ARCHIV DER JUGENDKULTUREN (HRSG.) DER Z/WEITE BLICK JUGENDKULTUREN UND DISKRIMINIERUNGEN Archiv der Jugendkulturen (Hrsg.) DER Z/WEITE BLICK JUGENDKULTUREN UND DISKRIMINIERUNGEN Ausstellungseröffnung im Archiv der Jugendkulturen e.V., Berlin, 2017, Foto: Boris Geilert IMPRESSUM Archiv der Jugendkulturen e. V. Fidicinstraße 3 10965 Berlin Tel. 030–6942934 Fax 030–6913016 E-Mail: [email protected] Web: www.jugendkulturen.de Autor*innen / Redaktion: DJ Freshfluke, Jule Naima Fröhlich, Martin Gegenheimer, Florian Hofbauer, Tino Kandal, Edyta Kopitzki, Svetla Koynova, Bianca Loy, Gabriele Rohmann, Lisa Schug, Farina Wäcker Illustrationen: Gabriel S Moses, www.gabsmoses.com Lektorat: Berlin Lektorat und Nadine Marcinczik © Archiv der Jugendkulturen e. V. 2018 Die Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung des BMFSFJ bzw. des BAFzA dar. Für inhaltliche Aussagen trägt der Autor/die Autorin bzw. tragen die Autoren/Autorinnen die Verantwortung. VORWORT Jugendkulturen sind wichtige Orte für (überwiegend) junge Sexismus und Homo- und Transfeindlichkeit – aber auch Menschen, an denen sie ihren Gedanken, Einstellungen, Hal- positive Aspekte wie jugendkulturelle Initiativen oder Pop- tungen, Reflexionen über sich und die Welt in Kleidung, Spra- Künstler*innen, die sich gegen Diskriminierungen in ihren che, Musik und Medien kreativen Ausdruck verleihen können. Szenen oder im Mainstream wehren und sich auf diese Weise Sie bieten Heranwachsenden Möglichkeiten, künstlerisch, zivilgesellschaftlich für die Gleichwertigkeit von Menschen ein- gesellschaftlich oder politisch aktiv zu werden und eigene setzen. Sie können als Gatekeeper und Role Models für eman- Werte, Ansichten und Haltungen zu entwickeln. Das prägt und zipatorische Entwicklungen in Jugendkulturen, im Pop und begleitet viele ein Leben lang. Dies wurde in Deutschland bei letztlich auch in der Gesellschaft wirken. Mit ihrem Engagement ersten Jugendkulturen vor mehr als hundert Jahren wie dem führen sie uns vor Augen, dass es oft einfacher ist als wir denken, Wandervogel oder den Wilden Cliquen deutlich, und es zeigt gesellschaftliche Veränderungen für Zusammenhalt und Gleich- sich heute in einer Vielfalt an Repräsentationen in veränderten, wertigkeit in Gang zu bringen oder zu unterstützen. kombinierten und neuen Jugendkulturen wie Hip-Hop, Punk Die vorliegende Publikation begleitet und vertieft unsere oder Cosplay bis hin zu fließenden Übergängen von Jugend- Wanderausstellung »Der z/weite Blick«, die wir dank einer kulturen zu Pop und Mainstream. Förderung der Aktion Mensch und der immer noch missver- Sich mit Jugendkulturen zu beschäftigen heißt, selbst gewählte standenen Bekleidungsmarke Lonsdale in den Jahren 2011/12 und gestaltete Bereiche jugendlicher Lebenswelten wahrzu- konzipiert haben und die bis 2017 an mehr als 60 Orten in nehmen, kennenzulernen und sich damit auseinanderzuset- Deutschland zu sehen war. Lonsdale selbst ist geradezu ein zen. Sie sind ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft – kulturell, Symbol für die Komplexität von jugendkulturellen Styles. Die sozial und politisch. Jugendkulturen heute sind als Ganzes Marke galt, wegen der im Namen enthaltenen Buchstaben vielfältig, aber auch in sich widersprüchlich und vieldeutig. »nsda« als von Rechtsextremen gedeutete Anspielung auf die Und sie sind nicht frei von Stereotypen, Rollenbildern und Vor- »NSDAP« doch lange für viele ebenfalls als rechtsextrem, urteilen und damit einhergehenden Diskriminierungen – so wie obwohl sich die Firma seit Jahren gegen diese Vereinnahmung die Gesellschaft insgesamt. von rechts mit Projekten und Sponsoring gegen Rassismus Die Archiv-der-Jugendkulturen-Ausstellung »Der z/weite Blick«, und für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt einsetzt. auf deren Inhalten diese Publikation weitgehend basiert, befasst Im Jahr 2017 konnten wir die Ausstellung dank unserer Förde- sich mit Vielfalt, Vieldeutigkeit und Widersprüchen in Jugend- rung im Bundesprogramm »Demokratie leben!« des Bundesmi- kulturen. Mit ihr möchten wir Jugendlichen und Erwachsenen nisteriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) einen Einblick in Jugendkulturen geben und einen zweiten, und der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) komplett weiten, tieferen Blick ermöglichen auf das, was in Jugendkul- überarbeiten, aktualisieren und erweitern. Seither war sie an turen verhandelt wird oder sich in ihnen zeigt – problematische mehr als zwanzig weiteren Orten in Deutschland zu sehen – in und alarmierende Aspekte und Entwicklungen wie Rechtsex- Schulen, Rathäusern, Stiftungen, Hochschulen, Jugendeinrich- tremismus, Rechtspopulismus, Rassismus, Antisemitismus, tungen, Mehrgenerationenhäusern, Kirchen und auf Tagungen. Eine Ausstellung über Jugendkulturen und Diskriminierungen Danksagung zu realisieren, stellt vor