Volker Frenzel · Frank Deppe Sylt s schönste Seiten Sylt’s Most Beautiful Sides Medien-Verlag Schubert ISBN 3-929229-93-5 Copyright © 2004 by Medien-Verlag Schubert, Hamburg Alle Rechte, auch des auszugsweisen Nachdrucks und der fotomechanischen Wiedergabe, vorbehalten. Gestaltung: Medien-Verlag Schubert / Thomas Börnchen Englische Übersetzung: Adelheid Kaessens Druck: Grafisches Centrum Cuno Printed in Germany Inhalt Sylt – eine Insel, viele Gesichter 5 List – in Deutschland ganz oben 8 Kampen – ein exklusives Kleinod 18 Wenningstedt-Braderup – vom Strand bis in die Heide 28 Sylt-Ost – das ländliche Sylt 38 Munkmarsch 40 Keitum 44 Morsum 50 Archsum 56 Tinnum 58 Westerland – der Puls der Insel 62 Rantum – Sylts schmale Taille 76 Hörnum – Sylts sonniger Süden 84 Sylt – an island of many faces 94 List – in Deutschland ganz oben Wer ganz hinauf bis zur Spitze der Insel dern sie vom Wind angefacht pro Jahr wandert, der darf ein besonderes Privileg etwa fünf Meter. für sich in Anspruch nehmen: Dann näm- Nicht nur Feinschmecker dürften von ei- lich ist man seinen 80 Millionen Lands- ner anderen Besonderheit angetan sein, die leuten ein Stück voraus und darf sich als sich im Lister Wattenmeer findet: nördlichster Mensch Deutschlands be- Deutschlands einzige Austernzucht. Von zeichnen. Außer diesem Superlativ hat hier aus gelangen jährlich rund eine Milli- List noch einiges mehr zu bieten: Pulsie- on Schalentiere in den bundesweiten Ver- rendes Zentrum des ansonsten beschau- sand. Gedeihen die Austernsetzlinge die lichen Dorfes ist der Hafen. Hier werden meiste Zeit des Jahres in Spezialnetzen im Spezialitäten aus dem Meer aufgetischt, Wattenmeer, so überwintern sie während legt die Autofähre gen Dänemark ab, ste- der kalten Jahreszeit in großen Bassins an chen die Ausflugsschiffe in See. Derweil Land, wobei den Becken ständig frisches hält an der Hafenausfahrt der Seenotret- Meerwasser zugeführt wird. Nach drei Jah- tungskreuzer Wacht. Nahe des Hafens ren erreichen die Schalentiere bei einem laden die Wetterwarte und ein Watten- Gewicht zwischen 80 und 100 Gramm meer-Informationszentrum zur Besichti- schließlich die Verzehrgröße. gung ein. Die Austernzucht hat in List lange Tradi- Der Ellenbogen – die nördliche Spitze tion: Schon im 15. Jahrhundert wurden Sylts – ist ein Paradies für Wanderer: Mit hier Austern gefischt. Mit Beginn des 20. ihren beiden 1857 erbauten Leuchttür- Jahrhunderts erhöhten sich die Erträge men bildet die ausgedehnte Dünenland- durch eine planmäßige Züchtung sprung- schaft ein eindrucksvolles Panorama. Die haft. Im Jahre 1910 beispielsweise expor- sandigen Formationen entstanden vor tierte man 1,1 Millionen Austern von der 3 000 bis 8 000 Jahren, als die Winde den Insel. tier, die der Küste ein paar hundert Me- vom Meer an die Küste gespülten Sand Vom Wasser in die Luft: Zu einem der ter vorgelagert ist. Seinen Namen ver- auftürmten. Einmalig in ganz Nordeur- bedeutendsten Naturschutzgebiete nicht dankt der Königshafen übrigens einer his- opa sind die beiden üppigen Wanderdü- nur auf der Insel Sylt zählt der Königsha- torischen Seeschlacht: Diese lieferten sich nen vor List. Sie dehnen sich über zwei fen nördlich von List. Mehr als hundert anno 1644 mehrere dänische Kriegsschiffe Kilometer aus und erreichen eine Höhe Brut- und Zugvogelarten wurden in der – an Bord auch König Christian IV. – und von bis zu 35 Metern. Da sie im Gegen- Bucht bereits nachgewiesen. Die gefieder- eine Armada von schwedischen und hol- satz zu ihren kleineren „Artgenossen“ ten Gäste beziehen vor allem auf der klei- ländischen Schiffen, die letztlich unter nicht von Pflanzen bewachsen sind, wan- nen, unbewohnten Insel Uthörn Quar- schweren Verlusten vertrieben wurde. 