SONDERHEFT Wandlungen und Perspektiven Mitteldeutsches Braunkohlenrevier SANIERUNGSPLANUNG TAGEBAU ESPENHAIN MITTELDEUTSCHES REVIER Nachterstedt B185 B184 A2 B185 B107 B185 B100 B182 B185 B6 B1 B180 Edderitz B6 B2 B100 B107 B245a B245 B183 A9 B6 B6 B242 B87 B183 B86 B180 A14 B183A B183 B184 B183A B107 B100 B182 B80 B87 Löderburg A143 B180 B2 B180 B80 B184 B6n Nachterstedt B185 B6 B87 A38 B185 B6 B91 B181 B6 B180 B180 B6 B107 B87 A38 A14 B176 B250 B176 B186 B95 B87 B91 B176 B176 B87 A9 B85 B88 B93 B2 B169 B180 A72 B175 B7 B180 B250 B2 Der lange Weg zum See Versunkene Zwischenwelten Die historisch gewachsene Kulturlandschaft unmittelbar aktivem Braunkohlenbergbau gelang es, den Zeitraum bis südlich von Leipzig und Markkleeberg wurde zwischen zur öffentlichen Nutzung der von der LMBV gestalteten Berg- 1921 und 1999 durch die gewaltigen Braunkohlentage- baufolgelandschaft wesentlich zu verkürzen. So führten baukomplexe Böhlen-Zwenkau-Cospuden und Espenhain die Sanierungsmaßnahmen der LMBV bis 2015 zu einem in großen Teilen ausgelöscht. Die Region vermittelte bis sichtbaren und öffentlich akzeptierten Ergebnis. Mit dem vor wenigen Jahren den Eindruck einer lebensfeindlichen „Seenkleeblatt“, das durch den Cospudener See (öffent- Mondlandschaft. Dieser Zustand ist bei vielen Menschen liche Freigabe: 2000), den Markkleeberger See (2006), den in den Köpfen hängen geblieben. Mit dem Ende der DDR Störmthaler See (2014) und den Zwenkauer See (2015) ging das Zeitalter der Braunkohle in großen Schritten auf gebildet wird, ist eine neue anthropogene Landschaft ent- sein Ende zu. Begleitet von einer absehbaren sozialen und standen, die den Tourismusmagnet Leipzig gut ergänzt. ökologischen Katastrophe schien die Kohleindustrie schlag- artig und ungeordnet zusammenzubrechen. Nach Jahren Ziel dieser Broschüre ist es, den planerischen Weg und der Ungewissheit gelang es diese Entwicklung zu stoppen. die Entwicklungsschritte hin zu dieser neuen Landschaft Es wurde eine planmäßige und finanziell gesicherte sichtbar zu machen. Denn in den Jahren der Flutung der Sanierung der Bergbauflächen ermöglicht. Der Entwicklung gesicherten und gestalteten Tagebaurestlöcher bis hin zur des weiterlaufenden Braunkohlenbergbaus wurden klare Fertigstellung der neuen Landschaftsseen entstanden Grenzen und Ziele gesetzt. Durch ein regionalplanerisch Zwischenlandschaften, die für das heutige Auge nicht abgestimmtes Vorgehen von Sanierungsbergbau und mehr sichtbar sind. Ein herzliches Glückauf! Dr. Uwe Steinhuber Dipl.-Ing. Bernd-Stephan Tienz Leiter Unternehmenskom- ehemaliger Leiter Planung munikation der LMBV Mitteldeutschland bis 2012 ESPENHAIN / 1 DER TAGEBAU ESPENHAIN IM WANDEL DER ZEITEN seit 1937 Wie alles begann Bereits im kaiserlichen Deutsch- land erkannte man das Ausmaß der Braunkohlenlagerstätten unmittelbar südlich von Leipzig und so entstanden zu Zeiten der Weimarer Republik im Freistaat Sachsen Strukturen einer staat- lichen Energieversorgung. Unter den Autarkiebestrebungen im Dritten Reich wurde der Groß- tagebau Espenhain zur Sicherung des kriegswichtigen Energie- und Kraftstoffbedarfs aufgeschlossen und in Betrieb gesetzt. In DDR- Zeiten erfolgte eine maximale Ausbeutung der Lagerstätte