HYPER erfolgreich Scooter gilt als der peinlichste Export- schlager des deutschen Pop: Die drei Hamburger Jungs beliefern die Welt mit dröhnenden Party-Knallern. VON CHRISTOPH DALLACH FOTOS: HANS STARCK ie werden ihren Spa§ gehabt haben, Was der Blödsinn sollte? Bloß ein gut gelaun- die beiden Brüder aus Osteuropa, als ter Gru§ an das Hamburger Techno-Trio na- Ssie sich eines Tages eine Kuh schnapp- mens Scooter, denen sie das Bild geschickt ten, einen Eimer schwarzer Farbe und dann haben. ãWir fanden das auch echt witzig“, den Namen Scooter auf den Leib des Tieres sagt H. P. Baxxter, 37, und lacht sehr laut und pinselten. Dann haben sie noch ein Foto ge- sehr dröhnend. Weshalb man das lustige Foto macht: die aufgekratzten Brüder, die ange- auf der offiziellen Scooter-Website (www. malte Kuh, und ihr stolzer Vater stand auch scootertechno.com) bestaunen kann. Oben- dabei. drein haben Scooter die Kuh noch in der An- 6 7/2003 KulturSPIEGEL Scooter-Sänger H. P. Baxxter, Tänzerinnen KulturSPIEGEL 7/2003 7 Scooter-Musiker Jay Frog, H. P. Baxxter, Rick J. Jordan 8 KulturSPIEGEL 7/2003 fangszeile ihres letztjährigen Nummer-1-Hits ãNessaja“ verewigt: ãThe Bueller die Nummer „Hyper Hyper“ program- painted cow / Yeaaah / You ain’t stoppin’ us now!“ mierte – ein schönes Stück Hochenergie-Non- ãHumor ist enorm wichtig. Man darf die Dinge halt alle nicht so bierernst sense-Pop. nehmen“, sagt H. P. Baxxter, den seine Jungs nur abgekürzt „Aitsch Pih“ Der gedröhnte Sprechgesang ist zum Scooter- nennen und der eigentlich Hans-Peter Geerdes hei§t. Markenzeichen geworden. Die Texte seien weni- Zusammen mit seinen Partnern Hendrik Stedler, alias Rick J. Jordan, und ger wichtig und müssten sich der Wucht des neuerdings Jürgen Frosch, alias Jay Frog, betreibt H. P. seit rund zehn Jah- Beats unterordnen, sagt H. P. Ein Scooter-Song ren das Party-Techno-Trio Scooter. Und zwar mit erstaunlichem Erfolg: Neun funktioniert immer nach demselben Muster: Erst Studio-Alben haben sie veröffentlicht und insgesamt rund zwölf Millionen donnert die Bassline, dann kommt ein wenig Me- Tonträger verkauft. Scooter gehören mit Après-Ski-Krachern wie „Hyper lodie dazu, die Großes ankündigt, und dann Hyper“ oder „Fuck the Millennium“ zu den erfolgreichsten Interpreten in geht’s – rumms, rumms, rumms – erst richtig los. den deutschen Single-Charts der neunziger Jahre. Sie betreiben ihre eige- Programmiert werden die Scooter-Party-Knaller ne Plattenfirma, und auch im Export sind sie ein Renner. Stapelweise in Hamburg-Bramfeld, nicht weit vom Otto-Ver- Platin- und Gold-Auszeichnungen aus Finnland, Schweden, Belgien oder sand. Im eigenen, sehr unscheinbaren Studio Ð Australien haben sie gesammelt. „ist wie ’ne Kfz-Werkstatt, muss einfach nur In diesem Jahr sind Scooter mit einem Echo von der funktionieren“ – werden da Peter deutschen Musikindustrie belohnt worden. Endlich. Maffays Tabaluga-Songs, Miss Das ist die Anerkennung, die dem Trio seit Jahren Marples Titelmelodie oder von Kritikern und Kollegen versagt blieb. Irgend- Glamrock von Billy Idol wie galten Scooter von Beginn an als schlech- durch den Scooter-Wolf tester Witz im deutschen Pop-Geschehen. gedreht, denn das Ver- Ein Redakteur des Szeneblattes ãRaveline“, wursten von