NEWSLETTER 10 APRIL 2016 Ökumenischer Ambulanter Hospizdienst Nordsachsen in der Region Delitzsch / Eilenburg / Schkeuditz Liebe Freunde, Förderer und Unterstützer unserer Arbeit für den Ökumenischen Ambulanten Hospizdienst in Eilenburg, Delitzsch und Schkeuditz, und einigen Berufsjahren im Rettungsdienst be- gann ich ein Berufsbegleitendes Studium der Ge- sundheitswissenschaften- und Wirtschaft an der Fachhochschule Magdeburg-Stendal. Im Anschluss an mein Studium war ich drei Jahre für das Dia- konische Werk Rochlitz tätig. Hier leitete ich eine Einrichtung der stationären und teilstationären Behindertenhilfe und war mit dem Aufbau von Außenwohngruppen für Menschen mit einer geisti- gen Behinderung betraut. Seit dem 1.1.2011 bin ich Geschäftsführer und Einrichtungsleiter der Stiftung „St. Georg-Hospital“. Neben meiner klassischen Ver- waltungsarbeit schöpfe ich viel Kraft und Freude aus dem Zusammenleben und der Gemeinschaft in unserer Einrichtung. Von Beginn an gab es über das Trauercafé eine enge Bindung zum Ökumenischen Ambulanten Hospizdienst. Wir versuchen unseren Bewohnern des Pflegeheims in ihrer letzten Lebens- phase ein guter Begleiter zu sein. Diese Aufgabe, ich möchte heute die Gelegenheit nutzen mich Ih- speziell Sterbebegleitungen, können wir Dank des nen Vorzustellen. Meine Name ist Tobias Münscher- Ambulanten Hospizdienstes mit der entsprechen- Paulig und ich bin seit dem 01.05.2015 mit der Be- den Kraft und Würde gegenüber den Bewohnern reichsleitung Altenhilfe des Diakonischen Werkes erfüllen. An dieser Stelle gilt unser Dank den vielen Delitzsch/Eilenburg beauftragt und trage somit ehrenamtlichen Mitstreitern und vor allem Frau auch die Verantwortung für die Arbeit des Ambu- Stahl als Koordinatorin. lanten Hospizdienstes. Insofern Sie noch weitere Fragen zu meiner Person Nun möchte ich Ihnen ein wenig über mich und oder meiner Arbeit haben, freue ich mich zu jeder meine tägliche Arbeit mitteilen. Ich bin 44 Jahre Zeit, mit Ihnen in Kontakt zu treten. und lebe mit meiner Familie in Leipzig. Geboren wurde ich in Bad Langensalza einer Kleinstadt im Mit vielen Grüßen Herzen von Thüringen. Nach meinem Zivildienst Tobias Münscher-Paulig NEWSLETTER 10 APRIL 2016 NEWSLETTER 10 APRIL 2016 Der Tod existiert nicht … davon, dass das Leben nicht mehr lebenswert sei, möglich, Blockaden, Zerwürfnisse und bösen Streit wenn es sich so drastisch verändert und man in sei- zu lösen. Auch das gelingt nicht immer. Aber die … bis er unverhofft anklopft. nen Möglichkeiten so eingeschränkt ist. „Was bleibt Möglichkeit besteht und damit die Hoffnung auf denn noch, wenn ich im Rollstuhl sitze? Dann kann einen befreiten Tod. ich doch auch gleich Schluss machen.“ In der aktiven Sterbehilfe sehen wir die Ge- Unsere Gesellschaft blendet das Sterben, den Tod standteil des Lebens ist. Beides, Anfang und Ende, Der Trugschluss liegt meines Erachtens darin, fahr, sich aus dem Leben zu verabschieden, ohne aus. Dieses Thema wird verdrängt. Lebensfreude, Geborenwerden und Sterben gehört zum Leben dass hier nur der Tod gesehen wird. Er wird als das, was das Leben schwer gemacht hat auch nur Spaß am Leben, Erfolg, Gesundheit, Schönheit, dazu. Endpunkt des Lebens verstanden. Das aber