die große Herausforderung, wie dieses hoch komplexe Feld in wenigen Worten und mit ausgewählten Unser Dank gilt unseren Förderern – BMFSFJ und bpb – und Bildern und Illustrationen beleuchtet und vermittelt werden den vielen Menschen, die uns mit ihrer Expertise für die 1. und kann. Und zwar so, dass einerseits Wissen weitergegeben wird, die 2. Auflage der Ausstellung bereichert und daran mitge- andererseits dieses Wissen von Besucher*innen unterschied- wirkt haben, dem Berlin-Tel Aviv-Künstler* Gabriel S Moses lichen Alters, seien es nun Jugendliche oder Erwachsene, für seine wundervollen vieldeutigen Illustrationen, dem mit verschiedenen Hintergründen, seien es Schüler*innen, Youth Club Archive London, CHIKA und SINCE, Sany von Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen, Wissenschaftler*innen, girlpowermovie.com, Kein Bock auf Nazis und Boris Gei- Lokalpolitiker*innen, Polizist*innen oder weitere Interessierte, lert, die uns mit Fotografien für diese Publikation unterstützt auch aufgenommen werden kann. haben und natürlich allen Autor*innen, Fotograf*innen, Wir verfolgen mit dieser Ausstellung und auch der vorlie- Interviewpartner*innen und vielen weiteren Menschen, die genden Publikation nicht den Anspruch, den ganzen Umfang diese Publikation gemeinsam mit uns ermöglicht haben. von Jugendkulturen und Diskriminierungen abzudecken. Wir wollen vielmehr informieren, sensibilisieren und Impulse zur weiteren Beschäftigung mit dem Themenfeld Jugendkulturen und Diskriminierungen geben. Wir laden dazu ein, darüber zu diskutieren und möchten die Motivation stärken, gegen Dis- kriminierungen in und gegenüber Jugendkulturen, aber auch in der Gesellschaft insgesamt sensibilisiert zu sein und am besten auch aktiv zu werden. Die Ausstellung ist als Wanderausstellung konzipiert. Sie kann in Schulen und an vielen anderen Orten gezeigt werden. Auf 22 Tafeln thematisiert sie Jugendkulturen und Rechtsextre- mismus, Rechtspopulismus, Grauzonen, Antisemitismus, Ras- sismus, Antiziganismus, Exotismus, Antimuslimischen Ras- sismus, Salafismus, Sexismus, Homo- und Transfeindlichkeit sowie Social Media und Internet. In ihr geht es um Jugendkul- turen wie Skinheads, Punk, Hardcore, Metal, Gaming, Cos- Hinweis zur Schreibweise play, Anime, Manga, Poetry Slam, Ultras, Skateboarding, Hip- Hop, Graffiti, Techno sowie Pop und Mainstream, Youtube und Das Sternchen: * Hate Speech. Orientierung zu den verschiedenen Themenfel- In dieser Publikation gibt es manchmal Sternchen – zum Beispiel bei der dern bieten neben den Überschriften und den jugendkulturell Bezeichnung »Musiker*innen«. Diese Schreibweise soll alle Geschlechter oft bewusst irritierenden Illustrationen des Künstlers Gabriel S einschließen: Frauen, Männer und darüber hinaus auch Menschen, die Moses die farblich abgesetzten labyrinthischen Bänder im sich eindeutiger Geschlechterzuordnungen entziehen. unteren Viertel der Ausstellungstafeln. Diese »Marker« in Illus- Schwarz tration und Farben haben wir auch in der vorliegenden Publika- In dieser Publikation ist das Wort »schwarz« je nach Kontext tion beibehalten, so dass sie sowohl als vertiefender Rundgang (»schwarzer Block«, »Schwarze Künstler*innen«) klein oder bewusst durch die Ausstellung als auch punktuelles Wandern zu einzel- groß geschrieben. Schwarze Menschen ist eine Selbstbezeichnung und nen Themenfeldern gelesen werden kann. Ergänzt haben wir beschreibt eine von Rassismus betroffene gesellschaftliche Position. einzelne Beiträge um Hinweise zu jugendkulturell relevanten »Schwarz« bezieht sich dabei nicht auf die Hautfarbe, sondern auf Initiativen und ausgewählte Literatur. ein konstruiertes Zuordnungsmuster. »Schwarz« ist hier keine reelle Eigenschaft, die auf die Farbe der Haut zurückzuführen ist, sondern soll Wir wünschen Ihnen und Euch eine spannende Lektüre. die Sichtbarkeit Schwarzer Menschen erhöhen. Gabriele Rohmann, Leiterin des Archiv der Jugendkulturen e.V., Berlin, im Dezember 2018 INHALT RECHTE WELTEN – 010 Sind das Linke? Autonome Nationalisten | Völkische Hipster: Die Identitäre Bewegung (IB) | Skinheads: Alle Nazis? | Rap, Hardcore, Metal: Soundtrack der Rechten? | Rechtextremismus in der Einwanderungsgesellschaft | Ultras: Links, rechts, unpolitisch? | Initiativen gegen rechts GRAUZONEN – 037 Der Fall Frei.Wild | Rechtspopulismus im Pop: Xavier Naidoo ANTISEMITISMUS – 040 Israelbezogener Antisemitismus | Antisemitismus von rechts | Antisemitismus im Rap | Von jüdischen Rapper*innen aus den Staaten bis zu Popmusik aus Tel Aviv | Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) RASSISMUS – 048 Exotismus: Von der Faszination zum Klischee | Black Music, Hip-Hop und der politische Kampf | Antiziganismus | Like a Gypsy: Antiziganismus und romantische Verklärung in der Popkultur | Die Genre- Etiketten »Balkan«
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