Carla Bley Wurde Im Kalifornischen Oakland Geboren Und Lebt Heute in Den Catskill Mountains Im US-Bundes- Staat New York

Carla Bley Wurde Im Kalifornischen Oakland Geboren Und Lebt Heute in Den Catskill Mountains Im US-Bundes- Staat New York

Bley, Carla Carla Bley wurde im kalifornischen Oakland geboren und lebt heute in den Catskill Mountains im US-Bundes- staat New York. Mit verschiedenen Bands, kammermusi- kalischen Ensembles und Orchestern hat sie die ganze Welt bereist, vor allem Europa und Südostasien. Als „composer-in-residence“ war sie unter anderem beim Glasgow Festival und wurde in die Essener Philharmo- nie eingeladen. Biografie Carla Bley wurde am 11. Mai 1936 als Lovella May Borg in Oakland, Kalifornien, als Tochter zweier Musiker gebo- ren. Bei ihrem Vater Emil Borg erhielt sie ersten Klavier- und Orgelunterricht und begleitete bereits im Alter von vier Jahren Hochzeiten und Begräbnisse. Mit acht Jah- ren verweigerte sie jeden weiteren Unterricht (Carla Bley betrachtet sich selbst als Autodidaktin). Im selben Jahr starb ihre Mutter Arline Borg. Fünfzehnjährig brach sie die Schule ab und jobbte in einem Plattenladen. Zusätzli- ches Geld verdiente sie mit Auftritten in örtlichen Piano- Bars. Insbesondere die Musik Erik Saties, die sie zufällig Carla Bley im Radio gehört hatte, beschäftigte ihre Fantasie. Carla Bley 1957 verließ sie Kalifornien und ging nach New York, wo Geburtsname: Carla Lovella Borg sie sich Carla Borg nannte. In den einschlägigen Jazz- clubs der Stadt nahm sie diverse Jobs von der Zigaretten- * 11. Mai 1936 in Oakland, Kalifornien, USA verkäuferin bis zur Tischfotografin an, um so die großen Musiker live hören zu können: „That is where I learned Komponistin, Pianistin, Organistin, Bandleaderin, everything“, sagte sie über diese intensive Zeit, in der sie Improvisateurin, Arrangeurin, Musik-Verlegerin, alles wie einen Schwamm aufgesogen habe (Frank Oteri, Herausgeberin On Her Own. New York, 2003, S. 4). Insbesondere Thelo- nius Monk, Charlie Mingus oder Lionel Hampton begeis- „ [Carla Bley gilt] als kreativste, originellste und humor- terten sie. Im selben Jahr lernte sie im „Birdland“ den vollste Komponistin und Arrangeurin des Jazz, die eine Jazzpianisten Paul Bley (*1932) kennen, den sie, gerade launige Ironie mit dem unermüdlichen Streben nach neu- siebzehnjährig, heiratete. Mit ihm zog sie für einige Mo- en orchestralen Klangfarben und Klangkombinationen nate nach Los Angeles, wo Paul Bley sie ermutigte zu vermischt.“ komponieren. Bereits 1958 kam es zur ersten Aufnahme einer ihrer (Lachner, Harry. 50 Jahrhundertaufnahmen des Jazz. Ar- Kompositionen: Das Paul Bley Quartett spielte „O Plus te, 2007) One“ auf seiner LP „Solemn Meditation“ ein. Kurz darauf nahm das George Russell Sextett ihre Nummern „Dance Profil Class“ und „Beast Blues“ unter ihrem neuen Namen Car- Carla Bley ist als Jazzmusikerin eine Grenzgängerin zwi- la Bley auf. Auch Jimmy Giuffre und Art Farmer spielten schen U- und E-Musik. Sie gilt als erste Komponistin des ihre Songs. In dieser Zeit faszinierte sie besonders der Jazz, die Weltruhm erlangte und sich auch als Musikver- atonale Avantgarde Jazz von Ornette Coleman, also die legerin und Herausgeberin eine beispiellose Position in Anfänge des Free Jazz. der Jazzszene erkämpft hat. Für