26 Burma: Sport_ »Weg der stählernen Disziplin« oder die »Kunst des Kämpfens« Kampfkünste aus Myanmar und das unbekannte Thaing Byaung Pyan von Soe Moe Oo und Khin Myo Yu Eine der eindrucksvollsten und unbekanntesten traditionellen Kampfkünste Myanmars wird Thaing Byaung Pyan genannt. Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges war Thaing Byaung Pyan in der Allgemeinheit größtenteil un ­ bekannt, weil es ursprünglich nur von den Mitgliedern der königlichen Familie des Shan Staates in Myanmar betrieben wurde. Es wurde nur Shan Prinzen (Saw BwasJ als königliche Kampfkunst zum Schutz unterrichtet und war in der Shan Sprache als Kar-Chant bekannt. om Ausdruck Thaing Byaung schen Gruppen, die in Myanmar le ­ Traditionelle Stile von Thaing Pyan, ist Thaing ein burmesi ­ ben, haben ihre eigene Variante der werden mit bestimmten ethnischen Vsches Wort, das verwendet heimischen Kampfkünste und erhal ­ Gruppen in Verbindung gebracht und wird, um das einheimische Kampften­ weitere Entwicklungen während weiter in Systeme oder Formen unter ­ kunstsystem des altertümlichen der Zeit. Aufzeichnungen von Konflik ­ teilt. Zu den Stilen, die nie in der Lite ­ Burma (jetzt Myanmar) zu klassifizie ­ ten zwischen den vielen ethnischen ratur wiedergefunden wurden, zählen ren. Byaung Pyan bedeutet, einen Gruppen, die im Gebiet von Myanmar burmesisch, Chin, Kachin (oder entgegengesetzten Angriff zum Feind wohnten, sind zahlreich vorhanden, Jinghpaw), Karen, Mon, Shan und von einem unerwarteten Punkt zu sowohl in mündlichen als auch Talaing. Über Formen des Thaing machen. Das Wort Thaing kann frei schriftlichen Überlieferungen. Berich ­ wurde auch bei Bergvölkern, wie den übersetzt werden als »totaler Kampf«. te dieser erbitterten Kämpfe um Ge ­ Wa, berichtet. Dementsprechend be ­ Darüber hinaus macht die freie Über ­ biete und Rohstoffe begannen in der zieht sich die Entwicklung von Thaing setzung deutlich, dass die Bezeich ­ Ära der Pyu-Dynastie (5. bis 9. Jahr ­ eng auf die Zusammenhänge der nung das Spektrum und die Richtun ­ hundert vor Christus). Erst während Bewegungen ethnischer Gruppen gen der Kampfkünste umfasst, die in des elften Jahrhunderts vor Christus, durch die bergigen Gebiete, wo sich der burmesischen Kampftradition als König Anawrahtar verstreute Teile Tibet, Yunnan, Myanmar und Indien geordnet wurden: Bando, Banshay, von Burma in einem souveränen treffen. Lethwei, Naban und andere in der Staat als das Bagan-Königreich or ­ Region heimische ethnische oder tri- ganisierte, werden die Kämpfe mehr bale Kampfsysteme. Über die kämp ­ hiostorisch als legendenhaft. Richtungen des Thaing ferischen Elemente von Thaing hin ­ In der Ära der Bagan-Dynas- ausgehend, können Praktizierende tie (1044 bis 1287 vor Christus) waren 1. Bando ist die bekannteste die darin enthaltenen ethischen und Kampfkünste eines der achtzehn der zahlreichen Unterteilungen des moralischen Prinzipien, wie Demut, Fachgebiete, die von Aristokraten be ­ Thaing in Myanmar. Es gibt viele ver ­ Geduld, Toleranz, Einheit, Loyalität, herrscht wurden. Kriegsführung war schiedene Deutungen des Ausdruk- Mut, Wissen, körperliche und geistige endemisch, so dass ethnische Grup ­ kes Bando und unterschiedliche