© Ming Tsao??? (*1966) MING TSAO Die Geisterinsel Serenade Die Geisterinsel (2010/2011) chamber opera Miranda: Tajana Raj mezzosporano based on works by William Shakespeare and Johann Rudolf Zumsteeg 50:18 Ensemble Gageego! Prospero: Claudio Otelli bass 1 Steine Fernando: Daniel Kluge tenor Cecilia Vallinder mezzosoprano 2 Blumen Caliban: Hans Kremer and speaking voices Kate McDermott clarinet Ragnar Arnberg 3 Tiefer ins Leben 14 Serenade (2012) 12:24 Stefan Merki bass clarinet Carolina Grinne oboe/English horn 4 Schrecken, die uns drohn for mezzosoprano and 12 musicians Per Ivarsson trumpet 5 In der Hülle dieses Sklaven Jens Kristian Søgaard trombone 6 15 Orpheus Vokalensemble Fremdling höre meinen Willen If ears were all that were needed... (2007) Mattias Johansson violin for guitar solo 2:26 Michael Alber choir director 7 Vor des nahen Sturmes Grimmen Johanna Persson viola 8 Traurige Korallen My Hellgren violoncello 9 „Where the Bee sucks“ Staatsoper Stuttgart Jonas Larsson percussion 10 Der Sturm TT: 65:26 Martin Ödlund percussion Andreas Noack flute 11 Geisterchoral Mårten Landström piano Michael Kiefer oboe/English horn 12 Ich heiße Caliban Seth Josel guitar Stefan Jank Stefan Jank 13 Sand Fall Gunter Pönisch clarinet/bass clarinet Rei Munakata conductor Andreas Spannbauer trumpet 1-13 Staatsoper Stuttgart · Orpheus Vokalensemble · Stefan Schreiber conductor Karen Schade Karen Schade mezzosoprano bass tenor Tajana Raj · Claudio Otelli · Daniel Kluge Bernard Leitz Bernard Leitz If ears were all that were needed… Hans Kremer · Stefan Merki speaking voices Birgit Eckel Birgit Eckel 14 Ensemble Gageego! · Rei Munakata conductor · Cecilia Valinder mezzosoprano William Girard William Girard Seth Josel guitar Jürgen Spitschka Jürgen Spitschka 15 Seth Josel guitar Philippe Ohl Philippe Ohl Christian Kiss Christian Kiss 1 - 13 14 , 15 Recording: TRITONUS Musikproduktion; Element Studio Cristina Stanciu Cristina Stanciu 1 - 13 Recording venues and dates: Mozartsaal Liederhalle Stuttgart, 18–20 February 2013; Martin Wissner Martin Wissner 14 , 15 Element Studio Göteborg, 25 November 2012 Xaver Paul Thoma Xaver Paul Thoma 1 - 13 14 , 15 1-13 Commissioned by: Staatsoper Stuttgart in 2011 Recording supervisors, engineers, mastering: Markus Heiland; Linus Anderson; John Campbell White John Campbell White 14 Commissioned by: Levande Musik Göteborg in 2012 Producers: Barbara Fränzen, Peter Oswald Michael Sistek Michael Sistek Graphic design: Gabi Hauser, based on artwork by Jakob Gasteiger 15 Commissioned by: Jürgen Ruck for Publisher: Edition Peters Stefan Schreiber conductor “Caprichos Goyescos” in 2006 2 3 Die Geisterinsel Stefan Schreiber Die Geisterinsel von Ming Tsao nach dem gleich- nur gering gestützten, im Gegensatz zur erhobenen Jean-Marie Straub und Danièle Huillet namigen Singspiel von Johann Rudolf Zumsteeg, Stimme. Gerade dieser Vergleich weist darauf hin, wie formen den Sprechtext ihrer Stücke und Kapellmeister am Württembergischen Hof und Zeit- weit sich die ästhetischen Vorstellungen - bei aller Filme oft nach musikalischen Katego- genosse Mozarts, ist eine Kammeroper für Sänger Gemeinsamkeit im Konzept - durch einen jeweils ver- rien, in ihren Arbeitsblättern verwen- und Schauspieler. Anders jedoch als in Mozarts Ent- schiedenen historisch-kulturellen Bezugspunkt von- den sie dann eine musikalische Termi- führung aus dem Serail oder in Strauss‘ Vorspiel zur einander entfernen. nologie. Ariadne auf Naxos zielt diese Besetzung nicht auf Schönberg entwickelt seine Vorstellung von der Auf der Grundlage eines von der Figur einen Gegensatz ab. Der Text der beiden Schauspieler Sprechlinie in der Auseinandersetzung mit dem im getrennten, gleichsam dokumentari- des Caliban scheint durch seine Fragmentierung und wilhelminischen Kaiserreich erneut aufblühenden schen Tonfalls erarbeiten sie mit ihren Verschränkung mit der rhythmisch-metrischen Struk- Melodram und reflektiert dabei die zwischen Über- Darstellern eine sehr genaue Sprech- tur gleichsam wie ein Naturlaut aus dem Kaleidoskop höhung und Übertreibung schwankende feierliche partitur aus häufig gegen den für natür- der Klänge und Geräusche erst zu entstehen, und die Sprache seiner Zeit. Er bereichert die Klangwelt um lich angesehenen Gedankenfluss ge- Sänger finden im Kontext dieser Musik kaum jemals die feinen Zwischentöne dieser Kunst der Rezitation, setzten Einschnitten und Betonungen, zur gesungenen Linie, sondern antworten auf die und deren Pathos bindet er in dem jeweils individuel- sowie Veränderungen von Tonhöhe komplexe Klangwelt mit ganz eigentümlich musika- len Gesetz der musikalischen Form. Die formale Stren- und Geschwindigkeit des Sprechens. lisch geführten Sprechlinien. ge von Ming Tsao bei der Komposition der Sprech- In solcher Art komponiert auch Ming In der Partitur sind