ihren Ehemann komponierte sie kurze, freitonale Songs wie „Ictus“ oder „Ida Lupino“, wobei sie nur kleine Orte und Länder melodische Floskeln und Phrasen entwickelte, die als – 1 – Bley, Carla Grundlagen für umfangreiche Improvisationen dienten. tor Over The Hill“ in seiner Arte-TV-Reihe zu den fünfzig Neben Heroen des Free Jazz wie Cecil Taylor (*1929) Jahrhundertaufnahmen des Jazz. Das mehrstündige und Bill Dixon (1925-2010) gehörte sie 1964 zu den Grün- Werk mit dem Untertitel „Chronotransduction“ (sinnge- dern der Jazz Composers Guild, einer Vereinigung, die si- mäß „Zeitdurchführung“) basiert auf einem frei assoziie- ch vor allem um die Organisation von Konzerten ihrer renden Libretto von Paul Haines und versucht einen Dia- Mitglieder und bessere Arbeitsbedingungen für Musiker log zwischen östlichen und westlichen Kulturen, zwi- im Allgemeinen bemühte. Aus dem dazugehörigen Jazz schen akustischer und elektronischer Musik. Lange vor Composers Guild Orchestra (JCGO), einer Art avantgar- dem Siegeszug postmoderner Polystilistik, verband Carla distischer Big Band, ging nach der Auflösung der Guild Bley dabei Elemente des Free Jazz mit zeitgenössischer im Jahre 1965 das Jazz Composers Orchestra hervor. Die- klassischer Musik, traditionelle indische Musik mit dem ses wurde von Carla Bley zusammen mit dem österreichi- Vaudeville und englische Music Hall- mit Rockmusik. Je- schen Jazztrompeter und Komponisten Michael Mantler de Form narrativer Kohärenz wurde aufgegeben: Zwi- (*1943) geleitet. 1965 erschien die erste LP mit dem Titel schen Dada und Surrealismus, ironischen Brechungen „Communication“, auf der Carla Bleys zwölfminütige und Nonsenslyrik gestaltete Bley einen ewigen Zyklus oh- Komposition „Roast“ zu hören ist. ne Anfang und Ende und schaffte damit erstmals in der Geschichte des Jazz ein performatives Kunstwerk jen- 1966 trennte sie sich von Paul Bley und lebte fortan mit seits der Freiheiten gänzlich improvisierter Musik. Trotz- dem österreichischen Jazz-Musiker Michael Mantler zu- dem gab sie den beteiligten Künstlern immer wieder sammen, mit dem sie ihre Tochter Karen bekam und den Raum zu eigenen Beiträgen, die in den Gesamtzusam- sie im darauffolgenden Jahr heiratete. Mit einem Quar- menhang aufgenommen wurden. Seine endgültige Ge- tett (Bass, Blechblasinstrument, Klavier, Schlagzeug) gin- stalt erhielt das Werk daher nicht im Aufnahmestudio, gen sie auf Europatournee. Die LP „Jazz Realities“ doku- sondern erst am Schneidetisch. mentiert diese Phase ihres Schaffens als Komponistin Die Aufführung von „Escalator Over The Hill“ erfordert und Musikerin. sechs Bands, zahlreiche Sänger, Sprecher und mehrere Chöre. Das Werk erlebte seine Weltpremiere erst 1997 Um sich der Macht der großen Plattenfirmen zu entzie- bei der Kölner Musik-Triennale, bevor es 1998 mit ei- hen – (Sie selbst bemerkte dazu: „I would not want to be nem 24-köpfigen Orchester auf Europa-Tournee ging. dropped“; vgl. Frank Oteri. 