
ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Angewandte Carabidologie Jahr/Year: 2012 Band/Volume: 9 Autor(en)/Author(s): Hannig Karsten Artikel/Article: Verbreitung, Biologie und Bestandsentwicklung von Leistus fulvibarbis Dejean, 1826 in Deutschland 25-37 ©Gesellschaft für Angewandte Carabidologie e.V. download www.laufkaefer.de Verbreitung, Biologie und Bestandsentwicklung von Leistus fulvibarbis Dejean, 1826 in Deutschland (Coleoptera: Carabidae)1 Karsten Hannig 1 Gewidmet Prof. Dr. Gerd Müller-Motzfeld Abstract: Distribution, biology and population development of Leistus fulvibarbis Dejean, 1826 in Germa- ny (Coleoptera: Carabidae) - The distribution of the ground beetle Leistus fulvibarbis Dejean, 1826 from Germany is presented and discussed. In addition, the habitat preference for the western part of Germany is characterized and data on phenology and spatial expansion are given. Zusammenfassung Für die westeuropäisch-mediterran verbreitete, in Mitteleuropa weiterhin in Ausbreitung befindliche Laufkäferart Leistus fulvibarbis Dejean, 1826 werden die bislang bekannten Nachweise aus Deutschland aufgeführt und kartografisch dargestellt. Darüber hinaus werden Aussagen zur Phänologie und Habitat- präferenz dokumentiert und diskutiert. 1 Einleitung Nachdem im Jahre 1981 der vermeintliche Erst- nachweis von Leistus fulvibarbis Dejean, 1826 für Deutschland erbracht und publiziert wurde (Koch 1990), stellten Trautner & Schüle (1996) erstmalig alle bis dahin bekannten Nachweise aus Deutschland zusammen. Im Rahmen der Recherchen zur vorliegenden Arbeit ergab die Überprüfung der Koch´schen Belege eine Fehlmeldung von L. fulvi- Abb. 1: Leistus fulvibarbis Dejean, 1826 © R. Anderson barbis Dejean, 1826, die auf einer Verwechslung mit Leistus spinibarbis (Fabricius, 1775) beruhte. Erst Verfügung stehenden unveröffentlichten Nachweise vor wenigen Jahren veröffentlichten Altherr et al. von L. fulvibarbis recherchiert, geprüft und zusam- (2006) im Zuge des schweizerischen Wiederfundes mengefasst. von L. fulvibarbis eine Karte mit Nachweisen aus der Leistus fulvibarbis (siehe Abb. 1) ist eine west- Schweiz, Deutschland und dem Osten Frankreichs, europäisch-mediterran verbreitete Art (Assmann wobei zahlreiche Quellen aus Deutschland unberück- 2004, Trautner & Schüle 1996, Turin 2000), sichtigt blieben (Albrecht et al. 2005, Hannig die im Westteil des Areals nach Norden vorstößt 2001, 2004, 2005, Hannig & Schwerk 2000, und hier die Britischen Inseln (Eyre & Luff 2004, Köhler 1996, 1998, Nordmann & Hielscher Luff 1998) sowie die Niederlande (Boeken et al. 1994, Ross-Nickoll 2000, Schüle 1997) und 2002, Turin 2000, Müller-Motzfeld 2004) er- hieraus ein unvollständiges Verbreitungsbild resul- reicht. Sie kommt im Südosten ihres Verbreitungs- tierte. Um diesem Umstand Abhilfe zu schaffen und gebietes bis nach Kleinasien vor und wird u.a. auch der aktuellen Datenlage Rechnung zu tragen, wurden aus der Türkei und Bulgarien gemeldet (vgl. Farkac alle publizierten deutschen Meldungen sowie die zur & Wrase 2010, Hieke & Wrase 1988, Horion Angewandte Carabidologie 9 (2010): 25–37 ISSN: 2190-7862 (Internet) ©Gesellschaft für Angewandte Carabidologie