Jugend Medien Schutz-Report 5/07 Fachzeitschrift Zum Jugendmedienschutz Mit Newsletter Oktober 2007

Jugend Medien Schutz-Report 5/07 Fachzeitschrift Zum Jugendmedienschutz Mit Newsletter Oktober 2007

Jugend Medien Schutz-Report 5/07 Fachzeitschrift zum Jugendmedienschutz mit Newsletter Oktober 2007 Inhaltsverzeichnis Heftmitte/Beihefter: Aktuelle Entscheidungen im Oktober 2007 AUFSÄTZE / BERICHTE (INDIZIERUNGEN / BESCHLAGNAHMEN) 2 Petra Grimm /Elisabeth Clausen-Muradian: Gewalt und Pornographie auf Schülerhandys – Zuständigkeiten und Handlungsoptionen nach StGB, JuSchG und JMStV INDIZIERUNGS-LISTEN 8 Jörg Weigand: Zwischen Heldentot und historischer Wahrheit. 50 Jahre »Der Landser« – Eine Romanheftreihe 13 Listenteile A und B (gem. § 18 Abs. 2 Nr. 1, 2 JuSchG) im Laufe der Jahrzehnte sowie sog. Liste E (Einträge vor dem 01.04.2003) 13 1. Filme (Videos/DVDs/Laser-Disks): 2958 KURZNACHRICHTEN 35 2. Spiele (Computer-/Video-/Automatenspiele): 539 ◆ 40 3. Printmedien (Bücher/Broschüren/Comics etc.): 226 9 BGH-Urteil I: Altersverifikationssystem »ueber18.de« unzureichend ◆ BGH-Urteil II: BGH schränkt Zulässigkeit 43 4. Tonträger (Schallplatten/CDs/MCs): 711 von Werbung an Schulen ein ◆ Satelliten-TV: Medien- wächter prüfen Schritte gegen Sexsender 49 Listenteile C und D (gem. § 18 Abs. 2 Nr. 3, 4 JuSchG) 10 Rechtsgutachten: Deutschland kann an Altersfreigaben ◆ 49 5. Telemedien festhalten ◆ Tauschbörsen: Werbung auf illegalem Portal – Nichtöffentliche Listenteile, daher kein Abdruck – ist unlauterer Wettbewerb ◆ Sperrungsverfügung: Arcor muss Zugang zu »Youporn« sperren ◆ Testkäufe: Minis- terin soll an ihren Plänen festhalten BESCHLAGNAHME-LISTE 11 EU: Kontaktversuche Pädo-Krimineller im Internet nun ◆ 49 6. Sonderübersicht europaweit strafbar ◆ Ausstieg: Telekom zieht sich mittel- beschlagnahmter/eingezogener Medien: 627 fristig aus Initiative »Schulen ans Netz« zurück ◆ Presse- Regelmäßige Anordnungsgründe/Straftatbestände: rat: Jugendzeitschrift verletzte den Jugendschutz • Volksverhetzung, §§ 86a, 130, 130a StGB 12 Werberat: Mehr Rügen, aber viel unberechtigte Kritik ◆ • Gewaltverherrlichung, § 131 StGB Verleihung: Deutscher Jugendliteraturpreis 2007 • harte Pornographie, §§ 184a, 184b StGB 69 Tagungshinweise 72 Medienhinweise SONDERÜBERSICHTEN 57 7. VORAUSINDIZIERUNGEN (Trägermedien): 7 RECHTSPRECHUNG 57 8. MUSIKGRUPPEN (Tonträger): 619 68 OVG NRW, Urteil vom 05.07.2007, Az. 20 A 1561/06 Zur Rechtmäßigkeit der Indizierung der CD »Die Maske« des Sängers Sido 70 LG Koblenz, Beschluss vom 13.08.2007, Az.: 4 HK.O 120/07 – mit einer Anmerkung Vertrieb von Tabakwaren über das Internet 71 AG Hamburg, Beschlagnahmebeschluss vom 11.06.2007, Az.: 167 Gs 551/07: Zur Beschlagnahme des Computerspiels »Dead Rising« MEDIENEMPFEHLUNGEN 64 Alf Mayer: Prädikatisierte Kinofilme der FBW 66 TOP-Videos für Kinder und Jugendliche JMS-Report – Oktober 5/2007 1 Aufsätze / Berichte Gewalt und Pornographie auf Schülerhandys Zuständigkeiten und Handlungsoptionen nach Strafgesetzbuch (StGB), Jugendschutzgesetz (JuSchG) und Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) Petra Grimm / Elisabeth Clausen-Muradian I. Gewalt und Pornographie auf Schüler- schen sowie sonst volksverhetzenden reiches durch Bildaufnahmen) strafbar handys – ein Fall für den Staatsanwalt? Inhalten (§ 130 StGB) oder verfassungs- sein (z. B. bei Aufnahmen von sexuellen feindlichen Propagandamitteln (§ 86 Gewalthandlungen im häuslichen oder Qbwohl die meisten Jugendlichen wis- StGB) – ist der Besitz strafbar, wenn die einem anderen gegen Einblick besonders sen, dass Vidos von realen Gewalt- oder Inhalte zum Zweck der Weitergabe geschützten Bereich). Bei Aufnahmen Tötungshandlungen, von Vergewalti- »vorrätig« gehalten werden. Dies gilt außerhalb geschützter Bereiche kann gungs- und Sodomieszenen und derglei- auch für pornographische Medien, wenn schließlich das (Persönlichkeits-)Recht am chen verboten sind, scheinen sie dies sie zur Weitergabe an Minderjährige vor- eigenen Bild verletzt werden, was – wenn jedoch nicht notwendig auf ihr eigenes gesehen sind (§ 184 StGB). die Aufnahmen ohne Einwilligung des/ Handeln zu projizieren. Insbesondere der Die Weitergabe der genannten Inhalte – der Betroffenen an einen unbestimmten Umstand, dass solche Inhalte über das sei es in Form des Verschickens (z. B. von Empfängerkreis veröffentlicht werden Internet relativ frei zugänglich und ver- Handy zu Handy) oder auch nur des (z. B. wenn die Aufnahmen ins Internet fügbar sind, führt augenscheinlich dazu, bloßen Vorzeigens bzw. Vorspielens – an gestellt werden) – ebenfalls strafrechtlich dass Jugendliche im Hinblick auf ihren Minderjährige ist auf jeden Fall strafbar verfolgt werden kann.1 persönlichen Umgang mit solchen Inhal- (vgl. § 130 Abs. 2, § 131 Abs. 1 und 2, ten kein ausgeprägtes Unrechtsbewusst- § 184 Abs. 1, § 86 StGB). c) Mobile Bullying sein entwickeln. Dabei beinhaltet das Strafgesetzbuch Prof. Dr. Petra Grimm ist Professorin für Anders als das Happy Slapping zielt das (StGB) gleich eine ganze Reihe von Straf- Medienforschung/Kommunikationswissen- Mobile Bullying weniger auf körperliche bestimmungen, wonach solche Inhalte in schaft an der Hochschule der Medien in als auf psychische Gewalteinwirkung ab. jeder Form der Verbreitung, d.h. auch Stuttgart und Dekanin der Fakultät Elec- Die Strafverbote der üblen Nachrede über den individuellen privaten Daten- tronic Media (HdM). Dr. Elisabeth Clausen- (§ 186 StGB), Verleumdung (§ 187 StGB), austausch über das Mobiltelefon, unzuläs- Muradian ist Rechtsanwältin für Urheber- Erpressung (§ 253 StGB), Nötigung (§ 240 sig sind, und für die auch Jugendliche ab und Medienrecht in Hannover. StGB) und Bedrohung (§ 241 StGB) sind einem Alter von 14 Jahren (dann beginnt hier von praktischer Bedeutung. die sog. Strafmündigkeit) strafrechtlich zur b) Happy Slapping Nicht immer lassen sich diese drei Verantwortung gezogen werden können. Erscheinungsformen in der Praxis so klar Die in Happy Slapping-Videos aufge- voneinander abgrenzen. Auch Mischfor- 1. Formen problematischer Handy- nommenen Misshandlungen und Demü- men sind möglich, z. B. wenn eine Schü- nutzung tigungen verwirklichen häufig gleich lerin von Mitschülern durch wiederholte mehrere Straftatbestände, allen voran den Zusendung von aus dem Internet herun- Gerade die drei auftretenden Standard- der Körperverletzung (§ 223 StGB) bzw. – ter geladenen brutalen Sex- und Gewalt- formen problematischer Handynutzung da zumeist mehrere Täter gemeinschaft- videos – ggf. auch unter verbaler Andro- in Schülerkreisen – a) Herunterladen und lich agieren – der schweren Körperverlet- hung von Gewalt – auf deren Handy ter- Weitergabe gewalthaltiger, pornographi- zung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB), häufig der rorisiert wird (Herunterladen und Weiter- scher oder rassistischer Inhalte, b) Happy Nötigung (§ 240 StGB), mitunter sogar gabe von gewalthaltigen, pornographi- Slapping sowie c) Mobile Bullying – ver- der Bedrohung (§ 241 StGB), der Frei- schen Inhalten/Mobile Bullying) oder – stoßen regelmäßig gegen Strafvorschrif- heitsberaubung (§ 239 StGB) und der wie im Februar 2006 in einem Gymnasi- ten des StGB. Beleidigung (§ 185 StGB). Auch Sexualde- um im Westerwald tatsächlich passiert2 – likte, wie sexueller bzw. schwerer sexuel- ein Schüler seine Mitschülerin aus Rache- a) Herunterladen und Weitergabe ler Missbrauch von Kindern (§§ 176, 176 a motiven (sie hatte sich von ihm getrennt) gewalthaltiger, pornographischer Abs. 2 Nr. 2 StGB), sexuelle Nötigung zwingt, Nacktaufnahmen mit sexuellen oder rassistischer Inhalte oder Vergewaltigung (§ 177 StGB) kön- Handlungen von sich machen zu lassen, nen in diesem Zusammenhang eine Rolle und diese dann via Internet und per Han- Bereits der »Besitz« von gewalthaltigen, spielen. Da es den Jugendlichen oft nicht dy an andere Mitschüler verschickt (Hap- pornographischen oder rassistischen allein um die Herstellung der Videos, son- py Slapping/Herunterladen und Weiterga- Inhalten ist unter bestimmten Vorausset- dern auch um deren Verbreitung geht, be von pornographischen Inhalten). Eine zungen strafbar. Dies ist insbesondere der können sie sich bei besonders schwerwie- (strafverschärfende) Kumulation von Straf- Fall bei realer oder wirklichkeitsnah dar- genden Inhalten darüber hinaus ebenfalls tatbeständen ist daher häufig. gestellter Kinderpornographie (§ 184 b nach §§ 131 und 184 StGB (Gewaltdar- Abs. 4 StGB). Hier ist auch die »Besitzver- stellung; Verbreitung pornographischer 2. Erziehung vs. Sanktion schaffung« schon ein Straftatbestand. Im Medien) strafbar machen. Die Foto- und Übrigen – namentlich bei brutalen, men- Filmaufnahmen selbst können unter dem Die Strafandrohung reicht in der Regel schenverachtenden Gewaltdarstellungen Gesichtspunkt des § 201 a StGB (Verlet- von einer Geldstrafe bis zu einer u. U. (§ 131 StGB), rassistischen, extremisti- zung des höchstpersönlichen Lebensbe- mehrjährigen Freiheitsstrafe. Für die straf- 2 JMS-Report – Oktober 5/2007 Aufsätze / Berichte rechtliche Verantwortlichkeit der jugend- schenwürde verstoßen (§ 15 Abs. 2 Nr. 3 Mobilfunkunternehmen) übertragen und lichen Täter differenziert das im Jugend- JuSchG, § 4 Abs. 1 Nr. 8 JMStV), Min- sind damit klassische Angebote von »Tele- gerichtsgesetz (JGG) kodifizierte Jugend- derjährige in unnatürlicher geschlechts- medien«9. Andererseits ist die Nutzung des strafrecht allerdings danach, inwieweit betonter Körperhaltung darstellen (§ 15 Handys auch im Offline-Betrieb nicht aus- der Jugendliche zum Tatzeitpunkt nach Abs. 2 Nr. 4 JuSchG, § 4 Abs. 1 Nr. 9 geschlossen. Gedacht sei hier nur an die seiner sittlichen und geistigen Entwick- JMStV), in die Liste jugendgefährdender Kamera-Funktion des Handys, die bei den lung reif genug war, das Unrecht der Tat Medien aufgenommen worden, sprich: Happy

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