8 Seite 8 oben: Der „Blanke Hans“ nennt man an Seite 8-9: „Man muß sich die Lister Wanderdü- Page 8-9: “If one imagines the Lister drifting dunes der Küste das aufgepeitschte Meer. Eine Sturmflut nen verfünffacht denken, dann glaubt man in der increased fivefold, then one believes oneself to be in ist stets unerfreulich – und zugleich ein faszinieren- Sahara zu sein“, notierte der Schriftsteller Thomas the Sahara,” noted the writer Thomas Mann at des Schauspiel der Natur. Mann beim Anblick der üppigen Formationen. Die the sight of the luxuriant formations. The aerial Luftaufnahme zeigt den Unterschied zwischen den photo shows the difference between the drifting du- Page 8 on top: People at the coast call the sea “Shi- Wanderdünen und ihren bewachsenen Nachbarn. nes and their wild neighbours. ny Hans” when it is whipped up by wind. A storm tide is always unpleasant, and at the same time a fascinating show of nature. 9 Kampen – ein exklusives Kleinod Klein, aber fein. Exklusiv und elegant. Das von Wildenten, die von zahmen Artgenos- ist Kampen, Deutschlands wohl promi- sen in die Fangnetze gelockt wurden. nentestes Dorf, dessen legendärer Ruf Inzwischen ließ der Sylter Verein die Koje Mitte des 20. Jahrhunderts durch seine aufwändig rekonstruieren. Auf einem an- zahlreichen bekannten Gäste aus Film, schaulichen Lehrpfad können die Besucher Politik und Wirtschaft geprägt wurde. Der heute durch das Unterholz wandeln und Kampener Strönwai, im Volksmund nur dabei einen Einblick in die reichhaltige Flo- „Whiskystraße“ genannt, gibt davon noch ra und Fauna erhalten. heute Zeugnis ab: Hier trifft man sich zum In diese Idylle zwischen Dünen und Wat- Sehen und Gesehen werden in eleganten tenmeer bettet sich Kampen mit seinen Restaurants und Nachtclubs. reetgedeckten Häusern harmonisch ein. Aber Kampen hat noch mehr zu bieten. Bereits 1913 erließen die Gemeindeväter Etwa die eindrucksvollen Schattierungen in weiser Voraussicht ein strenges Orts- der Natur, die das Dorf umgibt: Die Bran- statut, das nur reetgedeckte Dächer zu- dungszone mit ihrem feinen Sandstrand, lässt. So sind selbst die Buswartehäuschen hinter dem majestätisch das Rote Kliff und das Gerätehaus der Freiwilligen Feu- emporragt; diese majestätische, 20 Meter erwehr mit Schilfhalmen eingedeckt. hohe Erdformation wurde vor etwa Fixpunkt für vorbeifahrende Schiffe und 180.000 Jahren von der Eiszeit aufge- Wahrzeichen des Ortes ist der Kampener schichtet und bildet heute eine imposan- Leuchtturm. Der älteste Leuchtturm der te Kulisse für das Strandleben. Urwüch- Insel wurde 1855 erbaut. Kuriosum: Ehe sig ist die Dünenlandschaft. Einer dieser 1929 die Elektrizität Einzug hielt, wurde Sandberge, die Uwe-Düne, misst für Syl- die Leuchtanlage mit Öl befeuert. Dazu ter Verhältnisse