Dietrich Bonhoeffer Im Religionsunterricht

Dietrich Bonhoeffer Im Religionsunterricht

Christina Lange Dietrich Bonhoeffer im Religionsunterricht kassel university press Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Erziehungswissenschaft / Humanwissenschaften der Universität Kassel als Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) angenommen. Erster Gutachter: Prof. Dr. Petra Freudenberger-Lötz Zweiter Gutachter: Prof. Dr. Horst Heinemann Tag der mündlichen Prüfung 31. Januar 2008 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar Zugl.: Kassel, Univ., Diss. 2008 ISBN 978-3-89958-439-4 URN: urn:nbn:de:0002-4395 © 2008, kassel university press GmbH, Kassel www.upress.uni-kassel.de Druck und Verarbeitung: Unidruckerei der Universität Kassel Printed in Germany Mein besonderer Dank gilt meinen Eltern und Stephan, die mich mit Liebe, Interesse und kompetenter Beratung begleitet und unterstützt haben. Weiterhin danke ich vielen Schülerinnen und Schülern in Fulda, Berlin und Bremen, die mir immer wieder neue Anregungen gegeben haben. DIETRICH BONHOEFFER IM RELIGIONSUNTERRICHT EINLEITUNG 1 HAUPTTEIL 5 I. Empirische Untersuchung 5 Dietrich Bonhoeffer als Thema in Lehrplänen und Schulbüchern 1. Einleitende Bemerkung 5 2. Bonhoeffer als Thema in Lehrplänen 6 2.1. Hinführung 6 2.2. Darstellung und Auswertung 9 3. Bonhoeffer als Thema in Schulbüchern 14 3.1. Hinführung 14 3.1.1. Das Schulbuch 14 3.1.2. Das Verhältnis zwischen Lehrplan und Schulbuch 18 3.1.3. Schulbuchforschung 20 – zur Geschichte und heutigen Aufgabenstellung 3.2. Begründung der Methode 25 3.3. Grobanalyse 29 3.3.1. Hinführung 29 3.3.2. Darstellung und Auswertung 29 3.4. Feinanalyse 38 3.4.1. Hinführung 38 3.4.2. Raumanalyse 39 3.4.3. Präsenzanalyse 44 3.5. Tendenzen der Darstellung Bonhoeffers im Religionsbuch 57 – Versuch einer Wertung 3.6. Fazit 76 II. Didaktische Überlegungen: Dietrich Bonhoeffer in der Lebenswelt von Schülerinnen und Schülern 78 1. Einleitende Bemerkung 78 2. Dietrich Bonhoeffer als Vorbild? 82 2.1. Hinführung 82 2.2. Versuch einer Begriffsbestimmung 83 2.3. Ergebnisse der empirischen Forschung 85 2.4. Die Bedeutung von Vorbildern aus (religions-)pädagogischer Sicht 87 2.5. Bonhoeffer als Vorbild? 91 2.6. Der Märtyrer als Vorbild? 95 2.7. Bonhoeffers Vorbildverständnis 97 2.8. Bonhoeffer als Vorbild für unsere ethischen Entscheidungen heute? 100 2.9. Schlussüberlegung 102 I 3. Widerspruch und Verehrung 104 3.1. Hinführung 104 3.2. Das Leben als Fragment 105 3.2.1. Die Haftzeit 105 3.2.2. Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer 109 3.2.3. Die Thematik im Religionsunterricht 114 3.3. Brüche und Kontinuität 119 3.4. Religionsloses Christentum – Säkularisierung oder neue Religiösität? 