alten Hits der die ungekennzeichnete Testpressung Das Motto ist: zu neuen Rave-Best- einer instrumentalen Scooter-Single ah- sellern gehört zu den nungslos zur ãTrance-Single des Monats“ tanzen Stärken des Trios. erhob, soll sogar seinen Job verloren haben, Beschwert haben nachdem die Urheber festgestellt worden und mitgrölen sich bisher nur die waren. Herren von Super- Woher dieser Hass gegen drei gut gelaunte bis zum tramp, denen bei ei- Hitproduzenten? Wahrscheinlich teilt sich nem Deutschland-Be- die Welt einfach in Menschen, die Scooter Stimmverlust. such zufällig zu Ohren lustig finden, und andere, die eben nicht so kam, wie ihr behäbiger viel Humor haben. „Logical Song“ zum Kla- Letztere mosern, dass alle Scooter-Songs gleich mauk-Hit mutiert war. ãDie klingen, was nicht so falsch ist. Andererseits: Das haben erst mal empört ihrem Wichtigste an einem Scooter-Song sei ãeine Energie, Musikverlag auf die Glocke gege- die Tote aufweckt“, sagt H. P. Was er damit meint, illustriert sein ben, aber das viele Geld, das sie an Video zur aktuellen Single „The Night“ (Sheffield Tunes/Edel): Darin Tantiemen kassierten, hat sie schnell beruhigt“, stiefelt er nachts durch eine Halle voller nackter, toter Models: ãDann sagt H. P. werden die irgendwie wach“, sagt er. So einfach ist das mit der positi- Aber sonst hat man jenseits der deutschen Gren- ven Energie. ze deutlich mehr Verständnis für die Späße von Das Prinzip des gut gelaunten Ausflippens hat seinen Ursprung in der Rave- Scooter. Für das Trio gilt das Prinzip des Schein- Kultur der späten achtziger Jahre. Zu donnernden Techno-Beats wurde da- riesen: je weiter weg, desto größer. In Kasachstan mals auf Party-Gro§veranstaltungen von Freitagabend bis Montag früh sind sie richtig bejubelt worden, und neulich in kollektiv durchgedreht. Als der Rave Anfang der Neunziger auch in Hanno- Island fand man sie auch sehr gut. Und für den ver ankam, waren H. P. und Rick zur Stelle. H. P. lie§ sich einen Hut mit Sommer stehen Konzerte in der Mongolei auf Pailletten machen, setzte sich eine runde Nickelbrille auf und besorgte sich dem Plan. In Deutschland dagegen brüllt ihnen im Segelfachhandel ein Nebelhorn, das er mit auf die Raves schleppte und nur ab und zu mal einer höhnisch auf der Straße anwarf, wenn seine Laune auf dem Höhepunkt war: OOOOHHHHMMMM. hinterher: ãHyper, hyper!“ Und genauso sind die Hits von Scooter angelegt: nicht viel nachdenken, ãManchmal denke ich, nach zehn Jahren reicht sondern einfach tanzen und mitgrölen bis zum Stimmverlust. es endlich mal, aber das denken die anderen In Hannover fanden H. P. und Rick Mitte der Achtziger auf Grund einer wahrscheinlich auch“, sagt H. P. Dann lacht er Zeitungsanzeige zueinander. Sie starteten eine New-Wave-Band, die ein we- laut. So leicht lässt er sich den Spaß nicht ver- nig nach Depeche Mode klang, aber ãirgendwie ein wenig zu spät für die- derben. se Sounds war“. In Hamburg, wo H. P. dann im Telefon-Marketing der Plat- tenfirma Edel gelandet war, zog er ein paar Aufträge als Remixer an Land. „The Stadium Techno Experience“ (Sheffield Das lief so gut, dass er eines Tages mit Rick und einem gewissen Ferris Tunes/Edel). KulturSPIEGEL 7/2003 9.
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