e.V. download www.laufkaefer.de 1941, Löbl & Smetana 2003, Turin 1981). Einen Art unbelegte Meldungen zweifelhaft und bedürfen ersten Überblick über die Gesamtverbreitung gab der Überprüfung. In einem zweiten Schritt wurden Deville (1921), während aktuellere Gesamtverbrei- alle Belege (soweit möglich!) publizierter Nachweise tungskarten Trautner & Schüle (1996) sowie sowohl aus Museums- als auch aus Privatsammlungen Turin (2000) zu entnehmen sind. einer kritischen Nachkontrolle unterzogen. In zahl- Im mitteleuropäischen Raum ist die Art aktuell reichen Fällen erfolgte dies bereits in der jüngeren aus Belgien und den Niederlanden (Boeken et al. Vergangenheit (vgl. Trautner & Schüle 1996, 2002, Desender 1986, 1989, Desender & Turin Hannig 2004, 2005, 2006b, 2007, 2008, Hannig 1986, 1989, Desender et al. 1995, Turin 1981, & Schwerk 2000, Schanowski 2004, 2007, Frit- 2000), Deutschland (u.a. Nordmann & Hiel- ze 2007 u.a.). Abschließend wurden die Landesbe- scher 1994, Trautner & Müller-Motzfeld arbeiter aller Regionen Deutschlands, koleopterolo- 1995, Trautner & Schüle 1996, Trautner et gische Fachkollegen sowie carabidologisch arbeitende al. 1997, Köhler & Klausnitzer 1998) sowie der Gutachterbüros befragt. Gerade aus letzteren Quellen Schweiz (Altherr et al. 2006) bekannt. Aufgrund resultieren noch einige interessante und unpublizierte historischer Meldungen (Stierlin 1900, Stierlin Daten, wie Tabelle 1 zeigt. & Gautard 1869) galt L. fulvibarbis in der Schweiz In Tabelle 1 werden der Vollständigkeit halber seit mehr als hundert Jahren als „ausgestorben oder auch einige plausible veröffentlichte, aber unbelegte verschollen“ (Marggi 1992, Marggi & Luka Meldungen aufgeführt. In den Auswertungen zur 2001), ehe die Art im Jahre 2004 in Parkanlagen der Gesamtverbreitung, Habitatpräferenz, Phänologie so- Stadt Basel wiederentdeckt wurde (Altherr et al. wie der Bestandsentwicklung in Deutschland werden 2006). Unter Berufung auf lediglich zwei historische jedoch nur die belegten und zeitnah auf Richtigkeit Meldungen (Bourgeois 1898, Scherdlin 1914) überprüften Daten aus Tabelle 1 berücksichtigt. Im führen Callot & Schott (1993) die Art nicht Rahmen der Phänologie-Analyse wurden alle Fang- als aktuellen Faunenbestandteil des Elsaß auf. Dies zeitintervalle von über acht Wochen nicht berück- scheint auch heute noch der Fall zu sein, wobei L. sichtigt und bei monatsübergreifenden Fangzeitinter- fulvibarbis seit 2000 in Lothringen (Umgebung von vallen die zu berücksichtigenden Individuen anteilig Epinal) regelmäßig beobachtet wird (Schanowski berechnet. 2007, Junger in litt.). Die Angabe von Löbl & Sme- tana (2003) sowie von Assmann (2004) für Ös- 3 Ergebnisse und Diskussion terreich beruht auf einem Übertragungsfehler (Paill in litt.); L. fulvibarbis ist somit kein Bestandteil der 3.1 Verbreitung in Deutschland Fauna Österreichs. Horion (1941) waren noch keine sicheren Mel- Nachfolgend werden die Daten von L. fulvibarbis dungen von L. fulvibarbis aus Deutschland bekannt; aus Deutschland anhand von Literaturauswertungen den publizierten Nachweis durch Micke (1915) sowie umfangreich überprüftem Sammlungsmaterial von der Insel Usedom stufte er berechtigterweise als aus Museen und Privatsammlungen analysiert. Aus unplausibel ein. Bezugnehmend auf die historischen den Resultaten dieser Untersuchung werden nachfol- Funde bei Basel durch Stierlin (1900) postulierte gend Aussagen zur Gesamtverbreitung, Habitatprä- Horion (1941), dass „die Art wahrscheinlich auch ferenz, Phänologie sowie zur Bestandsentwicklung in an den Wärmestellen in Südbaden anzutreffen ist.