Der Ruf Nach Gerechtigkeit Museum Hof Van Busleyden Mechelen

Der Ruf Nach Gerechtigkeit Museum Hof Van Busleyden Mechelen

Der Ruf nach Gerechtigkeit Museum Hof van Busleyden Mechelen 23 MÄRZ - 24 JUNI 2018 KUNST UND RECHTSPRECHUNG IN DEN NIEDERLANDEN (1450-1650) Recht und Unrecht sind ein häufig vorkommendes Motiv in der Blütezeit der niederländischen Kunst im 15., 16. und 17. Jahrhundert. Die Herzöge von Burgund wollten aus ihren Besitztümern in den Niederlanden eine politische Einheit machen, was tiefgreifende Veränderungen im Rechtssystem zur Folge hatte. Es wurden zentrale Gerichte wie der Große Rat von Mechelen eingerichtet, die die Autorität der lokalen Gerichte einschränkten. Die Rechtsprechung wurde professioneller, aber auch umständlicher und weniger zugänglich. Die Entdeckung der Neuen Welt, der Aufstand der Niederlande und die Spanische Inquisition gingen mit schrecklichen Gräueltaten einher. Andere und Andersdenkende wurden hart bestraft. So gut wie alle bedeutenden Maler aus dieser Zeit - von Rogier van der Weyden bis Antoon van Dyck und Rembrandt - befassten sich auf ihren Werken mit Themen wie Recht, Unrecht und Rechtsprechung. Sie verwendeten dazu inspirierende Beispiele gerechten Verhaltens aus Geschichten der Bibel, sowie aus Allegorien, der Mythologie und der Geschichte. Ihre Kunstwerke zeigen, wie Verbrechen bestraft wurden und schenken Trost bei Unrecht. Zeitgenössischer Missbrauch wird verspottet und angeklagt. Die Kunstwerke über Recht und Unrecht schmückten Rathäuser und Kirchen, drangen aber vor allem über Bücher und Kupferstiche auch in die Privatsphäre ein. 1. Maarten de Vos Das Gericht der Brabanter Münze 1594 – KBC Snijders&Rockoxhuis, Antwerpen © KBC Antwerpen Snijders&Rockoxhuis Dieses Gemälde kann buchstäblich als Einleitung in die Rechtsikonografie des 16. FRAU JUSTITIA Jahrhunderts betrachtet werden. In der Mitte steht Frau Justitia, links sehen wir Moses und den byzantinischen Kaiser Justinianus, rechts den römischen König Numa Pompilius und Kein einziges Bild ist so eng mit der Idee der Gerechtigkeit verbunden wie Frau Justitia. Sie neben ihm möglicherweise Plinius den Älteren. Moses, Justinianus und Numa spielten eine wurde auf dem Gemälde von Maarten de Vos, sicher nicht rein zufällig sehr prominent in der wichtige Rolle bei der schriftlichen Niederlegung des Rechts. Der Schriftsteller Plinius schrieb Mitte dargestellt. Justitia ist bereits seit der Antike eine wichtige Tugend, die als Inspirations- über die Entstehung des Geldes. Seine Werke galten als Musterbeispiel für die Herren im Hin- quelle des menschlichen Handelns dient. Ab dem 16. Jahrhundert verkörpert sie auch die tergrund: die Mitglieder des Gerichtes der Brabanter Münze, die die finanziellen Angelegen- Rechtsprechung an sich. Bis heute prangen Skulpturen der Justitia auf Gerichtsgebäuden in heiten in Brabant überwachten. Das Gemälde hing in ihrem Gerichtssaal. der ganzen westlichen Welt. Detail: Justitia ist eine allegorische Figur. An ihrem Aussehen und ihren Attributen lässt sich ablesen, Moses hält die Steintafeln mit den 10 Geboten. Der Text auf den Tafeln wurde auf Hebräisch, was man unter Rechtsprechung versteht. Die Waage verweist auf das sorgfältige gegeneinan- der ursprünglichen Sprache des