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DISSERTATION DIE DRAMATISIERUNG DES KONTAKTES: ABGRENZUNGSRHETORIK IM RELIGIONSNARRATIV „JUDENTUM“ Verfasser Mag. Dr. Angelika Rohrbacher angestrebter akademischer Grad Doktor der Philosophie (Dr.phil.) Wien, 2013 Studienkennzahl lt. Studienblatt: A 092 303 Dissertationsgebiet lt. Studienblatt: Religionswissenschaft Betreuerin / Betreuer: Ao. Univ.Prof. Dr. Hans Gerald Hödl 2 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 3 Vorwort 5 1 Einleitung 7 2 Die Popularisierung jüdischer Studien 19 2.1 Der Topos des Virtual Judaism 19 2.2 Judaistik versus Jewish Studies 23 2.3 Post-Shoah-Diskurswelten 26 2.3.1 Holocaust memoralization 26 2.3.2 Die Vergleichbarkeit der Tragödie 33 2.3.3 Adaptionsprozesse christlicher Theologie 35 2.3.4 „Ersatzreligion“ Jewish Studies? 39 2.4 Die Reinkarnation religiöser Rhetorik 42 2.4.1 Die Problematisierung des Säkularisierungsnarratives 42 2.4.2 Der Topos der „wiederkehrenden Religionen“ 48 2.4.3 Die Thematisierung der Jewish Secularization 51 3 Konfliktfeld Religionsgeschichte 55 3.1 Religionen im kulturwissenschaftlichen Feld 55 3.1.1 Die Endlosschleife der Definition 55 3.1.2 Die insider-outsider-Debatten 58 3.2 Definitionsparameter des „Jüdischen“ 61 3.2.1 Positive Identity 61 3.2.2 Negative Identity 67 3.3 Essentialistische Volkskunde 69 3.3.1 Die „deutsche Frage“ 69 3.3.2 Contra Baronem 74 3.4 Religionsgeschichtliche Erzählstrukturen 76 3.4.1 Master narratives revisited 76 3.4.2 Die Normativität sakraler Texte? 80 3.4.3 Einführungen ins Judentum 82 3.4.3.1 Diversität der Methodologie 82 3.4.3.2 Religionswissenschaftliche Perspektiven? 89 4 Die Rhetorik der Abgrenzung 99 4.1 Die „Heiden-goyim-Götzendiener“-Rhetorik 99 4.1.1 Poly-Monotheismen 99 4.1.2 Die fragwürdige Kategorie des „Paganismus“ 104 4.1.2.1 Neue Modelle der kultischen Organisation 104 4.1.2.2 Goyim – gentiles - pagani 106 4.1.3 Die Athen-versus-Jerusalem-Rhetorik 108 4.1.4 Veränderte Deskriptionsmuster der Ancient Judaisms 111 4.1.5 Anti-Semitization of Antiquity? 115 4.1.6 Die Langlebigkeit der „Heiden“-Lexikologie 117 4.1.7 Die seltsame Kategorie der „Nicht-Juden“ 120 4.2 Konfliktfeld Europäische Religionsgeschichte 125 4.2.1 Dauerbrenner „parting of the ways“ 125 4.2.2 Die „Juden-Christen“-Rhetorik 129 4.2.3 Die Revision der „ideology of martyrdom” 133 4.2.4 Vergleichsparameter für mittelalterliche Sozialwelten 139 4.2.5 Gendering European Jewish History 143 4.2.6 Europäischer Religionspluralismus 146 3 5 Die Dramatisierung der Religionsosmose 153 5.1 Kulturelle Anpassungsprozesse 153 5.1.1 Der Diskurs zur Assimilation 153 5.1.2 Assimilation in action 157 5.2 Die Religionswanderungen 161 5.2.1 Dramatisierung des Religionswechsels 161 5.2.2 Altrömisches Konversionsparadigma 162 5.2.3 Unfreiwillige und freiwillige Zu- und Abgänge 165 5.3 Osteuropäische Religionsphänomene 170 5.3.1 Konfliktfeld „Abstammung“ 170 5.3.2 Die Thematisierung von Yiddishland 173 5.3.3 Orientalistische Dichotomien 176 5.3.4 Jewish languages revisited 179 5.3.5 Religionskreationen von Vilnius bis Odessa 186 5.3.5.1 Fluide Religionsgrenzen der Poly-Monotheismen 186 5.3.5.2 Heterogene Ritualpraxis in Yiddishland 194 6 „Feige Assimilanten“? 