Tod ansatzweise auflösen zu können. Auf den ersten Jugend; das sind Werte, die das Leben lebenswert Auf die Art des Geborenwerdens haben wir – und Sterben zwei zu unterscheidende Dinge sind, Blick scheint es eine verlockende Vorstellung: ganz machen. Das Ende des Lebens stört diese selbster- wenn wir es denn zulassen – relativ wenig Einfluss. wird nicht realisiert. Tatsächlich ist doch der Tod schnell ist alles aus und vorbei. schaffene heile Welt. Der Tod ist der große Spaßver- Es steht die Entscheidung zwischen natürlicher Endpunkt eines längeren Prozesses, den wir Ster- Doch damit wird man meines Erachtens nicht derber schlechthin. Alter, Krankheit und Vergäng- Geburt oder Kaiserschnitt. Der Geburtsort kann ben nennen. Dieses Sterben ist ein eigener Lebens- dem Menschsein gerecht. Der Mensch ist mehr als lichkeit werden – solange es geht – ausgeklammert. gewählt werden, zu Hause oder in der Klinik. Viel- abschnitt, der bewusst erlebt werden kann und auch eine Ansamm-lung funktionierender Organe. Er ist Der Tod existiert nicht, zumindest nicht im Leben leicht kann der Geburtszeitpunkt geringfügig mani- sollte, sofern der Sterbende dazu in der Lage ist. ein emotionales, intelligentes und sich erinnerndes der meisten Menschen. Niemand beschäftigt sich puliert werden. Doch letztendlich ist und bleibt die Weil aber die Thematik Sterben und Tod in un- Lebewesen. Deswegen ist es so wichtig, das Ende freiwillig mit ihm. Geburt ein dem Selbstlauf überlassener Vorgang. serer Gesellschaft ein Tabuthema ist, geschieht das des Lebens würdig und angemessen zu gestalten. In Frühere Generationen haben das ganz bestimmt Niemand käme auf die Idee, das Zur-Welt-kommen Sterben im Verborgenen, am Rand, in Kliniken gewisser Weise heißt das auch „rücksichtslos“ sein. auch nicht gerne getan. Aber sie waren dazu ge- um Monate vorzuziehen oder hinauszuschieben. und Altenheimen. Dabei wäre es gerade in dieser In diesem Moment sollte nur noch der Todkranke zwungen. Der Tod gehörte hautnah zum Leben Abgesehen davon, dass das Kind wohl nicht über- Lebensphase so wichtig, nicht allein zu sein. Als oder Sterbende im Mittelpunkt stehen. Sein Recht dazu. Es war unausweichlich, das Sterben von Men- leben würde, wäre es unsinnig, denn geboren wird soziale Wesen sind wir darauf angewiesen, dass auf Leben bis zum Tod ist zu schützen, egal, was schen aller Altersgruppen im engsten Umfeld mit- es auf jeden Fall. andere Menschen bis ans Ende unseres Lebens bei das für die Weiterlebenden bedeutet. Diese Haltung zuerleben. Kinder, gerade Mutter gewordene Frau- Auch sterben müssen Menschen auf jeden Fall. uns sind, dass sie uns psychisch und physisch bei- beugt der Gefahr vor, Menschen aktiv sterben zu en, Männer im besten Alter; sie alle starben, nicht Aber das Wann und Wie wird häufig zunehmend stehen. Grausam ist das einsame Sterben, genauso lassen, die für die Gesellschaft zur Belastung wer- nur die Alten. Davor konnte man nicht die Augen nicht mehr dem natürlichen Lauf überlassen. Im grausam, wie ein Sterben voller Schmerzen. Gegen den; Alte, Kranke und Behinderte. verschließen. Gegensatz zum Geborenwerden erleben Menschen beides gibt es Hilfe. Die persönliche, wahrnehmen- Auf der anderen Seite