Stärke und Familieliebe genießen. pen ebenfalls begannen, die Kampf ­ Sprachgruppen und ethnische Grup ­ taktiken entsprechend ihrer Umwelt pen gebrauchen verschiedene Über ­ und ihrem kulturellen Erbe zu syste ­ setzungen. Generell hat es drei Be- Geschichtlicher matisieren. Variationen wurden durch Hindergrund der Unterschiede in der Sprache, Kultur, Soe Moe Oo ist Doktorand am Institut Kampfkünste in Geographie und Religion eingeführt. für Politikwissenschaft, Universität Duis ­ Myanmar In späteren Perioden nach der Ba- burg-Essen, Kontaktadresse: gan-Dynastie existierten zahlreiche [email protected] . Alle Kampfkünste von buddhistische Klöster in Burma, die Khin Myo Yu ist Reisebegleiterin und Myanmar lassen sich bis in die alten Pwe Kyaung genannt wurden, und die arbeitet für die amerikanische Bot ­ Zeiten der Pyu- und Bagan-Dynastien die Plauptlehrstätte für burmesischen schaft, Yangon, Myanmar. Kontakt ­ zurück verfolgen. Viele der ethni ­ Kampfkünste für junge Leute waren. adresse: yuKm@state_.gpy. südostasien 2/04- _____ Burma: Sport _______ _____________________ 27 deutungen: »Weg der stählernen pertoire umfasst alle Arten der unbe ­ Nicht nur als Sport hat Lethwei prakti ­ Disziplin«, »Selbstverteidigungsme ­ waffneten Techniken und Praktizie ­ sche Verteidigungsanwendungen thoden« und »Kunst des Kämpfens rende behaupten, dass es eine ge ­ und wird benutzt, um eine Grundlage oder des Kampfes«. Manche Bando- schlossenere Methode als das ähnli ­ für Thaing zu entwickeln. Lethwei Gruppen haben alle drei Übersetzun ­ che Muay Thai sei. Die Waffen bein ­ wurde unter britischer Kolonialherr ­ gen in einer verbunden, ähnlich dem halten Ellbogen- und Faustschläge; schaft unterdrückt, erfuhr aber nach japanischen Ausdruck Budo (Konflikt Fuß-, Bein- und Kniestöße; Kopfstöße der Unabhängigkeit und vor allem in stoppen), dem chinesischen Wort Wu sowie Beinstellen, Drängen, Werfen den 1990er Jahren eine Wiederbele ­ Shu (Kriegskunst) oder den engli ­ und tiefe Schläge. Obwohl Muay Thai bung. Früher wurden Lef/iwe/'-Kämpfe schen Ausdrücken Militär- oder während der 1930er Jahre zu Box ­ normalerweise in provisorischen Rin ­ Kampfkunst. Einige Etymologen glau ­ handschuhen überging, werden gen ausgetragen, die bei Pagoden- ben, dass das Wort Bando aus dem Handschläge im Lethwei weiterhin Festivals (Phaya Pwe) aufgestellt Chinesischen stammt, während wurden. Heute werden die Par ­ andere indische oder sogar ti ­ tien in traditioneller Manier betische Ursprünge behaup ­ ausgetragen, aber auch als ten. Im Laufe der Jahre wurde modernerer Ableger, der 1996 Bando ein alles umfassender als das traditionelle Myanma- Ausdruck für die Kampfsport ­ Boxen begann. Der moderene arten in Myanmar, genauso wie Stil hat sich entwickelt, um die Karate in Japan und Kung Fu Wettbewerbe mehr zu einem in China. organisierten Sport unter den 2. Banshay, der bur ­ regierungsgeführten Organisa ­ mesische Ausdruck beschrieb tionen zu machen. Das Ziel gewöhnlich bewaffnete Metho ­ scheint zu sein, daraus einen den und ist ein wesentliches besser zu vermarktenden Sport Element von Thaing. Traditio ­ werden zu lassen. nelle, von Hand gehaltene 4. Naban ist der Name burmesische Waffen umfassen