133 3.4.1. Bonhoeffers Überlegungen zu einem 133 „religionslosen Christentum“ 3.4.2. Die aktuelle Relevanz der Thematik 137 3.4.3. Didaktische Konsequenzen 148 4. Begegnungen mit Dietrich Bonhoeffer 150 4.1. Theologie und Biographie 150 4.1.1. Hinführung 150 4.1.2. Biographie 153 4.1.3. Der biographische Ansatz 156 4.1.4. Didaktisch-methodische Überlegungen 162 4.2. Dietrich Bonhoeffer in seinen Gedichten 164 4.2.1. Hinführung 164 4.2.2. Christen und Heiden 165 4.2.3. Wer bin ich? 166 4.2.4. Von guten Mächten 170 4.3. Dietrich Bonhoeffer in Kunst und Musik 175 4.3.1. Bonhoeffer in der Kunst – Alfred Hrdlicka 175 4.3.2. Bonhoeffer in der Musik – Tom Johnson 178 4.4. Dietrich Bonhoeffer im Film: „Die letzte Stufe“ 180 4.4.1. Einleitende Bemerkung 180 4.4.2. Die Handlung 182 4.4.3. Die Darstellung Bonhoeffers 188 4.4.4. Wirkungsgeschichte 201 4.4.5. Einsatzmöglichkeiten 203 4.4.6. Schlussbemerkung 207 SCHLUSS 210 II EINLEITUNG „Ein Mensch, dessen hunderster Geburtstag feierlich begangen wird und der vor sechzig Jahren als Märtyrer gestorben ist, kann leicht zum Gegenstand allgemeiner Verehrung wer- den – schon gar, wenn er ein Leben geführt hat wie Bonhoeffer und es von ihm ein Gedicht wie „Von guten Mächten“ gibt. Aber Bonhoeffer wollte nicht verehrt, sondern gehört werden. Wer ihn einsam auf ein Podest stellt, entschärft das, was bis heute die Auseinandersetzung mit ihm lohnend macht.“1 Dietrich Bonhoeffer gehört zu den meist gelesenen Theologen der Gegenwart. Seine Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft faszinieren und bewegen viele Menschen bis heute, einige seiner Texte haben ihren festen Platz im Glaubensgut der Gemeinden gefunden.2 Die letzte Strophe des Gedichts „Von guten Mächten“ hat mittlerweile für viele Menschen einen ähnli- chen Stellenwert wie Psalm 23: der Text wurde von ganzen Generationen von Konfirmandin- nen und Konfirmanden auswendig gelernt, wird in Traueranzeigen und auf Grabsteinen, auf Grußkarten für Kranke und Trauernde zitiert und von vielen Menschen besonders in Zeiten von Grenzerfahrungen als trostreich empfunden. 3 Bonhoeffer ist zu einer öffentlichen Figur geworden. 4 „Es gibt etwa 40 Kirchengemeinden in Deutschland, die nach Bonhoeffer benannt sind und mindestens ebenso viele öffentliche Schulen, die seinen Namen tragen – und das besagt, dass wir es nicht nur mit einer innerkirchlichen Präsenz zu tun haben, auch in der allgemeinen Öf- fentlichkeit hat Bonhoeffer einen Grad an Bekanntheit erreicht, wie sie keinem anderen deut- schen Theologen des 20. Jahrhunderts beschieden ist.“5 Bonhoeffers stellenweise fragmentarisch gebliebene Theologie beschäftigt auch heute noch Theologen weltweit und ist Gegenstand vieler wissenschaftlicher Untersuchungen.6 1 Schlingensiepen, 13 2 1951 wurden Bonhoeffers Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft erstmals unter dem Titel „Widerstand und Ergebung“ herausgegeben. Bis 1966 erschienen 13 Auflagen. Ab 1964 kam eine Taschenbuchauflage heraus, die mittlerweile in der 16. Auflage erschien (Auflagenhöhe der Taschenbuchauflage: 272.000). Bonhoeffers Auf- zeichnungen fanden weltweit Beachtung, es gab weltweit zahlreiche Übersetzungen. DBW 8; 10ff 3 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden durchgehend die männliche Form verwendet, wenn beide Geschlechter gemeint sind. 4 Vgl. dazu Gremmels (Vorbild), 63f 5 Gremmels (Momentaufnahmen), 27 6 „Bonhoeffer ist über die Grenzen von Ländern und Konfessionen hinaus bekannt geworden, ehe es eine Bio- graphie über ihn gab. Man hält ihn für einen glaubwürdigen Christen unserer Zeit und schenkt ihm Aufmerk- samkeit, weil er neue Wege betreten und sie zu deuten gewußt hat.