
Joannea Zoologie 17: 171–286 (2019) Wanzenbelege (Insecta: Heteroptera) aus Österreich in der Sammlung des Universalmuseums Joanneum Graz1 Rachel KORN, Thomas FRIEß und Wolfgang PAILL Zusammenfassung. Die Wanzensammlung des Universalmuseums Joanneum in Graz beinhaltet 3407 Belege mit der Patria Österreich. Diese verteilen sich auf 434 Arten aus 32 Familien und sechs Infraordnungen. Die bedeutendsten Sammler waren Erich Kreis- sl und Karl Adlbauer, wobei sich deren Sammeltätigkeit vorwiegend auf die ostösterrei- chischen Bundesländer fokussierte. Mit 66 % stammen die meisten Funde aus der Stei- ermark, gefolgt vom Burgenland mit 22 %. Enthalten sind Erstmeldungen für das Burgenland: Anthocoris confusus REUTER 1884, Kärnten: Notonecta reuteri HUNGERFORD 1928 und die Steiermark: Psallus wagneri OSSIANNILSSON 1953. Abstract. The Heteroptera collection of the Universalmuseum Joanneum in Graz con- tains 3407 specimens with Austrian origin. They belong to 434 species in 32 families and six infraorders. The most significant collectors were Erich Kreissl and Karl Adlbauer, whereby their activity was mostly focussed on the east Austrian federal states. The most records are from Styria (66 %), followed by Burgenland (22 %). First records for an Aus- trian province: Burgenland: Anthocoris confusus REUTER 1884; Carinthia: Notonecta reuteri HUNGERFORD 1928; Styria: Psallus wagneri OSSIANNILSSON 1953. Key words. Heteroptera, Universalmuseum Joanneum Graz, faunistics, Austria. 1 Mit dieser Arbeit gratulieren wir dem langjährigen Kustos der Zoologischen Abteilung des Landesmuseums Joanneum Dr. Karl Adlbauer herzlich zu seinem 70. Geburtstag. Die meisten Wanzenbelege der Sammlung im heutigen Universalmuseum in Graz stammen von ihm, alle in herausragender entomologischer Präzision erarbeitet 171 1. Einleitung Im Gegensatz zu anderen entomologischen Sammlungen in österreichischen natur- kundlichen Museen (vgl. RABITSCH 1999, 2003, 2006) wurde eine Heteropterenkollekti- on im heutigen Universalmuseum (vormals Landesmuseum) Joanneum in Graz erst spät und langsam seit den 1950er-Jahren mit der Tätigkeit von Dr. Erich Kreissl (1927– 1995), seines Zeichens vor allem Koleopterologe, aufgebaut. Mit seinem Nachfolger als Kustos der Abteilung für Zoologie im Landesmuseum, Dr. Karl Adlbauer, der die Stelle von 1990 bis 2011 inne hatte, erfuhr einerseits die wanzenkundliche Forschung im Süd- osten Österreichs einen Aufschwung und andererseits erhielt die entomologische Sammlung am Museum tausende vorbildlich präparierte, etikettierte und determinierte Wanzenbelege aus über 20 Jahren heteropterologischer Feldforschung. Karl Adlbauers publizistisch-heteropterologisches Werk umfasst 13 Einzelarbeiten zur Faunistik öster- reichischer Wanzenarten (ADLBAUER 1976–1999, ADLBAUER & HEISS 1980, ADLBAUER & FRIEß 1996, ADLBAUER & RABITSCH 2000, FRIEß & ADLBAUER 2007, RABITSCH & ADLBAUER 2001). Seit Beginn der 2000er-Jahre widmet sich K. Adlbauer mehr oder minder aus- schließlich Bockkäfern (Cerambycidae). Für die europäische und insbesondere afrotro- pische Fauna ist er ein führender Spezialist, mit mehreren hundert von ihm beschriebe- ne Taxa (vgl. https://www.zobodat.at/personen.php?id=497&bio=full). Neben