Geschichte Der Philosophie Band I: Altertum Und Mittelalter

Geschichte Der Philosophie Band I: Altertum Und Mittelalter

Johannes Hirschberger Geschichte der Philosophie Band I: Altertum und Mittelalter Vorwort zur 1. Auflage Was den Verfasser veranlaßte, die vorliegende Phi- losophiegeschichte zu schreiben, war der oft ausge- sprochene Wunsch seiner Hörer nach einem Buch, das nicht zu umfangreich, um bewältigt werden zu können, doch auch wieder nicht zu klein wäre, um noch als Handreichung für das Studium der Geschich- te der Philosophie und insbesondere als Hilfsbuch für akademische Vorlesungen dienen zu können. Das war der äußere Anlaß. Der innere war gegeben mit der Er- kenntnis, daß für die Philosophiegeschichte etwas getan werden müsse. Auf diesem Gebiet sind seit eini- ger Zeit die Dinge etwas aus den Fugen geraten. Die Situation ist da heute so, daß philosophiegeschichtli- che Themen in einer Weise behandelt werden, die ent- weder viel Literargeschichte und wenig Philosophie oder viel Philosophie und wenig Geschichte bietet. Beide Methoden haben ihre Verdienste, aber beide sind einseitig. Darum wurde hier der Versuch unter- nommen, das Werden des philosophischen Gedankens in historischer Treue sichtbar werden zu lassen um dieses philosophischen Gedankens selbst willen. Diese Philosophiegeschichte möchte nicht bloß refe- rieren, sondern philosophieren, doch nicht so, daß Phantasien über ein Thema vorgetragen werden, sondern so, daß Rankes Forderung an die historische Wissenschaft auch hier erfüllt wird: zu zeigen, was war und wie es war. Die gesamte Philosophiegeschichte des Abendlan- des auf beschränktem Raum zu entwickeln bereitet keine geringen Schwierigkeiten. Das größere Kopf- zerbrechen macht eigentlich nicht, was man schrei- ben, sondern was man auslassen muß. Ich verstehe es, wenn man bald dies, bald das vermissen wird. Ich vermisse selber vieles. Für positive Kritik bin ich darum dankbar, nur möchte ich wünschen, daß mir nicht bloß wieder in Erinnerung gerufen wird, was ich ohnehin mit Selbstüberwindung habe verabschieden müssen. Daß ein so weit ausgreifendes Werk von vielen an- deren Arbeiten seiner Art dankbar Nutzen gezogen hat, versteht sich von selbst. Der Fachmann weiß, was hier von bleibendem Wert ist und darum auch je- derzeit verwertet werden kann. Er dürfte ebenso aber auch merken, wieso das vorliegende Buch seinen ei- genen Weg gegangen ist, um den großen Stoff gerade an entscheidenden Stellen neu zu durchdenken und zu verstehen. Zu ganz besonderem Dank ist Verfasser verpflich- tet H. H. Prälaten Martin Grabmann, der den Ab- schnitt über das Mittelalter durchgesehen, sowie H. Studienrat Hans Kunz, Eichstätt, der die gesamten Korrekturen mitgelesen hat. Eichstätt, im Juli 1948 Dr. Johannes Hirschberger Aus dem Vorwort zur 4. Auflage Die vorausgehenden Auflagen brachten beide noch den Text der Erstausgabe. Nur die wichtigste neue Li- teratur wurde, neben einigen Verbesserungen, nachge- tragen. Die vorliegende 4. Auflage ist eine weitge- hende Neubearbeitung. Die Angaben über Quellen und Literatur wurden erheblich erweitert; viele For- mulierungen präziser gefaßt; eine Reihe neuer, mehr oder weniger großer Abschnitte eingefügt, schon für das Altertum, besonders aber für das Mittelalter; und gewisse Grundbegriffe, wie Teilhabe, Analogie, Cho- rismos, Transzendenz, Seinsmodalität, nach Sinn und Zusammenhang noch deutlicher als bisher herausge- stellt, um die Zielsetzung des Buches zu intensivieren. Die ideengeschichtliche Forschung der letzten Jahr- zehnte hat da viel Vorarbeit geleistet, allerdings mehr für die antike Philosophie als für das Mittelalter, wo immer noch das nur literarhistorische Element über- wiegt, wenngleich auch hier die Fülle der Untersu- chungen mehr und mehr den Boden bereitet für eine das Geflecht der treu tradierten Worte sprengende ide- engeschichtliche Erschließung des tieferen Denkens und Wollens dieser Epoche. Außerdem wirkt sich ja die Analyse der antiken Begriffs- und Problemge- schichte immer auch für die Interpretation der mittel- alterlichen Philosophie aus. Unter diesen ideenge- schichtlichen Forschungen war nun von größter Trag- weite das in den letzten 30 Jahren erarbeitete neue Aristotelesbild, das in Aristoteles nicht einfach nur den Gegensatz zu Platon sieht, wie dies im 19. Jahr- hundert und auch im Mittelalter üblich war, sondern ebensosehr, ja vielleicht noch mehr, das nie aufgege- bene platonische Erbe. Damit ist für das Verständnis der mittelalterlichen Philosophie, sofern sie Aristote- les rezipiert hat, eine vollständig neue Situation ent- standen. Der Begriff »thomistisch-aristotelische Phi- losophie« muß grundsätzlich neu gefaßt werden und ebenso auch das Verhältnis dieser Philosophie zum platonisch-augustinischen Denken. Manche Neuscho- lastiker haben noch nicht gemerkt, was geschehen ist; andere wollen es offenbar nicht