Alten Testaments, verfasst. Zu lesen ist hier übrigens wirklich der Abwägen von Argumenten für und wider etwas. Das Schwert symbolisiert die Entschlos- fehlerfreies Hebräisch. De Vos ließ sich dabei wahrscheinlich von Ludovicus Nonnius, einem senheit. Die Augenbinde verdeutlicht, dass Justitia ohne Ansehen der Person urteilt. sephardischen Juden aus Antwerpen helfen, der sich zum Katholizismus bekehrt hatte. Diese Attribute findet man jedoch nicht nur bei Justitia, sondern auch bei christlichen Figuren wie Judith, Synagoge oder dem Erzengel Michael. Auch die Bedeutung der Justitia steht nicht genau fest. Die Augenbinde galt ursprünglich sogar als Symbol der Verhinderung der Rechts- rechung. 2. Robert Péril Stammbaum des Hauses Habsburg: die vier Kardinaltugenden 1540 – Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett In den Zweigen eines Baumes sitzen die vier Kardinaltugenden. Justitia (Gerechtigkeit) sitzt links oben und ist an ihrem Schwert und der Waage zu erkennen. Prudentia (Weisheit) hält rechts oben ihr Buch und ihren Spiegel in der Hand. Links unten sehen Sie Fortitudo (Tapferkeit) mit dem Löwen und rechts unten Temperantia (Mäßigung) erkennbar an den miteinander verschlungenen Schlangen. Es handelt sich hier um das oberste Blatt des 21 Seiten zählenden Stammbaums des Hauses Habsburg. Deshalb prangt sein Wappen auch in der Mitte des Baumwipfels. Fürstenhäuser legitimierten sich oft, indem sie ihre Herkunft soweit wie möglich in die Vergangenheit zurückverfolgten, oft bis hin zu einem legendären Herrscher. In diesem Fall ist es der fränkische König Pharamond. 3. Justitia In: Gregorius Reisch, Margerita philosophica, fol. 312v 1505 – Universitätsbibliothek Gent © Universiteitsbibliotheek Gent, BHSL.HS.0007 Auf einem Thron sitzt eine Frau, die ein Schwert und ein Buch in den Händen hält. Der Über- schrift zufolge handelt es sich dabei um Justitia, die hier jedoch noch ohne die typische Augen- binde dargestellt wird. Zwei sogenannte exempla justitiae bzw. Beispiele der Gerechtigkeit flankieren sie: Links erkennt man Salomons Urteil und rechts das Urteil des Trajanus. Beide Geschichten werden Ihnen im Verlauf der Ausstellung noch begegnen. Sie sehen hier eine Abbildung aus der Margerita Philosophica, einem Handbuch der Philosophie. Diese Fassung des Buchs ist aufgrund der seitengroßen Illustrationen besonders schön. Sie stellen u. a. die Kardinaltugenden dar. Dabei darf natürlich auch Justitia nicht fehlen. Detail: Der Künstler erzeugt auf subtile Weise eine Einheit zwischen den verschiedenen Szenen auf diesem Blatt. So trägt beispielsweise Salomon genau wie Frau Justitia ein goldfarbenes, mit Hermelin abgesetztes Gewand. Auch den roten Baldachin über Justitias Thron findet man in der Szene mit der Geschichte Salomons wieder, der dadurch auf diesem Stich direkt mit der Tugend Justitia in Verbindung gebracht wird. 4. Manselmeester und Simon Marmion 6. Meister des Jean Mansel und Simon Marmion Justitia und Prudentia In: Jean Mansel, La fleur des histoires, 1454 en 1467, fol. 448v In: Leonardus Lessius, De justitia et jure. Leuven: Jan Maes, 1605, Titelseite Koninklijke Bibliotheek van België, Brussel KU Leuven Bibliotheken - Maurits Sabbebibliotheek, Leuven Jean Mansel war ein Funktionär am