Das Schwarzbuch.Indd

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Schwarzbuch zur Sicherheits- und Militärpolitik Deutschlands 1 2 Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 Deutschland verweigert den Kriegsdienst – Schwarzbuch contra Weißbuch Wolfgang Gehrcke / Paul Schäfer 7 Das Elend der Traditionspflege oder vom „größeren Zusammenhang der Geschichte“ Jakob Knab 15 Deutschlands Verantwortung in der Welt: Bericht aus den Einsatzgebieten 23 „Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt“ – Afghanistan und die Folgen Peter Strutynski 23 Die Revitalisierung des Krieges als Mittel deutscher Politik Heinz Loquai / Alexander S. Neu 34 Zivil-militärische Zusammenarbeit (CIMIC bzw. ZMZ) aus friedenspolitischer Sicht Werner Ruf 47 Nationale Interessen 54 Deutschlands „Interessen“ Strausberger Kreis 54 Militärische Sicherung der globalen Energieressourcen? Eine umfassende alternative Energiepolitik ist nötig! Monika Knoche / Manuel Faber 56 Die Bundeswehr: Eine rechtskonforme Parlamentsarmee? 63 „Bürger in Uniform“: Ein Potemkinsches Dorf verfällt Frank Brendle 63 Kommando Spezialkräfte (KSK): Die Spezialtruppe der Exekutive Claudia Haydt 65 Erlebnisbericht zum Irak-Krieg Florian Pfaff 71 Erlebnisbericht zum Afghanistan-Krieg Christiane Ernst-Zettl 74 Skandal-Kalender Michael Banholzer 77 3 Die „neuen ‚Systeme gegenseitiger kollektiver Sicherheit’“ 80 NATO First? – Rückwärtsgewandter Atlantizismus als Hemmschuh für die gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Jürgen Rose 80 Deutschland und die Militarisierung der Europäischen Union Jürgen Wagner / Tobias Pflüger 89 Ausweitung der Kampfzone – Die Bundesregierung will die Bundeswehr auch im Inland schießen lassen Ulla Jelpke 98 Bundeswehr: Spiegelbild der Gesellschaft? 107 Untertanin oder Gender-Piratin? – Frauen in Bundeswehr-Uniform Ulrike Gramann 107 Wehrpflicht: Der deutsche Sonderweg Ralf Siemens 115 „Armee der Arbeitslosen“: Sozialabbau als Rekrutierungshilfe der Bundeswehr Jonna Schürkes 122 Rüstungspolitik 129 Rüstung für den Angriff – teuere Projekte für globale Machtprojektion Strausberger Kreis 129 Das Weißbuch hat die Abrüstung „vergessen“ Strausberger Kreis 138 Militärstandorte 144 Die US-Air-Base Ramstein, die Kaiserslautern Military Community und der Ramsteiner Appell Wolfgang Jung 144 Ramsteiner Appell: Angriffskriege sind verfassungswidrig – von deutschem Boden darf kein Krieg ausgehen! 147 Luft/Boden-Schießplatz Kyritz Ruppiner Heide- BOMBODROM Der Kampf der Bürgerinitiativen Kirsten Tackmann 149 4 Vorwort Die Bundesregierung hat nach 13 Jahren im Oktober 2006 wieder ein „Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“ vorgelegt. Unter der rot-grünen Bundesregierung oft angekündigt, hat es erst die neue schwarz-rote Regierung nach langem Ringen erarbeitet. Der erste bekannt gewordenen Entwurf von Juni 2006 wurde den Abgeordneten des deutschen Bundestages nicht zur Kenntnis gegeben. Das Parlament konnte darüber nicht beraten. Die Formulierung der Außen- und Sicherheitspolitik in Form des Weißbuchs wurde, wie auch schon in der Vergangenheit, als Vorrecht der Exekutive behandelt. Immer noch tut sich die deutsche Politik schwer, die Außen- und Sicherheitspolitik einer demokratischen Mitgestaltung und Kontrolle zu unterwerfen. Im Gegensatz zu den Abgeordneten erhielten ausgesuchte Journalisten auf vertraulicher Basis den Entwurf, ohne ihn veröffentlichen zu dürfen. Dennoch kam er an die Öffentlichkeit, und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages konnten ihn über das Internet einsehen. Dem Parlament als Legislative und als Kontrollinstanz werden diese Funktionen in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik seitens der Exekutive ganz offensichtlich nicht zugestanden. Die VolksvertreterInnen müssen jedoch ihre Kontrollrechte direkt ausüben können. An diesem Verständnis der parlamentarischen Demokratie muss festgehalten werden. Das Weißbuch der Bundesregierung widerspricht den friedenspolitischen Vorstellungen der Bundestagsfraktion DIE LINKE. fundamental. Die in dem Weißbuch beschriebenen Strategien erzeugen nicht mehr Sicherheit und Frieden, sondern im Gegenteil weniger Sicherheit und mehr Konflikte. Obschon täglich das Scheitern der konventionellen Sicherheitspolitik im Kampf gegen den Terror, im Umgang mit dem Internationalen Recht nicht zu übersehen ist, hält man an ihr fest. Um für eine konstruktive Kritik und die strategische Option einer zivilen Außen- und Sicherheitspolitik zu werben, haben wir uns entschlossen, eine Gegenpublikation zu veröffentlichen: Das „Schwarzbuch zur Sicherheits- und Militärpolitik Deutschlands“. Das Schwarzbuch soll dazu beitragen, die sich selbst glorifizierende deutsche Sicherheitspolitik zu entzaubern und aufzuzeigen, dass ihre Strategien nicht konfliktmindernd und friedensfördernd sind. DIE LINKE. hat hierzu eine Vielzahl von Personen als AutorInnen