und 2013 zu Splittingverhalten erforderlich wäre: Nur gut 63 Prozent zugunsten der Union splitten. Und von drei Viertel statt der üblichen etwa 90 Prozent den Grünen-Wähler:innen würden das 21 Prozent der Unionswähler:innen dürften mit ihrer Erst- tun, dabei vor allem die Neuwähler:innen der und Zweitstimme die

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