bis der Systemzusammenbruch kam, der den Strukturbruch in der Kohle- industrie eingeleitete. Tagebau Espenhain, 1993 2 / ESPENHAIN Der Gedanke, im Raum zwischen Leipzig und Altenburg Energieversorgung und Karbochemie wurde 1923 die Volkseigenen Betrieb (VEB) Kombinat Espenhain. Nach bei der Gewinnung von Braunkohle zur Energieerzeugung privatrechtlich geführte Aktiengesellschaft Sächsische dem Wiederaufbau der Werke verfügte die DDR über auf Großtagebaue zu setzen, geht bereits auf das Jahr Werke (ASW) gebildet, die zunächst den Tagebau den damals modernsten Tagebau- und Kohleveredlungs- 1904 zurück. Damals hatte der spätere Generaldirek- Zwenkau und das Böhlener Werk entwickelte. Nach standort. Nach diversen Umstrukturierungen wurde der tor der AG Sächsische Werke, Hermann Eugen Müller, 1933 expandierte die ASW weiter und arbeitete am Tagebau bis zum Ende der DDR dem Braunkohlenwerk anhand weniger Bohrungen bereits eingeschätzt, dass Projekt Tagebau Espenhain, der zunächst als Reserve- Borna, welches Teil des Braunkohlenkombinates Bitter- hier Lagerstättenvorräte von bis zu 5 Mrd. t Braunkohle tagebau für den seit 1924 in Betrieb befindlichen feld war, zugeordnet. zu erwarten seien. Tagebau Böhlen aufgeschlossen werden sollte. Letztlich Diese Aussage war entscheidend für die späteren zielten aber wehrwirtschaftliche Gründe in Vorbereitung Die umweltschädliche Kohlechemie sollte eigentlich Bemühungen des Sächsischen Staates, eine staatliche des 2. Weltkrieges auf eine Erweiterung der karboche- bereits Anfang der 1970er Jahre durch Einsatz von Energieversorgung aufzubauen. Bereits vor dem 1. Welt- mischen Kapazitäten. Der Aufschluss und die Inbetrieb- sowjetischem Erdöl ersetzt und der Tagebau Espenhain krieg begann der Freistaat Sachsen mit dem Aufkauf nahme des Braunkohlentagebaus Espenhain erfolgten bis 1980 stillgelegt werden. Doch als diese Pläne schei- benötigter Grundstücke und einer detaillierten Lager- zwischen 1937 und 1944. Im Ergebnis des 2. Welt- terten, musste die DDR ihr politisch-wirtschaftliches stättenerkundung. Mit dem „Gesetz über das staatliche krieges wurde die ASW 1947 liquidiert. Die Betriebe Überleben wieder mit der Braunkohle verknüpfen, um Kohlebergbaurecht in Sachsen“ vom Juni 1918 wurde des Braunkohlen- und Großkraftwerks Espenhain, zu den ständig wachsenden Bedarf an Energie, Wärme und die Kohle bergfreier Rohstoff und damit vom Grund- denen auch der Tagebau Espenhain gehörte, gingen ab chemischen Grundstoffen zu decken. Trotz verschlis- eigentum getrennt. Eine Ministerialverordnung vom 1. August 1946 als Reparationsleistung in sowjetisches sener oder zwischenzeitlich moralisch veralteter Anlagen Februar 1919 regelte die Genehmigung zur Bebauung Eigentum über und wurden danach unter Verwaltung und Ausrüstungen wurde die Kohleproduktion drastisch kohlehöffiger Gebiete. 1920 erließ das Sächsische Sowjetischer Aktiengesellschaften betrieben. 