DÖW DOKUMENTATIONSARCHIV DES ÖSTERREICHISCHEN WIDERSTANDES FOLGE 189 Mitteilungen DEZEMBER 2008 BEWAHREN — ERFORSCHEN — VERMITTELN 45 Jahre Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Seit 45 Jahren hat es sich das DÖW zur Aufgabe gemacht, die Geschichte des Widerstandes und der Verfolgung in der NS-Zeit zu er- forschen, zu bewahren und an die nächste Generation weiterzugeben. Anlässlich des heurigen Jubiläums lädt das DÖW am Mittwoch, den 10. Dezember 2008 zu einem Symposium in das Alte Rathaus (siehe S. 11). Zum gleichen Anlass erscheint eine neue Publikation: Bewahren — Erforschen — Vermitteln. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, in der die Forschungsschwer- punkte des DÖW dargestellt und darüber hinaus Erfolge, aber auch bei den Arbeiten auftauchende Probleme (nicht zuletzt die finan- zielle Absicherung) thematisiert werden, wie die wissenschaftliche Leiterin des DÖW Brigitte Bailer im anschließend abgedruckten Vorwort ausführt. Das Dokumentationsarchiv des österrei- DÖW, verstärktes Augenmerk auf Moni- Österreicher an der Seite der Spanischen chischen Widerstandes leistete in den toring und Analyse rechtsextremer, neona- Republik, in jahrelanger intensiver Arbeit 45 Jahren seines Bestehens in verschiede- zistischer und rassistischer Tendenzen zu aufgebaut hat. nen Themenbereichen wertvolle Beiträge richten. Bald nach dem Zusammenbruch Mit der vorliegenden Publikation wollen zur zeitgeschichtlichen Forschung Öster- des sowjetischen Herrschaftsbereichs en- wir das Augenmerk verstärkt auf die Viel- reichs, in manchen uns heute selbstver- gagierten sich dem DÖW nahestehende falt der im DÖW bearbeiteten Forschungs- ständlichen Forschungsfeldern erschienen Wissenschafter in der Aufarbeitung der themen lenken. In den einzelnen Beiträgen aus dem DÖW heraus tatsächliche Pio- sowjetischen Gewaltverbrechen gegen beschreiben MitarbeiterInnen des DÖW nierarbeiten. Zu erwähnen sind hier bei- Österreicher und Österreicherinnen. die Genese der einzelnen Forschungs- spielsweise die Arbeit von Jonny Moser Zwei Spezialsammlungen des DÖW wie- schwerpunkte des DÖW und berichten zur Judenverfolgung in Österreich aus derum sind dem unermüdlichen Einsatz dann weiter aus der „Werkstatt der For- dem Jahr 1966 oder die Veröffentlichung ehemaliger Widerstandskämpfer zu dan- schung“ — von der Problematik des Zu- von Selma Steinmetz zu „Österreichs Zi- ken: Die von Antonia Bruha aufgebaute gangs zu den relevanten Quellen bis hin geuner im NS-Staat“ aus demselben Jahr. Sammlung zum Konzentrationslager Ra- zu den schlicht pragmatischen Schwie- Bereits diese Titel verdeutlichen die the- vensbrück und die auch international weit- rigkeiten der finanziellen Absicherung der matische Breite, die die Arbeit des DÖW hin beachtete Sammlung zu Österrei- Arbeiten. Damit reagieren wir nicht zu- bereits kurz nach der Gründung auszeich- cherInnen im Spanischen Bürgerkrieg, die letzt auch auf die oft an uns gerichtete Fra- nete. Die im Namen des DÖW nahegeleg- Hans Landauer, selbst der zweitjüngste ge nach der Entwicklung der inhaltlichen te Fokussierung alleine auf den Wider- stand gegen das NS-Regime entsprach al- so von allem Anfang an nicht der Realität Bewahren unserer