burgundischen Hof. Er fasste unter dem Titel La fleur des Im 16. und 17. Jahrhundert stellten immer mehr Intellektuelle die jahrhundertealte Tugend- histoires verschiedene Texte zu einer Weltgeschichte zusammen. Das Buch war sehr beliebt. lehre der mittelalterlichen Scholastik in Frage, die auf strikter Treue gegenüber maßgeblichen Dieses reich illustrierte Exemplar gehörte dem burgundischen Herzog Philipp dem Guten. Schriften beruhte. In De justitia et jure (Über die Gerechtigkeit und Recht) fragt sich der Auf dieser Miniatur sitzen die vier Kardinaltugenden jeweils unter einem Baldachin. Von links Jesuit Leonardus Lessius, wie die traditionelle kirchliche Lehre mit einem blühenden Handel nach rechts sehen Sie: Justitia mit Waage und Schwert, Temperantia mit einen Sieb und einem zu vereinbaren sei. Er betont dabei die Vernünftigkeit und Ausgewogenheit von Handels- Sack Geld, Prudentia, die ein Kästchen bewacht, und Fortitudo mit Turm, die einen Drachen transaktionen. Deshalb schaut Justitia auf dieser Titelseite auf ihre Waage. Außerdem mahnt in Schach hält. Die Miniaturen in dieser Luxushandschrift stammen von dem berühmten Lessius zu Vorsicht und Weisheit. Die Prudentia mit dem Spiegel erhält deshalb einen ebenso Simon Marmion und einem Miniaturmaler, der als Mansel-Meister bezeichnet wird. prominenten Platz wie die Justitia. Die anderen Kardinaltugenden (Tapferkeit und Mäßigung) werden kleiner dargestellt. 5. Jacob Matham (zugeschrieben), Hendrick Goltzius (nach) Die sieben Tugenden 1588 – Rijksmuseum, Amsterdam Diese eleganten Frauen verkörpern die sieben Tugenden und wurden mit ihren symbolischen Attributen dargestellt. Wir sehen von links nach rechts: die Hoffnung (Spes) mit Fesseln, die Weisheit (Prudentia) mit Spiegel und Schlange, den Glauben (Fides) mit Kreuz und Kelch, die Nächstenliebe (Caritas) mit zwei kleinen Kindern, die Gerechtigkeit (Justitia) mit Waage und Schwert, die Tapferkeit (Fortitudo) mit einer Säule und die Mäßigung (Temperantia), die Wasser in den Wein gießt. Hoffnung, Glaube und Nächstenliebe sind die theologischen Tugenden. Weisheit, Tapferkeit, Mäßigung und Gerechtigkeit die Kardinaltugenden. Justitia, die bereits seit Aristoteles oft als wichtigste Tugend betrachtet wird, ragt ein wenig über die anderen hinaus. 7. Peter Paul Rubens 8. Astraea, Prudentia und Cornucopia Judith enthauptet Holofernes In: Leonardus Lessius, De justitia et jure. Antwerpen: Officina Plantiniana, 17. Jahrhundert – Grootseminarie, Mechelen 1621, Titelseite Eine mit Juwelen geschmückte junge Frau in verführerischen Gewändern hält in der rechten KU Leuven Bibliotheken - Maurits Sabbebibliotheek, Leuven Hand ein Schwert und in der linken einen abgeschlagenen Kopf. Es handelt sich hier um eine © KU Leuven Bibliotheken – Maurits Sabbebibliotheek, 2-002654/D Szene aus dem Alten Testament: Die israelitische Judith hat den assyrischen Oberbefehlsha- In 1617 entwarf Rubens eine neue Titelseite für Lessius Werk De justitia et jure und stellte ber Holofernes verführt und in seinem Zelt enthauptet. Er muss für die harte Belagerung von darauf die Justitia als Astraea dar. Sie ist die griechische Göttin der Gerechtigkeit und wird Judiths Heimatstadt Betulis büßen.

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