stattliche 52 Meter und benötigte man im Jahr etwa 35 Meter bildet damit die höchste Erhebung der Lampendocht, der aus Frankreich gelie- Insel. Östlich von Kampen erstreckt sich fert wurde. Als Deutschland und Frank- das stille Wattenmeer. Ausgedehnte Hei- reich aber 1870 und 1871 miteinander deflächen, bizarrer Baumwuchs, Salzwie- Krieg führten, blieben die Lieferungen sen und Schilfgürtel prägen diese Land- aus. Die Folge: Zwei Jahre lang stand der schaftsform. Turm im Dunkeln. Nördlich von Kampen stößt der Besucher auf ein idyllisches Refugium für Tiere und Pflanzen: In der Kampener Vogelkoje Seite 18/19: Im Jahr 2003 wurde der Kampener scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Strönwai aufwändig saniert. Nun lässt es sich dort auf dem Bürgersteig noch angenehmer flanieren, und Die Anlage, die anno 1767 konzipiert wur- auch für den Aufmarsch der Edelboliden ist genü- de, diente noch bis 1921 dem Massenfang gend Raum. Page 18/19: In the year 2003 the Kampener Strön- Seite 19 unten-rechts: Kampener Nächte sind lang: wai was improved at great cost. Now it is more ple- Wie hier im Restaurant „Gogärtchen“ trifft sich asant to stroll on the sidewalk, and there is also suf- die Szene allsommerlich zu champagnerseligen Fes- ficient room for a parade of the noble cars. ten in der „Whiskystraße“ – allerdings nur für ge- ladene Gäste. Page 19 bottom-right: Kampen nights are long: As Seite 19 unten-links:Sehen und gesehen werden: here in the restaurant “Gogärtchen”, the in-crowd Der Kampener Strönwai, im Volksmund nur meets every summer to wonderful champagne celeb- „Whiskystraße“ genannt, ist die elitärste Straße der rations on “Whiskey Street”, but only by invitati- Insel. Wer hier vorfährt, sollte schon etwas unter der on. Haube haben... Page 19 bottom-left:To see and be seen: The Kam- pener Strönwai, locally called by its nickname “Whisky Street”, is the most elitist street of the is- land. Whoever drives along here should really have something to show ... 18 19 26 27 Munkmarsch Als Mitte des 19. Jahrhunderts der Frem- denverkehr aufkeimte, war das kleine Munkmarsch das Tor zur Insel: Vom Fest- land aus steuerten die Dampfschiffe den Hafen an, von wo die Sommerfrischler per Kutsche und ab 1888 mit der Inselbahn nach Westerland chauffiert wurden. Mit dem Bau des Hindenburgdammes 1927 verlor der Hafen dann seine wichtige Be- deutung. Stattdessen ist er heute ein be- liebtes Ziel für Freizeitskipper. In der ru- higen Bucht des Wattenmeeres tummeln sich die Surfer, die hier auf dem Brett die ersten Gehversuche wagen. Auch als Startpunkt für eine Wattwanderung ist Munkmarsch ideal. Auf den ersten Blick mag das Wattenmeer wie eine leblose graue Schlickwüste wirken. Doch die Le- bensvielfalt ist frappierend: Auf nur einem Quadratmeter leben bis zu zwei Millio- nen Organismen – kaum ein anderer Le- bensraum auf der Erde weist eine ähnli- che Vitalität auf. Wissenschaftler haben er- mittelt, dass sich in einem Quadratmeter Wattboden mehr lebende Substanz als im tropischen Regenwald findet. Seite 40 oben: Bevor der Hindenburgdamm eine dau- erhafte Verbindung
Details
-
File Typepdf
-
Upload Time-
-
Content LanguagesEnglish
-
Upload UserAnonymous/Not logged-in
-
File Pages21 Page
-
File Size-