Erich Hinkel Wo sind sie geblieben? Spuren Ockenheimer Juden Die Jungen sind nicht verantwortlich für das , was damals geschah. Aber sie sind verantwortlich für das, was in der Geschichte daraus wird. (Bundespräsisdent von Weizsaäcker am 8. Mai 1985 vor dem Deutschen Bundestag) 2 Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort...................................................................................................................................................................................................................................3 Bis zur Neuzeit..................................................................................................................................................................................................................4 Unter der Trikolore.................................................................................................................................................................................10 Großherzoglich-Hessische Zeit.......................................................................................................................................................................14 Allgemeines......................................................................................................................................................................................................................14 Jüdische Bevölkerungsentwicklung in Ockenheim......................................................................................................................................19 Berufliche und Wirtschaftliche Betätigung.......................................................................................................................................................30 Steuerzahlende Juden....-..............................................................................................................................................................................................39 Grundbesitz der Juden................................................................................................................................................................................................44 Mitwirkung im Vereinsleben....................................................................................................................................................................................55 Nach dem 1. Weltkrieg bis zur NS-Zeit....................................................................................................................................................56 Die NS-Zeit........................................................................................................................................................................................................................57 Die Synagoge.......................................................................................................................................................................................................................64 Der jüdische Friedhof..................................................................................................................................................................................................67 Wo sind sie geblieben...................................................................................................................................................................................................71 Was ist geblieben...............................................................................................................................................................................................................74 Gedenken..................................................................................................................................................................................................................................76 Chronik der Entrechtung und Vernichtung der Juden...................................................................................................................83 Täter................................................................................................................................................................................................................................................88 Nachwort....................................................................................................................................................................................................................................88 Anmerkungen..........................................................................................................................................................................................................................89 Quellen...........................................................................................................................................................................................................................................89 Abkürzungsverzeichnis...................................................................................................................................................................................................89 3 Vorwort Über das Schicksal der Ockenheimer Juden wurde nach dem Kriege bis in die 1980er Jahre geschwiegen. Man wollte an diese leidige Vergangenheit nicht erinnert werden. Relativ spät begann man sich daran zu erinnern. Einzelne Persönlichkei- ten versuchten für eine angemessene Erinnerungsarbeit den Boden zu bereiten. Als der Besitzer der Synagoge, den Antrag auf Abbruchgenehmigung stellte konnte dies durch Bürgermeister Dorée und den Verfasser verhindert werden. Die Kreis- verwaltung als zuständige Behörde konnte vom Erhalt dieses bedeutenden Kulturdenkmals überzeugt werden. 1995 konnte eine Gedenkplatte am Ehrenmal unter Beteiligung der gesamten Bevölkerung enthüllte werden. Seit dieser Zeit ist es wieder still geworden. Der Eigentümer der Synagoge konnte bis heute nicht, zum Verkauf des Gebäudes an die Gemeinde über- zeugt werden. So dient sie weiter als Schuppen für nutzloses Gerümpel. In dem vom Verfasser erstellten Bildband konnten alle im Holocaust umgekommenen Ockenheimer Juden aufgelistet werden. Diese Liste ist nicht vollständig und bedarf der ständigen Ergänzungen, denn viele Schicksale sind bis heute noch ungeklärt. Möge diese Schrift ein Stück Gedenkstättenarbeit für die Zukunft sein. Erich Hinkel Ingelheim am Rhein im Juni 2003 4 Bis zur Neuzeit Über die ersten Juden in Ockenheim gibt es keine urkundli- Nachdem im 8. Jahrhundert das Zinsgeschäft für Christen che Nachweise. Da Ockenheim immer mit Bingen eng verboten worden war, wurde dies auf dem IV. Laterankon- verbunden war, kann man auf die Geschichte der Binger zil 1198 bis 1216 erneut verboten. Es werden nun daneben Juden zurückgreifen. scharfe Regelungen gegen die Juden erlassen: 70 n. Chr. vertrieben die Römer die Juden aus dem Heiligen - Abraten des Handels mit Juden für Christen Land. Sie wurden im gesamten römischen Reich zerstreut: - Juden werden von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen von Portugal bis Persien und von Arabien bis England. - Jüdisches Eigentum wird mit einer Sondersteuer belegt - Ehe und Geschlechtsverkehr mit Juden wird verboten Im Mittelalter hatte der Antisemitismus vor allem religiöse - Christen dürfen nicht mehr bei Juden arbeiten. Wurzeln. Die Juden wurden als die Mörder Jesus angese- - Juden müssen sich mit der Art ihrer Kleidung von den hen, die sich zudem noch verstockt verschlossen hätten, Christen unterscheiden daß Jesus der Messias und Erlöser gewesen sei. Ferner - Ausgangsverbot für Juden am Passionssonntag und der wurde ihnen zum Vorwurf gemacht, daß sie an dem An- Kartage spruch festhielten, das auserwählte Volk zu sein, während - Alle Juden werden aus ehrbaren Berufen gedrängt. nach damaliger Anschauung die Auserwähltheit auf die Christen durften nicht für Juden arbeiten christliche Kirche übergegangen sei. - Zünfte dürfen nur Christen aufnehmen Unser Gebiet ist eines der ältesten Siedlungsräume der Allerdings schuf das Zinsverbot eine Nische für die jüdi- Juden nördlich der Alpen. Es ist anzunehmen, daß schon sche Betätigung. Der Zinsfuß war sehr hoch; für ein Jahres- unter römischer Herrschaft jüdische Händler auftauchten. darlehen wurde bis zu 33 1/3 % erhoben. 321 sind erste Juden in Köln, Speyer und Worms nachweis- bar. In Bingen sind nachweislich seit 1228 Juden ansässig. Man kann davon ausgehen, daß zu gleicher Zeit in Ockenheim Karl der Große und Ludwig der Fromme stellten in der 1. Juden ansässig wurden. Hälfte den 9. Jahrhunderts die Juden unter ihren Schutz. Es begann die erste Blütezeit jüdischen Lebens in Deutschland. 1260 bis 1280 kam es mehrmals örtlich zu Pogromen wegen angeblicher Hostienschändungen. In dieser Zeit fand auch In Mainz des 10. Jahrhunderts setzte eine über 200jährige das bekannte Pogrom in Bacharach statt, wegen des Kna- wirtschaftliche und kulturelle Blüte der jüdischen Gemeinde ben Werner, der angeblich einem Ritualmord durch die ein, die bald unter dem Namen Magenza bei allen europäi- Juden zum Opfer gefallen war. schen Juden bekannt werden sollte. Die Mainzer Talmud- Die Behauptung, die Juden benötigten nach ihrer Religion schule (Jeschiwa) wurde zum bedeutendsten Zentrum des den Ritualmord an Christenkindern, war hier besonders französisch-rheinischen Kulturkreises der Juden. folgenreich. Auch wurde behauptet, die Juden würden nicht nur Hostien sondern auch Reliquien
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