diese Sprechlinien notiert wie der linien für die Sänger der „Geisterinsel“ orientiert sich Tsao die Sprechlinien in der Geister- von Schönberg entwickelte Sprechgesang, und in jedoch an einer dem Melodram entgegenstehenden insel, wie bereits an den ersten Worte den Parts der Sänger lassen sich auch Anklänge an Ästhetik des gesprochenen Worts. Prosperos deutlich wird: Diese Insel || dessen Werke finden: in Mirandas oft nur geflüster- Bei einer der ersten gemeinsamen Durchsichten der glich | einer Wildnis – Die Wildnis ward ten, mit einzelnen angedeutet gesungenen Tönen Partitur meinte ich darin eine innere Verwandtschaft ein Garten. Hier hat die „musikalisierte“ durchsetzten und zudem durch Umkippen vom Aus- zu der Sprachkunst von Jean-Marie Straub und Sprache nicht mehr zum Ziel, wie noch ins Einatmen vielfältig gebrochenen Linien werden Danièle Huillet zu sehen und fragte Ming, ob er de- im Melodram den Zuhörer auf den Wel- einzelne Phrasen aus dem Buch der hängenden Gärten ren Filme kenne; wie er mir bestätigte, bedeutet das len von Gedanken und Empfindungen wie von Ferne erinnert, und manche Sätze Prosperos Schaffen dieses Künstlerpaars einen für ihn wichti- zu tragen, sondern sie lenkt die Auf- lehnen sich an die Intonation von Schönbergs Moses gen künstlerischen Orientierungspunkt. Zu manchen merksamkeit auf Details der Intonati- an. Doch dessen ernstes Pathos ist in der Sprache Aspekten ihrer filmischen Ästhetik zeigt die musika- on, fordert das Auseinandersetzen mit Prosperos verschwunden, es fehlen die charakteris- lische Sprache von Ming Tsao Parallelen, so im Ge- dem Text. tischen großen Intervallsprünge des Sprechgesangs, genschnitt von expressiver instrumentaler Geste und die ganze Partie liegt mindestens um eine Quinte Geräusch, oder im Bruch von Klangflächen gegen den Text für Paul Cézanne (1989) tiefer als Schönbergs Moses und verlangt nach einer Lauf der musikalischen Struktur. von Jean-Marie Straub und Danièle Huillet 4 5 Die Geisterinsel (2010 – 11) Es heißt Stracheys Brief soll, zusammen mit anderen für Prosperos Charakter fungieren können, wenn er Leser nicht nur ein konzentriertes, stilles Lesen für Erläuterung der Lyrik von Shakespeare zu J.H. Prynne Dokumenten wie Michel de Montaigne’s Of the schreibt: “Hier in dieser neuen Welt bewahrten sich sich, sondern auch den ausgesprochenen, hörbaren Ming Tsao Caniballes (in der Übersetzung von John Florio 1603), die Bewohner eine Form der Kommunikation, die die Vortrag für sich. Es ist unabdinglich, die Bewegung Shakespeares Der Sturm beeinflusst haben. Die Wor- Dinge nicht beschreibt wie sie sind, sondern wie sie der eigenen Zunge nachzuverfolgen und die Atmung 1609 erlitt die Sea Venture vor der Küste der Bermuda- te Montaignes hätten nahezu unvermittelt als Basis scheinen, oder eher sogar wie sie erscheinen sollen, zu beachten - eine Körperlichkeit, die auch im Fokus Inseln Schiffbruch. Der an Board gewesene William um den Ruhme des Berichterstatters zu vergrößern.” 2 meiner eigenen Musik liegt. Starchy und die anderen Überlebenden brauchten Der Sturm (1610-11) ist ein Beispiel für Shakespeares Ich erhielt von der Staatsoper Stuttgart den Kompo- von da an zehn Monate um Jamestown in Virginia Spätstils, der von Adorno in Anlehnung an Beethovens sitionsauftrag eine relativ unbekannte Oper Johann zu erreichen – die erste dauerhafte englische Kolonie spätes Werk als “zerrissene Frucht” bezeichnet wurde. Rudolph Zumsteegs, eines Zeitgenossen Mozarts, zu in der neuen Welt. In Folge schrieb Starchy einen Auch technisch gibt es zahlreiche Parallelen zwischen bearbeiten. Der Librettist des Werks, Wilhelm Fried- langen, ausführlichen Brief an eine vornehme Dame dem Spätschaffen der beiden Künstler, wie etwa rich Gotter, bezog sich bereits auf Shakespeares Der in England, der später als A true repertory of the wracke extreme Kompressionen durch Aus- und Unterlassun- Sturm und gestaltete es im Stil der Weimarer Klassik [Die wahren Begebenheiten um den Schiffbruch] gen, zwanghafte Wiederholungen und Konstrukte, um, wobei er es mit Werten der Aufklärung auflud. herausgegeben werden sollte. In diesem schilderte die auf ihre Art den Ausdruck verfremden. Caliban, im Original eine zwiespältige Figur, wurde er seine Unglückserfahrung und meinte: “mag sein, bei Gotter zum (närrischen) Bösewicht wodurch er The creatures that were mine, I say, or chang’d ’em eine klare Trennung von Gut und Böse einführte. Ein dass wir genug Einsicht in das Walten der Natur hat- Or else new form’d ’em; having both the key ten, um nicht zu vergessen, dass die Menschen am Of officer and office, set all hearts i’th’ state weiterer Unterschied findet sich im Ende des Stückes. Ende immer danach streben, sich und andere zu To what tune pleas’d his ear, erhalten”
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