gewinnen können, die aus unterschiedlichen Lebens- und Erfahrungsbereichen berichten. Neben Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE haben kritische Angehörige der Bundeswehr, VertreterInnen von Friedens- organisationen und wissenschaftliche ExpertInnen Beiträge beigesteuert. Die AutorInnen geben nicht in jedem Fall die Meinung der Bundestagsfraktion wieder, so dass mitunter divergierende Einschätzungen über denselben Gegenstand erkennbar sind. Diese Meinungsvielfalt ist von der Fraktion DIE LINKE. ausdrücklich erwünscht. Es gibt allerdings unter 5 den AutorInnen einen friedenspolitischen Grundkonsens, der sich vor allem in den Forderungen nach Abrüstung, ziviler Krisenvorbeugung und der Ablehnung einer wie auch immer begründeten militärisch gestützten Außenpolitik manifestiert. Monika Knoche, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Leiterin des AK Internationale Politik Berlin, im März 2007 6 Deutschland verweigert den Kriegsdienst – Schwarzbuch contra Weißbuch Wolfgang Gehrcke und Paul Schäfer Alternativer Sicherheitsbegriff Das Weißbuch der Bundesregierung geht von einer Neubestimmung des Sicherheitsbegriffes aus. Während früher die Sicherheit eines Landes im Wesentlichen als Sicherheit vor einem militärischen Angriff auf das eigene Territorium definiert wurde, bildet heute mit dem Weißbuch ein umfassender Sicherheitsbegriff die Grundlage sicherheitspolitischer Überlegungen. Fortan gehören wirtschaftliche, soziale, ökologische und menschenrechtliche Aspekte zu ihren Bestandteilen. Den erweiterten Sicherheitsbegriff haben die Herrschaftseliten hierzulande weitgehend übernommen. Dort wird daraus aber vor allem der Schluss gezogen, dass der Auftrag der Streitkräfte umdefiniert und erweitert werden müsse. Das Militär soll auch als Ordnungsmacht und Aufbauhelfer in Krisengebieten dienen. Im übrigen gelte es, in der Krisenreaktion die richtige Mischung zwischen dem Einsatz ziviler – politischer, ökonomischer, und diplomatischer – und militärischer Mittel zu finden. DIE LINKE. verfolgt ein grundsätzlich anderes Sicherheitsverständnis, eine alternative Strategie des Friedens, die auf die Beseitigung der Konfliktursachen gerichtet ist. Sie wirkt dafür, mittel- und langfristig Bedingungen für einen auf Gerechtigkeit, Solidarität, Entwicklung, Recht und demokratische Teilhabe sowie nachhaltigem Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen beruhenden Frieden zu schaffen. Es sollen Bedingungen für die Gestaltung eines positiven Friedens hergestellt, gesichert und verfestigt werden – und zwar auf allen Feldern des Lebens und allen Ebenen des Handelns: zivil, politisch, ökonomisch, ökologisch, soziokulturell, individuell. Diese Bedingungen können nicht auf militärischem Wege hergestellt werden. Krieg darf kein Mittel der Politik sein. Deshalb ist Friedenspolitik in unserem Verständnis nicht nur Außen- und Sicherheitspolitik, sondern ein Querschnitt aller Politikbereiche. Wie dringend ein solch grundsätzliches sicherheitspolitisches Umdenken geboten ist, zeigt der Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Vorrang müssen politische Krisenprävention, Ursachenbekämpfung, zivile Konfliktbearbeitung, interkultureller Dialog, Abrüstung, Kontrolle der Waffentransfers bis hin zum Einsatz ökonomischer, juristischer und polizeilicher Instrumente haben, und dies im Rahmen verstärkter internationaler Zusammenarbeit. DIE LINKE. ist weit davon entfernt, die Gefahren des terroristischen Gebrauchs von Massenvernichtungswaffen, insbesondere von Nuklear- und Biowaffen, zu relativieren. Die Massenvernichtungswaffen unserer Zeit sind eben auch die konventionellen Waffen, insbesondere die Kleinwaffen. Internationaler Kampf gegen den Terrorismus muss deshalb nach Auffassung der Linke auch ein umfassendes Konzept der Kontrolle und Beseitigung von Waffen verschiedenster Kategorien, also der Abrüstung verfolgen. 7 Wie schädlich sich die derzeitige vorrangig militärische Prioritätensetzung in der Sicherheitspolitik auswirkt, sieht man an den verheerenden Auswirkungen im Bereich Gesundheit. Der Handlungsbedarf bei Aids, der weltweit häufigsten Todesursache in den Altersgruppen zwischen 15 und 59 Jahren, aber auch bei Tuberkulose und Malaria ist enorm. Nach Einschätzung der WHO müssten 27 Mrd. US-Dollar jährlich investiert werden, um global präventive Gesundheitspolitik und eine effektive medizinische Forschung zu betreiben. Das wäre etwas weniger als der jährliche weltweite Anstieg der Rüstungsausgaben und ein Vielfaches weniger als die jährlichen Kosten des Irakkrieges. DIE LINKE. fordert deshalb einen außen- und sicherheitspolitischen Paradigmenwechsel. Längst überfällig ist eine wirksame Sicherheitsvorsorge vor allem durch entschiedene und maßgebliche Beiträge zur Beseitigung der politischen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Krisen. DIE

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