“ Bethge (Vorwort zur ersten Auflage August 1966), 5 1 Und nicht zuletzt stößt die Biographie dieses Mannes auf Interesse und regte so z.B. die Film- regisseure Eric Till und Martin Doblmeier in den letzten Jahren dazu an, den ersten Spiel- bzw. einen neuen, umfangreichen Dokumentarfilm zu produzieren. Sind das hinreichende Gründe, Bonhoeffer auch im Religionsunterricht einen besonderen Stellenwert zuzugestehen? Mittlerweile gehört er für Schüler nicht mehr der letzten sondern der vorvorletzten Generation an, der Generation ihrer Urgroßeltern. Hat dieser Theologe Jugendlichen von heute noch et- was zu sagen? Wenn ich Schüler verschiedener Jahrgangsstufen nach Bonhoeffer frage, erlebe ich in der Regel drei unterschiedliche Reaktionen. Den wenigsten ist der Name Bonhoeffer gänzlich unbekannt. Andere Jugendliche reagieren erkennend: „Ja, kenne ich!“, „Meine alte Schule hieß so.“, „Hat der nicht etwas mit dem 20. Juli zu tun?“, „ »Von guten Mächten« hat der ge- schrieben.“ Das sind Reaktionen, die ich relativ häufig höre. Eine dritte Gruppe reagiert ent- nervt: „Schon wieder Bonhoeffer!“ Allen Gruppen gemeinsam ist m.E. eine relativ große Unkenntnis des Menschen und des Theologen Bonhoeffers, aber auch der kirchengeschichtlichen Hintergründe. Die allgemein- geschichtlichen Hintergründe sind dagegen in der Regel spätestens ab Klasse 10 geklärt. Wenn Schülern Bonhoeffer überhaupt ein Begriff ist, dann haben sie von ihm i.d.R. im Zu- sammenhang mit seinem Widerstand zur Zeit des Nationalsozialismus gehört. Sie wissen we- nig über den Menschen, noch weniger über den Theologen Dietrich Bonhoeffer. „Was war denn so Besonderes an diesem Dietrich Bonhoeffer, dass seine Brautbriefe heraus- gegeben wurden?“, fragte eine Schülerin der Klasse 8. „Unser Gemeindehaus heißt nach Dietrich Bonhoeffer“, berichtete eine Schülerin der Klasse 10 auf die Frage, was sie von Bonhoeffer wisse. „Ein Widerstandskämpfer, der Juden gerettet hat“, ergänzte eine andere. Einer weiteren fiel das Lied „Von guten Mächten“ ein.7 „Wer bin ich?“ fragte Bonhoeffer selbst in seinem berühmten Gedicht.8 Wer war Dietrich Bonhoeffer und wer ist er für uns heute? Wie können seine Persönlichkeit, sein Kampf im Widerstand gegen Hitler, sein Ringen um eine glaubwürdige Kirche und seine spannungsrei- che, in vielen Zügen neue Impulse setzende Theologie jungen Menschen heute so vermittelt werden, dass sie neugierig werden, mehr über ihn zu erfahren? In dieser Arbeit soll es darum gehen, einige übergreifende Fragestellungen zu erörtern, die im Bezug auf die Lebenswelt heutiger Schüler relevant erscheinen. 7 Schülerinnen im evangelischen Religionsunterricht in der Marienschule Fulda im Frühjahr 2003 8 Dieses Gedicht hatte Bonhoeffer einem Brief an Eberhard Bethge vom 8.7.1944 beigelegt. DBW 8; 513f 2 Das Bedürfnis nach Vorbildern ist zurückgekehrt, wie die Shell-Jugendstudien der letzten Jahre zeigen. „Jugendliche brauchen keine Helden, aber doch Personen zur Identifikation, Personen, die wissen, was sie wollen, und die anders sind als die Masse.“9 Viele Bonhoeffer- darstellungen neigen dazu, Bonhoeffer

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