“ Deutschland abgeleitet und zur Diskussion gestellt. Erst 40 Jahre später im Jahre 1981 gelang der vermeintliche Erstnachweis in der Eifel (Rheinland- 2 Material und Methode Pfalz) durch Koch (1990), der seitdem ungeprüft von vielen Autoren übernommen wurde (u.a. Traut- Um ein aussagekräftiges Bild sowohl der „histo- ner & Müller-Motzfeld 1995, Schüle et al. rischen“ als auch der aktuellen Verbreitungssituation 1997, Trautner et al. 1997, Trautner & Schüle von L. fulvibarbis in Deutschland zu erhalten, wurde 1996, Schüle & Terlutter 1998, Köhler & zunächst die Literatur ausgewertet. Wie der fehlbe- Klausnitzer 1998, Schüle & Persohn 2000). stimmte Erstnachweis für Deutschland durch Koch Eine Überprüfung zweier im Museum Alexander (1990) sowie ein historischer, unplausibler Fund von König (Bonn) befindlicher Belege (Originaletiket- der Insel Usedom (Micke 1915) zeigen, sind trotz tierung: 1 Expl. Hohenfels, 2. 9. 1981, leg. et det. Kl. der verhältnismäßig einfachen Determination dieser Koch; 1 Expl. Gerolstein, 22. 5. 1983, leg. et det. Kl. 26 Angewandte Carabidologie 9 (2010) ©Gesellschaft für Angewandte Carabidologie e.V. download www.laufkaefer.de Koch) ergab eine Verwechslung mit Leistus spinibarbis (corr. Hannig 2009). Da auch bei den verschollenen drei übrigen publizierten Tieren (Koch 1990) von einer Fehldetermination auszugehen ist, ist diese Mel- dung zu streichen. Wie Abb. 2 zu entnehmen ist, erreicht die Art L. fulvibarbis ihre nordöstliche Arealgrenze in West- deutschland (siehe auch Turin 2000), wobei sie von den Ostfriesischen Inseln im Norden bis zur Oberrheinebene im Süden verbreitet ist. Die beiden östlichsten bekannten Fundorte liegen zur Zeit im Landkreis Cuxhaven (Niedersachsen) und Main-Tau- nus-Kreis (Hessen) (vgl. Tab. 1). Von 49 bundesweit belegten TK 1 : 25.000-Rasterfeldern (MTB) befin- den sich 27 Rasterfelder in Nordrhein-Westfalen; dies entspricht ca. 55 % der überprüften Meldungen. Darüber hinaus ist die Art aus Niedersachsen (sieben TK25-Felder = 14 % der Meldungen), dem Saarland (sechs TK25-Felder = 12 % der Meldungen), Rhein- land-Pfalz (zwei TK25-Felder = 4 % der Meldungen), Hessen (ein TK25-Feld = 2 % der Meldungen) sowie Baden-Württemberg (sechs TK25-Felder = 12 % der Meldungen) bekannt (siehe Tab. 1). Die bundesweit ersten kontrollierten und damit nachvollziehbaren Nachweise stammen aus Nord- rhein-Westfalen von 1989 (Ross-Nickoll 2000) Abb. 2: Verbreitung von Leistus fulvibarbis Dejean, 1826 in Deutschland und Niedersachsen (Ostfriesische Inseln) von 1990 (Entwurf: M.-A. Fritze) (Nordmann & Hielscher 1994, Hannig & Schwerk 2000, Plaisier & Stumpe 2008). Mit falen in einer Malaisefalle (Ribbrock in litt.) ist als hoher Wahrscheinlichkeit
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