einer größeren faunistischen Arbeit zur Wanzenfauna des Burgenlands ge- meinsam mit Ernst Heiss (ADLBAUER & HEISS 1980), hat K. Adlbauer in erster Linie Erst- funde von Heteropteren für Bundesländer, für Österreich und auch für Mitteleuropa mitgeteilt. Sein heteropterologisches Opus umfasst aber weit mehr, bis dato unpubli- zierte Aufsammlungen. Die Belege, und zudem in erster Linie das von E. Kreissl gesam- melte Material, sind im Studienzentrum Naturkunde des Universalmuseums (UMJ) in 19 Kästen großteils nach Familien sortiert aufbewahrt. Jeder einzelne Beleg wurde im Zuge einer Revisionsarbeit von der Erstautorin ge- sichtet. Die Daten werden nachfolgend entsprechend der heute gültigen Nomenklatur veröffentlicht. 2. Material und Methoden Von 2012 bis 2015 (Letztstand der Bearbeitung: Dezember 2015) wurde die Wanzen- sammlung des Universalmuseums Joanneum in Graz revidiert. Fallweise wurde die Be- stimmung abgeändert, z. B. in Folge taxonomischer Änderungen oder unter Berücksich- tigung der Genitalstrukturen, und jeder Beleg wurde digital erfasst. Bei Abänderungen wurde das jeweilige Exemplar mit vollem wissenschaftlichen Artnamen und mit Name und Jahr der/s Bestimmer/in mit einem Zusatzetikett versehen. Im nachfolgenden Er- gebnisteil werden die an den Originaletiketten angegebenen Daten wiedergegeben. In- terpretationen, Anmerkungen oder Korrekturen sind in eckigen Klammern notiert. 172 b) a) c) Abb. 1: Dr. Erich Kreissl (a) und Dr. Karl Adlbauer (b) hatten maßgeblichen Anteil am Aufbau der Joanneischen Wanzensammlung (c). Fotos: Universalmuseum Joanneum (a), E. Holzer (b), J. Gunczy (c). Zur Bestimmung terrestrischer Wanzen wurden die Werke von WAGNER (1952, 1966, 1976) und für (semi-)aquatische Arten der Schlüssel von RABITSCH (2005a) ver- wendet. Für einige kritische Taxa wurde auf weitere Literatur zurückgegriffen: Nabis spp.: PÉRICART (1987); Orthops basalis, O. kalmii: RIEGER (1985); Scolopostethus spp., Ny- sius spp.: PÉRICART (1998); Carpocoris spp.: LUPOLI et al. (2013). Die Bestimmungen wur- den visuell mit den „CORISA“-Wanzenabbildungen (STRAUSS 2012) abgeglichen. No- menklatur und Taxonomie richten sich großteils nach RABITSCH (2005b). Innerhalb der Familien erfolgt die Reihung alphabetisch. Um die Fundorte, die oftmals nur aus einem Orts- oder Flurnamen bestehen, auch geographisch verarbeiten zu können, wurden geographische Koordinaten in WGS 84 der jeweiligen Lokalität in OpenStreetMap ausgegeben. Dabei wurde – so gut als mög- lich – ein Radius in Kilometern geschätzt, in dem der jeweilige Fund nach eigener Ein- schätzung einzuordnen ist – teils natürlich mit hoher Restunsicherheit. Dieser Radius entspricht einer numerischen Einschätzung der Unsicherheit der Genauigkeit der Fund- ortverortung. Alle Daten sind in der BioOffice-Datenbank des Zweitautors digitalisiert. Alle Statistiken wurden in R 3.6.1 (R CORE TEAM 2019) berechnet, Grafiken wurden in ggplot2 (WICKHAM 2016) und Karten in QGIS 3.10.1 (QGIS DEVELOPMENT TEAM 2019) ge- rendert. 173 3. Ergebnisse Zusammenfassende Statistiken Die 3407 erfassten Exemplare verteilen sich auf 434 Arten aus 32 Familien (siehe Abb. 2), die allen sechs heimischen Infraordnungen (Dipscoromorpha, Nepomorpha, Gerromorpha, Leptopodomorpha, Cimicomorpha, Pentatomomorpha) angehören. 