inhaltlichen Arbeit. Im Laufe der Erforschen Jahre traten — nicht zuletzt bedingt durch Vermitteln Forschungsinteressen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen — neue Themenfelder Das Dokumentationsarchiv hinzu, wie die Arbeiten Wolfgang des österreichischen Widerstandes Neugebauers und anderer jüngerer Mit- arbeiter zur Geschichte der NS-Medizin- Redaktion: Christine Schindler verbrechen oder die Beschäftigung mit der Aufarbeitung der NS-Verbrechen durch Wien 2008 die Nachkriegsjustiz sowie mit den Fragen 190 Seiten des Umgangs der Republik mit den An- ISBN 978-3-901142-54-3 liegen der NS-Opfer. Leugnung des öster- reichischen Widerstandes und wenig spä- EUR 13,50 ter auch des Holocaust bzw. Verharm- losung der nationalsozialistischen Gewalt- Siehe Bestellschein auf verbrechen bewogen bereits in den 1970er der letzten Seite. Jahren Vorstand und MitarbeiterInnen des 2 Mitteilungen 189 Arbeit des DÖW. Gleichzeitig rückt die Broschüre die im DÖW geleistete wissen- schaftliche Arbeit in den Vordergrund, die Inhalt über unserer Vermittlungstätigkeit und un- serer Auseinandersetzung mit Rechtsext- Brigitte Bailer Wolfgang Neugebauer / Ursula Schwarz remismus in der Öffentlichkeit oft in den Einleitung Die Bemühungen des DÖW zur Hintergrund tritt. Aufarbeitung der NS-Justiz und deren Winfried R. Garscha Opfer Das Archiv des DÖW Brigitte Bailer Hans Landauer Fürsorge — Rückstellung — Ent- Das Archiv der österreichischen schädigung: das Verhalten von Staat Spanienkämpfer im DÖW und Politik gegenüber den Opfern des Herbert Exenberger Nationalsozialismus als Thema der Die Exilsammlung in der Forschung DÖW-Bibliothek Wilhelm Lasek / Andreas Peham Stephan Roth / Herbert Exenberger Forschungsbereich Rechts- Die „Illegale Flugblattsammlung“ extremismus des DÖW Herbert Exenberger Elisabeth Klamper Erinnerungskultur in Österreich: Die (Ohn-)Macht der Bilder: Gedenken und Mahnen in Wien Anmerkungen zur Fotosammlung Claudia Kuretsidis-Haider / Heinz des DÖW Arnberger Wolfgang Neugebauer Gedenken und Mahnen in Widerstandsforschung im DÖW: Die Niederösterreich Reihe „Widerstand und Verfolgung“ Claudia Kuretsidis-Haider / Winfried Christine Schindler R. Garscha Einblick in den Archivspeicher des DÖW Erzählte Geschichte Die Forschungsstelle Nachkriegsjustiz (Foto: DÖW / Winfried R. Garscha) am Dokumentationsarchiv des öster- Brigitte Bailer / Gerhard Ungar reichischen Widerstandes Durch die Vernetzung der Arbeitsbereiche Die namentliche Erfassung von Archiv — Bibliothek— Forschung kann das Opfern des Nationalsozialismus Barry McLoughlin / Josef Vogl DÖW seine Bestände als Grundlage eigener Projekt Gedenkbuch österreichischer Wolfgang Neugebauer / Herwig Forschungsvorhaben ebenso nützen, wie die Stalin-Opfer einzelnen Projekte zum ständigen Anwach- Czech / Peter Schwarz sen der verschiedenen Sammlungen beitra- Die Aufarbeitung der NS-Medizinver- Christa Mehany-Mitterrutzner gen. Gleichzeitig werden dadurch wichtige, brechen und der Beitrag des DÖW www.doew.at ansonsten breit gestreut aufbewahrte Quellen zentral und unbürokratisch zu- gänglich gemacht. An dieser Stelle muss aber ausdrücklich betont werden, dass alle diese Arbeiten nur durch den Einsatz und das Engage- ment