201 6.1 Der Assimilationsfaktor in den Salons 201 6.2 Viennese Experiences 203 6.3 Jewish Music? 205 6.4 „Er war nicht Jude und er war nicht Nicht-Jude“ 207 6.4.1 Die literarische Kultisierung 207 6.4.2 Hegemonialkämpfe um musikalische Genialität 210 7 Jewish Pluralism 217 7.1 Die Auflösung normativer Strukturen 217 7.1.1 „Heterodoxie“-Schemata 217 7.1.2 Die Einbeziehung der folk religion 220 7.1.3 Der veränderte Blick auf die „Mystik“ 222 7.2 Glaubenspartikel der Moderne 224 7.2.1 Secular belief systems 224 7.2.2 Jewish civil religions 225 7.3 Amerikanische Transformationen 229 7.3.1 Pluralism in Judaism 229 7.3.2 Symbolic Judaism 231 7.3.3 Spaltpilz Konversion 234 7.3.4 Jewish spirituality 241 7.3.5 Unveränderte Abgrenzungsschemata 246 7.3.5.1 Widerstände gegen die neuen „Heiden“ 246 7.3.5.2 Die Wiederauflage der Juden-Christen-Rhetorik 249 7.3.5.3 Yiddish Bibles and Bris Khadoshe 251 8 Conclusio 255 9 Bibliographie 263 9.1 Nachschlagewerke und Abkürzungen 263 9.2 Sekundärliteratur 264 4 Vorwort Am Beginn des 21. Jahrhunderts präsentiert sich die Erforschung jüdischer Kulturgeschichte als so dichtes Feld, dass es kaum noch möglich ist, die diesbezügliche literarische Produktion zu überblicken bzw. noch unerforschte Bereiche zu finden. Allerdings liest man als Religionswissenschaftlerin religionsgeschichtliche Abhandlungen zum „Judentum“ mit anderen Augen als Judaisten. Aus diesem Grund hat sich der rote Faden dieser Arbeit, die oft virtuelle Grenzziehung zwischen „Judentum“ und anderen Religionen bzw. zwischen „Juden“ und „Nicht-Juden“ und die in diesem Narrativ immer wieder dramatisierte Form des Kontaktes bzw. der kulturellen Anpassung, fast von alleine ergeben. Die Inspiration zu dieser Arbeit verdanke ich Wissenschaftlern, die ich zwar persönlich nie kennengelernt habe, aber deren wissenschaftliche Brillanz und oft ungewöhnliche, bisweilen auch unbequeme Schlussfolgerungen, die in vielem dem judaistischen mainstream widersprechen, mich darin bestärkt haben, meinem eigenen Gedankengang unbeirrbar zu folgen. Dazu gehören besonders die Arbeiten von Paul Wexler, David Biale und Moshe Rosman, aber auch die von Jacob Neusner und Michael Satlow. Unter den Religionswissenschaftlern waren es Kocku von Stuckrad, Christoph Auffahrt, Rodney Stark und Friedrich Wilhelm Graf, um nur einige von ihnen zu nennen, deren methodische Ansätze mir den Weg gewiesen haben. Mein ganz besonderer Dank gilt jedoch meinen Betreuern Prof. Dr. Hans Gerald Hödl und Prof. Dr. Karl Baier, die sich bereit erklärten, diese Arbeit zu begutachten und die mir immer wieder beratend zur Seite standen bzw. diese schwierige Thematik mit mir diskutierten. Ebenso großen Dank schulde ich meinem Kollegen Mag. Dr. Till Mostowlansky, der mich von Beginn meines Studiums an durch die verschlungenen Pfade der Religionswissenschaft begleitete und mir wertvolle Anregungen für diese Arbeit lieferte. Ohne die Unterstützung meines Partners Dipl.Ing. Franz-René Saiko, der die vielen Selbstzweifel, die die Verfassung einer wissenschaftlichen Arbeit mit sich bringen, mit stoischer Gelassenheit ertrug, wäre diese Arbeit nie möglich gewesen. Ihm schulde ich mehr, als man in Worten ausdrücken kann. Und – last but not least – gilt mein ganz besonderer Dank meinen