2003: S. 21) und die Vermark- Fast zehn Jahre später wurde im Jahr 2006 in Essen ei- tung ihrer Arbeit in die eigenen Hände zu nehmen, grün- ne Wiederaufführung gewagt, allerdings mit anderen Mu- det sie 1966 in New York die Jazz Composers Orchestra sikern, so dass sich einzelne Teile des Werkes veränder- Association (JCOA), eine Vertriebsfirma, die zuerst Carla ten. Bleys eigene Arbeiten verlegte, bald aber auch Kompositi- onsaufträge an andere Musiker vergab und zahlreiche 1969 lud der Bassist Charlie Haden (*1937), den sie be- kleinere Labels unterstützte. Es kam zu einer transatlan- reits seit ihrer Jugend in Kalifornien kannte, sie ein, in tischen Vernetzung, aus der 1972 die New Music Distribu- seinem Liberation Music Orchestra mitzuwirken. Hier- tion Services (NMDS) hervorgingen, die zeitweise von ih- bei handelt es sich um ein großes avantgardistisches Jazz- rer Tochter Karen Mantler, inzwischen selbst eine be- Ensemble, das bis heute in verschiedenen Besetzungen kannte Jazz-Organistin, geleitet wurde. spielt und bisher fünf LPs veröffentlicht hat. Zu den Im selben Jahr traf sie auf Vermittlung von Steve Swal- Gründungsmitgliedern gehörten u. a. Paul Motian low mit dem berühmten Vibraphonisten Gary Burton zu- (*1931), Don Cherry (1936-1995), Gato Barbieri (*1934) sammen und wagte sich erstmals an eine größere Form. und Dewey Redman (1931-2006). Die Zielsetzung der Or- Es entstand die Jazz-Suite „A Genuine Tong Funeral“, chestergründer war es, Musiker jenseits aller Rassenun- 1968 erschienen, die als epochales Werk des Jazz und als terschiede zu einem gemeinsamen Freiheitsbekenntnis Vorstudie zu ihrem im selben Jahr begonnenen Opus zu vereinen, wobei die Botschaften (1969 gegen den magnum, der Jazzoper „Escalator Over The Hill“ gelten Krieg in Vietnam oder 1981 gegen die Wahl Ronald Rea- darf. gans) nicht über den Text, sondern über die Musik trans- Dieses umfangreiche Projekt, das bis ins Jahr 1971 andau- portiert werden sollten. So tauchten beispielsweise be- erte und schließlich auf drei LPs veröffentlicht wurde, be- kannte Hymnen und Protestsongs aus El Salvador oder gründete ihren Weltruhm. Harry Lachner zählte „Escala- Chile auf, oder „Star-Spangled Banner“ erklang in einer – 2 – Bley, Carla Moll-Version. Die Arrangements stammten ausschließli- geführt wurde. ch von Carla Bley. Es sei „einfach unsere Art, unser Unbe- Das Berliner Auftragswerk “A Fall Down” (1989) zog eine hagen auszudrücken“, kommentiert sie später dieses Pro- mehrjährige, intensive Beschäftigung mit der Musik klas- jekt und ihre Intention, Jazzmusik mit einem gesell- sischer amerikanischer Big Bands nach sich und kulmi- schaftspolitischen Sendungsbewusstsein zu verknüpfen nierte im für den „Grammy“ nominierten Album „Big (Sibylle Zerr. Ein Engel für Charlie. In: Jazzthetik. Janu- Band Theory“ (1993). ar 2006, S.29). 1990 nahm sie einen Lehrauftrag am College of William 1972 erhielt Carla Bley ein Guggenheim Fellowship für and Mary in Williamsburg, Virginia, an. Wenig später Komposition, das ihr die Gründung des eigenen Platten- trennte sie sich von ihrem Mann Michael Mantler und labels Watt Works ermöglichte. Als erste Veröffentli- ging eine Beziehung mit Steve Swallow ein, den sie be- chung des Labels erschien 1974 die LP „Tropic Appeti- reits seit ihren Anfängen in New York kannte und mit tes“ mit ihr als federführender Bandleaderin. Im selben dem sie immer wieder musiziert hatte. Wichtige Duo-Auf- Jahr zog sie in die Catskill Mountains im Bundesstaat nahmen erschienen, so „Go Together“ mit Steve Swal- New York, wo sie sich in ihrem Haus

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