unserer MitarbeiterInnen möglich sind. Zu danken haben wir dabei den hauptamtlich im DÖW Beschäftigten ebenso wie jenen Männern und Frauen aus dem Kreis der ehemaligen Wider- standskämpferInnen und Verfolgten, die mitgeholfen haben, das DÖW aufzubauen und die — so weit es ihre Gesundheit zu- lässt — auch noch heute bei uns mitarbei- ten. Ihre Reihen werden in den letzten Jahren durch eine neue Generation enga- gierter PensionistInnen ergänzt, die aus Solidarität mit dem DÖW und überzeugt von der Bedeutung unserer Arbeit ihre Freizeit für uns zur Verfügung stellen. Seit mehr als 20 Jahren verstärken auch Die Ausstellungswebsite www.doew.at/ausstellung (deutsch / englisch) bietet einen virtuellen Zivildienstleistende unser Team, auch sie ersten Einstieg in die permanente Ausstellung des DÖW und ermöglicht durch den Zugang sollen an dieser Stelle bedankt werden. zu Datenbanken auch weiterführende Recherchen. Dezember 2008 3 Zita Alram (1916–2008) Neuedition: Hasenjagd im Mühlviertel Zita Alram, antifaschistische Widerstandskämpferin seit früher Jugend und lang- jährige Mitarbeiterin des DÖW, starb am 24. September 2008 im 93. Lebensjahr. Nach vielen Jahren, in denen er vergriffen Zita Alram, als uneheliches Kind am 17. Dezember 1916 geboren, wurde einer Pfle- war, ist der Roman Hasenjagd im Mühl- gefamilie übergeben und lebte nach dem Tod der Pflegemutter vom 9. bis zum 14. Le- viertel. Roman einer Gegend von Helmut bensjahr in einem jüdischen Waisenhaus in Wien. Politisch engagierte sie sich bei den Rizy in einer Neuedition wieder verfügbar Roten Falken und der Sozialistischen Arbeiterjugend. Nach dem „Anschluss“ 1938 ge- (ISBN 978-3-902157-40-9). Rizy be- lang es ihr, als Hausgehilfin nach Großbritannien zu emigrieren, wo sie sich bald dem schreibt die größte Widerstandsaktion im Free Austrian Movement (FAM) anschloss. KZ Mauthausen, in deren Verlauf 500 vor 1947 kehrte Zita Alram nach Österreich zurück. Bis zu ihrem Parteiaustritt 1968 gehörte allem sowjetische Kriegsgefangene aus sie der KPÖ an. Nach ihrer Pensionierung war sie als ehrenamtliche Mitarbeiterin im dem Block 20 in Mauthausen flüchteten. DÖW tätig, wo sie sich u. a. um den Ausbau des Zeitungsausschnittearchivs kümmerte. Fast alle wurden in der sogenannten Das DÖW verliert mit Zita Alram eine hilfsbereite, engagierte Mitarbeiterin, die sich, so- „Mühlviertler Hasenjagd“ durch NS-Funk- lange sie nur konnte, immer auch um andere kümmerte. tionäre und die Bevölkerung ermordet. Bestellmöglichkeit: Edition Art Science, Wien–St. Wolfgang, www.editionas.com, e-mail: [email protected]. Helmut Zilk (1927–2008) Der Wiener Altbürgermeister Prof. Dr. Helmut Zilk, seit Jahrzehnten Mitglied des DVD über DÖW-Kuratoriums, starb am 24. Oktober 2008 im 82. Lebensjahr. Rudolf Haunschmid Helmut Zilk, geboren am 9. Juni 1927 in Wien, war ab 1947 als Volks-, später Haupt- schullehrer tätig. Er studierte Pädagogik, Germanistik, Psychologie und Philosophie und Rudolf Haunschmid war Widerstands- war ab 1955 im Rundfunk beschäftigt, 1967 bis 1974 als Programmdirektor des ORF. kämpfer, langjähriger Gewerkschafter und 1979 bis 1983 wirkte Helmut Zilk, der 1950 der SPÖ beigetreten
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