1954 gesteigert. Diese Entwicklung trug neben anderen Fak- Finanzministerium einen „Sperrplan“ für den Kohle- erfolgte die Rückgabe der Betriebsanlagen an die 1949 toren zum späteren wirtschaftlichen Kollaps und damit abbau rund um Leipzig. Zum Ausbau der sächsischen gegründete DDR und der Tagebau gehörte nun zum zum Zusammenbruch der DDR bei. „Schnitt Tagebau Espenhain“ aus Gold: Der Aufschluss von Braunkohlentagebauen, 1952 ESPENHAIN / 3 Gewaltiger Eingriff in Boden und Wasser Zwischen beiden Flözen befand sich eine sandig-tonige Mit Aufschluss des Tagebaues musste das Grundwasser Schicht, das sogenannte Mittel. Über dem Böhlener Ober- bergbaubedingt 60 bis 80 m abgesenkt werden. Die dazu Der ehemalige Tagebau Espenhain lag naturräumlich im flöz waren mächtige Meeressedimente abgelagert. Darauf notwendige Wasserhebung lag im Tagebau-Regelbetrieb südlichen Zentrum der Leipziger Tieflandsbucht, wo im folgten eiszeitliche Ablagerungen, wie Kiese, Sande, Tone bei etwa 21 bis 25 Mio. m³ pro Jahr. Ab 1991 sank sie auf Tertiär die Braunkohleformation des Weißelsterbeckens und Geschiebemergel. Der geologische Schichtenaufbau etwa 13 bis 16 m³ Mio. pro Jahr. Im Abbaugebiet liegende entstand. Im Tagebau kamen das Oberflöz (Flöz IV) und setzte sich aus grundwasserstauenden und grundwasser- Flüsse, wie die Pleiße und deren Nebenfluss Gösel, wurden das Bornaer Hauptflöz (Flöz II) zum Abbau. leitenden Bodenschichten zusammen. verlegt und z. T. abgedichtet. Zur Freilegung der beiden Kohleflöze wurden insgesamt Abbauentwicklung Tagebau Espenhain 1.708 Mio. m³ Abraum bewegt. Das erlaubte die Gewinnung von 571,6 Mio. t Braunkohle. Allein durch den Betrieb des Tagebaues Espenhain wurden zwischen 1937 und 1994 im Landkreis Leipzig auf 39,7 km² Fläche die natürlichen Boden- strukturen zerstört. Der Tagebau erreichte eine durchschnitt- liche Tiefe von 60 m. Im Ostfeld war er maximal bis 100 m tief. Die Aufschlussmassen (85 Mio. m³) wurden zwischen 1938 und 1948 auf einer kohlenfreien Fläche südlich von Möl- bis zur bis 231 m NHN hohen Halde Trages aufgeschüttet. Ortsverlegungen Ortsverlegungen Verkehrsfläche Verkehrsfläche Tagebauperspektive in der DDR Eisenbahnverkehrsfläche Eisenbahnverkehrsfläche Nach der Anfang der 1970er Jahre gescheiterten schnellen Wasserfläche Wasserfläche Umstellung auf umweltfreundlichere Energieträger musste Wohnbaufläche Wohnbaufläche die Braunkohleförderung wieder intensiviert werden, da Gewerbefläche Gewerbefläche die planwirtschaftlich organisierte DDR Jahresmengen von mehr als 300 Mio. t Braunkohle benötigte. Im Förderraum Grünfläche Grünfläche Leipzig Süd waren dazu Kapazitäten zur Gewinnung von Abbaufläche Abbaufläche ca. 60 bis 70 Mio. t Braunkohle pro Jahr bereitzustellen. Sukzessionsfläche Sukzessionsfläche Damit verbunden war eine radikale Lagerstättenauskohlung, die vom zuständigen Fachministerium für Kohle und Waldfläche Waldfläche Energie unter Aufsicht der staatstragenden Sozialistischen Landwirtschaftsfläche Landwirtschaftsfläche Einheitspartei Deutschlands (SED) vorangetrieben wurde. Die staatlichen Planungen zur territorialen Einordnung der Kohle- und Energiewirtschaft im Bezirk Leipzig erfolgten durch das 1973 neu geschaffene „Büro für Bergbauangele- genheiten bei der Bezirksplankommission Leipzig“. Dessen Abteilung „Planung und Standortverfahren“ war u. a. zuständig für: 4 / ESPENHAIN Geländeoberfläche In der Abteilung „Bergsicherung“ des Büros für Bergbau- angelegenheiten
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