Die Debatte um die Entnazifizierung bei den steirischen Landtagswahlen 1945 und 1949 Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Philosophie an der Karl-Franzens-Universität Graz vorgelegt von Christoph NÖHRER am Institut für Geschichte Begutachter: Assoz. Prof. Mag. Dr.phil. Gerald Lamprecht Graz, 2017 Eidesstattliche Erklärung Ich, Christoph Nöhrer, erkläre eidesstattlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kennt- lich gemacht habe. Die Arbeit wurde in gleicher oder ähnlicher Form bisher noch keiner anderen Prüfungskom- mission vorgelegt und auch nicht veröffentlicht. Hartberg, am 1.6.2017 Christoph Nöhrer 2 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ................................................................................................................................ 6 1.1 Fragestellung und Ziele der Arbeit ................................................................................... 8 1.1.2 Aufbau der Arbeit .................................................................................................... 10 1.2 Überblick über den Forschungsstand ............................................................................. 11 1.3 Methode und Quellenbeschreibung ................................................................................ 14 1.3.1 Steirische Parteizeitungen ....................................................................................... 15 1.4 Zum Begriff „Entnazifizierung“ ..................................................................................... 17 2 (Neu-) Konstituierung der politischen Parteien in der Steiermark ........................................ 19 2.1 Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) ......................................................................... 20 2.2 Österreichische Volkspartei (ÖVP) ................................................................................ 21 2.3 Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) .................................................................... 24 2.4 Die provisorischen Landesregierungen der Steiermark im Jahr 1945 ........................... 25 3 Entnazifizierungsmaßnahmen vor der Landtagswahl im November 1945 ........................... 29 3.1 Entnazifizierungsmaßnahmen durch die Besatzungsmächte ......................................... 30 3.2 Entnazifizierungsmaßnahmen durch die heimischen Behörden .................................... 34 3.2.1 Entnazifizierungsgesetze 1945 ................................................................................ 35 4 Die Wahl zum steirischen Landtag vom 25. November 1945 .............................................. 44 4.1 Wahltermin ..................................................................................................................... 44 4.2 Wahlgesetz ..................................................................................................................... 45 4.3 Wahlwerbende Parteien .................................................................................................. 49 4.4 Wahlkampf ..................................................................................................................... 52 4.4.1 Besonderheiten des Wahlkampfes 1945.................................................................. 54 5 Analyse der steirischen Parteizeitungen hinsichtlich der Bedeutung der Entnazifizierungsthematik im Wahlkampf 1945 ...................................................................... 56 5.1 Die Entnazifizierungsdebatte in der Wochenzeitung „Das Steirerblatt“ ....................... 56 5.2 Die Entnazifizierungsdebatte in der Wochenzeitung „Neue Zeit“ ................................. 61 5.3 Die Entnazifizierungsdebatte in der Wochenzeitung „Die Wahrheit“ ........................... 67 3 6 Die Entnazifizierungsdebatte auf den Wahlplakaten 1945 ................................................... 73 7 Wahlergebnis 1945 und mögliche Ursachen ......................................................................... 85 8 Entnazifizierungspolitik während der ersten Legislaturperiode ............................................ 88 8.1 Volksgerichtsprozesse .................................................................................................... 89 8.2 Das Nationalsozialistengesetz von 1947 ........................................................................ 92 8.2.1 Sühnemaßnahmen und Umsetzung des Nationalsozialistengesetzes ...................... 96 8.2.2 Amnestien vor der Landtagswahl 1949 ................................................................... 98 8.3 Die Gründung des VdU und das Buhlen um die „Ehemaligen“ .................................. 