Geschwistern Imelda, Veronika, Isabella, Boris und Christoph Rohrbacher. In ihrem Kreise habe ich lesen, denken und diskutieren gelernt – und ohne sie wäre ich nicht der Mensch, der ich bin. 5 6 1 Einleitung Mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Tragödie der Shoah ist jüdische Kultur- und Religionsgeschichte auch außerhalb der wissenschaftlichen Institutionen Israels ein ausgesprochen populäres Thema. Die zeigt sich unter anderem an der in den letzten Jahrzehnten erfolgten Neuschaffung zahlreicher Lehrstühle für Judaistik / Jüdische Studien / Jewish Studies an europäischen und nordamerikanischen Universitäten. Dementsprechend weisen auch wissenschaftliche Bibliothekskataloge eine beeindruckende Dichte an Arbeiten zu jüdischen Kulturelementen und/oder jüdischer Kulturgeschichte auf.1 Diese Fülle an Studien stammt nun nicht nur aus den dafür zuständigen Disziplinen, sondern aus dem Gesamtkontext der Kultur- und Sozialwissenschaften inkl. den theologischen Fakultäten, womit die bemerkenswerte Popularität der „things Jewish“2 im post-Shoah-Milieu ein sehr breites Spektrum umfasst. Dazu zählen in erster Linie zahlreiche Einführungen ins „Judentum“, eine Fülle an enzyklopädischen Werken, Historiographien, Kurz- und Langfassungen jüdischer Religionsgeschichte, aber vor allem umfassende Studien zu den Ursachen und Erscheinungsformen des Antisemitismus bzw. Antijudaismus. Ebenso zeugen literarische Produktionen zur Erinnerung an die Opfer der Shoah und eine umfangreiche Sekundärliteratur zu jüdischen oder posthum re-judaisierten Persönlichkeiten europäischer Kunst- und Kulturgeschichte unter den Aspekten einer bemerkenswerten Medialisierung von einem breiten öffentlichen Interesse an jüdischer Kulturgeschichte. Begleitet wurden diese Phänomene von den politischen Entwicklungen in der Nachfolge der Etablierung des Staates Israel, wobei der gesamte Nahost-Konflikt aufgrund seiner Aktualität bis dato für eine dauerhafte Präsenz jüdischer Themata sorgt. Am Beginn dieser Arbeit stand nun die Frage, welches spezifische Bild jüdischer Religion bzw. jüdischer Religiosität in dieser umfangreichen post-Shoah-Literatur zum „Judentum“ transportiert wird bzw. wie die spezifische Abgrenzung zu anderen Religionsformen erfolgt. Als Quellenliteratur wurden hierzu ausgewählte Beispiele aus den zahlreichen Einführungen ins Judentum, aber auch rezente historiographische Gesamtwerke jüdischer Geschichte und enzyklopädische Darstellungen herangezogen. 1 So erzeugt beispielsweise eine Literaturrecherche unter dem Schlagwort „Judentum“ im Gesamtkatalog des Österreichischen Bibliothekenverbundes (OBV) eine Trefferquote von über 20.000 einschlägigen Titeln. Siehe dazu OBV online, http://www.obvsg.at/kataloge/verbundauswahl/ [Abfragedatum: 03.09.2012]. 2 Gruber 2002 7 Ebenso wurden exemplarisch Biographien von Einzelpersönlichkeiten, die für den Themenkomplex jüdischer Identitätsfragen eine außerordentlich wichtige Rolle spielen, einer Analyse unterzogen. Die methodischen Anfragen ergaben sich in erster Linie daraus, dass religionswissenschaftliche Studiengänge aufgrund der Komplexität der Materie so konzipiert sind, sich auf die Erforschung einer bestimmten
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