15 Taxa konnten nur auf einem höheren Rang (Gattung, Familie) bestimmt werden. Mit 140 Arten (32 %) bilden die Miridae erwartungsgemäß die Mehrheit, gefolgt von den Lygaeidae mit 69 (16 %), den Pentatomidae mit 42 (10 %) und den Tingidae mit 30 Ar- ten (7 %). Der überwiegende Teil aller Belege geht auf die Sammel- und Bestimmungstätig- keit von Karl Adlbauer zurück (1937 Exemplare, 57 %, Sammeltätigkeit: 1967 bis 2006), gefolgt von seinem Vorgänger als zoologischer Kustos im damaligen Landesmuseum Erich Kreissl (279 Exemplare, 8 %, Sammeltätigkeit: 1948 bis 1992). Beide sammelten vorwiegend im ostösterreichischen Raum (Abb. 3): Karl Adlbauer vor allem in der Stei- ermark und im Burgenland, Erich Kreissl vorwiegend im steirischen Alpenvorland. Ins- gesamt haben 68 Sammler/innen (und Kombinationen derselbigen) zur Kollektion bei- getragen (Abb. 4, siehe Artenliste). Die meisten Bestimmungen erfolgten durch K. Adlbauer (2294 Exemplare, 67 %), davon überwiegend Pentatomomorpha (33 %) und Cimicomorpha (32 %). Unbestimm- te Exemplare wurden im Zuge dieser Arbeit von der Erstautorin bestimmt (862 Exemp- lare, 25 %); allen voran Cimicomorpha (16 %) und Pentatomomorpha (7 %). Die restli- chen Bestimmer/innen bzw. Kombinationen derselbigen lagen je im unteren einstelligen Prozentbereich (Abb. 5). Geographische Analyse Die meisten Funde stammen aus der Steiermark (2258 Individuen, 66 %), gefolgt vom Burgenland (757 Individuen, 22 %). In Niederösterreich und Kärnten wurden 220 (6 %) bzw. 127 (4 %) Individuen gesammelt; 21 in Tirol, je sieben in Wien und Oberös- terreich und je eines in Salzburg und Vorarlberg. Bis auf neun Belege konnten alle angegebenen Fundorte zumindest grob verortet werden. Erwartungsgemäß ist die Ungenauigkeit hierbei hoch (xˉ = 2.2 km, SD = 1.8 km, min = 0.01 km, max = 15 km; Abb. 6). Die Radien sind zwischen den Bundes- ländern vergleichbar, lediglich Vorarlberg stellt mit einem einzigen Beleg einen Ausrei- ßer dar. Bis auf drei Belege aus dem Burgenland konnten alle Funde einem geographi- schen Ort mit weniger als 10 km Unsicherheitsradius zugeordnet werden. 174 Die Zentren der Aufsammlungen liegen in Graz samt Umgebung, im südöstlichen und östlichen Alpenvorland, im Südburgenland nahe Rechnitz sowie dem pannoni- schen Raum im Nordburgenland (Abb. 7). Einzelne Exemplare stammen aus westliche- ren Gebieten Österreichs. Sammlungsbestand Die Belege werden in folgendem Format gelistet: … | Ort: Fundortbeschreibung WGS 84 N WGS 84 E Unsicherheitsradius [km], Anzahl Individuen/Weibchen/Männ- chen/Larven, Datum Sammler/in, Bestimmer/in [Bestimmung Anmerkung] (Zitat) [falls der Beleg publiziert wurde] Abkürzungen: Ind. – Individuen, – Weibchen, – Männchen, L – Larven; Adlbau- ♀ ♂ er – Adlbauer Karl, Adlbauer F. – Adlbauer Franz, BOKU – Universität für Bodenkultur, Bregant – Bregant Eugen, Frieß – Frieß Thomas, Gepp – Gepp Johannes, Hausl-Hofstät- ter – Hausl-Hofstätter Ulrike, Heiss – Heiss Ernst, Elsasser – Elsasser Hermann, Korn – Korn Rachel, Kreissl – Kreissl Erich, Madera – Madera August, Raimond – Raimond Wal- ter, Sattler
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