100 9 Die Landtagswahl vom 9. Oktober 1949 ............................................................................ 102 9.1 Wahlkampf und wahlwerbende Parteien ...................................................................... 102 10 Analyse der steirischen Parteizeitungen hinsichtlich der Bedeutung der Entnazifizierungsthematik im Wahlkampf 1949 .................................................................... 104 10.1 Die Entnazifizierungsdebatte in der Tageszeitung „Das Steirerblatt“ ....................... 104 10.2 Die Entnazifizierungsdebatte in der Tageszeitung „Neue Zeit“ ................................ 111 10.3 Die Entnazifizierungsdebatte in der Tageszeitung „Die Wahrheit“ ........................... 116 10.3 Die Entnazifizierungsdebatte in der Wochenzeitung „Alpenruf“ .............................. 120 11 Die Entnazifizierungsdebatte auf den Wahlplakaten 1949 ............................................... 124 12 Wahlergebnis 1949 und mögliche Ursachen ..................................................................... 134 13 Vergleich der Wahlkämpfe 1945 und 1949 ...................................................................... 136 14 Conclusio ........................................................................................................................... 144 15 Anhang .............................................................................................................................. 148 15.1 Literaturverzeichnis .................................................................................................... 148 15.2 Zeitungen .................................................................................................................... 153 15.3 Stenographische Protokolle des Steiermärkischen Landtages ................................... 153 15.4 Internetquellen ............................................................................................................ 153 15.5 Plakatverzeichnis ........................................................................................................ 155 15.6 Abkürzungsverzeichnis .............................................................................................. 156 4 1 Einleitung Der Umgang der Republik Österreich mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit war über Jahrzehnte geprägt vom so genannten „Opfermythos“, dem Selbstverständnis, das erste „Opfer“ der aggressiven Expansionspolitik des Deutschen Reiches gewesen zu sein. Die Gründe für diese Fassade, die von der österreichischen Nachkriegsgesellschaft aufgebaut und aufrecht erhalten wurde, liegen zumal an der Moskauer Deklaration von 1943, wonach Öster- reich von den Alliierten als ein zu befreiendes Land betrachtet wurde. Darüberhinaus trugen die „Gründerväter“ der Zweiten Republik aufgrund ihrer persönlichen Leidenserfahrungen, beispielsweise die jahrelange KZ-Haft Leopold Figls und anderer, ihres dazu bei, um den Op- ferstatus Österreichs aufzubauen und jegliche Schuld des Staates zu verleugnen, der nach ih- rer Auffassung mit März 1938 aufgehört hatte zu existieren.1 Aufgrund dieser Haltung der Republik ihrer eigenen Schuld gegenüber und hinsicht- lich ihres Umgangs mit den ehemaligen österreichischen NationalsozialistInnen, sah sich Ös- terreich im Laufe des späteren 20. Jahrhunderts zunehmender Kritik von innen und außen ausgesetzt. In diesem Zusammenhang steht die immer wieder zu hörende polemische Äuße- rung, dass eine umfassende Entnazifizierung in der Praxis in Österreich nicht oder nur im ge- ringen Ausmaß stattgefunden habe. Meines Erachtens liegt in der Überprüfung dieser An- nahme die Aufgabe der Forschung, wobei diese Arbeit einen kleinen Beitrag dazu leisten soll. Ob die Entnazifizierungsmaßnahmen, die unmittelbar nach Kriegsende vorrangig von den Alliierten vollzogen und erst mit Jahresbeginn 1946 primär von den steirischen Behörden durchgeführt wurden, als erfolgreich zu bezeichnen sind, hängt primär davon ab, was darunter verstanden wurde und wird sowie den entsprechenden Erwartungshaltungen. Darüberhinaus gilt es unbedingt anzumerken, dass unter dem Begriff „Entnazifizierung“ eine Vielzahl von bürokratischen, justiziellen und kulturellen Maßnahmen und Gesetze zusammengefasst sind. Zudem handelt es sich dabei um kein punktuelles Ereignis, sondern vielmehr um einen zeit- lich schwer einzugrenzenden dynamischen Prozess.2 Beispiele der Verdrängung der nationalsozialistischen Vergangenheit Österreichs und seiner BürgerInnen gibt es einige: der Skandal um den Universitätsprofessor Taras Boro- dajkewycz samt erstem politischen Todesopfer der Zweiten Republik, der Skandal um die SS- 1 Vgl. Walter Manoschek: Verschmähte Erbschaft. Österreichs Umgang
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