ist es unangemessen, den Unser Wohlstand und die unglaublichen Fort- das Ende ihres Lebens bewusst und sind (größten- de und zuwendende Begegnung mit Angehörigen, Tod eines Menschen künstlich zu verzögern. Zu ak- schritte der Medizin haben in dieser Hinsicht un- teils) bis zuletzt selbst entscheidende Wesen. Ich Freunden, Seelsorgern oder auch Begleitern der zeptieren, dass jedes Leben begrenzt ist und dieses ser Leben grundlegend verändert. Gegen fast alles kann mir vorstellen, dass Menschen, die ihr gan- Ambulanten Hospizdienste helfen gegen Einsam- Ende auch zuzulassen, ermöglicht ein würdevolles gibt es ein Medikament und von den Ärzten wird zes Leben lang Entscheidungen getroffen haben keit und Angst. Die Palliativmedizin sorgt, wenn es Gestalten des Sterbeprozesses. erwartet, die Gesundheit zu erhalten bzw. wieder- für sich und andere, die ihr Leben in der eigenen denn nötig ist, für schmerzarmes und medizinisch Diese Gedanken ließen sich noch in viele Rich- herzustellen. Krankheit ist ein Störfall, der schnell Hand hatten, sich schwer damit tun, Krankheit und betreutes Abschiednehmen. Beides trägt dazu bei, tungen weiterführen. Sie sollen zu einem intensiven wieder behoben werden muss. Dass sie auch mit Schwäche zu akzeptieren und zu ertragen. Den Tod das Ende des Lebens in Würde zu erleben, zu erdul- Weiterdenken über Sterben und Tod, aktive und dem Tod enden kann, wird als Versagen der Medi- als ein großes unvermeidliches und unbeeinfluss- den, vielleicht auch zu erleiden. passive Sterbehilfe, Sterbebegleitung und Palliativ- zin gesehen. bares Schicksal zu sehen, liegt dann außerhalb des Die Kenntnis, dass Sterben auch so möglich ist pflege anregen. Als Mitarbeiter christlicher Hospiz- Das wir auf weiten Strecken unseres Lebens so Lebenshorizonts. Dann ist es nur verständlich und und das Wissen darum, dass bewusstes Abschied- dienste werden wir uns für ein würdevolles Sterben denken und handeln, dass wir in dieser Hinsicht so logisch, wenn sie auch „Herr“ über ihren eigenen nehmen wichtig ist, lassen mich Sterbehilfe nicht einsetzen und die Sterbenden mit ihren Familien sicher sein können, ist ein großes Geschenk. Dieses Tod sein wollen. als ein Handeln, das den Tod aktiv herbeiführt ver- begleiten und unterstützen. Geschenk immer wieder bewusst wahrzunehmen Doch häufig erlebe ich Diskussionen über dieses stehen. Sterbehilfe ist aus dieser Perspektive eher und es nicht zur Selbstverständlichkeit verkommen Thema – wenn sie denn überhaupt geführt werden ein Zulassen des Sterbens, an dessen Ende der Tod Pfarrer Hans Christian Beer zu lassen, ist eine schwere aber wichtige Aufgabe. – als sehr theoretisch. Gedanken dazu sind nicht mit steht. Gedanken und Gespräche, Begegnungen und in Zusammenarbeit mit den Ökumenischen Und doch ist der Tod eine Realität. Auch das Fern- eigenen Erfahrungen gekoppelt. Leid und Hilfsbe- nonverbale Kommunikation in der Situation ei- ambulanten Hospizdiensten der Caritas sein aus den Lebenserfahrungen der meisten Zeit- dürftigkeit gehörten bisher nicht zum Leben dazu. nes zu Ende gehenden Lebens können emotional und Diakonie der Regionen Torgau, Eilenburg, genossen sorgt nicht
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