merken. Daß W. Jae- gers Aristoteles-Buch für das sachphilosophische Denken, genauer für die erkenntnistheoretische und metaphysische Spekulation der Neuscholastiker, keine Folgen gehabt hat, ist höchst erstaunlich. Die hier vorliegende Philosophiegeschichte hat von Anfang an aus den Forschungsergebnissen die entsprechenden Konsequenzen gezogen, auch für Thomas von Aquin. Diese Konsequenzen betreffen aber nicht nur das Mit- telalter an und für sich, sondern, und das ist vielleicht noch bedeutsamer, auch sein Verhältnis zur neuzeitli- chen Philosophie, besonders zu Kant und zum Deut- schen Idealismus. Nachdem wir das platonische Erbe des Mittelalters wieder sehen, auch in seinem »Aristo- telismus«, ist für eine positive Begegnung ein ganz anderer Ausgangspunkt gegeben als mit jenem mittel- alterlichen »Aristotelismus«, von dem alle Welt sprach, den man in seinem Sinn aber nicht analysierte. Das Wissen um ein tieferes Selbstverständnis des Mittelalters auf Grund seines platonischen Erbes bil- det einen der wesentlichen Gedanken dieses Werkes. Mit einer gewissen Genugtuung kann ich feststellen, daß seine Erkenntnis sich immer mehr durchsetzt. Aber nicht nur mit dieser Spezialthese, sondern auch als Ganzes hat das Werk sich durchgesetzt. Nachdem innerhalb von 10 Jahren 4 Auflagen erscheinen konn- ten und dazu eine spanische Übersetzung (1954-56, davon Bd. 1 im Neudruck 1959), eine amerikanische (1958-59) und eine portugiesische (1957 ff.), darf man das wohl sagen. Ich danke meinen Lesern für ihr Interesse und ihr Verständnis. Was mich am meisten gefreut hat, war das nur so nebenbei gesprochene Wort eines Studenten: »Mit diesem Buch kann man arbeiten.« Dazu zu verhelfen war in der Tat meine Absicht. Es war aber nicht die einzige. Daß diese Phi- losophiegeschichte nicht nur eine Einführung ist, wie sie auch nicht nur Geschichte ist, geht freilich erst dann auf, wenn man gut zu lesen versteht. Frankfurt am Main Johann Wolfgang Goethe-Universität November 1959 Johannes Hirschberger Vorwort zur 8. Auflage In relativ kurzer Zeit erscheint nach der Neubear- beitung des Werkes in der 4. Auflage von 1960 nun schon die 8. Auflage. Sie bringt den Text der Neube- arbeitung, ergänzt ihn aber durch den Nachtrag der inzwischen erschienenen neuen Literatur. Um dafür Raum zu gewinnen, mußten leider einige ältere Werke gestrichen werden. Für sie sei auf die vorausgehenden Auflagen verwiesen. Frankfurt am Main Februar 1965 Johannes Hirschberger Vorwort zur 12. Auflage Bei der Bearbeitung der 12. Auflage wurde verfah- ren, wie oben im Vorwort zur 8. Auflage dargelegt ist. Erwähnt darf noch werden, daß außer den auf S. VII verzeichneten Übersetzungen des Werkes inzwi- schen auch noch eine japanische erschienen ist. Frankfurt am Main November 1980 Johannes Hirschberger Der II. Teil des Werkes enthält die Geschichte der Philosophie der Neuzeit und der Gegenwart Einleitung Vom Wesen und Wert der Philosophiegeschichte überhaupt a) Philosophiegeschichte als Wissenschaft Geschichte der Philosophie ist Geschichtswissen- schaft und Philosophie zugleich und verbindet so zwei Aufgabenkreise in einem. Als Geschichtswissen- schaft verfolgt sie die Absicht, uns bekanntzumachen mit dem wesentlichen Ideengut der Philosophen in Vergangenheit und Gegenwart. Sie vermittelt darum, was es zu wissen gilt über Leben, Werke und Lehren dieser Denker. Sie wird aber dabei nicht nur einfach darstellen, was war, sondern wird auch das Verständ- nis dieses Ideengutes erschließen, indem sie die je auftretenden Begriffe und Gedanken klärt. Dies ge- schieht dadurch, daß man sie in ihrem Entstehen ver- folgt, daß man sie hineinstellt in größere Gedanken- reihen, in systematische Zusammenhänge und in um- fassende geistige Strömungen, besonders der Zeiten und Völker, und daß man schließlich die zugrunde liegenden Voraussetzungen und letzten Annahmen aufdeckt, aus denen Begriffe, Probleme und Lehren der Philosophie erwachsen wie aus einem Mutterboden. Will die Philosophiegeschichte die Dinge darstel- len, so wie sie wirklich waren, dann ist damit von selbst eine bestimmte Methode gegeben: Einmal das ständige Schöpfen aus den Quellen und dann die For- derung der Objektivität oder Voraussetzungslosigkeit. Das Zurückgehen auf die Quellen ist eine Errungen- schaft speziell der neuzeitlichen Geschichtswissen- schaft. Altertum und Mittelalter haben weithin nur von Berichten aus zweiter und dritter Hand gelebt. Heute dagegen lesen wir nicht nur die Quellen selbst, sondern vergewissern uns auch noch mit kritischer Sorgfalt, ob die Schriften, die unter dem Namen eines bestimmten Philosophen gehen, ihm auch wirklich zu- gehören, ob sie unverfälscht erhalten sind und in wel- cher Periode seines Schaffens sie geschrieben wurden (Quellenkritik und Chronologie). Philosophiege- schichte ist darum immer ein Hinführen zu den

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