einer Myanma-Ringmethode eine Vielzahl von hölzernen und und ist auch bekannt als Kyin Bambusausrüstungen. Beispie ­ unter dem Volk der Rakhine in le umfassen einen kleinen, ta ­ West-Myanmar. Es werden schengroßen Stock, der in der Handflächen- und Fußschläge geschlossenen Hand gehalten zusammen mit Haktechniken wird und mit einem Teil entwe ­ (Gelenkblockierungen, Druck ­ der von der Unterseite oder der punkte und Würgen einge ­ Oberseite der Faust hervor ­ schlossen) verwendet, um den steht, kurze und mittlere Stäbe, Gegner zu kontrollieren und ihn Laufstöcke, Keulen, Speere so kampfunfähig zu machen. und Schilde. Ebenfalls wird ei ­ 1 Kommentatoren haben Naban ne Vielzahl von Waffen mit ^ als praktisch bezüglich der Klingen gebraucht, einschließ ­ f Taktiken und Strategien be- lich Messer, Macheten, ° zeichnet, weil es Folgsamkeit U Maung Lay, Schüler des legendären U Chae — Schwerter (dha , dessen Klin ­ Begründer des Thaing Byaung Pyan (TBP) und darauffolgende Unterwer ­ gen von dicken Klingen im fung betont. Angriffe sind auf malayischen Stil hin zu eleganten verwendet. Die Tradition spielt eine jeden Körperteil zugelassen und es Versionen ähnlich denen, die von an ­ Rolle für dessen Erhalt und viele der gibt keine unerlaubten Ziele in Naban. deren Südostasiaten verwendet wer ­ burmesischen Boxer sind Bauern. den, reichen), Kampfäxte und Lethwei ist in Dörfern als eine Art Kampfspeere. Schießwaffen so wie Selbstverteidigung fest verwurzelt Verfall der Bogen und Armbrust spielen auch ei ­ und stark in die lokalen Gesellschaf ­ Kampfkünste unter ne Rolle. Seile, Ketten, Gurte, Peit ­ ten integriert. der Kolonialherrschaft schen, Schuhe und Kleidung gehö ­ Lef/rwe/-Wettbewerbe wer ­ ren ebenfalls zu dem Banshay- den oft mit Festivals assoziiert und Nach drei anglo- Arsenal. üblicherweise von Musik begleitet. Es burmesischen Kriegen in den Jahren 3. Lethwei ist auch bekannt gibt Berichte über Partien im Lethwei- 1824, 1852 und 1885 wurde Burma als traditionelle Myanma-Boxmethode Stil, die zurück in die Zeiten der Ba- völlig von England erobert und 1886 und kann wohl als die brutalste und gan-Dynastie in- Myanmar datieren. erfolgreich in das britische Kolonial ­ spannendste Form des Kickboxens Partien werden durch ein K.O. oder reich vereinnahmt. Es folgten einige bezeichnet werden, die die Welt je die Aufgabe eines Wettstreiters ent ­ Dekaden des Guerillakrieges gegen gesehen hat. Lethwei ist in vielen schieden oder durch den Schieds ­ die imperialistische Herrschaft. Er Aspekten seinem jüngeren Geschwi ­ richter, der das Match beendet. Die wurde von vielen ethnischen Gruppen ster Muay Thai (Thai-Boxen) vom Regeln sind seit dem 18. Jahrhundert Myanmars gestartet, indem sie ihre Nachbar Thailand ähnlich. Sein Re ­ bis heute ziemlich gleich geblieben. Fähigkeiten in den Kampfkünsten siidostasien 2/04- 28 Burma: Sport_ Stammesangehö- sind Gedrehter-Stock-Schritt und Pae/ rigen, von denen Khoke/Ma/Kwe (Beseitigung/Schlag/ berichtet wird, AnhebenA/erteilung) Hand- und Fuß ­ dass sie hunder ­ bewegungen die ausgeprägtesten te von japani ­ Formen des Thaing Byaung Pyan in schen Soldaten allen Kämpfen und Wettbewerben.
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